In der Auseinandersetzung mit sehr traditionalistischen Kreisen wird gerne das
Hl. Messopfer nach dem 2. Vatikanischen Konzil für ungültig erklärt. In meinen
Augen ein furchtbarer Frevel. Ließe Gott es zu, dass fast eine Milliarde
Menschen der Gnaden des Hl. Messopfers, die ja so wichtig für uns und unsere
Zeit sind, verlustig würden? NEIN! Das kann nicht sein. Es ist aber schon
richtig, dass das Aufweichen der Tradition und die Kürzung bestimmter Texte ev.
zu überdenken wäre, dass die Ehrfurcht vor diesem so Heiligen Opfer wie auch der
Opfercharakter selber heute stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Papst Benedikt hat
diesbezüglich einige Reformen gemacht.
Im Punkt 2 unten wird recht gut erklärt, dass es nicht so sehr auf den Ritus,
nicht einmal auf den genauen Wortlaut der Konsekrationsworte ankommt -
wesentlich ist nur: "Das ist mein Leib",
"Das ist mein Blut"
-, sondern auf den Willen (die Intention)
des zelebrierenden Priesters, eine gültige Messe im Sinne der Überlieferung der
Kirche zu feiern.
Da ich lange nach einer plausiblen Erklärung suchte, sie aber lange nicht fand,
stelle ich diese Seite ein: als Hilfe für jene, die auch nach Antwort auf diese
Frage suchten.
INHALT
Klarstellung:
Aufgrund des Hinweises eines Lesers möchte ich darauf hinweisen, dass
es hier nicht gegen Papst Paul VI oder das II. Vaticanum geht, dem viele gerne
den Verfall des Glaubens in die Schuhe schieben. So ging auch die
Handkommunion von Holland aus! Weit verbreitet besteht die Meinung heute
leider weiterhin, dass die Modernisierung durch Beschlüsse des 2. Vaticanums
erfolgt seien. Vielmehr haben sich Gruppen gebildet (Atheisten...) die sich
zum Ziel machten unsere Kirche neu zu gestalten und somit "zu zerstören". Wenn
in folgenden Artikeln die Meinung aufkommt, dass Papst Paul VI Schuld daran
sei, so ist das falsch! Schuld sind diese freimaurerischen Gruppen und die
dämonischen Kräfte, die hier vieles fehlgeleitet haben! Bitte sich vor Augen
halten, dass wir in der Zeit des größten Glaubensabfalls leben die bald enden
wird!
Reform um der Reform willen (1982)
Durch die umfangreichen Reformen auf liturgischem Gebiet der letzten Jahre
ist die Tradition der lateinischen Kirche jäh unterbrochen worden, wogegen ein
behutsames Vorgehen zweifelsohne zu einer wirklichen Reform des Gottesdienstes
hätte führen können. Dies hat schon Th. Klauser in seiner "Abendländischen
Liturgiegeschichte" (1949) klar erkannt, wenn er schreibt, "daß die kleinste
Änderung oder Neuerung auf liturgischem Gebiet wie eine Lawine ist; sie beginnt
ganz unscheinbar und kann doch unendlich weitreichende Wirkungen auslösen".
Grundsätzlich gilt: Man kann einen Ritus, der in einer langen Entwicklung
gewachsen ist und der letztlich bis in die Zeit der Frühkirche zurückreicht,
bereichern und eventuell beschneiden, man kann ihn jedoch nicht von heute auf
morgen aufheben. Doch gerade das hat Paul Vl. mit der ganzen Autorität als
Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie in der Vollmacht der dem Papst
auf dem Vatikanum I zugeflossenen Machtfülle heraus getan.
Paul Vl. hat damit aber deutlich gegen den Grundsatz eines seiner Vorgänger,
nämlich des Papstes Stephan, verstoßen, der i. J. 256 den Satz geprägt hat: "Nihil
innovetur nisi quod traditum est" (Es darf nichts Neues eingeführt werden, was
gegen die Tradition gerichtet ist); er hat sogar die Bestimmung des Vatikanum II
mißachtet, das in der Liturgiekonstitution erklärt hat: "Es sollen keine
Neuerungen eingeführt werden, es sei denn, ein wirklicher und sicher zu
erhoffender Nutzen der Kirche verlange es" (n. 23).
So ist nun rasch Reform auf Reform gefolgt. Während sich die Kurie einst viel
Zeit mit Neuerungen gelassen hat - manchmal vielleicht zu viel Zeit -, ging es in
den Jahren nach dem Konzil Schlag auf Schlag. Es war, als wollte man möglichst
schnell all das nachholen, was in den vergangenen Jahrhunderten, wie man meinte,
versäumt worden war.
