|
|
|
|
† Gott ist die Liebe - Er liebt dich †
Gott ist der beste und liebste Vater, immer bereit zu verzeihen, Er sehnt sich nach dir, wende dich an Ihn
nähere dich deinem Vater, der nichts als Liebe ist. Bei Ihm findest du wahren und echten Frieden, der alles Irdische überstrahlt
|
Krisenzeiten
-
Die
Welt von heute befindet sich zweifellos nicht nur in einer
wirtschaftlichen, finanziellen Krise, sondern vor allem in einer
moralischen. Die schwerwiegenden Argumente dafür sind so zahlreich und
bekannt, dass es sich erübrigt, sie aufzuzählen. Es wäre ja auch
wirklich zu erstaunlich, wenn eine so korrupte, so allgemein sich gegen
Gott und dessen Gesetze auflehnende Menschheit im Wohlstand und in der
Freude leben würde. Ein Leben gegen die Natur erzeugt eben Ungeheuer
und zerstört letztlich das gesellschaftliche Zusammenleben.
Paulus schreibt im 2. Timotheus-Brief: „Das sollst du wissen: In den
letzten Tagen werden schwere Zeiten anbrechen. Die Menschen werden
selbstsüchtig sein, habgierig, prahlerisch, überheblich, bösartig,
ungehorsam gegen die Eltern, undankbar, ohne Ehrfurcht, lieblos,
unversöhnlich, verleumderisch, unbeherrscht, rücksichtslos, roh,
heimtückisch, verwegen, hochmütig, mehr dem Vergnügen als Gott
zugewandt. Den Schein der Frömmigkeit werden sie wahren, doch die Kraft
der Frömmigkeit werden sie verleugnen.“
(V2000/2011)
I N H A L T
EinleitungMüsste
man ein Wort finden, das die Situation im Jahr 2011 kennzeichnet, man
würde wohl „Krise“ wählen. Krisen, wohin man schaut: Krisen der
Finanzmärkte, der Staatsverschuldung, des Vertrauens in die Politik,
Krise der Kirche, wieder einmal Krise im AKW Fukushima, Krise im Nahen
Osten, Krise der Familie sowieso…
Im Vordergrund der Aufmerksamkeit steht die Unsicherheit über die
wirtschaftliche Zukunft Europas. Gebannt starren die Medien auf
Börsenkurse, Wirtschaftsprognosen, Ergebnisse von „Gipfelgesprächen“.
Diese Konzentration auf Perspektiven des materiellen Wohlbefindens
kennzeichnen das vorherrschende Wertegefüge: Es identifiziert den
Konsum von Gütern und Dienstleistungen mit menschlichem Glück. Je
reicher, umso glücklicher, könnte man vereinfachend sagen, ist die
Devise nach der sich die politischen und gesellschaftlichen
Anstrengungen ausrichten. Das jährlich zu beschließende Budgetgesetz
wird als das wichtigste Werk jeder Regierung angesehen, soll es doch
die Weichen für das Wirtschaftsgeschehen stellen.
Genau diese Orientierung erweist sich heute immer deutlicher als
Wegweisung in eine Sackgasse. Jahrzehntelang bewährte Instrumente der
Steuerung versagen. Politik und Ökonomie sind ratlos. Diese Systemkrise
war absehbar. Sie ist das Ergebnis einer grundlegend falschen
Einschätzung der Wahrheit über den Menschen: „Der Mensch lebt nicht nur
vom Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4),
stellt Jesus Christus klar. Aber sagen Sie das heute einem
Entscheidungsträger. Er wird Sie für überspannt und realitätsfremd
halten. Und dabei ist das Verdrängen eben dieser Wahrheit der Kern der
rundherum aufbrechenden Krisen. Das zu erkennen, ist wiederum die
Chance all dieser Krisen.
Man kann Gott nicht einfach ausblenden
Über die tiefen Wurzeln der Krise
Zuerst
die Finanzkrise in den USA, dann die Probleme mit Griechenland, die
weit verbreitete Überschuldung der öffentlichen Haushalte, der sich
abzeichnende Konjunktureinbruch. Was passiert da eigentlich?
