Eine aufsehenerregende Teufelsaustreibung in Nordamerika.
Das
alles vollzieht die Kirche in Nachahmung des Beispieles Christi, der
selber so oftmals böse Geister ausgetrieben und auch seinen Jüngern
diese Gewalt und Vollmacht übertragen hat. Aber unsere modernistisch
angekränkelte Zeit hält solche Weihe für recht überflüssig. Man will ja
Hölle und Teufel und Besessenheit nicht mehr gelten lassen. Mögen auch
Christus und seine Apostel noch so klar von den Umtrieben des Satans
sprechen, man lehnt dergleichen mit überlegener Miene und Geste ab. Das
aber ist die grösste und vorteilhafteste Errungenschaft des Satans,
dass man nicht mehr an ihn glaubt. Man will Uebernatürliches nicht mehr
dulden...
I N H A L T
Ca. 135 x 105 mm. Nach dem Umschlag folgt das Bild von Pater
Riesinger, der Text beginnt mit S. 3. Nur ganz offensichtliche
Druckfehler wurden berichtigt; einige Eigenheiten - kein ß, keine großen
Umlaute usw. - wurden beibehalten. – Die berichteten Ereignisse sollen
sich im September 1927 zugetragen haben; die vorliegende Schrift
(fraglich, ob es sich um die erste Ausgabe handelt) dürfte Ende der
1940er Jahre gedruckt worden sein.
1. VORBERICHT
Die Kirche Gottes überträgt ihren Priesteramtskandidaten schon in den
Vorstufen der Priesterweihe, in den sogenannten niederen Weihen auch das
sogenannte Exorzistenamt. Wenn der Kandidat diese Weihe empfängt,
spricht der Bischof zu ihm: Du empfängst also die Gewalt, den Besessenen
die Hände aufzulegen und durch Auflegen deiner Hände werden mit der
Gnade des heiligen Geistes und den Worten der Beschwörung die unreinen
Geister aus den besessenen Leibern vertrieben. Wie ernst es der Kirche
bei dieser Weihe ist, geht aus den feierlichen Wendungen hervor, die
sonst bei keiner der niederen Weihen gebraucht werden: «Nimm hin und
präge es deinem Gedächtnisse ein: Du empfängst die Gewalt den Besessenen
die Hände aufzulegen.» In späteren Gebeten fordert dann der Bischof
alle zum Gebete auf, dass der Kandidat werden möge ein geistiger
Machthaber zur Austreibung der bösen Geister.» Er fleht wei- [3 | 4] ter
zu Gott, dass er werden möchte ein bewährter Arzt der Kirche durch die
Gabe der Heilungen in Kraft himmlischer Vollmacht.
Das alles vollzieht die Kirche in Nachahmung des Beispieles Christi, der
selber so oftmals böse Geister ausgetrieben und auch seinen Jüngern
diese Gewalt und Vollmacht übertragen hat. Aber unsere modernistisch
angekränkelte Zeit hält solche Weihe für recht überflüssig. Man will ja
Hölle und Teufel und Besessenheit nicht mehr gelten lassen. Mögen auch
Christus und seine Apostel noch so klar von den Umtrieben des Satans
sprechen, man lehnt dergleichen mit überlegener Miene und Geste ab. Das
aber ist die grösste und vorteilhafteste Errungenschaft des Satans, dass
man nicht mehr an ihn glaubt. Man will Uebernatürliches nicht mehr
dulden.
Und doch wirft gerade die Gegenwart mit ihrem häufigen Hereinragen des
Uebernatürlichen in unser Erdendasein (Vergleiche Konnersreuth!) diese
ungläubigen Grundsätze der Welt über den Haufen. wir brauchen nur
hinzuweisen [4 | 5] auf den erst heiliggesprochenen Pfarrer von Ars, dem
die Hölle 35 Jahre hindurch sichtbar und fühlbar so schrecklich
zugesetzt hat. Vielleicht ist auch den Lesern noch der aufsehenerregende
Fall der Teufelsaustreibung vom Wemding (bayer. Schwaben) 1891
erinnerlich, der seinerzeit selbst in liberalen Blättern ausführlichst
wiedergegeben wurde.
Der Priester übt übrigens seine Exorzistengewalt bei vielen
Gelegenheiten aus. Die Weihe des Weihwassers und der Gebrauch desselben
durch die Gläubigen für sich, ihre Wohnungen und Stallungen, die vielen
Segnungen und Benediktionen der Kirche hängen damit zusammen. In neuer
Zeit hat namentlich Papst Leo XIII. einen herrlichen und feierlichen
Exorzismus gegen die abgefallenen Engel und Geister für die Priester
verfasst, der jetzt sogar in das neue bayerische Rituale aufgenommen
worden ist. Diese feierliche Beschwörung der höllischen Mächte sowie die
Anrufung des heiligen Michael in den Schlussgebeten nach der heiligen
Messe sollen damit zusammenhängen, dass eben dem Papste Leo in einer
Vision ein schauderhaftes [5 | 6] Bild von dem Treiben Satans und seines
Anhangs auf dem ganzen Erdenrund in unseren Tagen gezeigt wurde.
Alles das wird uns so recht klar und anschaulich in dem aufsehenerregenden Fall einer
Teufelsaustreibung in Earling
im nordamerikanischen Staat
Iowa, nicht allzu weit von Chicago entfernt. Meine Mitteilungen beruhen
auf den Aussagen des dortigen Herrn Pfarrers G.-R. Steiger, der in der
Nähe von Altötting beheimatet ist und heuer einige Wochen hier am
Gnadenort zur Erholung verbrachte. Es war 1927, also vor 3 Jahren, als
gelegentlich einer Mission im besagten grossen Pfarrdorf der
Kapuzinerpater Theophilus, gleichfalls ein gebürtiger Bayer aus
der Pfarrei Windorf bei Vilshofen, sich an seinen Landsmann, den Herrn
Pfarrer Steiger mit der Bitte wandte, in seiner Pfarrkirche, resp. dem
nahen Frauenkloster deutscher Franziskanerinnen eine feierliche
Teufelsbeschwörung vornehmen zu dürfen.
«Schon wieder eine Teufelsaustreibung?» meinte der Pfarrer. «Mehren [6 |
7] sich denn diese unheimlichen Vorkommnisse? Sie haben doch schon
mehrere vorgenommen!»
«Gewiss ja! Aber der Bischof hat mich eben wieder beauftragt. Die
betreffende arme Person ist mehrere Bahnstunden weit von Earling
entfernt. Sie würde hieher gebracht werden, denn daheim würde es zuviel
Aufsehen erregen und vielleicht viele Belästigungen für die Person
verursachen.»
«Aber warum denn gerade hier in meiner Pfarrei?»
«Hier im ländlichen Ort liesse sich eben die Sache in aller Stille
erledigen. Die arme Person könnte, ohne dass jemand davon erführe,
Unterkunft im Frauenkloster finden und dort in der Hauskapelle oder hier
in der Sakristei könnte die Beschwörung ohne das geringste Aufsehen
nach aussen vor sich gehen.»
«Aber Herr Pater glauben Sie wirklich, dass die Frau Oberin sich zu
solchen Sachen herbeiliesse? Ich glaube es nicht. Die Person aber in
mein Pfarrhaus aufzunehmen, könnte ich mich unmöglich entschliessen.» [7
| 8]
«Mein lieber Landsmann», lächelte der Pater, sagen Sie mir nur das Eine:
Geben Sie Ihre Einwilligung, falls die Frau Oberin sich dazu
herbeilässt?»
«Meinetwegen, aber nur unter dieser Bedingung. Ich glaube aber nicht, dass Sie im Kloster damit Glück haben.»
«Herr Pfarrer, ich danke Ihnen für das Ja-Wort. Die Sache ist damit
gemacht, denn die Frau Oberin hat sich dazu gleichfalls bereit erklärt.
Ich habe mit ihr bereits alles vereinbart für den Fall, dass auch der
Pfarrer sein Ja und Amen spricht.»
So wurde denn die Vereinbarung getroffen, der unheimliche Akt solle in
der heissen Sommerzeit vorgenommen werden, zumal da die Landleute
intensiv mit den Feldarbeiten beschäftigt seien und so wohl niemand um
die Vorgänge erfahre und sich kümmern könne.
Zuvor wurde noch die Sache an den zuständigen Bischof gemeldet, der
seinerseits, bevor er die endgültige Bewilligung erteilte, den Herrn
Pfarrer zu einer Besprechung zu sich erbat. «Also Vater – in Amerika
werden die Priester allge- [8 | 9] mein nur mit «Vater» angeredet –- Sie
haben also die Bewilligung für Ihre Pfarrei gegeben. Haben Sie sich das
auch wohl überlegt?»
«Sonderlich gern tat ich es nicht. Hochwürdigster Herr! Ich habe eine
gewisse Abneigung gegen solche ausserordentliche Dinge. Aber da mir
Pater Theophilus auseinandersetzte, dass sich gerade meine deutsche
Pfarrei mit dem ländlichen Charakter und dem deutschen Frauenkloster
besonders dafür eigne, wollte ich nicht nein sagen.»
«Ich mache Sie darauf ausdrücklich aufmerksam, dass das auch schlimme
Folgen für Sie haben kann. Falls Ihnen der Herr Pater noch darüber
keinen reinen Wein eingeschenkt haben sollte, sage ich Ihnen das offen
auf Grund meiner vielen Erfahrungen. Der Teufel wird sicherlich an Ihnen
irgendwie Rache nehmen, wenn Sie die Hand zu seiner Vertreibung aus dem
unglücklichen Geschöpfe bieten.»
«Nur, so schlimm wird es wohl nicht werden. Ich stehe allzeit in Gottes
Hand. Des Teufels Gewalt reicht nicht weiter als [9 | 10] Gottes heilige
Zulassung. Lässt Gott es nicht zu, wird er mir nicht im geringsten
schaden können. Ich fürchte mich nicht. Ich habe mein Ja-Wort nun einmal
gegeben und möchte es schon deshalb nicht mehr zurücknehmen. Und kostet
es auch vielleicht manche Opfer, so will ich sie gerne bringen, wenn
damit einer unsterblichen Seele genützt und sie aus den schrecklichen
Satanskrallen erlöst werden kann.»
So der Pfarrherr; er ahnte eben nicht, was er alles erleben sollte.
Heute würde er sich ein Jawort wohl doppelt und dreifach überlegen; er
möchte wahrlich nicht nochmals Derartiges durchkosten. Die fragliche
unglückliche Frauensperson kannte er nicht.
Die arme Besessene
hat ihren Wohnsitz weit von Earling und war
ihm bisher von ihr noch nicht das Geringste zu Ohren gekommen. Vom
Kapuziner-Pater aber hatte er sich erzählen lassen, dass es sich um eine
ehrenwerte brave Jungfrau im Alter von 40 Jahren handle. Durchaus
religiös und fromm gesinnt hatte sie ihre Kindheitsjahre tadellos gut
verlebt und fleissig die heiligen [10 | 11] Sakramente empfangen. Nach
ihrem 14. Lebensjahr stellten sich unerklärliche Zustände bei ihr ein.
Sie wollte beten, wollte zur Kirche gehen, wie bisher die heilige
Kommunion empfangen. Aber es war, als ob eine Gewalt in ihrem Innern sie
daran unbedingt hindere. Statt besser zu werden, wurden die Zustände
nur noch ärger. Was sie litt, war nicht zu sagen. Sie wurde förmlich von
den Heilmitteln der Kirche weggerissen, mit Gewalt davon ferngehalten,
ohne sich irgendwie helfen zu können. Auch war es ihr, als hörte sie in
ihrem Innern unheimliche Stimmen, die ihr alles Mögliche zuflüsterten,
ihr die schändlichsten Dinge zuraunten, sie zu aller Schlechtigkeit und
Verzweiflung verleiten wollten. Die Arme wusste sich nicht zu helfen und
glaubte, sie würde unbedingt noch närrisch und verrückt. Sie hatte auch
Zeiten, wo sie am liebsten das Weihwassergefäss zertrümmern, den
Geistlichsten anpacken und würgen, das Gotteshaus hätte niederreissen
mögen.
«Ah, Nervengeschichten, lauter Hysterie und Einbildung!», höre ich da
viele Stimmen. Gewiss, derlei Dinge können bei Nervenstörungen und
Hysterie gege- [11 | 12] ben sein. Aber im Laufe der Jahre wurden viele
Aerzte, schliesslich die besten medizinischen Kräfte zu Rate gezogen.
Aber übereinstimmend lauteten ihre Gutachten dahin: Das durchaus
untadelige jungfräuliche Mädchen zeigt nicht die geringste
Nervenkrankheit, ist völlig normal. Man wüsste absolut nicht, was man an
ihr zu kurieren hätte. Die fraglichen Zustände könnten absolut nicht
erklärt werden. Man sah sich ausserstande, hier irgendwie einzugreifen
und Wandel zu schaffen.
