Es
war ein wunderbares, wirklich berührendes Fest, zu dem wir unlängst
eingeladen waren. Georg Schwarz hatte seine
ewigen Gelübde in der Gemeinschaft Cenacolo abgelegt und zu diesem
Anlass zu einer Feier in das Cenacolo in Kleinfrauenheid eingeladen. Wie
immer war ich tief bewegt von der ansteckenden Freude, die diese
jungen, aus der Drogensucht befreiten Männer ausstrahlen. Im Laufe des
Festes lernte ich einige Familienmitglieder von Georg kennen. Und ich
merkte rasch: Da gäbe es manch Wunderbares aus dieser Familie zu
erzählen. Und so habe ich mich einige Tage später auf den Weg nach
Aspang in der Buckligen Welt gemacht, um das Ehepaar Irene und Johannes
Gradwohl zu besuchen.
Schon in Kleinfrauenheid waren mir die zwei
auf Anhieb sympathisch. In ihrem schönen Garten sitzen wir nun
beisammen, und die Gradwohls erzählen mir aus ihrem Leben. Die fesche,
fröhliche vierfache Mutter Irene stammt aus Aspang, wo sie gemeinsam mit
ihren drei Geschwistern eine sehr schöne Kindheit und Jugend verbracht
hat. Auf vier Jahre im Gymnasium in Sachsenbrunn folgt eine fünfjährige
Ausbildung in Kindergartenpädagogik in Wr. Neustadt. Johannes kommt
ebenfalls aus der Buckligen Welt, aus Hollenthon, hat
Nachrichtenelektronik studiert und dann bei der Telecom im Marketing
gearbeitet.
„Wir haben beide das große Glück, aus einem gläubigen
Elternhaus zu kommen. Der Glaube war in unserer Familie immer sehr
wichtig,“ erzählt Irene. „Bei mir hat sich das von Kindheit an
durchgezogen. Es gab keine Zeit, wo ich mit Gott gebrochen hätte.“ Als
die beiden sich 2001 bei einem Zeltfest kennenlernen – „am 6. Juni,“
präzisiert Johannes –, stellen sie erfreut fest, dass Gott in ihrer
beiden Leben eine große Rolle spielt.
Dieses Fundament erweist sich
bald als sehr notwendig. Eine radikale Änderung ihres gemeinsamen
Lebensplans nimmt nämlich ihren Anfang als ein anderer Georg, Johannes’
jüngerer Bruder, im April 2002 einen schweren Mopedunfall hat. Der
16-Jährige hat schwere Kopfverletzungen: ein Schädelhirntrauma.
Messungen ergeben: Es lassen sich keine Gehirnströme mehr feststellen.
Die Diagnose: „hirntot“, wie man das heute nennt. Eine
Organtransplantation kommt für die Eltern nicht in Frage. Sie legen das
Schicksal ihres Sohnes ganz in Gottes Hand. Entweder Er holt ihn zu sich
oder der Sohn wird leben – wie immer dieses Leben aussehen mag.
Ein
Gebetssturm wird entfacht: Familie und Freunde bestürmen den Himmel. Am
dritten Tag nach dem Unfall ist der Vater mit dem Wagen unterwegs ins
Spital. In der Nähe von Schönbrunn muss er das Auto anhalten, weil er
ein ganz einzigartiges Gefühl hat und weiß: Jetzt ist etwas mit Georg
geschehen.... Tod oder Leben..
Auf der Intensivstation trifft er
dann auf die behandelnden Ärzte: „Herr Gradwohl, wir können es uns
überhaupt nicht erklären, aber die Gehirnströme sind plötzlich wieder
da!“ Doch zunächst verbringt Georg die nächsten elf Monate im Wachkoma,
zuletzt im Reha-Zentrum in Meidling. Und dann, endlich daheim, beginnt
er zu Maria Lichtmess wieder zu sprechen!