Von einer gewissen Warte aus betrachtet, ist all das nichts Neues unter
Sonne: die Probleme der öffentlichen Verschuldung, der Steuern, der
Steuerflucht, der Streiks, der Arbeitslosigkeit, der fallenden
Börsenkurse. Das ist seit langem bekannt. Mit all dem sind die Menschen
immer wieder konfrontiert worden. Man tut gut daran, sich daran zu
erinnern, dass das – allzu – menschliche Projekt, in dieser Welt ein
perfektes System zu errichten, in dem es allen gut geht und alle mit der
Regierung zufrieden sind, wo es Reichtum für alle gibt und alles wie am
Schnürchen klappt, dass es so ein Projekt – seien wir ehrlich – nicht
geben kann. (…) Darüberhinaus muss man jedoch zugeben, dass in dem,
was jetzt geschieht, etwas ganz Neues in Erscheinung tritt: Wir sind in
eine Ära großer kollektiver Unsicherheit eingetreten. Viele
Sicherheiten, auf die sich die Menschen des 20. Jahrhunderts verlassen
hatten, sind weggeschmolzen wie Schnee an der Sonne. (…) Die Ideologien
aus dem 19. Jahrhundert, vor allem der Kommunismus in all seinen
Varianten, wurden weggefegt. Auf den Trümmern dieser Greuel dachte man,
eine neue Welt errichten zu können, eine, die auf einem einzigen
politischen und moralischen Prinzip basieren sollte: der Freiheit. Eine
freie Gesellschaft würde auch eine reichere sein und daher auch ein
glücklichere – eine suggestive, faszinierende These, weil die Sehnsucht
des Menschen nach Freiheit und Glück in seine Natur eingeschrieben ist.
Was jetzt geschieht, macht aber unübersehbar deutlich, dass diese These
falsch ist, nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern aus
anthropolotischer Sicht. Daher kommt es zu einer Reihe von negativen
Folgen, deren Rechnung die moderne Welt jetzt präsentiert bekommt.
Viele hatten gedacht, dass die Marktwirtschaft den Gegensatz zum
Marxismus darstellt, ohne sich bewusst zu machen, dass beide eine
gemeinsame Wurzel haben: Sie reduzieren den Menschen auf seine
wirtschaftliche und materielle Dimension. Trotz der unterschiedlichen
Vorstellungen, wie das Ziel zu erreichen sei, gingen beide Systeme von
der Vorstellung aus, das Heil stelle sich mit wachsendem
Bruttonationalprodukt ein. Der kommunistische Zugang erwies sich als
Fehlschlag, der liberale als viel funktionaler. Letztlich aber müssen
beide Systeme für den prometheischen und antikatholischen Grundirrtum
büßen, der ihnen zugrunde liegt: Gott und das ewige Leben aus der Mitte
zu entfernen und alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, eine Welt
voller Nützlichkeit und Vergnügen zu bauen. (…) Unsere Gesellschaft
ist im Grunde genommen der – teilweise gelungene – Versuch, in einem
riesigen Vergnügungspark zu leben, in dem die alten moralischen Regeln
der 10 Gebote durch die scheinbar aseptischen Regeln von Angebot und
Nachfrage ersetzt wurden. Eine Zeit lang hat dieses Spiel funktioniert.
Aber jetzt dürfte es kaputt gehen. Unglücklicherweise scheinen die
Ökonomen, die Bankleute, die politischen Führer nicht imstande, den
Fehler zu finden, um ihn zu reparieren. So wird auf Sicht navigiert –
ohne viel Hoffnung. (…) Es ist in der Kirche nicht üblich, mit
millenaristischen oder apokalyptischen Begriffen zu argumentieren und
daher bewahren wir auch im jetzigen Engpass der Geschichte Ruhe und
Vorsicht. Dennoch befindet sich die Welt von heute zweifellos nicht nur
in einer wirtschaftlichen, finanziellen Krise, sondern vor allem in
einer moralischen. Die schwerwiegenden Argumente dafür sind so