Jahre gingen vorüber. Beim Versagen der natürlichen Kräfte und
Heilmittel u. des medizinischen Wissens mussten sich schliesslich auch
Kirche und Priester mit der Sache befassen. Jahrelang verhielt man sich
äusserst zurückhaltend und skeptisch. Man beobachtete und beobachtete.
Die Zeit verstrich. Aber man erkannte doch immer deutlicher, dass hier
unheimliche überirdische Kräfte im Spiele seien. Das Mädchen verstand
Sprachen, die sie nie gehört und gelesen, fühlte und verstand sofort,
wenn der Priester kirchliche Gebete u. Segnungen lateinisch sprach, was
sie schäumend und wütend machte. Es kehrte aber zur früheren Ruhe
zurück, [12 | 13] wenn er in klassischem Latein weiterfuhr. Sie fühlte
sofort, wenn irgendwelche Gegenstände, die man ihr schenkte oder
zukommen liess, irgendwie mit Weihwasser besprengt oder auch nur im
Geheimen gesegnet worden waren, während alle weltlichen Dinge sie völlig
gleichgültig liessen.
Kurz, das Mädchen erreichte nach jahrelangen Prüfungen und Beobachtungen
das 40. Lebensjahr, bis endlich die kirchliche Behörde sich völlig
darüber im Klaren war: Hier liegt ein glatter Fall von dämonischer
Besessenheit vor. Hier muss die Kirche eingreifen und das arme
Menschenkind aus der Gewalt des Teufels erlösen. Ueber die Gründe der
Besessenheit war man sich freilich nicht ganz klar. Das Mädchen deutete
nur an, es seien Verwünschungen durch den Vater vorgekommen. Erst im
Stadium der feierlichen Beschwörung sollte man darüber Aufklärung
erhalten. Pater Theophilus, der bayerische Kapuziner, schon lange als
Missionär in Nordamerika tätig und schon mehrf. mit Exorzismen
beauftragt, sollte im Namen der Kirche das Werk vollbringen. Sein
tadelloser Lebenswan- [13 | 14] del, seine grossen Erfahrungen auf
diesem Gebiet liessen ihn dazu wie kaum einen anderen geeignet
erscheinen. Er ahnte natürlich nicht, dass er es hier mit dem krassesten
aller seiner bisherigen Fälle zu tun bekäme und Dinge erleben müsste,
die alles Bisherige weit überstiegen und ihn an die Grenze seiner
körperlichen Kräfte brachten, wiewohl er, eine grosse kräftige
Erscheinung, mit seinen 60 Lebensjahren geradezu als Bild der
Lebenskraft angesprochen werden kann. Aber für solche Dinge gehören eben
Nerven wie Stricke, aber auch diese hätten ohne Gottes Beistand hier
versagt.
In den amerikanischen Blättern wurde der Fall seinerzeit nach seiner
Erledigung eingehend erörtert, auffallender Weise haben wir aber in
Bayern wenig Kenntnis davon erhalten. Gegenwärtig ist der
Exorzismus-Pater daran, die Vorfälle in einem grösseren Buch genau
darzulegen. Auf einen höheren Wink hin, der nahezu einer Offenbarung
gleichkam, wurde auch in letzter Zeit ein ausführlicher lateinischer
Bericht abgefasst und der obersten kirchlichen Behörden in Rom zur
Prüfung der Vorkommnisse vorgelegt. [14 | 15]
2. VORPOSTEN-GEFECHTE
Es nahte also der Sommertag heran, an dem gemäss Vereinbarung und
bischöflichen Auftrag in Earling die feierliche Beschwörung vor sich
gehen sollte. Ausser dem Pfarrherrn, dessen leiblicher Schwester und
Haushälterin, sowie den klösterlichen Ordensfrauen wusste gemäss
auferlegtem strengsten Stillschweigen kein Mensch von dem Vorhaben. Man
tat das schon auch aus Rücksicht auf die Person selbst, um ihr im Munde
des Volkes die späteren üblen Nachreden zu ersparen: «Das ist die und
die, welche einmal vom Teufel besessen war, aus der einmal der Teufel
ist ausgetrieben worden.» Nur das Bahnpersonal hatte man verständigt und
um Beistand beim Transport nach Earling ersucht, falls sie etwa
«infolge Geistesstörung» Schwierigkeiten auf der Bahnfahrt bereite. Es
war umsonst, denn die Bahnbeamten bekamen Scherereien genug. Sie wussten
jedoch nichts von dem wahren eigentlichen Sachverhalt. Innerlich
freilich stimmte die arme Person dem kirchlichen Vorhaben zu, um endlich
einmal aus den schrecklichen Zuständen er- [15 | 16] löst zu werden.
Aber sie hatte nicht immer die nötige Gewalt über sich, wie sie auch
nach der Erlösung aus des Bösen Gewalt gestand, dass sie bei der
abendlichen Abholung am Bahnhof in Earling eine solche Wut über die sie
erwartenden Personen erfasst habe, dass sie dieselben am liebsten hätte
anpacken und erwürgen mögen.
Der auswärts tätige Pater Theophilus aber sollte von einer anderen
Station her gemäss Verabredung mit dem Pfarrer von diesem im Auto
abgeholt werden. Drüben in Amerika ist ja für jeden Seelsorger das Auto
schon wegen der meist grossen Entfernungen nach allen Seiten hin ganz
unentbehrlich. Aus demselben Grund hat auch jeder Erwachsene, ja schon
schier jeder Bauernknecht sein Auto; nur Kinder und höchstens Jungens
sieht man das Rad benützen. Aber während das neue Pfarrauto sonst
tadellos funktionierte, streikte es gerade diesen Abend ganz ärgerlich.
Man versuchte, was nur gerade möglich. Der Wagen lief einfach nicht an,
wiewohl sich nicht der geringste Fehler wahrnehmen liess. Erst mit
zweistündiger Verspätung kam der Pfarrer zur Bahnsta- [16 | 17] tion,
sich vielmals ob der unleidlichen bedauerlichen Verspätung
entschuldigend, die sicherlich dem Pater grossen Verdruss und Aerger
bereitet habe. Dieser aber sprach ganz gelassen: «Mein lieber Landsmann,
ich habe mich durchaus nicht aufgeregt. Es würde mich vielmehr wundern,
wenn alles glatt ginge. Es werden Schwierigkeiten kommen und sie müssen
kommen. Der Teufel wird eben alles versuchen, die Beschwörung und
Austreibung zu vereiteln. Darum habe ich die ganze Wartezeit hier für
Sie gebetet, es möchte der böse Feind Ihnen nichts anhaben können, denn
ich fürchtete schon, er würde während der Fahrt selbst ihnen
Unannehmlichkeiten bereiten und Ihnen etwas gar Schlimmes zufügen.»
Jetzt ging auch dem «Vater» ein Licht über den Autostreik auf; er sollte
später noch ganz anderes erleben. Die Leser aber können sich denken,
mit welch eigenartigen Gefühlen jetzt der «Vater» angesichts solcher
Aussagen den Wagen bestieg. Da tat wahrlich der Segen mit dem heiligen
Kreuzzeichen über den Wagen not und konnte das Rosenkranzgebet des
rückwärts im Auto sitzenden Paters nur förderlich sein, um [17 | 18] mit
heiler Haut den Pfarrort, den Schauplatz der bevorstehenden
Teufelsbändigung zu erreichen.
Doch man kam ohne Unfall dort an. Gott sei Dank! Auch die Arme war
glücklich ohne jegliches Aufsehen im Frauenkloster untergebracht. So
konnte also andern Tags in aller Stille mit dem schweren Werk in Gottes
Namen begonnen werden. Doch noch am selben Abend gab es
Vorpostengefechte. Vom Kloster aus wurde in den nahen Pfarrhof gemeldet,
man habe Händel mit der ungebärdigen Besessenen gehabt. Die
Küchenschwester hatte wohlmeinend in bester Absicht heimlich über das
Abendessen, das der Armen aufs Zimmer gebracht werden sollte, ein paar
Tropfen Weihwasser gespritzt. Darob war die Unglückliche ganz suribund
geworden. Sie fauchte wie eine Katze und war absolut nicht zum Essen zu
bewegen. Es half alles nichts, die gesegnete Speise musste unbedingt
wieder entfernt und durch eine neutrale ungesegnete ersetzt werden,
sonst wären wohl noch Suppentopf und Teller zum Fenster hinausgeflogen.
Was Segnungssachen anlangte und Geweihtes, gab es für die Besessene
absolut [18 | 19] keine Täuschungsmöglichkeit; das brannte die Besessene
wie glühendes Feuer.
3. BEGINN DES FEIERLICHEN EXORZISMUS
Der entscheidende Tag war nunmehr gekommen. Vater wie Pater hatte die
heilige Messe in der Pfarrkirche zelebriert, der Grossteil der
Dorfbewohner war aufs Feld zur Arbeit geeilt. Da konnte man denn im
Kloster in einem geräumigen Zimmer darangehen, den kirchlichen Auftrag
der Satansbändigung zu beginnen. Wie lang mag die Prozedur wohl dauern?
So schnell lässt ein Teufel sein Opfer nicht los. Ein paar Tage werden
immerhin verstreichen, bis der Höllische unter den kirchlichen
Gewalthieben mürbe wird und endgültig seine bisherige menschliche
Behausung preisgibt. Nur gut, dass Pater wie Pfarrer nicht wussten, mit
welch hartnäckiger Teufelsbande sie zu tun hatten.
Die Arme wurde auf eine feste eiserne Bettstelle mit Matraze gelegt. Man
hatte gemäss Anweisung des erfahrenen Paters sowohl die Aermel wie den
Rock abschliessend zusammengebunden, um vor- [19 | 20] kommende
ungebührliche Entblösungen zu verhindern. Die kräftigsten Schwestern
standen ihr zur Seite, um sie auf dem Bette niederzuhalten, falls der
Teufel versuchte, gegen den Pater zum Angriff überzugehen. Sie selbst
fiel bald nach dem Beginn der einleitenden kirchlichen Gebete in
Bewusstlosigkeit und hatte während der ganzen Dauer der Exorzismen die
Augen derartig fest geschlossen, dass sie ihr selbst mit Gewalt nicht zu
öffnen waren.
Aber kaum hatte der Pater mit der eigentlichen Beschwörung im Namen des
dreieinigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, im
Namen des gekreuzigten Erlösers des Menschengeschlechtes begonnen, da
welch ein Entsetzen! Es war die Besessene aus den Händen ihrer Behüter
urplötzlich vom Bette emporgeschnellt. Und wie durch die Lüfte getragen,
hing sie droben über der Höhe der Zimmertüre, sich katzenartig an den
Wänden ankrallend. Ein wahrer Schauder durchfuhr alle Anwesenden, nur
der erfahrene Pater hatte die Ruhe bewahrt: «Reisst sie herunter! Sie
muss wieder zurück auf ihr Lager!» [20 | 21]
Mit Gewalt riss man sie an den Füssen von der Höhe herunter. Dass sie
sich nur überhaupt an der Wand hatte halten können! Aber das war des
Bösen Macht, der ihren Leib in seiner Gewalt hatte.
Nun liegt sie wieder auf ihrem Lager. An Armen, Füssen und an den
Schultern halten sie kräftige Hände nieder, um ein zweites Entkommen zu
verhindern.
Wieder beginnt der Exorzismus. Der Pater fährt mit seinen kirchlichen
Beschwörungen weiter. Da gellt ein markerschütternder Schrei durch den
Raum. Es ist, als wäre man in der Wüste, so heult der wie unter
Keulenschläge getroffene Satan und wie ein Gebrüll von wilden
Wüstentieren kommt es schauerlich aus dem Munde der Besessenen. Ein
Schauder, der Mark und Bein durchdringt, fährt den Anwesenden durch alle
Glieder. «Schweige Satan, schweig still, du Verworfener!»
Aber wie jämmerlich geschlagen und getreten brüllt und heult er fort,
dass es trotz der geschlossenen Fenster die ganze Dorfgasse auf- u.
niederhallt. Voller Entsetzen laufen die Leute aus den Häusern: «Was
gibt es, was ist los? Wird [21 | 22] im Kloster jemand umgebracht? So
schreit ja selbst kein Schwein, wenn es am Messer steckt.»
Wie ein Lauffeuer ging es natürlich durch die ganze Gemeinde: «Im
Kloster wird eine Teufelsaustreibung vorgenommen.» Mit Schaudern hörten
die herbeikommenden grösseren und kleineren Gruppen das unheimliche
Geschrei und Brüllen der bösen Geister. Schwächere Naturen waren nicht
imstande, länger dieses unnatürliche Gröhlen und Toben mit anzuhören,
das einem durch Mark u. Bein ging. Schlimmer erging es noch denen,
welche selber zugegen sein und nächste Augen- und Ohrenzeugen sein
mussten. Der Anblick der Besessenen war oft so fürchterlich, ihre
Körperverrenkungen so entsetzlich, dass sie, selbst der Pfarrer,
zeitweilig den Ort verlassen mussten, um draussen im Freien sich wieder
zu erholen und zu neuer Rückkehr sich erst zu kräftigen. Am mutigsten
und gefasstesten zeigte sich Pater Theophilus. Er war ja Satans Treiben
und Toben schon von früheren Teufelsaustreibungen her gewohnt, für die
er scheints von Gott ein besonderes Charisma oder Gnaden- [22 | 23] gabe
erhalten hat. Zudem trug er mit bischöflicher Erlaubnis eine
konsekrierte kleine Hostie in einer Kapsel auf der Brust, um vor
direkten Angriffen und Verletzungen des Satans gesichert zu sein.