Zu einem Teil ging es um Reformen, die heute schon wieder überholt sind, die
aber, wenn sie zur rechten Zeit gekommen wären, Segen hätten bringen können. Zu
denken ist hier an einen teilweisen Gebrauch der Landessprache in der Liturgie.
In China wäre ein solcher bei der Missionsarbeit der Jesuiten zu Beginn der
Neuzeit sicher segensreich gewesen, während der ausschließliche Gebrauch der
Volkssprache jetzt, im Zeitalter des Massentourismus, der Gastarbeiter und der
Düsenflugzeuge, zweifellos einen Anachronismus darstellt.
Die durch die Liturgiereform eingeleitete sogenannte Erneuerung des
Gottesdienstes wurde in ihrem Verlauf mehr und mehr zu einer Reform um der
Reform willen. Man wird den Eindruck nicht los, daß es in einer ersten Phase der
Reformen mehr um die Verwirklichung von Lieblingsideen einiger Liturgiker ging
als um wirkliche Bedürfnisse einer zeitnahen Seelsorge. Der seelsorgerische
Aspekt wurde vielfach sogar geflissentlich übersehen, indem zu wenig auf die
"Basis", d. h. die Wünsche und die Mentalität der Gläubigen, Rücksicht genommen
wurde, vor allem auch der älteren Leute, die von Jugend an die bisherigen
gottesdienstlichen Formen gewöhnt waren und die außerdem zu den eifrigsten
Kirchenbesuchern zählen. (...)
Den Progressisten ging es nach dem Konzil zuerst einmal darum, den alten
Ritus möglichst rasch außer Kraft zu setzen und sei es vorläufig lediglich durch
Auslassungen, Änderungen und Umstellungen, die an sich gar nicht notwendig
waren. War es z. B. wirklich notwendig, ja sinnvoll, das "Ite missa est" erst
nach dem priesterlichen Segen zu singen bzw. zu sprechen, statt wie bisher vor
diesem? Es ist doch gleichgültig, ob ich sage: Geht nun hin und ich gebe euch
meinen Segen, oder: Ich habe euch nun gesegnet, ihr könnt jetzt gehen.
Da diese Reformen zuerst am alten Ritus vorgenommen wurden, läßt es sich
heute nur mehr schwer feststellen, was eigentlich als traditioneller bzw.
tridentinischer Ritus zu gelten hat: Das Meßbuch des Papstes Pius V. gibt es in
der Gestalt von 1570 bekanntlich schon lange nicht mehr, nachdem die späteren
Päpste eine Anzahl neuer Feste, neuer Gebete und Rubriken eingeführt haben,
wobei jedoch der Ritus der Messe als solcherund das scheint wichtig zu sein -
unangetastet blieb.
Das Meßbuch des Papstes Plus XII. kann, streng genommen, ebenfalls nicht als
tridentinischer Ritus gelten, da sich auch darin größere rituelle Änderungen wie
die neue Karwochenliturgie finden - übrigens der erste geglückte Vorstoß der
Progressisten im Hinblick auf eine kommende Liturgieform. Auch nicht das Meßbuch
des Papstes Johannes XXIII. mit der neuen Rubrikenordnung, oder der Ordo Missae,
der von Papst Paul Vl. i. J. 1965, unmittelbar nach dem Konzil vorgeschrieben
wurde und der noch so gut wie keine Änderungen gegenüber dem traditionellen
Meßritus aufwies. Wir könnten heute jedoch froh sein, wenn wenigstens noch
dieser Ordo Missae Gültigkeit hätte. Vielleicht gewinnt er einmal Bedeutung für
die Zukunft.
In einem Schreiben des Kardinal-Staatssekretärs Cicognani an den Erzabt von
Beuron vom 28. Mai 1966 hieß es damals, damit sei der "Anschluß an die
Liturgie-Konstitution des Konzils vollzogen". Kaum drei Jahre später, am 3.
April 1969, hat Paul Vl. die katholische Welt mit seinem neuen Meßritus
überrascht. Trotz des Widerstands höchster kirchlicher Kreise, wie der Kardinäle
Ottaviani und Bacci, wurde dieser nach einer kurzen Übergangszeit in der ganzen
lateinischen Kirche verpflichtend eingeführt.