zahlreich und bekannt, dass es sich erübrigt, sie aufzuzählen. Es wäre
ja auch wirklich zu erstaunlich, wenn eine so korrupte, so allgemein
sich gegen Gott und dessen Gesetze auflehnende Menschheit im Wohlstand
und in der Freude leben würde. Ein Leben gegen die Natur erzeugt eben
Ungeheuer und zerstört letztlich das gesellschaftliche Zusammenleben. Es
gibt da die Passage aus dem 2. Timotheus-Brief, in dem der Apostel
Paulus mit eindrucksvoller Präzision die Welt, in der wir leben, zu
fotografieren scheint: „Das sollst du wissen: In den letzten Tagen
werden schwere Zeiten anbrechen. Die Menschen werden selbstsüchtig sein,
habgierig, prahlerisch, überheblich, bösartig, ungehorsam gegen die
Eltern, undankbar, ohne Ehrfurcht, lieblos, unversöhnlich,
verleumderisch, unbeherrscht, rücksichtslos, roh, heimtückisch,
verwegen, hochmütig, mehr dem Vergnügen als Gott zugewandt. Den Schein
der Frömmigkeit werden sie wahren, doch die Kraft der Frömmigkeit werden
sie verleugnen.“ Wie kommen wir aus dieser Krise heraus? Überlassen
wir den Politikern und Ökonomen die schwierige Aufgabe technische
Auswege zu finden. Wir aber wissen, dass in einer Welt, wie sie Paulus
beschreibt, keine gesunde Wirtschaft möglich ist. Daher ist die einzige
wahre Lösung, zu einer wirklich katholischen Sicht des Lebens
zurückzukehren. Fangen wir neu an, die persönlichen Tugenden zu
pflegen. Sie können vom Staat nicht ersetzt werden. Vor allem aber
wenden wir uns einem intensiven Glaubensleben zu, gestützt auf die
sicheren Pfeiler der Eucharistie und der Gottesmutter, von denen Don
Bosco in seinem berühmten Traum spricht. Wenden wir uns der Katholischen
Kirche zu, ohne theologische Spitzfindgkeiten, ohne hohles
Wortgeklingel und der Erwartung, dass das Heil von den anderen oder den
demokratischen Einrichtungen kommt.
Mario Palamaro
„Man muss Gott nur sehen wollen“
Der Mann am
Straßenrand sah sorgenvoll aus. In der einen Hand hielt er eine
Reisetasche, der Daumen der anderen reckte sich zum Autostopp. Der
Fernfahrer Luis sah ihn schon von Weitem und bremste. Der Mann stieg zu.
„Sind Sie allein?“, fragte er. Luis wollte „ja“ antworten, dann
sah er auf das Bild von Pater Pio. „Nun“, meinte er, „eigentlich fahre
ich nie allein.“ Der Mann sah nach hinten, aber da war niemand. Fragend
schaute er Luis an. Luis fuhr um eine Kurve, hupte kurz und sagte: „Ich
bin nie allein. Gott ist immer bei mir. Man muss Ihn nur sehen wollen.
Und wenn ich an einer Kirche vorbeifahre, so wie eben, dann hupe ich
kurz, um Ihn zu grüßen, damit Er sich im Tabernakel nicht so verlassen
vorkommt.“ Der Mann erschrak. Sekundenlang starrte er Luis an.
„Halten Sie an“, sagte er mit bebender Stimme. „Halten Sie an! Ich muss
zurück. Ich bin der Priester hier im Ort. Ich wollte gerade abhauen.“
Luis, der Fernfahrer, lebt in der Gegenwart Gottes, egal wo er ist und
wohin er fährt. Seine einfache Treue in den kleinen Dingen hat die
Berufung dieses Priesters gerettet. (…) Der Priester im Lastwagen
von Luis war überfordert mit den fünf Pfarreien, die er zu leiten hatte,
mit den engherzigen Streitereien unter Gläubigen, mit der Einsamkeit.
Er hatte aufgehört zu beten, seine Kraftquelle war verschüttet. So
wie Luis können wir mit unserer Treue im Gebet, mit unserer Freude als
Kinder Gottes helfen, die erste Liebe, das bange und frohe Ja in den
Herzen der Priester lebendig zu halten. Wie oft ist auch hier Kirche in
Not!