Gleichwohl kam es ein paarmal vor, dass er wie im Wirbelwind
herumgedreht und heftig geschüttelt wurde.
Aber, fragst du: Wagt es denn Satan überhaupt noch, in der Nähe des
Allerheiligsten zu bleiben? Hält er es da überhaupt noch aus, flieht er
da nicht wie erstarrend von dannen? Mein lieber Christ, erinnere dich,
wie sich einst Satan auch an den Heiland in der Wüste heranmachte, ja es
wagte, ihn auf die Zinne des Tempels in Jerusalem und einen hohen Berg
zu entführen! Hat er damals sich so gewalttätig gezeigt, so auch jetzt
noch. Uebrigens zeigten die in der Besessenen wohnenden Teufel ein ganz
verschiedenes Benehmen. Die aus dem Reiche der einst gefallenen Engel
stammenden bösen Geister zeigten grössere Angst. Sie krümmten sich und
heulten jammervoll in Gegenwart des heiligsten Sakramentes, so etwa wie
ein Hund, der unter der Peitsche seines Peinigers sich [23 | 24] heulend
verkrümmt. Anders jene Teufel die früher als Menschen auf der Erde
gelebt und ob ihres lasterhaftes Lebenswandels verdammt worden waren.
Diese zeigten sich masslos frech und keck, als ob sie jeden Augenblick
wütend gegen das Sanktissimum losfahren und sich daran vergreifen
möchten. Speiend und spuckend und allen Unrat aus dem Munde des armen
Mädchens werfend, gebärdeten sie sich gegen den Pater. Es war eigentlich
offenbar auf die konsekrierte Hostie in der Kapsel abgesehen, aber es
ging vorbei. Es war ihnen offenbar nicht gestattet, das Allerheiligste
direkt anzuspeien. Es war nicht selten so, als ob sie ganze Güsse von
Schleim und Unrat aus der armen Besessenen herauszuwürgen suchten, um
ihre Wut und Erbitterung gegen den Heiland auszutoben.
Ganze Güsse? In der Tat erlebten da die Anwesenden schreckliche Dinge.
Es war schauderhaft und schier nimmer zum Ansehen, eben ganz
unnatürlich, was die Besessene wiederholt von sich gab, Schüsseln, ja
halbe Eimer voll von widerlich unerträglichem Gestank. Dazu in Mengen,
wie sie sonst ein Mensch unmöglich auf [24 | 25] natürliche Weise in
sich haben kann. Zudem, wo die Arme ja wochenlang fast nichts mehr zu
sich nahm, sodass man fast für ihr Leben hätte fürchten mögen. Einmal
war der Auswurf eine ganze Schüssel voll wie von gespienen Makkaroni,
ein andermal ein noch grösseres Quantum wie klein gehackter und gekauter
Tabakblätter. 10-20mal täglich musste sich das arme schwächliche
Geschöpf erbrechen, das kaum mehr als ein paar Esslöffel voll Wasser
oder Milch eingegossen zu sich nahm.
Dem Pater musste es bei seiner Beschwörung zunächst darum zu tun sein,
herauszubekommen, ob es in der Besessenen nur mit einem oder mehreren
Teufeln zu tun habe. Auch muss der Exorzist unbedingt darauf dringen,
den Namen der Teufel zu erfahren, sonst ist keine Hoffnung, ihrer Herr
zu werden und sie auszutreiben. Uebrigens liess schon die
Verschiedenheit der aus dem Mädchen kommenden Stimmen darauf schliessen,
dass zahlreiche böse Geister im Spiele seien. Es meldeten sich Stimmen,
die ganz viehisch u. unnatürlich klangen mit einem Ton unsagbaren
Grolles und Has- [25 | 26] ses, wie sie ein Mensch nie fertigbringen
könnte; dann aber auch wieder Stimmen, die ganz menschlich klangen, nur
Leidenschaft und Erbitterung atmend. Durch die feierliche Beschwörung
der Kirche kann Satan bekanntlich gezwungen werden, Rede und Antwort zu
stehen. Er kann auch gezwungen werden, schliesslich die Wahrheit zu
sagen, auch wenn er als Vater der Lüge vom Anbeginn an Versuche macht,
durch Ausflüchte, Lügen und Verstellung zu täuschen.
4. EIN ODER MEHRERE TEUFEL?
Wie es ohnehin bald zu erkennen war, gab der Satan glatt auf die
Aufforderung im Namen Jesu, des gekreuzigten Heilandes, zu, dass ihrer
mehrere Teufel seien, die von dem Mädchen Besitz ergriffen hätten. Wie
er nur den Namen Jesus hörte, da schäumte er schon und brüllte wie ein
gereiztes Wüstentier.
Dieses wüste Brüllen und Heulen ging täglich gleich stundenlang dahin.
Bald kam es heraus wie von Löwen und Hyänen, dann wieder war das Miauen
von Katzen, das Muhen von Kühen und das Bellen von Hunden. Auch ein
volles [26 | 27] Durcheinander von Tierstimmen. Namentlich anfänglich
ging es den Anwesenden furchtbar auf die Nerven und mussten sich die 12
Ordensschwestern abwechselnd ablösen, um sich wieder von dem erlebten
Strauss zu erholen und zu kräftigen.
Es meldet sich Beelzebub.
Der Beschwörer: Im Namen Jesu und
seiner hochgebenedeiten Mutter Maria, der Makellosen und
Schlangenkopfzertreterin sag mir die Wahrheit: Wer ist der erste und der
Befehlshaber unter euch? Wie heissest du?
Teufel bellend wie ein Höllenhund: «Beelzebub.»
Beschwörer: «Beelzebub nennst du dich? Du bist doch nicht der oberste aller Teufel, der Luzifer?»
Teufel: «Nein, nicht der oberste! Aber einer von den obersten.»
Pater: «Du warst also kein Mensch, sondern bist einer von den gefallenen
Engeln, die unsäglich frech mit Luzifer Gott gleich sein wollten?»
Teufel knirschend: «Ja, so ist es. Hah, wie wir ihn hassen!» [27 | 28]
Pater: «Warum heisst du Beelzebub, wenn du nicht der oberste aller Teufel bist?»
Teufel: «Basta! Ich heisse Beelzebub.» Pater: «Standest du dem Luzifer
an Würde nahe oder stammst du aus niedereren Engelschören?»
Teufel: «Ich war einst im Chor der Seraphin.»
Pater: «Was würdest du tun, wenn Gott dir die Möglichkeit gäbe, dein schweres Unrecht wieder gut zu machen?» –
Teuflisches Hohngelächter: «Bist du ein sauberer Theologe!»
«Wie lange quälst du schon das arme Mädchen?»
«Schon seit ihrem 14. Lebensjahr.»
«Wie konntest du es wagen, in das arme Mädchen hineinzufahren und es derart zu quälen?»
Teufel hohnlachend: «Hah, hat uns doch ihr eigener Vater hineingewunschen!»
Pater: «Aber dass gerade du Beelzebub das Mädchen besessen hast? Wer gab dir das Recht dazu?» [28 | 29]
Teufel: «Frag nicht so dumm! Ich muss doch dem Satan Gehorsam leisten»
Pater: «Also bist du im Auftrag und auf Befehl Luzifers selbst hier.»
Teufel: «No, was denn sonst?»
Nebenbei bemerkt, redete der Pater den Teufel bald in deutscher, bald in
englischer, bald in lateinischer Sprache an. Und so wie er angesprochen
wurde, in eben dieser Sprache antworteten Beelzebub und die übrigen
Teufel ganz korrekt wieder. Augenscheinlich hätten sie alle Sprachen der
Welt verstanden und in denselben erwidern können. Mehrmals kam es vor,
dass der schliesslich oft ganz erschöpfte Pater in seinen lateinischen
Gebeten und Beschwörungen einzelne Worte nicht ganz richtig aussprach,
Fehler machte. Aber gleich fuhr ihm Beelzebub dazwischen und schrie: «So
und so heisst es! Dummkopf, kannst ja nichts.» Einmal passierte es,
dass der Pater die dumpfbrummende trotzige Teufelsantwort nicht
verstand. Er fragte deshalb den Pfarrer: «Was hat er gesagt?» Der hatte
es auch nicht verstanden. Er fragte die Ordensschwester: «Wie hat er
gesagt?» Da ant- [29 | 30] wortet eine: «So und so, mein ich, hat er
gesagt: Da brüllte sie der Teufel an: «Du, so hab ich nicht gesagt.
Bleib bei der Wahrheit!»
Es meldet sich Judas.
Natürlich wollte der Pater auch wissen,
warum der Vater seine eigene Tochter verwunschen hatte. Er bekam aber
nur die trotzige Antwort hingeworfen: «Kannst ihn selber fragen! Lass
mich endlich einmal in Ruhe!»
Pater: «Ist denn der Vater auch da als Teufel bei euch? Seit wann denn?»
Teufel: «Dumme Frage! Seitdem er halt verdammt ist.» Schreckliches Hohngelächter voll Schadenfreude.
Pater: Dann beschwöre ich im Namen des gekreuzigten Jesus von Nazareth den Vater des Kindes, mir Rede und Antwort zu stehen.»
Es meldet sich eine rauhe Stimme die sich bisher schon wiederholt neben der Beelzebub-Stimme bemerkbar gemacht hatte.
Pater: «Bist du der unglückselige Vater, der sein eigenes Kind verwunschen hat?» [30 | 31]
Totzig hingebrüllt: «Nein!»
«Wer bist du dann?»
«Der Judas!»
«Was, der Judas? Der Judas Iskariot, der ehemalige Apostel?»
Darauf ein schier unverständliches batziges Hinschnappen, als ob es ja hiesse.
Pater: «Nochmals! Bist du Judas Iskariot, der seinen eigenen Herrn
schändlich um 30 Silberlinge verkaufte und ihn noch mit einem Kuss
verraten hat?»
Und nun kam ein so fürchterliches, grässlich jammervolles langgedehntes:
«Ja, der bin ich!», dass bei dem Geheul im tiefsten Basse das ganze
Zimmer dröhnte und vor lauter Schaudern und Entsetzen Pfarrer und einige
Schwestern davon stürzten. Darauf folgte ein so widerliches ordinäres
Spucken und Speien gegen die dem Pater umgehängte Hostienkapsel, als
wollte Judas seinen Herrn und Meister nach Leibeskräften anspucken und
allen Unrat seines Innern gegen ihn auswerfen.
Schliesslich wurde Judas noch befragt:
«Was treibst du eigentlich hier?» [31 | 32]
«Sie zur Verzweiflung reizen, dass sie Selbstmord begeht und sich
erhängt! Sie muss noch an den Strick, sie muss noch in die Hölle.»
«Kommen denn alle Selbstmörder in die Hölle?»
«Leider nicht.»
«Warum denn nicht?»
«Hah, weil wir Teufel es meist sind, die sie zum Selbstmord reizen, sie aufhängen, wie ich es selbst gemacht habe.»
«Reut es dich doch nicht, dass du das getan?»
Ein grässlicher Fluch. Dann: «Lass mich in Ruhe mit deinem Teiggott!
Schuld bin ich selber. Das kam so unsäglich jammervoll und
erbarmungsvoll heulend heraus, dass es allen Anwesenden eiskalt
erschaudernd über den Rücken lief. Könnten doch alle Menschen der Welt
dieses Entsetzens Wort, so wie es in Earling aus Judas Munde kam, hören:
«Schuld bin ich selber.» Es folgten dann wieder grässliche
Wutausbrüche.
Auf eine neue Beschwörung hin meldet sich [32 | 33]
der Teufel Jakob,
eine kräftige rohe Männerstimme. Ihm wie
Judas konnte man gleich anmerken, dass diese ehemalige Menschen waren..
«Was bist du für ein Jakob?»
«Der Vater der Besessenen.»
Spätere Erkundigungen ergaben, dass er ein schrecklich roher Mensch,
voll Leidenschaft und Unzucht gewesen war. Er selbst gestand jetzt in
der Beschwörung, dass er seine unglückliche Tochter wiederholt zur
Blutschande habe zwingen wollen. Sie habe ihm aber aufs äusserste
Widerstand geleistet. Darum habe er sie verwunschen und gewollt, dass
die Teufel in sie hineinfahren und sie an Leib und Seele schänden und zu
allen Unzuchtssünden verleiten und reizen sollten. Auch gestand er, er
sei nicht etwa plötzlich gestorben, sondern habe noch die heilige Oelung
empfangen. Doch habe sie ihm nichts genützt, weil er auch da noch den
Priester verhöhnt und verspottet habe. Im Gericht wäre ihm schliesslich
doch das alles noch verziehen worden, aber dass er sein eigenes Kind
voller Bosheit und Absicht mit Leib und Seele dem [33 | 34] Teufel
überantwortet habe, das sei ihm schliesslich ausschlaggebend zum
Verderben geworden. In der Hölle habe er deshalb noch gewunschen, sein
Kind quälen und martern zu dürfen, was ihm Luzifer gern bewilligt habe.