Und er, der bis zum Unfall
nur Partys, Motorroller und ähnliches im Kopf hatte und von Gott nicht
viel wissen wollte, erzählt nun: Er sei der Hl. Dreifaltigkeit begegnet!
Ein sehr starkes Licht sei von ihr ausgegangen „tausendmal stärker als
die Sonne, aber es blendete mich nicht und hat mich ganz durchdrungen.“
Das Gefühl dabei beschreibt er ähnlich wie das des Vaters. Eigentlich
wollte er dort bleiben doch er wußte er müsse zurück, denn Gott habe
noch einiges mit ihm vor. „Bringt mich, so oft wie möglich, in die Hl.
Messe,“ bittet er die Eltern. Von dem starken Licht, das ihn sehr
beeindruckt hat, wird er immer wieder sprechen
War damit alles
wieder in Ordnung? Hat der mittlerweile 28-Jährige nun keine Probleme
mehr? Doch: Georg kann zwar heute mit einem Stock kurze Strecken gehen,
er sitzt jedoch meistens im Rollstuhl. „So, wie wir ihn bei dem Fest
erlebt haben, macht er einen fröhlichen und ausgesprochen zufriedenen
Eindruck,“ sage ich zu Georgs Bruder. Dieser bestätigt meine
Beobachtung: „Er hat zwar noch kognitive Einschränkungen, aber kaum mehr
spastische Probleme. Er spricht sogar gut englisch. Vor allem aber: Er
ist sehr glücklich. Zufriedenheit gehört, so glaube ich, zu den höchsten
Gütern des Menschen. Nicht die Gesundheit. Georg sagt immer wieder,
dass es eine Freude sei, Jesus zu helfen, Sein Kreuz zu tragen.“ Irene
fügt bewundernd hinzu: „Ja, er trägt seine Probleme mit großer Demut.
Kaum vorstellbar, wie man das mit so viel Liebe und Freude annehmen
kann.“
Sie selbst steht damals, als Georgs Unfall geschah, vor der
Matura und kennt Johannes gerade erst ein Jahr. Eigentlich hätten sie
viel Zeit miteinander verbringen wollen. Doch Johannes wohnt nun in
Wien, um möglichst oft beim Schwerkranken im AKH sein zu können. Um
ihrem Hannes nahe zu sein, sucht sie sich einen Job als Kindergärtnerin
in Wien. Ein paar Monate später beschließt aber Johannes, der im
Krankenhaus die Probleme und Nöte schwerkranker Menschen kennenlernt.
beruflich vollkommen umzusatteln: Er gibt seine bisherige Arbeit auf,
beginnt eine Ausbildung als Therapeut und drückt ab September 2003
wieder die Schulbank – allerdings in Wr. Neustadt, Tirol und München.
Und so hält es Irene auch nicht mehr in Wien.
Hat diese schwierige
Zeit dem Paar geschadet? Nein, sie hat ihnen gezeigt, dass sie Krisen
bewältigen können und dass „die Zeit, die wir miteinander im Gebet für
Georg verbracht haben, uns viel Vertrautheit geschenkt hat. So sind wir
gemeinsam tiefer in den Glauben hineingewachsen,“ betont Irene.
2005
wird geheiratet. Johannes meldet das Gewerbe an und macht sich als
Manual- und Schmerztherapeut selbständig. Er kommt zu den Patienten ins
Haus. Es sei eine schöne Arbeit, versichert er mir. „Die Leute könnten
sonst kaum so eine Behandlung bekommen.“ Man merkt ihm die Freude an
seinem Beruf an und die Zuwendung, die er für seine Patienten empfindet.