P. Joaquin Alliende
Demut und Religiosität helfen Krisen zu bewältigen
Persönliche Krisen als Chance, das Leben neu zu entdecken
Was
geschieht eigentlich, wenn jemand in eine Lebenskrise gerät? Wie kommt
es dazu? Wer ist besonders anfällig? Und was hilft, wenn es darum geht,
eine Krise zu bewältigen? Fragen, die im Folgenden ein Psychotherapeut
beantwortet: Als
Psychotherapeut haben Sie vermutlich viel mit Menschen zu tun, die sich
in einer Krise befinden. Was kennzeichnet menschliche
Krisensituationen? Univ. Doz. Raphael Bonelli:
Es ist gut, folgendes klarzustellen: Ich sehe die Patienten in drei
verschiedenen Situationen: bei endogenen psychischen Störungen, die
durch den Gehirnstoffwechsel zustande kommen. Sie werden klassischer
Weise nicht als Krisen bezeichnet…
Eine Krankheit also? Bonelli:
Ja, sie wird meist nicht durch eine Krise ausgelöst, der Patient kann
die Krankheit dann jedoch krisenhaft erleben. Als zweite Gruppe von
Patienten sehe ich jene, die eine neurotische Störung aufweisen. Das
sind Menschen, die um sich selber kreisen, Angst um sich selber haben,
bei denen die Welt bedingt durch die Ängste eng wird… Auch das ist nicht
unter Krise gemeint. Diese Gruppe erweist sich allerdings als relativ
krisenanfällig. Eigentlich geht es um die dritte Gruppe: Menschen, die
normal leben und durch einen außergewöhnlichen Umstand, die Krise eben,
in eine psychische Notsituation geraten, mit der sie nicht richtig
umgehen können. Manchmal sind es Situationen, in denen es jedem schlecht
gehen würde: ein tödlicher Unfall des Sohnes, der Verlust der Ehefrau
nach langer Ehe, eine unverschuldete Scheidung, der Verlust des
Arbeitsplatzes… Da geraten Menschen in die Krise, weil sie Bindungen
haben, die zerbrechen – eben weil diese Welt nicht perfekt und der
Mensch verletzlich ist.
Was
kennzeichnet Situationen, die Krisen auslösen? Sind Menschen da mit
Umständen konfrontiert, die sie mit eigenen Möglichkeiten nicht mehr
handhaben können? Bonelli: Es sind Situationen, in denen
man zumindest im ersten Moment überfordert ist. Da steht dann der Alltag
still. Man sagt sich: Das, was mich normalerweise bewegt, ist jetzt
egal, weil mein Kind bei diesem Unfall ums Leben gekommen ist, weil
meine Diagnose Krebs lautet. Man erlebt sich als ohnmächtig, ist
ausgeliefert. Man merkt, wie sehr man ein Mensch ist, der nicht alles im
Griff hat. Nun gibt es Menschen, die krisenanfälliger, und solche, die
stabiler sind.
Unter welchen Voraussetzungen ist jemand anfälliger für Krisen? Bonelli:
Es gibt in der modernen Psychologie einen Ausdruck für die Stabilität
in der Krise: Resilienz. Der Begriff kommt aus der Physik und beschreibt
die Fähigkeit eines Systems, bei Störungen wieder zurückzupendeln. In
der Psychologie beschreibt man damit jemanden, der eine dickere Haut
hat, der mehr aushält. Auf diesem Sektor wurde in den letzten 10 Jahren
relativ viel geforscht.
Und was macht einen Menschen stabil? Bonelli:
Dicke Haut bedeutet, dass man die Dinge nicht so an sich heranlässt.
Manche Sachen können einem aber auch deswegen nicht so nahe gehen, weil
man die Relativität der Dinge kennt. Millionäre werden wohl im
allgemeinen einen Verlust von 20.000 Euro halbwegs locker wegstecken.
Allerdings hat sich ein deutscher Milliardär vor ein paar Jahren das
Leben genommen, weil er ein paar Millionen verloren hatte. Da merkt man:
Es geht auch um die Frage der Wertehierarchie. Was ist wirklich
wichtig?
Kann die Resilienz-Forschung dazu etwas sagen? Bonelli:
Ja, die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Religiosität ein Faktor ist,
der Stabilität verleiht. Durch den Glauben wird dem Menschen klar, dass
nicht alles von ihm selbst abhängt und dass man nicht alles im Griff
hat. Letzteres ist aber die Ideologie des Zeitgeistes: Alles sei
machbar. Leute, die dieser Sichtweise verhaftet sind, kippen sehr leicht
aus dem Gleichgewicht. Wir kennen 19-jährige Burschen, die einen
Selbstmordversuch unternehmen, nur weil das Auto einen Totalschaden hat.
Das Auto gehört dann zum eigenen Selbstverständnis. Es handelt sich da
um Menschen, die alles auf eine Karte – und zwar die falsche – setzen.
Weiters gibt es viel Forschung über Verbitterung. Sie tritt bei
Menschen auf, die zu leicht kränkbar sind. Kränkung kann aber auch dort
auftreten, wo man vertraut, sich aus Liebe hingegeben hat. Michael
Linden, ein Berliner Psychiater, berichtet ein eindrucksvolles Beispiel
für missbrauchtes Vertrauen: Eine Frau heiratet einen jungen Mann,
arbeitet, damit er studieren kann und verzichtet auf ihre Karriere. Nach
einigen Jahren verlässt er seine Frau, um mit einer jüngeren zu leben.