Uebrigens sei er mit seinem Hurenweib in der Hölle und jetzt in der
Tochter und es falle ihm gar nicht ein, trotz aller Beschwörung sie
preiszugeben.»
«Und du musst doch! Die Kraft Christi u. des dreieinigen Gottes wird euch in den Höllenpfuhl hinabzwingen, wohin ihr gehört.»
Ein Brüllen und Protestieren: «Nur das nicht!»
Uebrigens wurde durch Beschwörung auch Jakobs Konkubine gezwungen,
Antwort zu geben. Ihre hohe Stimme, fast eine Fistelstimme, war zuvor
schon unterschiedlich von den anderen Stimmen wahrgenommen worden. Jetzt
gab sie an: Sie sei
die Mina.
Schuld an ihrer Verdammung sei das jahrelange Unzuchtsleben mit Jakob zu Lebzeiten seiner Frau. [34 | 35]
Aber noch viel mehr als das hätten den Ausschlag gegeben, ihre unbereuten Morde.
Pater: «Als Frau gemordet? Wen denn eigentlich?»
Batzig hingeworfen: «No Kleine halt» – offenbar ihre Kinder.
«Wieviel sind denn das gewesen?»
Unwillig kurz angebunden: «Drei! – Nein, eigentlich vier!»
Diese Mina zeigte sich besonders gehässig. Ihre Antworten klangen so
bissig u. grenzenlos frech, dass es alles bisherige übertrumpfte.
Namentlich gegen das Allerheiligste spie und spuckte sie in unsagbarer
Weise, dass Pater und Pfarrer sich immer wieder ihren Habit und Talar
mit dem Taschentuch vom Speichel reinigen mussten. Es zeigte sich
offenbar, dass sie das Sanktissimum, das ihr als Brot des ewigen Lebens
zur Rettung hätte werden sollen, das sie aber wohl in unwürdigen
Kommunionen zu ihrem Verderben hineinass, mit ganz besonders glühendem
Hasse verfolgte. Mina und Judas waren die ärgsten Sakramentsspeier. [35 |
36]
Der Leser würde sich übrigens irren, -wenn er glaubte, die eben
erwähnten Gespräche, Fragen und Antworten wären Schlag auf Schlag in
schönster Ordnung erfolgt. Hier handelte es sich vielmehr um tagelanges
Ringen mit den Teufeln, deren Antwort oft durch stundenlanges Brüllen
und Toben unterbrochen war und denen erst meist nur durch vermehrtes
Beten und energisches Beschwören wieder eine weitere Antwort abgetrotzt
werden konnte. Dazu die entsetzlichen unerträglichen Teufelsfratzen, zu
denen sich das Gesicht des Mädchens schier unkenntlich verzerrte. Dann
die schauderhaften Verkrümmungen und Entstellungen des ganzen Körpers.
Der magere blasse Kopf schwoll oft ganz unförmlich wie ein Wasserkopf
an, wurde feuerrot und glühend, die Augen herausgepresst, die Lippen
wulstig handgross aufgeschwollen, der hagere dürre Leib so entsetzlich
aufgetrieben, dass Pfarrer wie Schwestern beim ersten Mal voll
Erschrecken sich aus dem Gemache drückten in der Meinung: Jetzt berstet
sie, jetzt muss sie zerplatzen und zerrissen werden. Dabei fühlte sich
ihr Unterleib hart wie Eisen und Stein an und [36 | 37] ward mit solcher
Gewalt in die eiserne Bettladen hineingepresst, dass sich deren
Längseisenteile bis zum Boden durchbogen.
5. WAS DIE TEUFEL BESONDERS PEINIGTE
Die Teufelsbeschwörung beginnt jedesmal gemäss den Exorzismusverordnungen des kirchlichen Ritualebuches
mit der Allerheiligenlitanei,
die knieend von allen mitgebetet
wird. Gleich zu Beginn hielten sich die bösen Geister noch ruhig. Dann
aber als die Anrufungen kamen: «Gott Vater vom Himmel, Gott Sohn Erlöser
der Welt, Gott heiliger Geist, heilige Dreifaltigkent ein einiger
Gott», da ging die Unruhe und das Knirschen schon los. Als es hiess:
«Heilige Maria! Heiliger Michael!», da zuckte er zusammen, wie wenn ihn
der Blitz getroffen hätte. Ein Brummen und dumpfes Grollen kam bei der
Anrufung der heiligen Chöre der seligen Geister u. der heiligen Apostel.
«Von den Nachstellungen des Teufels.» Hu da fuhr er auf, als hätte ihn
eine Geissel getroffen. [37 | 38] «Vom Geist der Unlauterkeit!», oh da
bäumte er sich. «Durch dein Kreuz und Leiden», wie er da heulte, der
Höllenhund.
Mit der Zeit wusste man auf Grund der gemachten Wahrnehmungen ganz genau
Bescheid, was den Teufel stets besonders peinigt. Das ist zunächst die
Segnung mit dem Allerheiligsten.
Das war immer etwas Fürchterliches für ihn. Wie er da spie und spuckte! Dann die Segnung
mit dem Kreuzpartikel.
Wie er sich da mandte und krümmte! Wenn
ihm der Priester entgegentrat mit dem Kreuze und den kirchlichen
Anrufungen: .«Sieh das Holz des Kreuzes! Flieht ihr feindlichen Mächte!
Es siegt der Löwe aus dem Stamme Juda», so war das ganz entsetzlich für
ihn. Es war und klang dann so, als wollte er schreien: «hört auf, hört
auf! Das halt ich nimmer aus. Das kann ich nicht mehr anhören.» Selbst
wenn der Pfarrer mit dem Kreuzpartikel nur versteckt im Talar heran
trat, dann wurde Satan schon rasend. «Weg, [38 | 39] weg», brüllte er
dann, «das halte ich nicht aus, oh es ist furchtbar, das ertrag ich
nicht.»
Auch die Anrufung
Maria, der unbefleckten Empfängnis
war ihm etwas Furchtbares.
Wenn man ihm sagte: «Ich befehle dir Satan im Namen der Unbefleckten, im
Namen derjenigen, die dir, höllische Schlange, den Kopf zertreten», wie
bäumte er sich da wild auf und fuhr dann wieder in der Besessenen
zusammen, wie wenn er mit einer Keule aufs Haupt getroffen worden wäre.
Etwas Unleidliches war ihm auch
das Weihwasser.
Wenn man ihm damit nahe kam, dann schrie er:
«Weg, weg damit! Weg mit dem abscheulichen Dreck! Oh, das brennt, das
brennt!» Eines Tages legte man ihm einen Zettel aufs Haupt, auf den
scheinbar lateinische Gebete geschrieben waren. Auch die Klosterfrauen
vermeinten das. In Wirklichkeit waren es aber nur Stellen aus einem
alten heidnischen Klassiker. Die Ordensschwestern wunderten sich sehr,
dass sich Satan dabei so ruhig [39 | 40] verhielt. Der Pater freilich
wusste den Grund davon wohl. Gleich darauf legte er der Besessenen einen
anderen 2. bereit gehaltenen Zettel mit kirchlichem Text auf, den er
zuvor schon ungesehen mit einem heiligen Kreuzzeichen gesegnet und mit
etwas Weihwasser besprengt hatte. Wie im Nu war dieser Zettel auch schon
in lauter Fetzen zerissen.
Ohne Wissen des Paters Theophilus verwahrte der Pfarrer auch in seiner Sakristei eine kleine, in einer Kapsel gefasste
Reliquie der kleinen heiligen Theresia
vom Kinde Jesu. Er
steckte dieselbe eines Tages zu seinem Schutze zu sich in die
Seitentasche des Talars und begab sich damit ins Kloster zur
Teufelsbeschwörung hinüber. Kaum hatte er das Zimmer betreten, als der
Teufel vorne auch schon raste: «Fort, fort damit! Weg mit der Reliquie
der kleinen Theresia, von dieser Flatter (gemeines Schimpfwort)!»
Der Pater: «Wir haben keine Reliquie von der heiligen Theresia!»
«Freilich, der da hinten, der gerade gekommen ist. Weg damit!»
Gleichwohl [40 | 41] näherte sich der Pfarrer mit der Reliquie. Aber wie
da der Teufel spuckte und sich gebärdete! Die kleine heilige Theresia
spielte übrigens noch mehrmals eine grössere Rolle, worauf wir noch
zurückkommen. Ganz deutlich war auch zu erkennen, wie schwer Satan mit
dem
heiligen Erzengel Michael
auf dem Kriegsfuss steht. Wie nur
dessen Namen genannt wurde, zuckte er schon erschreckt zusammen.
Fürchterlich war es ihm, wenn im Exorzismus Leos XIII. gegen die
gefallenen Engel die feierliche Anrufung an den heiligen Michael kam.
Das wollte er absolut nicht hören, dass St. Michael als Anführer der
guten Geister den Luzifer mit seinem Anhang in den Abgrund geschleudert
hat. Ausserordentlich fürchtete er auch die kirchliche Anrufung des
heiligen Michael im Messchlussgebet. Die Leser kennen ja dasselbe:
«Heiliger Erzengel Michael, steh uns bei im Kampfe! Gegen die
Nachstellungen und Bosheiten des Teufels sei du unsere Schutzwehr! Ihm
befehle Gott, so bitten wir flehentlich. Und du, Fürst der himmlischen
Heerscharen, schleudere den Satan und [41 | 42] die anderen bösen
Geister, welche zum Verderben der Seelen in der Welt herumschleichen, in
den Abgrund der Hölle hinab. Amen.» Das war ihm unerträglich zum
Anhören.
Möchte darum das christliche Volk mehr wie bisher dieses St.
Michaelgebet wieder schätzen lernen. Was den Papst Leo XIII. zur
Abfassung veranlasste, war ein merkwürdiger Vorfall in seinem Leben.
Nach Zelebration der hl. Messe begab er sich einst zu einer Besprechung
mit den Kardinälen. Plötzl. sank er vor ihnen wie ein Ohnmächtiger
zusammen. Schnell holte man mehrere Aerzte. Sie fanden schier keinen
Pulsschlag mehr, das Leben schien den gebrechlichen Greisenkörper
unwiederbringlich zu verlassen. Plötzlich erwachte er wieder, war wieder
frisch wie zuvor und sprach: Welch schauderhaftes Bild ist mir jetzt
gezeigt worden! Er schaute die kommenden Zeiten, die Verführungskräfte
und das Wüten der Teufel in allen Ländern gegen die Kirche. In der
höchsten Not erschien der heilige Erzengel Michael und schleuderte den
Teufel und seinen Anhang wieder in den Abgrund der Hölle zurück. Das war
die Veranlas- [42 | 43] sung, dass Papst Leo XIII. jenes Messgebet für
die ganze heilige Kirche anordnete. Das war schon anfangs der 80er
Jahre. Nicht etwa, wie in Zeitungen lügenhaft zu lesen war, veranlasst
durch die sog. Leo Taxil Schwindel-Offenbarungen über die Freimauerei,
die erst 20 Jahre später spielten.
Furchtbar war dem Satan auch, wie schon erwähnt, das heilige Kreuzzeichen,
ein Kruzifix oder Kreuzpartikel.
Eines Tages reichte man dem
Pater ein anderes Kreuz als das bisher benützte. Doch sieh, diesmal
höhnte und spottete Satan: «Ei; mit einem Pappendeckelkreuz kommen sie
daher! Seit wann ist «Er» denn an einem Pappendeckel gestorben? Meines
Wissens war er doch an einen Holzstamm genagelt.»
Jetzt erst musterte man das Kreuz besser und nahm wahr, dass es wirklich
nicht Holz, sondern nur Papiermache (hart gepresster Papierbrei) war.
Auch spöttelte, er ein anderesmal die Annagelung des Herrn am Kreuze. Es
seien doch die Füsse übereinander genagelt gewesen, nicht
nebeneinander. Dasselbe berichtet K. Em- [43 | 44] merich. Sie sagt, der
linke FUSS sei zuvor meit einem feineren kurzen Nage! angenagelt
worden. Dann habe man einen besonders langen und starken Nagel, bei
dessen Anblick dem Heiland geschaudert habe, mit aller Wucht durch den
Rist des rechten Fusses und dann des linken Fusses hindurchgetrieben.
Seitwärts am Kreuze stehend habe man ganz deutlich diesen furchtbaren
Nagel durch beide Füsse hindurch gehen sehen.