„So merkwürdig das klingen mag: Aus so schwierigen Situationen, wie wir
sie damals mit Georg erlebt haben, hatten wir das Glück, dass Gott uns
immer näher zu sich geführt hat. Wenn man vor Ihm kniet und bekennt,
völlig machtlos zu sein und sich nur mehr auf Ihn verlässt, dann kommt
man Gott immer näher.“
Rückblickend schildert er weiters: „Als Georg
im Wachkoma lag, hat sich viel verändert. ,Was kann ich für ihn tun?’,
fragte ich mich. Gemeinsam mit Freunden habe ich für ihn dann eine
Wallfahrt nach Medjugorje, zum Jugendfestival, organisiert. Das haben
wir dann die nächsten Jahre beibehalten, - nun fährt auch Bruder Georg
mit - und daraus ist ein Jugendgebetskreis entstanden, der mittlerweile
ein Familiengebetskreis geworden ist. Da treffen sich nun 70 bis 90
Leute mit Kindern. Die Freude, die wir durch die gemeinsamen
Eucharistiefeiern erfahren, wollten wir dann in die Welt hineintragen,
vor allem den Jugendlichen nahebringen.“
Lächelnd erzählt Johannes:
„So entstand ,Saturday Night Spirit’, auch ,Das andere Vorglühen’
genannt. Das heißt: gemeinsam in die Vorabendmesse statt miteinander
Biertrinken zu gehen. Da werden in verschiedenen Pfarren Jugendmessen
organisiert. Mittlerweile kommen da hunderte Leute zusammen. Durch
Georgs Unfall sind auf diese Weise unglaublich viele Menschen intensiver
mit dem Glauben, mit Jesus, in Kontakt gekommen…“
2007 wird Philipp
geboren und 2009 Hannah. Die Schwangerschaften bereiten keine größeren
Probleme. Das junge Paar wünscht sich, mit etwas Abstand, noch ein
drittes Kind. Tatsächlich wird Irene Ende 2012 wieder schwanger,
erleidet aber im Mai 2013 eine Fehlgeburt. Ein schwerer Schlag!
Im
November desselben Jahres – an Irenes 31. Geburtstag – erfährt sie zu
ihrer großen Freude, dass sie wieder ein Kind erwartet. Alle sind
glücklich. Bis zur 23. Schwangerschaftswoche verläuft alles normal. Dann
kommt das vorgesehene Organ-Screening. „Die Ärztin stellte fest, dass
nur mehr sehr wenig Fruchtwasser vorhanden sei,“ erinnert sich Irene an
diesen schrecklichen Tag. Ohne viel Feingefühl zählt die Frau Doktor
auf, was sie entdeckt habe: Das Kind sei viel zu klein, habe
wahrscheinlich einen Klumpfuß, nur eine Niere, ein zu kleines
Kleinhirn…. „Es wird wohl ein genetischer Defekt sein“, hat sie gemeint.
Entlassen wurde ich mit dem Rat, ins SMZ-Ost nach Wien zu fahren, um
dort eine Fruchtwasserpunktion zur Feststellung des Defekts vornehmen zu
lassen. Das sei notwendig, um eine Abtreibung in der schon weiter
fortgeschrittenen Schwangerschaft zu rechtfertigen.“ (Nach §96 StGB ist
Abtreibung bis zur Geburt straffrei, wenn das Kind geistig oder
körperlich schwer geschädigt sein werde!)
„Für mich ist eine Welt
zusammengebrochen. Bis dahin hatte ich ja gedacht, dass alles in Ordnung
sei.“ Für die junge Mutter bedeutet das: Ihr Kind ist schwer krank.
Doch für sie und ihren Mann ist auch klar: Das Leben ihres Kindes liegt
allein in Gottes Hand. Eine Abtreibung kommt nicht in Frage. Daher
brauchen sie auch keine Fruchtwasseruntersuchung. Bei der nächsten
Untersuchung durch eine andere Frauenärztin gibt es keine bessere
Nachricht: Das Kind werde es wohl nicht schaffen, lautet der Befund. Das
Fruchtwasser sei noch weniger geworden und daher könnten weder Knochen
noch Organe richtig wachsen. Die Ärztin akzeptiert jedoch die
Entscheidung der Eltern, nicht abzutreiben, bewundert sie dafür und
wünscht ihnen viel Mut.