Da ist Kränkung ganz verständlich, in keiner Weise narzisstisch. Klar,
dass so ein Vertrauensbruch zur Krise führt. Oft jedoch ist die
narzisstische Kränkung Ursache einer Verbitterung, das chronische
Fremdbeschuldigen.
Was ist darunter zu verstehen? Bonelli:
Für Narzissten muss alles genauso laufen, wie sie sich das vorstellen.
Geschieht das nicht, wird das als persönliche Beleidigung empfunden. Und
den anderen die Schuld gegeben. Narzissten bauen ein Bild von sich
selbst auf, das nicht der Wirklichkeit entspricht. Sie sind kränkbar,
wenn man auf diese Differenz hinweist. Der Narzisst erwartet von der
Umwelt, dass sie das Bild akzeptiert, das er sich von sich selbst macht.
Obwohl er selbstbewusst auftritt, hat er ein brüchiges Selbstwertgefühl
– wenig Resilienz. Stellt man ihn in Frage, wird er aggressiv, weil er
im Grunde unsicher ist. Stabil sind Leute, die in sich ruhen, sich
selbst richtig einschätzen. Das erfordert Demut. Und es bedeutet, dass
man sich als Geschöpf, in der Hand eines Schöpfers weiß. Dann versteht
man leichter, dass der Weg auch bei Krisen weiterführt. Psychologisch
gesehen, ist das die Botschaft von Religion: Gott weiß schon, was Er
tut. Das hilft, Krisen zu bewältigen.
Was hilft noch bei der Krisenbewältigung? Bonelli:
Die Chance einer Krise besteht darin, dass man die gewohnten Bahnen
verlässt. Das kann ja ein enormer Vorteil sein. Ich habe viele Leute
erlebt, die sich menschlich „bekehrt“ haben – ich meine das jetzt gar
nicht religiös: Sie haben aufgehört, sich selbst zu verwirklichen,
Egoisten zu sein, nur an sich zu denken, weil sie lebenswertere
Prioritäten entdeckt haben. Ich denke an einen Mann, der jahrelang
Pornographie konsumiert und seine Frau schlecht behandelt hat. Er wurde
am Arbeitsplatz ertappt. Wahrlich eine Krise – weil „urpeinlich“. Diese
Krise hat ihn den Irrweg erkennen lassen und den Weg zu seiner Frau neu
eröffnet.
Krise also als Chance? Bonelli:
Ja. Ich glaube, wir Menschen brauchen Krisen. Sie eröffnen auch die
Sicht für mehr Dankbarkeit. In der Krise erkennt man besser, was man
alles noch hat. Vieles nimmt man ja als selbstverständlich: zwei Arme
und zwei Beine sind solange selbstverständlich, bis man ein Glied
verliert. Gleiches gilt für Gesundheit, Eltern, ein gutes
Beziehungssystem… Vielfach versteht man erst in der Krise, was man hat.
Weiters lehrt die Krise Demut: Man erkennt, dass man nicht alles in der
Hand hat, dass man in gewisser Hinsicht ausgeliefert ist – dem Schicksal
oder einem höheren Wesen. Man kann sich neu als Geschöpf mit seiner
Endlichkeit entdecken. In der Psychotherapie eröffnet die Krise große
Möglichkeiten. Viele beginnen neu über wesentliche Fragen nachzudenken.
Lernen erst dann, empathisch zu sein. Es ist eigentlich erstaunlich, wie
wenig viele Menschen reflektieren, wenn sie nicht in der Krise sind.
Sehen Sie Gründe für diesen Mangel an Nachdenklichkeit? Bonelli:
Stetiger Erfolg ist einer: Er birgt die Gefahr, den Menschen zu
verblöden. Mit der Zeit findet er dann alles an sich toll, super. Den
wirklich erfolgreichen Menschen bleibt fast gar nichts anderes übrig,
als narzisstisch zu werden. Sie bekommen von überallher positive
Rückmeldungen und beginnen, sich zu überschätzen. Eine Krise kann da
heilsam sein. Sie bringt den Menschen wieder auf den Boden. Heute
kann man sich gegen alles versichern. Dadurch entsteht ein trügerisches
Gefühl der Sicherheit. Spielt dieses in das Thema Krise hinein?