Ich möchte aber deshalb keineswegs sagen: Nun wissen wir es genau, wie
die Fusstellung des Herrn am Kreuze war, nachdem auch Beelzebub die
gleichzeitige Durchnagelung beider Füsse behauptet hat. Wir wollen
keineswegs dem Vater der Lüge die Ehre antun, ihn als Kronzeugen in
derlei Dingen gelten zu lassen, wenngleich kein Zweifel darob obwalten
kann, dass viele Teufel persönlich Augenzeugen der Kreuzigung Christi
waren. Ebenso möchte ich es ablehnen zu sagen: Nun wissen wir genau,
dass der Judas in der Hölle ist, nachdem er sich in dem Earlinger Fall
selber als Verdammter gemeldet hat. Die Kirche hat darüber nie ein
festes Urteil ausgesprochen, wenngleich na- [44 | 45] türlich die Worte
des Herrn über Judas äusserst bedenklich sind: Besser wäre es, wenn
dieser Mensch nicht geboren wäre.
Etwas Eigenartiges war es dann, dass sich beim Pfarrer nach einigen Tagen eine unerklärliche
Antipathie gegen die Teufelsaustreibung
einstellte. Er konnte
den Pater, seinen eigenen bayerischen Landsmann, den er doch schon lange
kannte und mit dem er früher schon viel verkehrte, gar nicht mehr
ausstehen. Wenn er nur weiter wäre, ihm aus den Augen käme! Am liebsten
hätte er ihm Kirche und Kloster verwiesen, ihn direkt aus dem Haus
gejagt. Endlich gestand der Pfarrer dem Pater seine tiefgehende
Misstimmung. Dieser zeigte sich jedoch darob keineswegs verwundert.
Derlei Vorkommnisse waren ihm auch schon bei früheren Fällen wiederholt
vorgekommen. Es handelte sich um eine Mache und Versuchung des Teufels,
der auf diese Weise seine Austreibung zu vereiteln und zu verhindern
suchte.
6. RACHE AM PFARRER
Uebrigens zeigte Satan bei jeder Gelegenheit, welchen Groll er gegen den
[45 | 46] Pfarrer hegte. «Du bist schuld an der ganzen Geschichte, du
quälst uns so fürchterlich», schimpfte er wiederholt. Als ihm der Pater
einmal befahl: «Sei still, Höllendrache und lass einmal den Pfarrer in
Ruh! Der tut dir nichts zu leid. Das bin ich mit meiner Beschwörung.» Da
begehrte jener erst recht auf: «Der Pfarrer ist's! Der trägt die ganze
Schuld. Hätte der dir nicht die Erlaubnis hierzu in seiner Kirche und
seinem Kloster eingeräumt, könntest du überhaupt nichts machen. Und
heute noch wenn er sein «Ja» zurücknähme, währest du machtlos gegen uns.
Ein interessantes Zeugnis, wie sehr der Teufel die Autorität spürt und
respektiert. Das liess er überhaupt jedem Vorgesetzten gegenüber
erkennen, während er sich bei den Untergebenen viel manierlicher
verhielt. So tat er den Ordensschwestern und der Schwester des Pfarrers
nie etwas an. Wie aber nur der Pfarrer oder die Frau Oberin des Klosters
sich blicken liessen, da ging auch schon wieder das Werken und
Räsonieren los. Ja, die Oberin erhielt sogar einmal einen Schlag ins Ge-
[46 | 47] sicht, dass sie bis in die Ecke des Zimmers taumelte.
Dem Pfarrer gegenüber erklärte er wiederholt:
«Das musst du mir büssen.»
«Du kannst mir doch nichts tun. Ich
stehe in Gottes Hand und über dessen Macht hinaus bist du gänzlich
unfähig, du abscheulicher Höllenhund.»
«Warte nur, wie ich es dir eintränken werde. Die ganze Pfarrei hetze ich
gegen dich auf und verleumde dich derart, dass du dich nicht mehr zu
halten weisst. Dann kannst du Schimpf und Schande abziehen.»
«Wenn es der Wille Gottes zulässt, in Gottes Namen! Aber gegen ihn bist
du doch ohnmächtig, du abscheuliche Schlange, du Menschenmörder von
Anbeginn!»
«Warte nur! Dir und deinem Herrgott zeige ich es noch.»
«Hah, wie könntest du etwas gegen den Allmächtigen anhaben, du elender Wurm im Staube!»
«Ihm selber freilich nicht. Aber dir und [47 | 48] seiner Kirche! Und
voll Spott und Hohn fuhr er fort: «Gelt, die Geschichte von Mexiko kennst du? Da haben wir ihm eine schöne Suppe eingebrockt.»
«Wer? Du? Ihr Teufel?»
«No, wer denn!» Und er brüstete sich: «Das haben wir gemacht, das ist
unser Werk gewesen. Er soll uns schon noch besser kennen lernen. Luzifer
schürt ihm noch den Kessel, dass ihm und seiner Kirche warm wird. Hah,
Hah, hah!»
Eine Woche später rückte der Teufel noch genauer mit seinen Racheplänen
gegen den Pfarrer heraus. «Warte nur», drohte er, «bis die Woche zu Ende
geht! Kommt nur der Freitag, dann …»
Der Pfarrer hatte letztere Bemerkung wenig beachtet. Es war ja zuviel,
was tagtäglich der Teufel die ganze Zeit über daherbrüllte. Indess
sollte der Pfarrer wirklich an einem Freitag einen
ordentlichen Denkzettel erhalten.
Es war Freitags nach der
heiligen Messe, als es am Telephon des Pfarrhauses läutete. Ein weit
entfernter Farmer rief an, die Mutter sei schwer erkrankt. Der Herr [48 |
49] Pfarrer möchte doch so gut sein und ihr die heiligen
Sterbsakramente spenden. Er wäre selber mit dem Auto gekommen, um den
«Vater», wie dort allgemein die Pfarrer heissen, abzuholen. Aber der
Wagen streike unbegreiflich ganz verflixt. Eine gute Stunde habe er
schon daran hingearbeitet. Aber ganz vergeblich, er gehe einfach nicht
weg. Der «Vater» solle deshalb mit seinem eigenen Auto kommen oder ein
Mietauto benützen. Es werde alles bezahlt.
Eine Viertelstunde später sitzt der Pfarrer, das Allerheiligste bei
sich, in seinem Auto und dahin geht es zur schwer Erkrankten. Nach
Vollzug der heiligen Handlung ging es wieder heimwärts und der Ortschaft
Earling zu. Auf einer Strasse, die er schon xmal bei Tag und Nacht
befahren und auf der ihm schier jeder Stein bekannt ist. Der Pfarrer
steuert ausserordentlich vorsichtig sein neues Auto, wohl eingedenk der
Drohung des Teufels, dass er ihm noch einen Streich spielen werde. Er
ruft seinen Schutzengel und Namenspatron, den hl. Joseph an, sie möchten
ihn wieder gut nach Hause geleiten. Da, was ist das! Mit einem Male
senkt es sich wie ein schwarzer dichter Schleier vor [49 | 50] des
Pfarrers Augen nieder. Gerade in dem Moment, wo es einer Brücke über
eine tiefe Schlucht zugeht. Mein Gott, es ist. als würden ihm die Augen
verhalten. Im nächsten Augenblick ein Krach, dass ihm schier Hören und
Sehen vergeht. Das Auto ist ans Brückengeländer gefahren und zwar mit
unbegreiflicher Wucht, da doch das Tempo ein durchaus gemässigtes war.
Der Wagen hängt halb zertrümmert am eisernen Geländer, als wollte er
jeden Augenblick in die tiefe Schlucht hinabstürzen. So stark war der
Krach, dass selbst ein weit abseits im Felde mit dem Bulldogg pflügender
Bauer trotz des Getöses aufgeschreckt wurde. Voll Schrecken stürmt er
herbei. Um Gotteswillen, es ist das Pfarr-Auto! «Vater, Vater fehlt
Ihnen was? Sind Sie verletzt, bluten Sie?» Selbst zu Tode erschrocken
kommt dieser aus den Trümmern seines Wagen gekrochen. Kaum vermag er auf
den Füssen zu stehen. Selbst das Steuerrad ist in Trümmer gegangen; ein
Wunder, dass er sich die Lenkstange nicht durch die Brust gestossen,
wie es schon Anderen bei ähnlichem Anpralle passierte. Ein Monteur
meinte hernach angesichts des kaputten [50 | 51] Steuerrades und der
verbogenen Lenkstange zum Pfarrer: «Haben Sie denn einen Panzer auf der
Brust gehabt? Das hätte Sie doch unbedingt durchbohren müssen!»
Der Bauer aber eilte sofort heim und war bald mit seinem eigenen Auto
zur Steile. Den Trümmerkarren am Geländer hängen lassend, nimmt er den
noch zitternden leichenblassen Pfarrer in seinen Wagen und fährt mit ihm
schnurstracks zur Untersuchung zum nächsten Doktor, ob nicht etwa
innere Verletzungen vorlägen. Gottlob, es ist das nicht der Fall. Der
Arzt konstatiert nur Prellungen und eine vorübergehende
Nervenerschütterung, aber von einer inneren Verletzung könne keine Rede
sein. Gott sei Dank, das bringt Beruhigung!
Vom Doktor weg geht es direkt dem Pfarrhof in Earling zu. Doch es ist ja
alles drüben im Kloster bei der Teufelsaustreibung. Kaum hat der
Pfarrer das Zimmer betreten, da geht ein Hohngelächter sondersgleichen
los: «Hahaha – hahaha!» als ob der Teufel zerbersten möchte vor lauter
Schadenfreude: «Ha, heut ist er [51 | 52] eingegangen und aufgesessen!
Heut hab ich's ihm gezeigt! Hahaha, sein neues Auto, sein schönes Auto!
Das ist sauber in Trümmer gegangen. Aber recht ist ihm geschehen!»
Alle Blicke der Anwesenden wenden sich dem Pfarrer zu. Ja, blass sieht
er aus, aber sonst fehlt ihm scheint's nichts. «Herr Pfarrer, ist's
wahr, was der Teufel sagt?» «Ja, wahr ist es schon, mein Auto liegt in
Trümmern. Aber mir selber hat der Elende nicht schaden können.» – Darauf
der Teufel: «Gemünzt war es eigentlich auf dich. Aber wir konnten Dir
leider nichts anhaben. Gegen deinen mächtigen Schutzpatron konnten wir
leider nicht aufkommen.» Er meinte wohl den heiligen Joseph.
Die Geschichte von dem Vorfall wurde natürlich in der ganzen Umgebung
ruchbar und wurde dann allgemein zusammengesteuert, um dem Pfarrer der
Hauptsache nach den Schaden wieder gut zu machen und den Teufelsstreich
wieder zu reparieren. In den Vereinigten Staaten sorgen ja ganz die
Gemeinden für ihre Seelsorger, da diese vom Staate keinerlei [52 | 53]
Gehalt beziehen. Aber noch wiederholt kam der Teufel in seiner
Schadenfreude auf die Geschichte zurück und drohte dem Pfarrer, er solle
sich noch weiter gefasst machen.
Bei dieser Gelegenheit verriet der Teufel auch, dass er es anderen auch oft so mache,
dass er oft hinter den Autounfällen dahinter stecke
und sie
ins Verderben jage. Da könne er dann seine Rache und seinen Zorn
auslassen und da gebe es zum Unglück hiezu noch Prozesse und
Feindschaften aller Art.
Die Leser mögen daraus selber ihre Schlüsse und Verhaltungsmasregeln
ziehen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Feind des
Menschengeschlechtes tatsächlich oft bei diesen Unglücksfällen seine
Hand im Spiele hat. Er ist ja der «Mörder von Anbeginn an». Weg darum
mit dem törichten abergläubischen Zeug von Püppchenfiguren und Aeffchen
in den Wägen! In jedes Auto gehört dafür eine geweihte, kirchlich
gesegnete Plakette oder Medaillon vom heiligen Christopho- [53 | 54]
rus. In Amerika ist es schier gang und gäbe, in manchen Gegenden
geradezu eine Selbstverständlichkeit, dass man das Auto vor der ersten
Benützung vom Geistlichen weihen und segnen lässt. Mit Recht, redet doch
auch der heilige Paulus davon, dass selbst in den Lüften böse Geister
sind.
Satans Gespräche und Antworten
dürfen wir uns aber nicht so
vorstellen, als ob er sich des Mundes des armen, besessenen Mädchens zum
Sprechen bedient hätte. Nein, durchaus nicht. Das arme Geschöpf hatte
ja meist in seiner Bewusstlosigkeit den Mund geschlossen. Aber selbst
wenn er geöffnet war, konnte man keinerlei Bewegung der Lippen oder
Veränderung der Mundstellung wahrnehmen. Die bösen Geister konnten sich
also sprachlich aus dem Innern der Besessenen vernehmbar machen, ohne
irgendwie körperliche Organe gebrauchen zu müssen.