Der Vater, der bei der Untersuchung dabei
war, erinnert sich: „Durch das kaum vorhandene Fruchtwasser hat sich die
Gebärmutter so um das Kind zusammengezogen, dass man vom
Magen-Darmtrakt und den Organen fast nichts sehen konnte. Es war klar:
Ohne Fruchtwasser kein Leben. Also null Chance. Da war bei mir schon
Verzweiflung und ein bisschen Anklage dabei: Warum mutet uns der liebe
Gott diese neuerliche Prüfung zu?“
In der Kapelle der
Kapuzinerkirche, wo das Allerheiligste ausgesetzt ist, lassen sie der
Verzweiflung Lauf. „Ich konnte nicht beten. Bin einfach nur so vor dem
Herrn gestanden.“ Irene ergänzt: „Ich habe Gott gebeten, mir die Kraft
zu geben, damit ich die nächste Zeit und eine Geburt, die zwar
Schmerzen, aber kein Leben bringen würde, durchstehe.“ Sie ziehen dort
eine Bibelstelle: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“
Daheim
beschließen sie, ihre Familien, Freunde, befreundeten Ordensleute und
Priester um einen Gebetssturm zu bitten. „Viele haben dann gebetet und
gefastet. Auch Nachtwachen wurden abgehalten. Sehr spürbar war, dass
wir von einer großen Familie – auch Menschen, die wir gar nicht gekannt
haben, mehrere Gebetskreise – getragen wurden. Da haben wir den Glauben
ganz anders erfahren. Auch unser Beten hat sich verändert…“ Und an seine
Frau gewendet, fährt Johannes voll Hochachtung, fort: „Du warst
unglaublich, ich habe dich so bewundert, wie du diesen Weg gegangen
bist.“
In dieser schwierigen Zeit möchte Irene öfter und intensiv
Jesus in der Kommunion empfangen. Und beim Gebet „Sprich nur ein Wort,
so wird meine Seele…“ ergänzt sie „und mein Kind gesund.“ Von einem
befreundeten Priester bekommen die Eltern und das ungeborene Kind einen
besonderen Segen und Irene die Krankensalbung. „Mir war aber klar: Mir
bleibt nichts übrig, als mich von meinem Kind zu verabschieden. Damit
muss ich klarkommen. Der Segen hat mir eine große Ruhe gegeben. P. Alois
hat jedoch noch gesagt: Gott ist groß. Trau Ihm auch ein Wunder zu. Ich
habe mich gefragt, wie er jetzt von einem Wunder sprechen kann. Damals
konnte ich noch nicht auf ein Wunder hoffen. Ich wollte das nur
überstehen können.“ Soll sie, darf sie wirklich noch hoffen, fragt sich
Irene. Wie sollte das Kind denn leben können?
Am folgenden Montag
ist sie bei ihrem Arzt. Er ist nun der Dritte, der bestätigt, dass ihr
Kind es nicht schaffen könne: null Fruchtwasser. Das Kind ist ganz im
Trockenen, schluckt nicht mehr. Es ist ja nichts mehr da. Irene spürt
keine Kindsbewegung mehr. Das Herz schlägt allerdings noch. Das Kind
hätte nur mehr eine kurze Lebenszeit, bedauert der Gynäkologe. Die
Mutter muss sich also auf eine Totgeburt einstellen.
Ihre
Verzweiflung ist so groß, dass sie eines Tages beim Frühstück mit den
Kindern zu weinen beginnt. „Ich habe den Kindern gesagt, dass es schon
sein kann, dass unser Baby lieber ein Engerl sein möchte. Der Hannes hat
noch dazu gesagt, dass wir aber schon um ein Wunder bitten könnten.“
Für den sechsjährigen Philip weiter kein Problem, denn: Wenn Jesus mit
den fünf Broten und den zwei Fischen so viele Leute satt machen konnte,
werde er es doch schaffen, ihr Baby gesund zu machen, erklärt er. „Zu
wem, wenn nicht zu Jesus, sollte man denn gehen?“, fügt der Kleine
hinzu. So einfach kann das sein und für die Mutter eine Ermutigung,
selbst doch an ein Wunder zu glauben.