Bonelli: Ich finde es psychologisch interessant, wie viele Menschen
einfach übersehen, dass man sich gegen die wirklich wesentlichen
Bedrohungen nicht versichern kann. Bei einer Scheidung wird die
Versicherung niemals die Ehe retten können. Ein Kind, das ums Leben
kommt, eine Freundschaft, die in Brüche geht – das sind Verluste, die
man nicht versichern kann. Die Suche nach Scheinsicherheit hat etwas
Zwanghaftes an sich. Der Neurotiker ist einer, der immer alles unter
Kontrolle haben muss. Deswegen ist der Zwangsneurotiker auch jemand, der
durch Krisen stark erschüttert wird. Wer aber weiß, dass alles in
Gottes Hand ist und dass er morgen alles verlieren kann – das lesen wir
ja in der Heiligen Schrift –, tut sich sicher leichter, wenn er in
Krisen gerät.
Ist
das verlorene Wissen um die Existenz Gottes nicht der Grundirrtum
schlechthin, an dem die Menschen heute leiden – und der sie so
krisenanfällig macht? Bonelli: Das stimmt. Dazu ein gutes
Beispiel aus meiner Praxis: Eine 40-jährige Frau ist massiv in der
Krise. Ihr Lebensgefährte hat sie verlassen. 20 Jahre hatten sie in
einer offenen, wilden Ehe, in der alles möglich war, gelebt. Im
Hintergrund stand die inhumane Ideologie der 68er. Wegen einer Jüngeren
hatte sie der Lebensgefährte verlassen. Sie war verzweifelt. Als ich sie
darauf hinwies, dass sie sich eigentlich ausgemacht hatten, keine
Bindungen einzugehen, wurde ihr schmerzhaft bewusst: „Ja, da bin ich
einem großen Irrtum erlegen.“ Sie wurde mit der Realität konfrontiert,
dass sich der Mensch seinem Wesen entsprechend lebenslange Treue wünscht
– auch wenn er noch so liberal ist. Erschreckt hat sie entdeckt, dass
sie tief im Inneren ja „konservative“ Wertvorstellungen hatte. Ihre
Lebensideologie hatte sich als Irrtum erwiesen. Dann geschah folgendes:
Ohne dass ich sie dazu gedrängt hätte, hat sie durch alle Verzweiflung
hindurch ihren Glauben aus der Kindheit wieder gefunden. In der Krise
merkt man eben, dass das heutige Ideal von jung, schön und reich nicht
tragfähig ist. Wer an diesen Vorstellungen hängt, kommt in echte Krisen.
Ideologien also als Produzenten von Lebenskrisen? Bonelli:
Man muss zur Kenntnis nehmen: Es gibt anthropologische Wahrheiten über
den Menschen. Dazu gehört, dass Mann und Frau darauf ausgerichtet sind,
miteinander durch´s Leben zu gehen. Eine weitere Konstante ist das
Schamgefühl. Ein Beispiel: Eine junge Frau wird gelähmt, im Rollstuhl in
das Krankenhaus eingeliefert, in dem ich gearbeitet habe. Sie ist 17.
Es stellt sich heraus, dass ihre Eltern von der 68er-Ideologie geprägt
waren. Sie verlangten von der Tochter, dass sie in der Wohnung und im
Garten nackt zu sein habe. Die Eltern drängten darauf, dass die Tochter
Sex haben sollte, beim Ausgehen wurden ihr Kondome aufgedrängt. Nur wenn
sie krank war, durfte sie sich anziehen. Sie wurde also immer öfter
krank – und war schließlich gelähmt, eine psychogene Lähmung. Innerhalb
von 3 Wochen konnte sie dann bei uns auch wieder gehen. Die Schamgrenze
zu überschreiten, ist nämlich ebenfalls so ein Verstoß gegen die
Wahrheit des Menschen.
Univ. Doz. Raphael Bonelli ist Leiter der Forschungsgruppe Neuropsychiatrie an der Sigmund Freud Universität Wien.