Die bisherige römische Liturgie hat nach Meinung der Progressisten nicht mehr
zum gewandelten Glaubens- und Liturgiebewußtsein der modernen Zeit gepaßt und
mußte allein schon aus diesem Grund verschwinden. Dabei war man nicht so
tolerant wie seinerzeit Papst Plus V., der bei der Promulgation des im Auftrag
des Konzils von Trient überarbeiteten Missale Romanum i. J. 1570 jeden Ritus in
der lateinischen Kirche, der älter als 200 Jahre war, toleriert wissen wollte.
Genau 400 Jahre später spricht man wohl ständig von Toleranz und Pluralismus
in der Kirche, es wurde jedoch vieles, was bisher als katholischer Glaube, als
katholische Frömmigkeit und katholische Liturgie gegolten hat, davon
grundsätzlich ausgenommen - wohl wissend, wie sehr das Festhalten an der
Überlieferung die allgemeine Durchsetzung des neuen Geistes in der Kirche
gefährdet. Man wollte ein neues Gottesdienstverständnis.
Klaus Gamber: Alter und neuer Messritus, S. 20 - 23
Ist die neue Messe gültig? (1989)
Nichts hat zahlreiche gläubige Katholiken mehr in Unruhe versetzt und im
Glauben unsicher gemacht als die verschiedentlich aufgestellte Behauptung, die
"neue Messe" sei in jedem Fall ungültig. Es sei daher auch nicht erlaubt, einem
solchen Gottesdienst beizuwohnen und dabei zu kommunizieren.
Man muß sich jedoch ernsthaft fragen, ob der Herr, der seinen Beistand bis
zum Ende der Zeiten versprochen hat, es tatsächlich zuläßt, daß ein großer Teil
der Gesamtkirche, also mehrere 100 Millionen Gläubige, der Gnaden des heiligen
Meßopfers verlustig gehen.
Womit wird die Ungültigkeit des neuen Meßritus
begründet?
Als wichtigstes Faktum werden die Änderungen der traditionellen
Konsekrationsworte angeführt. Dabei wird vor allem die (sicher falsche)
Übersetzung von "pro multis" ("für alle" statt "für viele") in den
volkssprachlichen Ausgaben des Missale beanstandet. Durch diese Übersetzung hat
bekanntlich die Auffassung moderner Theologen ihren Ausdruck gefunden, daß alle
Menschen ohne weiteres das ewige Heil erlangen, weil Christus für das "Leben der
(ganzen) Welt" (Joh 6,52) sein Blut am Kreuz vergossen hat.
Ferner wird als Beweis für die Ungültigkeit der neuen Messe die Tatsache
angeführt, daß in den geänderten Meßtexten und in den neuen biblischen Lesungen
die Glaubenswahrheiten verkürzt, ja, vielfach im protestantischen Sinn
dargestellt würden. Protestantischer Einfluß zeige sich besonders in der
Zurückdrängung des latreutischen Elements (Liturgie als Dienst vor Gott) und des
Sühneopfercharakters der Messe sowie in der starken Betonung des allgemeinen
Priestertums der Gläubigen; bei einem gleichzeitigen Abbau des
Weihepriestertums, indem fast nur noch vom "Amt" des Vorstehers der versammelten
Gemeinde gesprochen werde Außerdem sei, so sagt man, in den Gebeten und Gesängen
der neuen Liturgie das trinitarische Element, d. h. das Geheimnis der heiligen
Dreifaltigkeit, sowie der Gedanke an den gerechten Gott und das Gericht in den
Hintergrund getreten. Es wird dabei verwiesen auf die Streichung des "Gloria
Patri ..." (Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste ...) im
Introitus und auf die Streichung der bisherigen trinitarischen Schlußformel
"Durch unseren Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht
in der Einheit des Heiligen Geistes Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit" zu Gunsten
der auch für einen Arianer passenden Wendung: "Darum bitten wir durch Christus
unseren Herrn".
Eine Messe, die nicht mehr, wie der überlieferte Ritus, den katholischen
Glauben unverkürzt wiedergebe, ja der Häresie oft erschreckend nahe sei, und in
dem außerdem die von früheren Päpsten verbindlich festgelegten
Konsekrationsworte geändert seien, könne, so argumentiert man, nicht mehr die
Konsekration der Opfergaben von Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn
bewirken.