Johannes berichtet: „Unser
Gebet hat sich nun verändert. Wir baten Gott nicht nur um Kraft, falls
das Baby stirbt oder schwerstbehindert auf die Welt kommt, sondern wir
begannen, Ihm das Wunder eines gesunden Kindes zuzutrauen.“ Gemeinsam
beten die Eltern, segnen ihr Kind und geben es frei: „Wenn du zu Gott
gehen willst, so ist das gut. Dann geh heim. Doch wenn du zu uns
möchtest, musst du anfangen zu schlucken und dich zu bewegen,“ erklärt
Irene dem Ungeborenen. „Für mich war das irgendwie eine Wende. Ich hatte
das Gefühl, dass das Baby zu uns möchte und dass ich – trotz der
Unwahrscheinlichkeit – Grund zur Hoffnung hätte,“ erklärt sie mir.
Und
das Wunder beginnt sich aufzubauen: Bei der nächsten Kontrolle ist
tatsächlich wieder etwas Fruchtwasser zu sehen. Das Baby schluckt
wieder! Es sei auch etwas gewachsen, erkennt der Arzt. Medizinisch nicht
erklärbar! Dem Arzt, der so etwas noch nie erlebt hatte, bleibt nur der
Rat, sie sollten weiter beten, wenn das bisher so geholfen habe. Die
Hoffnung der Eltern steigt. Irene plaudert weiter mit dem Kind. Sie
trinkt viel und bittet ihr Kind auch viel zu trinken.
Von Woche zu
Woche verbessert sich die Lage. Es ist immer mehr Fruchtwasser zu sehen.
Der Arzt staunt über den kleinen Superman, der da heranwächst. Sehr
bald stellt sich allerdings heraus, dass es ein „Supergirl“ ist, eine
Marie. Die ärgsten Befürchtungen schwinden: die Klumpfüße, die mangelnde
Niere, der verformte Kopf gehören der Vergangenheit an. „Der Rest der
Schwangerschaft war getragen von Vertrauen. Wenn es nun doch leben
würde, warum nicht auch gesund?“, hoffen die Eltern.
Ärzte und
Schwestern bleiben skeptisch: „Sie stellen sich doch auf alles ein, Frau
Gradwohl,“ heißt es bei jeder Kontrolle. Das Kind strampelt sich jedoch
immer mehr ins Leben hinein, trinkt und schluckt brav… Auch die
Bibelstellen, die die Mutter bekommt machen Mut, etwa: „Werft alle eure
Sorge auf Ihn, denn Er kümmert sich um euch.“
„Der Endspurt der
Schwangerschaft war dennoch eine Zerreißprobe,“ erinnert sich Irene: Ihr
Blutdruck zu hoch, das Kind, das sich nicht mehr bewegt, zu klein. Ein
Kaiserschnitt wird gemacht: 2250 Gramm, 48 Zentimeter. Doch Marie hat
eine Infektion, der Sauerstoffgehalt und der Blutzuckerspiegel sind zu
niedrig. Sie muss auf die Neonatologie, wird mit Antibiotika behandelt.
Vier schwierige Tage: „Jesus, wir geben sie dir hin. Muttergottes sorge
du.“ Endlich die Meldung eines sympathischen Arztes: „Ich habe jetzt
alle Organe, angeschaut. Ihr Kind ist gesund! – Ich bin kein gläubiger
Mensch. Aber ich muss zugeben, dass das ein Wunder ist,“ fügt er hinzu.