Die wahre Kirchenreform: Nicht mehr Vollmacht
für Menschen, mehr Raum für Gott (Weihbischof Andreas Laun)
Rufe
nach „Reformen“, Papstkritik, Missbrauchskandal, Aufruf zum Ungehorsam –
die Kirche scheint in der Krise zu stecken. Was diese kennzeichnet und
wo sich Auswege eröffnen, untersucht folgender Beitrag:
Vor vielen Jahren, in der Zeit, in der die innerkirchlichen Kritiken an
der Kirche ihren Anfang nahmen, neigten die Verantwortlichen zum
„Durchtauchen“ der Krise, zum „Ignorieren“, zum „Hoffen auf die
biologische Lösung“ oder gar zum „Ins Boot holen“, wie es ein
österreichischer Bischof dem Kirchenvolksbegehren gegenüber einmal
formulierte! Diese Hoffnungen haben sich als illusorisch erwiesen,
was jedoch vorhersehbar war, wenn man die prophetischen Worte des
katholischen Philosophen Dietrich von Hildebrand bedacht hätte.
Vielleicht auf Grund seiner Erfahrungen im Kampf gegen die so viele
berauschende Ideologie des Nationalsozialismus hatte er wie einer der
alten Propheten das Unheil vorausgesehen, als die Welt noch in Ordnung
zu sein schien. Er sprach nämlich von der „kommenden, größten
Kirchenkrise, die es bisher gab, weil die neuen Häretiker nicht nur
einzelne Wahrheiten ablehnten, sondern den Anspruch der Wahrheit
überhaupt entthronten!“ Zu dieser Aussage passt auch der heilige
Zorn Robert Spaemanns, der erst kürzlich die unterschiedliche Reaktion
von Seiten mancher Vertreter der Kirche auf einerseits die Leugnung der
Auferstehung und andererseits die Nicht-Zahlung der Kirchensteuer
anklagte: Keine Reaktion, wenn es um Glaubenswahrheiten, aber
Exkommunikation, wenn es ums Geld geht! Es war ebenfalls Spaemann,
der eine weitere Bedrohung der Wahrheit benannte: „Die Freiheit,
persönliche Überzeugungen zu äußern, wird zunehmend durch einen Zwang zu
politischer Korrektheit eingeschränkt.“ Wenn er bei dieser
Feststellung wohl mehr an Politik und Gesellschaft dachte, so sind diese
politischen Korrektheitsgebote längst auch in kirchliche Einrichtungen
eingedrungen. Auch innerhalb der Kirche hat „man“ eine Art „kirchliche
Korrektheit“ eingeführt: „Lieber keine als lateinische Messe!“ Oder:
„Homosexualität: eine Fehlentwicklung?“. Wie im öffentlichen Leben
wird auch die Verletzung dieser Korrektheit“ geahndet und in diesem Sinn
kann man wirklich von einer „innerkirchlichen“, selbstgemachten
„Christenverfolgung“ sprechen: Wer sich widersetzt, wird ausgegrenzt,
gemobbt, abgesetzt, isoliert! Nicht, dass die solchermaßen Verfolgten
nicht auch Fehler hätten und sich dadurch angreifbar machen! Nicht, dass
sie nicht manchmal Skrupulanten und ungesund konservativ wären! Der
Punkt ist: Bei ihnen siebt man die „Mücken“ und da hilft keine noch so
demütige Annahme berechtigter Kritik aus der „Einzelhaft“ ihrer
Isolation heraus, die kleinste Schuld gilt als niemals vergebbare Sünde!
Bei den Häretikern und Aufständischen hingegen werden dogmatische
und moralische „Kamele“: „Fegefeuer gibt es nicht“, „Fristenlösung soll
bleiben“ im Namen von Toleranz und Liebe locker geschluckt, ihre Sünden
werden vergeben, bevor sie sie begangen haben! Bei ihnen ist
Menschlichkeit angesagt und die schlimmste Sünde wäre es, sie zu
„diskriminieren“! Denn auch wenn niemand genau sagen kann, worin
Diskriminierung besteht, sie ist die Todsünde aller Todsünden wie früher
in manchen Kreisen auch noch die kleinste Sünde gegen das 6. Gebot!