Darauf ist zu erwidern: Wahr ist, daß im neuen Missale und im neuen Meßritus
im besonderen eine Reihe wichtiger Elemente des überlieferten Glaubensgutes zu
kurz kommen. Wahr ist, daß auch der äußere Ritus eine starke Wandlung mitgemacht
hat. Diese macht die modernen dogmatischen Anschauungen auch nach außen hin
deutlich, so die Zelebration des Priesters zum Volk hin, sowie die verstärkte
Einbeziehung der Laien als Kommunionhelfer und Prediger in die Liturgie - und
dies gegen eine fast 2000 jährige Tradition der Kirche. Wahr ist auch, daß der
Glaube an den eucharistischen Herrn unter den Gestalten von Brot und Wein heute
vielfach neuen unklaren Vorstellungen gewichen ist, wobei die Einführung der
Handkommunion in mehreren Ländern diese negative Entwicklung gefördert und zum
Schwinden der Ehrfurcht vor diesem heiligen Sakrament geführt hat ...
Dies alles beweist jedoch noch lange nicht, daß die von einem gläubigen
Priester im Gehorsam gegenüber den kirchlichen Vorschriften nach dem neuen
Missale gefeierte Messe ohne weiteres ungültig ist.
Warum nicht? Weil es nicht so sehr auf den Ritus, nicht einmal auf den
genauen Wortlaut der Konsekrationsworte ankommt - wesentlich ist nur: "Das ist
mein Leib", "Das ist mein Blut" -, sondern auf den Willen (die Intention) des
zelebrierenden Priesters, eine gültige Messe im Sinne der Oberlieferung der
Kirche zu feiern.
So finden wir in anderen Riten, sowohl bei den mit dem Papst unierten als
auch bei den von ihm getrennten Christen im Orient, einen vom römischen Canon
verschiedenen Wortlaut des Einsetzungsberichts, ohne daß irgend ein Theologe je
auf den Gedanken gekommen wäre, die Verwendung der Konsekrationsworte dieser
Riten bewirkten keine gültige Messe.
In den orientalischen Liturgien wird außerdem das eigentlich konsekratorische
(die Wandlung bewirkende) Element nicht in den Einsetzungsworten Jesu gesehen -
wenn auch diese nie ausgelassen werden -, sondern in der auf den
Einsetzungsbericht folgenden Anrufung des Heiligen Geistes (Epiklese), er möge
über die Opfergaben herabkommen und sie in den Leib und das Blut Christi
verwandeln. Doch war auch dies für die Päpste in den vergangenen Jahrhunderten
kein Grund, den Orientalen die Gültigkeit des von ihnen verwendeten Meßritus
abzusprechen.
Wir dürfen das eine nicht vergessen: Nicht der Priester ist es letztlich, der
die Verwandlung von Brot und Wein bewirkt, es ist vielmehr der Heilige Geist,
der dies auf die Bitten des in der Person und Vollmacht Jesu Christi handelnden
Priesters tut. Wenn also ein Priester den Willen hat, in der Person und
Vollmacht Christi zu handeln, so bewirkt dies ohne Zweifel eine gültige
Konsekration, auch wenn er sich dabei der Texte des neuen Meßbuchs bedient.
(Zitiert nach "Zurück zum gemeinsamen Erbe, S. 104 - 107)
Georg May:Abgeschwächt und eliminiert (1992)
In der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde dem Priester ein
neues, verändertes Meßbuch auferlegt, das Missale Romanum Pauls Vl. Darin zeigen
sich nun außerordentlich aufschlußreiche Modifikationen gegenüber dem früheren
Meßbuch, von denen ich einige nennen willl. Ich beschränke mich dabei auf die
Aussagen, die den Priester betreffen. Daß darüber hinaus zahlreiche andere
Gegenstände des Glaubens im Meßbuch Pauls Vl. abgeschwächt oder eliminiert sind,
bleibt hier unberücksichtigt. In den Texten der Messe Pauls Vl. ist die Rolle
des Priesters bei der Darbringung des hl. Meßopfers in entscheidender Weise
abgeschwächt. Wer die gleichbleibenden Teile der hl. Messe des hl. Papstes Plus'
V. mit jenen der Neumesse vergleicht, der erkennt, daß hier ein konsequenter
Wille wirksam war, die Stellung des Priesters als des allein notwendigen und
bevollmächtigten Opferdarbringers einzuebnen. Ich gehe hierbei vom deutschen
Text aus. Denn dieser ist einmal amtlich gebilligt und mit Gutheißung des
Papstes im Gebrauch, und er wird zum anderen, wie bekannt, in den meisten
Kirchen fast ausschließlich verwendet. Weiter beziehe ich mich auf den Kanon
(das Hochgebet) II, der am häufigsten gebraucht wird. Von anderen Stellen
abgesehen, die ich hier übergehe (wie z. B. beim Sündenbekenntnis), eliminiert
die neue Meßordnung folgende Texte, die auf die Rolle des Priesters bei der
Feier des hl. Meßopfers Bezug haben.