Bei dieser Gelegenheit sei auch darauf hingewiesen, dass christliche
Schriftsteller aus der alten römischen Zeit zu erzählen wissen, dass die
Heiden nicht selten Stimmen aus den Götterstatuen, he- [54 | 55] raus
vernahmen. Es wohnten offenbar öfter – auch Katharina Emmerich berichtet
das – böse Geister in den Götzenstatuen und liessen sich daraus
deutlich sprechend vernehmen, um die Heiden in dem Irrwahn ihres
Götterglaubens zu bestärken. So ist es auch begreiflich, wie die
hochtalentierten Heiden so lange an der abgöttischen Verehrung dieser
von Menschen gemachten Statuen festhielten und ihnen durch Opfer und
Weihrauchstreuen göttliche Verehrung erwiesen. Auch im Falle Wemding
erklärte der Teufel, er sei vorher auf einer Insel des Nilstromes in
einem Götzenbilde gewesen.
7. VON SATANS WISSEN
Gerade unheimlich war das satanische Wissen über den Sünden- und
Seelenzustand der Anwesenden. Es spielte das zwar im Falle Earling keine
besonders aufsehenerregende Rolle, hatte er ja doch nur geistliche
Personen und Ordensleute um sich. Aber auch hier rückte er hie und da
mit der Bemerkung heraus: «Gelt, das und das hast du auch einmal
getrieben, das und das als Kind angefangen.» Es handelte sich um Dinge
und Vorkomm- [55 | 56] nisse, die dem Betreffenden selber kaum mehr
recht erinnerlich waren und die ihm nun der böse Geist vorrupfte. Als
dann sich die betreffende Person wehrte: «Ach Gott, hätte ich mir nur
aus dem späteren Leben keine grösseren Verfehlungen als diese
Kindersünden vorzuwerfen, da folgte der merkwürdige Teufelsbescheid:
«Das weiss ich nicht, das hast du halt schon gebeichtet.»
Der
Schluss liegt nahe: Satan weiss scheints nur die nicht gebeichteten und
bereuten Sünden. Was gebeichtet ist, weiss er nicht. Das ist offenbar
durch das Sakrament der Busse derart aus der Seele ausgetilgt und
ausgelöscht, dass es keine Spur mehr für's Wissen der bösen Geister
hinterlässt. Durch das sakramentale Sündenbekenntnis ist alles versenkt
in den Abgrund der göttlichen Barmherzigkeit.
Darum auch die wohlweisliche und begründete Vorschrift in den
Exorzismus-Rubriken des römischen Rituale, es sollen alle dabei
beteiligten Personen, nicht bloss der den Exorzismus vornehmende
Priester, sondern auch alle Zeugen und [56 | 57] zum Halten der
besessenen Person benötigten Personen vor dem Beginn des Exorzismus noch
eine gründliche Generalbeicht ablegen oder doch eine herzliche
vollkommene Reue erwecken. Jedenfalls auch aus dem Grund, damit sie, von
der Sünde gereinigt, dem Teufel leichter Widerstand leisten und nicht
erheblicher Sünden beschuldigt werden können. Dabei kommt auch noch in
Betracht, dass Satan, der Lügner von Anfang an, schliesslich harmlosere
Vorkommnisse ungemein aufbauscht, schändlich verdreht, Wahres mit
Falschem vermengt und so grässlichen Wirrwarr und Feindschaften stiften
kann.
Um derartigem Unheil vorzubeugen, pflegt deshalb Pater Theophilus auf
Grund reichlicher Erfahrungen den Exorzismus nur mehr in geistlichen
Häusern und Klöstern unter Dienstleistung geistlicher und klösterlicher
Personen vorzunehmen. Trotzdem sind auch hier schon wiederholt Fälle
vorgekommen, dass Satan aus seinem Wissen auskramte und Dinge mit
allergenauesten Detailangaben über Ort und Zeit, über sündhaftes Treiben
mit Anderen offenbarte, die den betreffenden Personen die Schamröte auf
die [57 | 58] Wangen trieben und die Haare zu Berg stehen Hessen.
Gottlob bleibt aber derartiges jetzt unter dem Siegel der
Verschwiegenheit und kommt nicht mehr in die weite Welt hinaus.
Von diesen Vorfällen und der Bosheit des Teufels wusste man wohl auch in
den weitesten Umkreisen von Earling. Und so kam es wohl auch, dass sich
zwar Leute gemäss Aufforderung der Priester zur Sühneleistung und zu
Gebeten vor dem Tabernakel der Kirche einfanden, dass sich aber nirgends
die Lust regte, zur Teufelsaustreibung selber als Zeuge und Beobachter
zugelassen zu werden. Es wäre übrigens auch vorsichtshalber niemand
anderen als Priestern aus der Umgebung die Erlaubnis hiezu erteilt
worden.
8. NEUE TEUFEL UND TEUFELEIEN
Die Leser wissen bereits, dass bei den Antworten aus der besessenen
Person besonders 4 Teufelsstimmen sich deutlich von einander abhoben.
Sie gaben sich als ein Beelzebub, als Judas der Apostel, als Jakob, der
Vater der Besessenen und dessen jahrelange Hure, die Kindsmörderin Mina
aus. [58 | 59]
Vater Jakob war ein Priester- und Kirchenfeind ärgster Sorte gewesen. In
sinnlicher Lust und Ausschweifung ein Scheusal, blieb er der Kirche und
den Gnadenmitteln weit ferne, spottete aber bei jeder Gelegenheit über
sie. Selbst wenn er dann und wann schandenhalber doch an höheren Festen
im Gottesdienst erschien, geschah es hauptsächlich wiederum in der
Nebenabsicht, über das in der Predigt Gehörte oder über kirchliche
Zeremonien die Lauge seines Spottes hernach in der Gesellschaft
ausgiessen zu können. So finden wir es schliesslich begreiflich, dass er
sogar in der Sterbestunde, als ihm Gott die letzte Gnade des
Sterbsakramentes der heiligen Oelung gewähren wollte, sogar da noch Hohn
über den Priester und sein Getue hatte. Denn wie gelebt, so gestorben.
Seine ehebrecherische Konkubine Mina war ihm übrigens in ihrer Gesinnung
voll ebenbürtig. Schwein und Schmutz finden immer zusammen.
Es war nur zu bewundern, dass dieses Scheusal eines gotteslästerlichen
Vaters ein so gutgesinntes Kind sein Eigen nennen konnte. Aufrichtige
Frömmigkeit, reines unschuldiges Wesen und arbeitsamer [59 | 60] Sinn
zeichneten sie stets aus. Selbst die Besessenheit durch den Teufel
konnte sie innerlich in ihrem Grundcharakter nicht beeinträchtigen, da
ja der Teufel über den freien Willen des Menschen keine Gewalt hat.
Uebrigens zeigte es sich deutlich, dass nicht bloss oben genannte Teufel
von ihr körperlich Besitz ergriffen hatten, sondern eine Masse anderer
unreiner Teufel, unter welchen sich vor allem wiederum die sogenannten
stummen Teufel und Rachegeister
bemerkbar machten. Die Zahl
der stummen Teufel schien gross zu sein, indes zeigten sie sich wenig
mächtig und stark, es waren augenscheinlich Geister niederer Gattung.
Ihr Reden war mehr ein Stimmengewirr, aus dem man kaum deutliche
Antworten zu unterscheiden vermochte. Es war eben kein artikuliertes
Reden, sondern eher erbarmungswürdiges Gewinsel und unterdrücktes
Stöhnen und Heulen. Sie vermochten der Wucht der Exorzismen wenig
standzuhalten. Es war, als ob sie schwarmhaft kamen und abzogen und
wieder von anderen Schwärmen ab- [60 | 61] gelöst würden. Etwa so, wie
wenn ein Wanderer, von einem Mückenschwarrne überfallen, sie mit
Tabakrauch verjagen würde, um vielleicht schon kurze Zeit später
abermals in einen neuen Mückenschwarm zu geraten. Etwas ganz anderes
waren
die Rachegeister.
O das waren wilde ungestüme, rohe, derbe
Gesellen. Voll von Zorn und Hass gegen die Menschen, die Ebenbilder
Gottes und die geschaffene Natur. Aus ihren Stimmen klang etwas
Fürchterliches, Furchteinjagendes. Ihr ganzes Wesen schien ein
unheimliches wüstes Gemisch und Gebräu von Hass und Neid, Bosheit und
Schadenfreude, List und Tücke. Sie waren es vor allem auch, die dem
Pfarrer drohten, er müsse es noch büssen, sie würden es ihm schon noch
eintränken; die ganze Pfarrei wollten sie noch gegen ihn aufhetzen, sie
würden ihn verleumden, wie sie nur könnten, dass er mit Schande und
Spott abziehen müsse. Sie scheinen deshalb auch vor allem die Unruhe-
und Unfriedenstifter in Gemeinden zu sein. Es gibt viele Priester, die
über merkwürdige [61 | 62] Widerspenstigkeit in ihren Gemeinden zu
klagen haben, wo kein gutes Wort nützt, nur Widerstand sich bemerkbar
macht, so zwar, dass es mit der Zeit bei gänzlicher Erfolglosigkeit
schier zum Verzagen und zum Davonlaufen wird. Gerade Seelsorger möchten
es sich angelegen sein lassen, öfters den kleinen Exorzismus privat für
sich über die Gemeinde zu beten oder auch die Beschwörung gegen die
gefallenen Geister, wie sie uns Leo XIII. an die Hand gegeben hat, zu
gebrauchen. Siehe Ablassbuch von Behringer oder bayerisches Rituale!
Auf das Wirken dieser Rachegeister war es wohl auch zurückzuführen, dass
der Pfarrer von Earling gegen den ihm sonst intim befreundeten
Exorzismuspater schliesslich in wahre Wut geriet. Dass er ihn förmlich
hasste und anfeindete und ihn sogar samt der Besessenen kurzerhand aus
der Kirche und dem Kloster schimpflich davonjagen wollte.
Nächtlicher Spuk.
In denselben Tagen fielen auch aus dem
Munde, oder vielmehr aus der Kehle der Besessenen Aeusserungen, sie wür-
[62 | 63] den den Pfarrer schon noch mürbe machen. Da fährt er einmal
nach Mitternacht jäh erschreckt aus dem Schlafe auf. Was ist denn
eigentlich los in dem Zimmer? Hat er denn Ratten im Zimmer? Halt, jetzt
ist es in der Wand neben seinem Bett. Sind denn Hohlräume drinnen, dass
Ratten auf und nieder können? Die ganzen 14 Jahre, wo er schon das Haus
bewohnt, hat er doch noch nie Derartiges wahrgenommen. Schau, jetzt muss
er solch ungute Bestien auch noch ertragen. Er schlägt mit der Faust an
die Wand, um das Tier oder die Tiere zu verscheuchen. Nichts hilft. Er
greift nach einem Stock, dann nach dem Schuh vor seiner Bettlade und
schlägt auf die Wand los. Statt besser wird es nur noch ärger. Nun
vielleicht verzieht sich das Vieh doch nach einiger Zeit. Er wartet und
wartet. Aber nein, wie besessen rennt es drinnen in der Wand auf und ab,
als wollte es selbst Mörtel und Steine herunterreissen.
Endlich wird es dem Pfarrer, der nach den Aufregungen des Tages so
notwendig die Ruhe gebraucht hätte, zu dumm. Am Ende steht der
nächtliche Spuk mit der Malefiz Teufelsgeschichte in Verbin- [63 | 64]
dung? Hatte ihm denn der Teufel nicht - mit dem Mürbemachen gedroht? Am
Ende war das gemeint. Dann bleibt nichts anderes übrig, als mit
geistigen Mitteln ihm zu Leibe zu rücken. Der Pfarrer holt sich die
Priesterstola und legt sich mit derselben ins Bett. Schau, es wird
ruhiger, aber nicht ganz. Warte nur, verfluchte Teufelsratte, ich komme
dir noch stärker. Der Pfarrer erhebt sich abermals vom Lager, zündet vor
dem Kreuze 2 Kerzen an und betet den kleinen Exorzismus gegen böse
Geister. Schau, siehe diese Sprache versteht der Rattenteufel. Er
ergreift die Flucht, in der Hauswand wird es ruhig. Es ist wie
weggeblasen, nachdem zuvor alles Schlagen und Pumpern nicht geholfen.
Einige Nächte später wird es abermals unruhig in seinem Schlafgemach.
Zittert denn das Haus und die Türen? Und das Klirren der Fenster? Ah,
vielleicht ist ein schwerer Expresszug durchgefahren, dass etwa vom
nahen Bahngeleise sich die Nachwirkungen des zitternden Bodens noch im
Haus bemerkbar machen? Aber dass er den Zug nicht hat fahren hören? [64 |
65] Oder ist es ein Stossen der Maschinen im nahen Elektrizitätswerk?