Dürfen
jetzt Mutter und Kind nach Hause? Nein, denn die letzten Laborwerte
spielen verrückt. Die Nerven liegen blank. Viele, viele beten. Am
nächsten Tag kann die Spitalscrew nicht erklären, wieso der neue Befund
nun doch okay ist. Lächelnd erinnert sich Irene: „Für manche Ärzte und
Schwestern die gratuliert haben, war das wohl recht schräg, wenn ich
ihnen erzählt habe, dass wir einen starken Glauben haben, dass viele
Menschen für unser Baby gebetet hätten und es für mich eben ein Wunder
sei.“
In der Zwischenzeit hat der Vater die süße, neun Monate alte
Marie, die bis dahin geschlafen hatte, zu uns in den Garten getragen.
Nun sitzt sie zufrieden auf einer Decke und spielt. Und die ebenso
herzigen Geschwister, die ich auch noch beim anschließenden gemeinsamen
Mittagessen kennen lernen darf, sind sichtlich glücklich mit der kleinen
Schwester und verwöhnen sie gerne.
Zur Taufe wurden alle eingeladen,
von denen die Gradwohls wussten, dass sie mitgebetet hatten: 120
Personen. Tatsächlich, meint Johannes, werden es Hunderte gewesen sein.
Denn das Gebetsanliegen war wie ein lauffeuer verbreitet worden. Viel
gebetet und gefastet hatten auch die Burschen im Cenacolo, die Johannes
gut kennen: „Wie wir sie mit Marie besucht haben, hätten am liebsten
alle sie halten wollen. Es gab viele Freudentränen. Auch Burschen die
ich nicht so gut kenne haben uns umarmt und sich mit uns gefreut…“
erzählt Johannes gerührt.
Was haben die Gradwohls aus diesen
Erfahrungen mitgenommen? Johannes fasst es in Worte: „Kleinigkeiten
können mich nicht mehr so erschüttern. Ich habe gelernt, dass man
Vertrauen haben darf, wie immer der Weg, den der Herr für uns
bereithält, ausschaut. Ich weiß, dass das Gebet eine enorme Kraft hat.“
Nachdenklich fügt er hinzu: „Glauben zu können, ist ein riesengroßes
Geschenk. Wir sind heute viel dankbarer für die alltäglichen Dinge des
Lebens.“
„Es ist kein Tag in den letzten neun Monaten vergangen, an
dem ich nicht diese Dankbarkeit verspürt hätte,“ ergänzt Irene. „Dankbar
auch für das Geschenk unserer zwei großen, gesunden Kinder – etwas, das
wir für selbstverständlich gehalten hatten.“ Daher ist Irene nun auch
besonders froh, dass es ihr durch den Job ihres Hannes möglich ist,
daheim bei ihren Kindern sein zu dürfen. „Für mich ist es einfach
schön, „nur“ für die Kinder da zu sein.“ Als Hannah vier war, hatte sie
wieder in einem Kindergarten gearbeitet: „Ich habe bald gemerkt, dass
ich da zu wenig Zeit, Geduld und Nerven für meine eigenen Kinder hatte.“
Der Beruf sei sehr fordernd gewesen, da die Kinder heute immer mehr
Probleme in den Kindergarten mitbringen. Durch die gefährdete
Schwangerschaft konnte sie frühzeitig in Karenz gehen und so war sie
bald wieder ganz zu Hause. Hannes unterstützt heute ihr
Vollzeithausfrauendasein, doch nicht alle haben Verständnis dafür. Die
Freude an ihren Kindern und das „Gefühl, alle Momente ihres jungen
Lebens miterleben zu können machen“ machen das wett. Die Zukunft wird
ihr Recht geben.
Und Marie? Wenn sie nicht gut drauf ist, singt ihr
die Mutter den Psalm 23 vor: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir
fehlen...“ – so wie sie dies schon in der Schwangerschaft getan hatte.
Dann ist alles wieder gut.