Das Gebet bei der Darbringung des Brotes in der Messe Plus' V. spricht in der
ersten Person der Einzahl: "ich, dein unwürdiger Diener" bringe die Opfergabe
dar; es stellt damit den Priester als den entscheidenden Opferdarbringer vor.
Das entsprechende Gebet in der Messe Pauls Vl. spricht in der ersten Person der
Mehrzahl und erwähnt den Priester überhaupt nicht. Hier "opfert" - wenn dieser
Begriff noch am Platze ist - ein Kollektiv, nicht eine gegliederte Gemeinschaft.
Das Gebet Orate, frates = Betet, Brüder in der Meßordnung Plus' V., das von
"mein und euer Opfer" spricht und so die unterschiedliche Weise, wie Geweihte
und Nichtgeweihte an der Darbringung des eucharistischen Opfers beteiligt sind,
unübersehbar hervorhebt, ist zwar auch in der Meßordnung Pauls Vl. enthalten,
stellt aber in dieser nur eine Möglichkeit dar, die, wie wir wissen, in vielen
Kirchen zugunsten einer Formel entfällt, in der nur von den "Gaben der Kirche"
die Rede ist. Somit ist auch hier die besondere Stellung des Priesters im Opfer
eingeebnet. Das Gebet Hanc igitur = So nimm denn, Herr, wir bitten dich, diese
Opfergabe huldvoll an im Meßordo Plus' V., das um Annahme der Opferung bittet,
unterscheidet bei den Darbringern des Opfers zwischen dem Priester bzw. Klerus (servitutis
nostrae) und dem Volk (cunctae familiae tuae). Der Meßordo Pauls Vl. (Kanon II)
weiß nichts von einem solchen Unterschied. Niemand wird behaupten wollen, das
sei Zufall; dahinter steht Absicht. Der Hinweis auf die Verschiedenheit des
Dienstes von Priester und Gemeinde beim hl. Opfer ist auch in dem Gebet Unde et
memores = Daher sind wir denn eingedenk der Meßordnung Plus' V. enthalten: "wir,
deine Diener, aber auch dein heiliges Volk". In der Meßordnung Pauls Vl. (Kanon
II) ist er verschwunden. Dazu kommen ideologische Abweichungen bei der
Wiedergabe des lateinischen Textes. Die deutsche Übersetzung des zweiten und
dritten Hochgebetes macht aus den lateinischen Worten "universo clero" "alle,
die zum Dienst in der Kirche bestellt sind". Das ist keine Übersetzung, sondern
eine Sinnveränderung. Geweihte und Nichtgeweihte werden entgegen dem Wortlaut
nicht unterschieden. Offensichtlich soll der unbequeme Unterschied aus der
Erinnerung des Gottesvolkes getilgt werden.
Das Gebet Placeat tibi, Dreifaltigkeit in der Messe gestrichen worden. Es
enthielt Darbringung und Wert des hl. Meßopfers. An drei Stellen sprach es aus,
daß der Priester das hl. Meßopfer dargebracht hat. Das alles ist nun entfallen.
Denn es wird nicht nur seiner Funktion bei der Feier des hl. Opfers nicht mehr
gedacht, sondern es wird auch die Bedeutung des hl. Meßopfers als eines
Sühneopfers nicht mehr ausgesagt. Wie soll der Priester von dem Wert der
täglichen Darbringung des eucharistischen Opfers überzeugt sein, wenn er in den
Texten eben dieses Opfers nicht mehr authentisch darüber belehrt wird?
Weiter ist darauf aufmerksam zu machen, daß eine beträchtliche Zahl von
Gebeten, die der Priester still zu beten hatte, ausgemerzt ist. Abgesehen von
dem Verlust, den diese Abschaffung für die persönliche Frömmigkeit des Priesters
bedeutet, wird durch die fast durchgängige Gemeinsamkeit der Gebete von Priester
und Volk die spezifische Rolle des Priesters bei der Feier der hl. Messe erneut
empfindlich verdunkelt.