Aber das hat sich doch schon längst nicht mehr bemerkbar gemacht. Aber
halt, da kommt es jetzt wieder über die Türe. Ja, ist sie denn offen,
dass ein Luftzug sie rüttelt? Es hilft nichts, der Pfarrer muss vom
Lager auf. Aber nein, die Türe schliesst tadellos. Selbst festes Rütteln
an der Schnalle bringt sie nicht in Bewegung. Malefiz, ist denn schon
wieder der Böse im Spiel, um ihn mürbe zu machen, ihm den Schlaf zu
rauben? Der Pfarrer greift nach dem Weihwasser, besprengt damit Türe,
Fenster und Zimmer und spricht einen kurzen Exorzismus. Und ruhig ist
es, mäuschenstill geworden. «O du elender Satan, jetzt kenne ich deine
Schliche. Warte nur, dir werde ich künftig schnell Mores lernen.»
Erst später stellte es sich heraus, dass auch andere Priester, die bei
Teufelsaustreibungen beteiligt waren, ähnliche Belästigungen, ja noch
ärgere erfuhren, sodass sie nicht zur Ruhe gingen ohne Weihwasser und
priesterliche Stola neben sich zu haben, ja in Zeiten arger Beläs- [65 |
66] tigung nur mehr mit der Stola bekleidet ihr Lager aufsuchten.
Aehnlicher Spuk hat sich übrigens auch in Wemding 1891 zugetragen. Dort
ging es in den ersten drei Tagen nach der Teufelsaustreibung
fürchterlich im elterlichen Hause des besessenen Knaben zu. Man glaubte
jeden Augenblick, das Haus müsse zusammenstürzen.
Wie ging es aber der Besessenen selbst?
Ich weiss nur das Eine
zu berichten, dass sie jeweils schon immer einige Zeit nach Beginn des
täglichen Exorzismus in volle Bewusstlosigkeit verfiel und einige Zeit
nach Beendigung desselben, wieder aus derselben erwachte. Sie
versicherte immer, von den Vorgängen während der Beschwörungen nicht die
geringste Ahnung zu haben. Sie war immer gänzlich erschöpft, sodass man
sie mehr tragend als führend auf ihr Zimmer bringen musste. Dass sie in
solchem Zustand keine festen Speisen, sondern nur etwas Flüssigkeit zu
sich nehmen konnte, ist begreiflich. Man musste sich nur wundern, wie
das schwächliche Ding soviel erbrechen konnte, wie ich bereits erwähnte.
Ein 20, ja [66 | 67] 30 maliges Erbrechen im Tag war nicht so selten
und das in staunenswerten Quantitäten und schrecklichen Qualitäten.
Es war wirklich unbegreiflich, wie dieser geschwächte Körper den sich 3
Wochen hinziehenden Exorzismen nebst den schrecklichen Plackereien des
Satans gewachsen zeigte. Einst litt sie so schrecklich, dass sie
leichenblass dem Tode nahe schien. «Mein Gott, jetzt stirbt sie, ich
bringe ihr geschwind noch die heilige Oelung», rief der Pfarrer, dem es
natürlich etwas Schreckliches gewesen wäre, wenn sie unter solchen
Zuständen ihr Leben hätte lassen müssen. Der Vorwurf, die Geistlichen
hätten sie durch ihre Exorzismen zu Tode gemartert, wäre wohl
unausbleiblich gewesen. Aber der in dieser Praxis wohl erfahrene Pater
gebot ganz bestimmt: «Bleiben Sie da, Herr Pfarrer, das Mädchen stirbt
nicht. Absolut nicht. Es ist nur Trugspiel des Satans. Er kann und darf
sie nicht töten. Absolut nicht.»
9. IMMER NOCH KEIN ENDE
Wie gesagt, dauerten die Exorzismen ungewöhnlich lange. Eine so lange Dauer [67 | 68] war bisher unerhört. Es handelte sich um
genau 23 Tage.
Und das wohlgemerkt meist vom frühen Morgen bis
in die tiefe Nacht hinein. Der Teufel setzte alles daran, die beiden
Geistlichen und die Klosterschwestern zu ermüden und sie so zu bewegen,
ihre Bemühungen einzustellen. Natürlich konnte der Pfarrer selbst nicht
immer zugegen sein. Die Seelsorgsarbeit hielt ihn oft stundenlang fern.
Dazu war er auch physisch nicht imstande, soviele Stunden der Nacht von
seinem Schlaf zu opfern. So kommt es auch, dass sich in den Briefen des
Paters an seine Verwandten in Bayern gar manches interessante Faktum und
manche schreckliche Dinge vorfinden, dessen der Pfarrer selbst nicht
Zeuge war und worüber er deshalb auch weder berichten noch dafür Zeugnis
ablegen kann. Näheres darüber am Schlusse.
Ueber 2 Wochen lang hatte die Beschwörung gedauert, ohne dass es
gelungen wäre, den Teufel zum Verlassen der armen Besessenen zu zwingen.
Hatte der Pater durch die Wucht der Gebete und Beschwörungen auch
bereits eine Menge [68 | 69] Teufel ausgetrieben, so blieben doch immer
wieder noch die 4 Aergsten unbezwingbar zurück. Ja an Stelle der
Vertriebenen stellten sich immer wieder neue Scharen böser Geister ein,
als wollte Satan die ganze Hölle aufbieten, um in diesem Fall
schliesslich doch den Sieg davonzutragen. Ganz deutlich war
wahrzunehmen, dass die Hölle
unter einem Oberkommandanten steht,
der wie ein General und
Feldherr immer wieder neue Truppen in den Kampf vorschickt wenn die
alten Truppen kampfermüdet sich zurückziehen müssen. Welches
erbarmungswürdige Winseln und Seufzen war da oft zu vernehmen und es
wurden Stimmen laut: «O was müssen wir hier ausstehen; es ist
schauderhaft, was wir da leiden!» Aber auch andere Stimmen fehlten
nicht, die da gleichsam mitverdammten Kollegen zuriefen: «Was werden wir
aber erst von ihm zu fühlen bekommen, wie wird er uns wieder peinigen,
wenn wir unverrichteter Dinge von dannen ziehen!» Offenbar war Luzifer
mit diesem Peiniger gemeint.
Um den Satan mit seinen Heerscharen [69 | 70] überhaupt nicht mehr zur
Ruhe kommen zu lassen, beschloss der Pater schliesslich, mit den
Exorzismen selbst die ganze Nacht hindurch fortzufahren, weil er dadurch
zum Ziele zu kommen hoffte. Seine hohe asketische Gestalt verfügt ja
über eine seltene Muskelkraft und eiserne Nerven. Und siehe, etwas
schier Uebermenschliches war von ihm gefordert. 3 Tage und 3 Nächte
harrte er nacheinander unausgesetzt aus, sodass selbst die sich
abwechselnden Klosterschwestern zusammenzubrechen drohten. Und dennoch
kein endgültiger Erfolg. Nur mit Aufbietung aller Kräfte behauptete sich
noch der Pater. Mit Ende der 23 Tage war auch er fertig. Er glich
schier einer wandelnden Leiche, einer Gestalt, die gebeugt jeden
Augenblick niederstürzen konnte. Er hatte ein Aussehen, als hätte er
binnen dieser 3 Wochen um 20 Jahre gealtert.
Die Befragungen des Teufels und seine Antworten darauf dürfen auch ja
nicht etwa wie ein amüsantes Gespräch zwischen den bösen Geistern und
dem Exorzistenpater aufgefasst werden. Es dauerte [70 | 71] oft lange,
sehr lange, bis dem Satan wieder eine Antwort erpresst werden konnte.
Meist war es zunächst ein schauderhaftes Gebrüll, Stöhnen und Heulen,
wenn er unter der Wucht der Beschwörungen zu Angaben gezwungen werden
sollte, bevor wirklich eine Antwort zu erhalten war. Das war oft eine
solche Heidenarbeit, so anstrengend ermüdend und aufregend, dass der
Pater an manchen Tagen drei und viermal vor Schwitzen das Hemd ja sogar
den Habit wechseln musste. Gegen Ende der schrecklichen Tage war er dann
so erschöpft, dass er fühlte, nur durch den Gnadenbeistand von Oben
noch aushalten, ja am Leben bleiben zu können. Neugierigkeitsfragen
stellte der Pater an sie nie absichtlich. Immerhin geschah es, dass
manche vom Teufel gegebene Antworten wieder Fragen veranlassten, die
nicht mehr streng zur Sache gehörten. Aber dann wurde der Pater vom
Teufel meist barsch und grob abgeschnauzt «Schweig, das geht dich gar
nichts an!» Oder auch wiederholt mit den knappen lateinischen Worten:
Non ad rem! Das heisst: Das gehört nicht hieher, das hat mit der Sache
gar nichts zu tun. [71 | 72]
Gesprächiger zeigte er sich einmal mit Angaben
über den Antichrist
und zwar bei der Gelegenheit, als er
triumphierend höhnend beim Hinweis auf Mexiko erklärte, Satan werde ihm
(Jesus) und seiner Kirche schon noch eine viel ärgere Suppe einbrocken.
Auf die Frage, ob er damit etwa auch das Wüten des Antichrists gegen die
Kirche Gottes meine, gab er wie selbstbewusst und protzig den Bescheid:
«Ja, Satan ist schon losgelassen und der Antichrist ist schon in
Palästina geboren. (Ein anderes Mal nannte er auch Amerika.) Aber er ist
noch jung und klein und muss erst im Verborgenen heranwachsen, bis er
euch seine Macht fühlen lassen kann. Bei einer anderen Gelegenheit
wurden auch die Jahre 1952-55 als Zeit des Auftretens genannt.
Merkwürdigerweise enthält auch Katharina Emmerich eine ähnliche Angabe.
Man lese nach bei der Höllenfahrt des Herrn nach seinem Hinscheiden am
Kreuz. Dort heisst es wörtlich: «Als die Tore von den Engeln
aufgestossen worden, sah man in ein Gewühl von Widersetzen, [72 | 73]
Fluchen, Schimpfen, Heulen und Wehklagen. Einzelne Engel warfen ganze
Scharen von bösen Geistern nieder. Alle mussten Jesus anerkennen und
anbeten und das war ihnen die furchtbarste Qual. In der Mitte war ein
Abgrund von Nacht. Luzifer war gefesselt in diesen geworfen und es
brodelte schwarz um ihn. Es geschah alles das nach bestimmten Gesetzen.
Ich hörte, dass Luzifer, wenn ich nicht irre, 50 oder 60 Jahre vor dem
2000 nach Christus wieder auf eine Zeit lang solle freigelassen werden.
Einige andere Teufel sollten schon früher zur Strafe und Versuchung
Freilassung erhalten.» So Emmerich.
Als der Pater wieder einmal mit aller Kraft daraufdrang, der Teufel
solle endlich einmal ausfahren und zur Hölle zurückkehren, da knurrte er
wie ein Hund: «Wie kannst du mich zur Hölle verbannen, wo ich doch frei
sein muss, um dem Antichrist den Weg zu bereiten?» Wieder einmal sagte
er aus der Besessenen heraus: «Wir wissen viel. Wir lesen die Zeichen
der Zeit. Dieses Jahrhundert ist noch das letzte. Wenn man 2000
schreibt, geht es zu Ende.» [73 | 74]
Ob damit der «Vater der Lüge», wie der Heiland selber den Satan
titulierte, die Wahrheit gesprochen hat, kann ich nicht beurteilen.
Jedenfalls tun auch wir gut, wenn wir gemäss der Aufforderung des Herrn
die Zeichen der Zeit zu deuten und zu verstehen suchen. Es mag schon
sein, dass sich allmählich die letzten Zeiten mit den Kämpfen nahen, in
denen die Hölle furchtbar gegen die Kirche Christi wüten wird.
10. LETZTE KRAFTANSTRENGUNGEN
Eines Tages brüllten und heulten die bösen Geister unter der Beschwörung
und der Segnung mit dem Kreuzpartikel und der konsekrierten Hostie, die
der Pater stets bei sich trug, wieder fürchterlich: «O es ist nicht
mehr zum Aushalten! Wir leiden schrecklich, entsetzlich. Hör auf! Das
ist ja das Doppelte und Dreifache der Hölle.» Markdurchdringend war ihr
Stöhnen ob ihrer Qualen und Schmerzen.
«So weichet denn endlich einmal, ihr Verdammten! Ihr habt es ja selbst
in der Macht, euch von diesen Leiden zu befreien. Gebt endlich die
Besessene frei! Ich beschwöre euch dazu im Namen des [74 | 75]
Allerhöchsten Gottes, bei dem gekreuzigten Jesus von Nazareth, bei
seiner reinsten Mutter, der Jungfrau Maria, beim hl. Erzengel Michael.»
«Ach, stöhnten sie, wir wollten ja. Aber Luzifer lässt uns nicht fort.»
«Sagt die Wahrheit, ist einzig Luzifer schuld daran?»
«Nein, er allein könnte auch nicht. Auch Gottes Gerechtigkeit lässt es
noch nicht zu. Es ist ihr noch nicht hinreichend Genugtuung geleistet.»
Das Wort war wertvoll und gab Veranlassung, die Pfarrgemeinde noch intensiver als bisher
für die Sühneleistung zu gewinnen.
Es hatten sich ja bisher
schon die Leute des Dorfes gemäss Aufforderung ihres Seelsorgers gerne
in der Kirche vor dem Allerheiligsten eingefunden, um da Gebetsstunden
zu halten. Sie bestürmen den Himmel, die Macht des Satans zu brechen,
den Triumph seiner Kirche zu gewähren und die arme Besessene zu
befreien. Ausserdem wurden jetzt die Leute ermuntert, ihrerseits durch
Fasten und [75 | 76] Bussübungen ihre Gebete umso wirksamer zu
gestalten, wie ja auch der Pater bisher schon der kirchlichen Anordnung
im Rituale entsprechend durch Busse und Kasteiung die Wirksamkeit seiner
Exorzismen zu unterstützen suchte. Sagte doch der Heiland selbst einmal
bei einer Teufelsaustreibung zu seinen Aposteln, nachdem er vor allem
hiezu starken Glauben von ihnen gefordert hatte: Diese Art von Teufeln
kann durch nichts ausgetrieben werden als durch Gebet und Fasten. Umso
mehr war jetzt durch die Andeutung des Teufels aller Anlass geboten, die
bisherigen Gebete u. Bussübungen noch zu verstärken und intensiver zu
gestalten. So wurde denn das Gotteshaus nicht mehr leer von Gläubigen,
die namentlich früh u. abends zahlreich herbeikamen um da einzeln oder
in gemeinsamen Gebeten das Werk der Kirche zu unterstützen. Lange durfte
es nicht mehr dauern, denn die Kräfte der Beteiligten gingen wirklich
zusehends zu Ende. Der Pater selbst schien fast der Verzweiflung nahe.
In dieser Zeit war es dann auch, wo das arme Mädchen in den Erholungszeiten sich äusserte, sie habe im Geiste [76 | 77]
furchtbare Kämpfe geschaut
zwischen den guten und bösen
Geistern. Unheimliche Scharen böser Geister seien immer wieder gegen sie
herangezogen. Satan habe alle Macht aufgeboten, um sich diesmal nicht
überwinden zu lassen. Aber auch gute Geister seien zu ihrem Schutze
gekommen. Viele von ihnen seien auf weissen Rossen erschienen (vergl.
Geheime Offenbarung 19,14) und hätten dann unter Führung des hl.
Erzengels Michael den Sieg über die höllische Schlange davongetragen,
die Dämonen wieder in den Abgrund zurück gejagt.
Auch die
kleine hl. Theresia
vom Kinde Jesu erschien in diesen Tagen
dem armen Mädchen, tröstete es und sagte: «Verliert nur den Mut nicht!
Besonders der Pfarrer soll ihn nicht verlieren. Es wird ohnehin bald zu
Ende gehen.» Das war an jenem Abend, wo die Klosterleute und des
Pfarrers Schwester plötzlich in dem Zimmer zu ihrem Staunen einen
Buschen weisser Rosen oben an der Wand wahrnahmen, bis nach einiger Zeit
derselbe sich in Schimmer auflöste. [77 | 78]
Wie notwendig konnten die Beteiligten, namentlich die beiden Geistlichen
diesen Trost von der kleinen Theresia brauchen. Sie wussten nun: Es
geht gottlob doch dem siegreichen Ende zu. Es zeigte sich auch besonders
in den letzten Tagen die
schreckliche Angst der Teufel vor der Rückkehr in die Hölle,
auf
welcher der Pater immer wieder und unbedingt bestand. «Nur das nicht,
nur das nicht!», jammerten sie. Eine Verbannung an irgend einen anderen
Ort, in ein anderes Geschöpf wäre ihnen erträglicher erschienen, hätten
sie willig angenommen, aber nur nicht die Rückverweisung in die Hölle.
«Aber ihr seid ja doch schon in der Hölle!»
«Ja, ja,» stöhnten sie, «wir tragen die Hölle in uns. Aber es ist doch
eine Erleichterung für uns, einstweilen noch uns auf Erden herumtreiben
zu dürfen, bis wir (am jüngsten Tag) endgültig in die Hölle verwiesen
und verdammt werden.» [78 | 79]
11. DAS ENDE DER TEUFELSAUSTREIBUNG
nahte endlich sichtlich heran. Allmählich schien die Widerstandskraft
der Teufel zu erlahmen. Sie schienen gefügiger zu werden, ihr freches
bissiges Wesen wich mehr wehmütig verzweifelten Tönen. Hatten sie bisher
auf die Aufforderung, das Geschöpf Gottes nicht länger zu quälen und
endlich auszufahren, immer trotzig boshaft geantwortet: «Ich mag nicht!
Ich geh einfach nicht,» so konnten und wollten sie sichtlich jetzt die
Qualen der Exorzismen nicht mehr länger ertragen. Sie bereiteten ihnen
ungeheure Schmerzen, die sie durch lautes Stöhnen und Seufzen kundgaben.
Es war oft herzzerreissend und vermag das keine Feder zu beschreiben.
Grässlich waren dann die Gesichtszüge der Besessenen verzerrt. Kleinlaut
winselnd erklärten die Teufel schliesslich, nun doch zur Hölle
zurückkehren zu wollen. Aber wie oft täuschen und lügen sie! Man weiss
aus Erfahrung, dass sie scheinbar die Besessene einige Zeit ganz in Ruhe
lassen, um das Verlassen des armen Menschen vorzutäuschen. [79 | 80]
Darum forderte der Pater mit seiner letzten Energie im Namen der
Allerheiligsten Dreifaltigkeit, dass sie als Zeichen ihres Abzuges beim
Ausscheiden aus der Besessenen nochmals ihre Namen klar und deutlich
nennen müssten. «Wollt ihr das tun?» – «Ja,» versprachen sie.
Es war am 23. Beschwörungstag im September 1927 abends gegen 9 Uhr, als
sich mit einem Male mit plötzlichem Ruck die Besessene den Händen ihrer
Wärterinnen entriss und blitzschnell aufrecht emporgeschnellt wurde. Nur
mehr mit den Fersen berührte sie noch ihr Lager. Es war auf den ersten
Anblick, als würde sie bis zur Decke emporgeschleudert. «Zieht sie
herunter, reisst sie herunter!» rief der Pfarrer, während der Pater sie
mit dem hl. Kreuzpartikel segnete: «Fliehet ihr feindlichen Mächte!
Weiche Satan, es siegt der Löwe von Juda!» Da im selben Moment sinkt sie
nieder u. bricht auf ihren Knien auf ihrem Lager zusammen. Im selben
Moment tönt es schauderbar, ja Mark und Bein durchdringend durch den
Raum: «Beelzebub, Judas, Jakob, Mina!» Und immer wieder bis in Weiteste
Fernen sich verlierend: [80 | 81] «Beelzebub, Judas, Jakob, Mina.» Und
dazu: «Hölle, Hölle, Hölle!» Es war das ganz schauderhaft, aber
andererseits das langersehnte Zeichen, dass Satan wirklich endlich sein
Opfer preisgeben und mit seinen Genossen in die Hölle zurückgekehrt war.
Und siehe da, nun öffnete das gepeinigte Mädchen zum erstenmale wieder,
was in der Beschwörung bisher nie vorgekommen war, Augen und Mund. Ein
Lächeln glitt über ihre Züge, als wollte es besagen: «Von welch
furchtbarer Last fühle ich mich jetzt befreit!» Und sie sprach kindlich
fromm: «Mein Jesus Barmherzigkeit! Gelobt sei Jesus Christus!», nachdem
sie 12 Jahre lang schon nicht mehr den heiligsten Namen Jesus über die
Lippen hatte bringen können. Freudentränen standen in ihren und aller
Augen.
In der ersten Freude gewahrte man nicht einmal gleich den furchtbaren
Gestank, von dem das Zimmer erfüllt war. Man musste alle Fenster öffnen;
es war nicht mehr zum Aushalten. Es war das letzte Andenken, das die
höllischen unreinen Geister zurückgelassen. [81 | 82]
Auf den Knien dankten alle Gott. Was war es auch für eine Freude für die
ganze Gemeinde! Te Deum laudamus, grosser Gott wir loben dich. Nicht
uns, o Herr, nicht uns, sondern deinen Namen gebührt die Ehre. Dank dem
Herrn, der seiner Kirche in ihren Priestern solche Macht über die Hölle
verliehen hat.
Das ehrenwert brave, tief fromme, religiöse Mädchen besucht jetzt
seitdem fleissig das Gotteshaus und die hl. Messe. Mit inniger Andacht
empfängt sie, wenn irgend möglich, täglich die hl. Kommunion. Alles, was
ihr bisher unter der Peinigung des Satans schrecklich gewesen war, ist
ihr jetzt Herzensfreude und selige Wonne.
Interessieren wird noch dass auch
Theresia von Konnersreuth
in die Sache hereinspielt. Ein
Bischof aus der Schweiz, der über die ganze Sache eingehend informiert
war, besuchte sie später in der Freitagsekstase und fragte sie in dem
darauffolgenden gehobenen Zustand, ob ihr der schreckliche Vorfall einer
amerikanischen Teufelsaustreibung be- [82 | 83] kannt sei. Darauf gab
sie sofort zur Antwort: «Gelt, du meinst
den Fall von Earling,
an den leider auch so manche Geistliche
nicht glauben wollen!» Dann aber kündigte sie merkwürdiger Weise noch
an: Die gute Opferseele wird später nochmal einen Rückfall in die
Besessenheit erleiden müssen. Ihr selber wird es zur Prüfung und
Läuterung gereichen, aber auch zur Sühne notwendig sein. Es soll
übrigens auch eine schreckliche Vision der Konnersreuther
Stigmatisierten am Fest des hl. Michael mit der Teufelsaustreibung zu
Earling in Beziehung gestanden sein. Sie sah den furchtbaren Kampf
zwischen den Engeln des Himmels unter Führung Michaels mit den Dämonen
unterm Kommando Luzifers. Theresia war davon so betroffen und bestürzt,
dass sie sich hernach äusserte: Wenn es nicht gegen den Willen Jesu ist,
werde ich ihn bitten, er möge mir so etwas Schreckliches nicht mehr
sehen lassen. Es sei das Furchtbarste gewesen, was sie je geschaut habe.
[83 | 84]
Zum Schluss noch
ein paar Auszüge aus den Briefen des Pater Theophilus
an seine
Verwandten in Bayern. Er schreibt unter anderem: Auf Grund der
schrecklichen Erlebnisse bin ich zur Ueberzeugung gekommen, dass der
Antichrist nicht mehr ferne ist. Luzifer selbst war in Earling etwa 14
Tage lang zugegen und hat die ganze Hölle zum Kampf aufgefordert.
Einmal stand er persönlich vor mir eine halbe Stunde sichtbar, ganz in
Feuer wie glühendes Eisen in seiner ganzen teuflischen Gestalt. Er trug
eine Krone auf dem Haupt und ein feuriges Schwert in der Pratze. Neben
ihm stand sichtbar Beelzebub. Das ganze Zimmer war voller Feuerflammen.
Luzifer fluchte und lästerte furchtbar. Er sagte: «Wenn ich nur könnte,
ich hätte dich schon längst umgebracht. Hätte ich nur die frühere Gewalt
noch, du würdest sehen, was ich mit dir tun würde.» Durch den
Exorzismus und die Kraft Christi ist ihm eben die ursprüngliche Gewalt
genommen. [84 | 85]
Aus einem andern Brief: Diese Teufelsaustreibung hat weite Kreise des
Klerus zum Nachdenken gebracht. In vielen Kirchen musste ich über das
Vorkommnis predigen. Viele Priester sind auch zu mir gekommen, um direkt
Auskunft zu erholen. Viele sind als ungläubige Thomas gekommen und als
gläubige fortgegangen. Sie haben dann selbst in ihren Kirchen von der
Sache gepredigt und tun es heute noch. Nach Rom ist ein eingehender
Bericht in lateinischer Sprache abgegangen. Ausserdem wird noch an einem
genauen eingehenden Bericht gearbeitet. Das gibt ein grosses Buch.»
Wiederum spricht der Pater die Ansicht aus, dass die jetzigen Zeiten der
Anfang vom letzten grossen Entscheidungskampf zwischen Christus und dem
Antichrist seien. Er hat auch scheints vernommen, dass Judas als
Antichrist kommen werde und zwar in der Form, dass er einen von einem
Weib geborenen Menschen bald noch seiner Geburt in Beschlag nehmen und
vollständig regieren werde. Der falsche Prophet aber, der neben dem
Antichrist grosse Zeichen und Scheinwunder [85 | 86] wirken werde, werde
Luzifer selbst sein. Dieser werde jedoch nicht aus einem Weib geboren,
sondern Luzifer werde sich vielmehr selbst einen Leib aus der Erde
bilden, um als Mensch unter den Menschen wirken zu können. Die Gläubigen
brauchten aber nicht zu verzagen, der ganze Himmel mit seinen Engeln
werde ihnen zu Hilfe kommen. V. K. [86]
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