Angesichts dieser Sachlage hilft es nichts, wenn darauf verwiesen wird, daß
der Kanon Plus' V. auch in dem neuen Meßbuch steht. Denn erstens ist er nur
einer von vier, zweitens wird er in der Praxis fast überhaupt nicht benutzt,
drittens haben sich maßgebende progressistische Theologen gegen ihn
ausgesprochen und wird seine Existenz auf dem Papier von ihnen nur geduldet,
weil sie ihn bisher nicht gänzlich beseitigen konnten, viertens ist er nicht
mehr unverändert und fünftens sind auch die Änderungen außerhalb des Kanons,
also in den Gebeten vor und nach dem Kanon, für die Erkenntnis und Bewahrung der
Stellung des Priesters im Opfergeschehen der hl. Messe schwerwiegend und
bedenklich.
Die Beobachtungen, die an den gleichbleibenden Teilen der Messe gemacht
wurden, setzen sich fort bei den veränderlichen Teilen. Ich biete dafür einige
wenige Beispiele. Papst Plus XI. schenkte der Kirche 1935 das Meßformular von
Jesus Christus, dem ewigen Hohenpriester. In der Oration dieser Messe wurde für
die irdischen Priester gebetet, daß sie, die Christus zu seinen Dienern und zu
Verwaltern seiner Geheimnisse erwählt hat, in der Erfüllung des übernommenen
Dienstamtes treu befunden würden. In dem, was das neue Missale als Votivmesse
von Jesus Christus, dem ewigen Hohenpriester, anbietet, tritt in der Oration an
die Stelle der Amtspriester, die überhaupt nicht mehr erwähnt werden, das Volk.
Man wird zugeben, daß hier eine Verschiebung von erheblicher Tragweite vor sich
geht; sie steht im Dienste einer Herabminderung des (amtlichen) Priestertums.
Man kann nur staunen, daß es Leute gibt, die sich angesichts dieses Beispiels
(und zahlreicher anderer Fälle) immer noch weigern, die Tatsache der
Protestantisierung unserer Kirche zuzugeben.
Der Professor für dogmatische Theologie an der Universität Bamberg, Johannes
Stöhr, hat die Übersetzung der Orationen von Heiligenfesten im deutschen Meßbuch
überprüfte. Dabei stößt er auf erstaunliche Tatsachen. Nach ihm bilden die Texte
oft "keine freie Übersetzung und auch keine Paraphrase mehr, sondern eine
Neufassung, bei der nur durch einige Seitensprünge noch eine gewisse Beziehung
zum authentischen Gedanken gegeben ist"109. Er erhärtet seine Beobachtung durch
zahlreiche Beispiele. Viele Begriffe, die im Lateinischen vorkommen, werden im
Deutschen ausgelassen. So ist beispielsweise bei acht Heiligen, die Priester
waren und als solche im Lateinischen bezeichnet werden, die Kennzeichnung als
presbyter oder sacerdos weggefallen. Ich stelle die Frage: Warum verschweigen
die Übersetzer des lateinischen Originals ins Deutsche, daß Vinzenz Ferrer und
Petrus Canisius Priester waren? Stört es sie?
(Georg May: Das Priestertum in der Nachkonziliaren Kirche, S. 62 - 64)
Uwe M. Lang: Das Märchen von der "vorgeschriebenen Wendung zum Volk" (2005)
Eine der augenfälligsten Veränderungen im Zuge der nach dem Zweiten
Vatikanischen Konzil durchgeführten Reform des römischen Meßritus ist die
Errichtung eines zum Volk gewandten Altars. Es ist, von wenigen Ausnahmen
abgesehen, zur Regel geworden, daß der Liturge bei der Feier der Eucharistie
hinter dem Altar steht im Gegenüber zu den Gläubigen. Die Einheitlichkeit, mit
der sich in wenigen Jahren die "celebratio versus populum" in der ganzen
römisch-katholischen Kirche verbreitete, führte zu dem Mißverständnis, die
Abwendung des Priesters vom Volk sei charakteristisch für den Alten Ritus nach
dem Missale Papst Plus' V., wohingegen die Zuwendung des Priesters zum Volk zum
Novus Ordo Missae Papst Pauls Vl. gehöre." Auch wird in der allgemeinen
Öffentlichkeit nicht selten angenommen, die Stellung des Zelebranten versus
populum in der Meßfeier sei gefordert, ja sogar vorgeschrieben von der durch das
II. Vaticanum inaugurierten Liturgiereform.
Jedoch belehrt das Studium der konziliaren und nachkonziliaren Dokumente
eines besseren. In der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Consilium ist weder von
einer Zelebration versus populum noch von der Errichtung neuer Altäre die Rede.
Angesichts dieser Tatsache ist es umso erstaunlicher, wie Josef Andreas Jungmann
bereits im Jahre 1967 bemerkte, mit welcher Allgemeinheit landauf landab "Altäre
versus populum" aufgestellt wurden." Die Instruktion Inter Oecumenici vom 26.
September 1964 enthält in dem Kapitel über die Neuerrichtung von Kirchen und
Altären einen Paragraphen zur Position des Altars:
Praestat ut altare maius exstruatur a pariete seiunctum, ut facile
circumiri et in eo celebratio versus populum peragi possit ... .'
Es wird als wünschenswert (praestat, wörtlich: "es ist besser") bezeichnet,
den Hochaltar von der Rückwand getrennt zu errichten, damit er leicht
Umschritten werden könne und eine Zelebration zum Volk hin gewandt möglich sei.
Jungmann gibt zu bedenken:
Es wird nur die Möglichkeit betont. Und selbst dafür wird, wenn man den
lateinischen Text der Bestimmung nachsieht, nicht einmal eine Vorschrift,
sondern nur eine Empfehlung gegeben ... Durch die neue Ordnung wird nur
gegenüber etwaigen Hemmungen oder lokalen Einschränkungen die allgemeine
Erlaubtheit einer solchen Altaranlage betont.
In einem Brief an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen vom 25. Januar
1966 erklärt Giacomo Kardinal Lercaro, der Vorsitzende des Consilium zur
Ausführung der Liturgiekonstitution, daß bei der Erneuerung der Altäre "Klugheit
... die Führung behalten" müsse:
Erstens ist die Wendung des Altars zum Volk hin für eine lebendige
Teilnahme an der Liturgie nicht unentbehrlich: Der gesamte Wortgottesdienst
der Messe wird am Priestersitz oder am Ambo, also im Gegenüber zur Gemeinde,
gefeiert. Was den eucharistischen Teil betrifft, so ermöglichen nunmehr
allgemein gewordene Lautsprecheranlagen die Teilnahme zur Genüge. Zweitens ist
auf die Architektur und künstlerische Ausstattung zu achten, die in vielen
Ländern auch von strengen bürgerlichen Gesetzen geschützt werden."
Unter Verweis auf Kardinal Lercaros Mahnung zur Klugheit warnte Jungmann
davor, aus der von der Instructio gewährten Möglichkeit "eine absolute Forderung
und schließlich eine Mode" werden zu lassen, "der man sich gedankenlos
unterwirft".
Inter Oecumenici erklärt die Feier der Messe versus populum für erlaubt,
jedoch nicht für vorgeschrieben. Wie Louis Bouyer schon im Jahre 1967
unterstrich, wird hier nicht im geringsten angedeutet, diese sei überall und
immer die bestmögliche Art der Meßfeier. Die Rubriken des Missale Romanum Pauls
VI. scheinen eine Gleichrichtung im Gebet von Priester und Volk bei wesentlichen
Teilen der Eucharistiefeier vorauszusetzen. Dies geht daraus hervor, daß bei dem
Orate, fratres, dem Pax Domini, dem Ecce, Agnus Dei und dem Ritus conclustonis
jeweils angeführt wird, daß der Priester sich hierfür dem Volk zuwendet . Diese
Bestimmungen implizieren, daß der Zelebrant vorher dem Altar zugewandt ist. Vor
der Priesterkommunion heißt es "ad altare versus", was bei einer "celebratio
versus populum" ohnehin der Fall und somit hier unnötig wäre. Auch in der
dritten Editio typica des erneuerten Missale Romanum, die von Papst Johannes
Paul II. am 10. April 2000 approbiert wurde und im Frühjahr 2002 erschien, sind
diese Rubriken beibehalten worden.
(Conversi ad Dominum, S. 19-23, ohne die Anmerkungen)
Interview mit Erzbischof Albert Malcolm Ranjith Patabendige:Die Kirchen
haben sich geleert (2007)
Frage: Exzellenz, seitdem Sie Sekretär der Kongregation für den
Gottesdienst geworden sind, haben Sie der internationalen Presse großzügig
mehrere Interviews gegeben. Dabei sind einige Ihrer Aussagen falsch
wiedergegeben worden und haben so eher Streit als als die beabsichtigte Klarheit
erzeugt. Würden sie gerne das eine oder andere verdeutlichen?
Erzbischof Ranjith: Das, worauf ich in all diesen Interviews
bestehen wollte, war, daß die Liturgiereform nach dem Konzil nicht die erhofften
Ziele einer geistigen und missionarischen Erneuerung in der Kirche erreichen
konnte, so daß wir damit heute wirklich zufrieden sein könnten
Selbstverständlich hat es auch positive Ergebnisse gegeben, aber die
negativen Folgen scheinen doch zu überwiegen und haben in unseren Reihen große
Orientierungslosigkeit bewirkt. Die Kirchen haben sich geleert, liturgische
Willkür ist an der Tagesordnung, und die wahre Bedeutung und der wahre Sinnh
dessen, was gefeiert wird, wurde verschleiert.
An erster Stelle muß man sich die Frage stellen, ob der Reformprozess richtig
durchgeführt worden ist. Darum müssen wir das, was geschehen ist, genau
anschauen, wir müssen beten, über die Ursachen nachdenken und mit der Hilfe des
Herrn vorangehen, um die nötigen Korrekturen vorzunehmen.
Frage: Es sieht so aus, als ob der hl. Vater ein Motu-Proprio
erlassen wolle, um den Gebrauch der traditionellen tridentinischen Messe zu
erleichtern. Einige hoffen, daß das MP des Papstes eine rechtliche Struktur
einrichten wird, um es den Priestern zu ermöglichen, die traditionelle Messe
ohne unbillige Erschwernis und Verfolgung zu zelebrieren - wobei diese
Erschwernisse ironischerweise nicht von anderen Religionsgemeinschaften oder
weltlichen Autoritäten ausgehen, sondern von den eigenen Hirten und Bischöfen.
Ist diese Hoffnung auf eine neue rechtliche Struktur realistisch? Ist so ein
Apparat notwendig?
Erzbischof Ranjith: Nun, der Ruf nach der Wiederzulassung der
Tridentinischen Messe wird ständig lauter. Auch einige Vertreter der Eliten
haben kürzlich in den Zeitungen öffentlich zugunsten dieser Messe appelliert.
Der heilige Vater wird das , da bin ich ganz sicher, zur Kenntnis nehmen und
entscheiden, was für die Kirche am besten ist. Sie haben die mögliche Errichtung
neuer juristischer Strukturen angesprochen, die solche Entscheidungen absichern
könnten. Ich glaube nicht, daß darin das Hauptproblem liegt. Worum es bei
alledem viel eher geht, ist doch die pastorale Haltung.
Werden die Bischöfe und Priester die Bitten um die tridentinische Messe
zurückweisen und dadurch die Notwendigkeit erzeugen, eine juristische Stuktur zu
schaffen, die die Durchsetzung der päpstlichen Entscheidung sicherstellt? Sollte
es so laufen? Ich hoffe doch sehr, daß das nicht eintritt.
Die Frage, die sich die Hirten angemessenerweise zu stellen haben, ist doch
die: Wie kann ich als Bischof auch nur einen einzelnen Menschen näher an
Christus und an seine Kirche heranbringen? Das ist weniger eine Sache der
Tridentinischen Messe oder des Novus Ordo - es ist eine Frage der pastoralen
Sensibilität und Verantwortung.
Wenn also die Tridentinische Messe geeignet ist, den Gläubigen noch bessere
Mittel zum spirituellen Fortschritt bereitzustellen, dann sollten die Hirten das
erlauben. (...)
Wir sehen uns dem ernsten Problem gegenüber, daß die Zahl der Gläubigen in
einigen Kirchen der westlichen Welt abnimmt. Wir müssen uns fragen, was in
diesen Kirchen geschehen ist und dann die erforderlichen Schritte zur Korrektur
ergreifen. Ich denke nicht, daß wir die Situation alleine mit der
Säkularisierung erklären können. Auch eine tiefe Krise des Glaubens, verbunden
mit dem Drang nach sinnlosen liturgischen Experimenten und Neuerungen haben hier
ihre Wirkung entfaltet. Da zeigt sich oft ein hohes Maß an Formalismus und
Flachheit. Deshalb müssen wir den wahren Sinn des heiligen und des mystischen im
Gottesdienst wiederentdecken.
Wenn Gläubige fühlen, daß die tridentinische Messe ihnen diesen Sinn des
Heiligen und des Mystischen mehr als alles andere gibt, dann sollten wir den Mut
haben, ihren Wunsch zu erfüllen.
(Ausszug aus einem Interview von "Inside The Vatican" vom 23. 2. 2007, eigene
Übersetzung)
Gebet:
Hilf mir,
lieber Vater, Dein Kind zu sein
Amen.
Weiterführende
Themen:
Jahr
2011 - quo vadis? /Nahtoderlebnisse
/
Garabandal
/
Die Sterbestunde
/ Die
Warnung