Krise der Kirche heute? Ja, und es ist vor allem eine Krise der
Wahrheit, in die die Kirche geraten ist, wie Hildebrand es vorausgesehen
hat! Angesichts des Skandals der Missbräuche durch Männer der Kirche
erinnerte Kardinal Christoph Schönborn, vor der Setzung einzelner
Maßnahmen, an Jesu Wort: „Die Wahrheit wird euch freimachen.“ Das ist
sicher nicht nur für den Missbrauch die richtige Wegweisung, sondern
auch die nötige Antwort auf die Krise der Wahrheit. Papst Paul VI.
sprach vor Jahren, auch damals schon kirchenpolitisch unkorrekt, vom
„Rauch Satans, der durch irgendeinen Riss in den Tempel Gottes
eingedrungen sei.“ Als „Rauch Satans“ bezeichnete der Papst gemäß
eigener Auslegung „den Zweifel, die Unsicherheit, die Infragestellungen,
die Unruhe, die Unzufriedenheit, die Auseinandersetzungen“ in der
Kirche. Diese Situationsanalyse ist, zugegeben, schon rund 40 Jahre
alt und lässt sich in einer Debatte leicht als überholt abtun. Aber ist
sie es wirklich, muss man nicht eher sagen: Was Papst Paul VI. wahrnahm
und beschrieben hat, diesen „Rauch“, er ist nicht weniger geworden,
sondern dichter. Es gibt Unbelehrbare, die sich weigern, Erfahrungen an
sich heranzulassen, Tatsachen sein zu lassen, was sie sind, die nur
gelten lassen, was ihren Wünschen und ideologischen Vorurteilen
entspricht! Die Realisten aber, also diejenigen, die sich der
Wirklichkeit unabhängig davon, ob sie angenehm ist oder nicht, zu
stellen bereit sind, werden den „Rauch Satans“ sehr wohl riechen und als
den Gestank Satans erkennen und wie Papst Paul VI. versuchen, den Riss,
durch den er ins Heiligtum eingedrungen ist zu schließen.
Allerdings, man könnte Papst Paul VI. auch ergänzen und sogar ein wenig
widersprechen: Eine Kirche ohne kleinere und größere Mengen an „Rauch
Satans“ und „Rissen“, durch die dieser eindringen kann, gab es nie und
wird es nie geben! Schon die Hl. Schrift sagt uns voraus, dass es
Spaltungen (Gal 5,17; 1 Kor 11,18) geben wird, Sünde und Irrlehren aller
Art und dass der Glaube noch drastischer „verdunsten“ (Lk 18,8) wird,
als er es heute tut. Den Christen wird an keiner Stelle ihr Sieg durch
„Weltbekehrung“ vor dem geheimnisvollen „Ende“ und der „Wiederkunft des
Herrn“ verheißen! Ihnen wird immer nur gesagt: Man wird euch
verfolgen, haltet durch, bleibt standhaft, lebt als kleine Herde,
verliert nicht die Hoffnung, der Herr wird wiederkommen, ganz, ganz
sicher! Anders gesagt: In der Kirchengeschichte gab es immer schon
Krisen, ganz krisenfrei ist die Kirche überhaupt nie gewesen und kein
noch so großer Papst konnte eine Kirche „schaffen“, die ganz und gar dem
Evangelium entsprach. Wenn man es drastisch sagen will: Auf jede
Phase der Kirchengeschichte trafen die Prophetenworte zu, mit denen Gott
seinem Volk das Register seiner Untreue vorhielt, sodass man die
„Versuchung Gottes“ (!!!) versteht, sein Volk, weil hoffnungslos untreu,
zu verlassen: „Hätte ich doch eine Herberge in der Wüste! Dann könnte
ich mein Volk verlassen und von ihm weggehen.“ (Jer 9,1). In der
heutigen Diktion: bereits die Propheten beklagten – meist mit
drastischen Bildern –einen „Reformstau“ des Volkes Gottes. Solche
Gedanken sind wichtig, aber eines dürfen sie nicht: Dazu führen, dass
die Christen die Not der Zeit relativieren, sie schönreden und ihr
schweigendes Nichtstun für gottgewollt erklären. Wahr ist vielmehr:
Christen dürfen nicht aufhören, das Licht Christi auf den Leuchter zu
stellen, auch wenn andere versuchen, es auszulöschen. Sie müssen Zeugnis
ablegen und reden auch dort, wo man versucht, sie zum Schweigen zu
bringen. Während ihre Feinde den „Turm von Babel“, eine in jeder
Hinsicht „Gott-freie Stadt“ zu errichten suchen, müssen die Christen
wissen, dass ihre eigentliche Heimat jenes Jerusalem ist, in dem Gott
wohnt! Ja, die Kirche durchlebte schon viele Krisen, aber immer
standen Männer und Frauen, Kleriker, Ordensleute und Laien auf,
forderten eine Reform der Kirche und führten sie mit der Hilfe Gottes
auch durch. Reform heißt: ein zurück der Kirche zu der Gestalt, die
Jesus ihr gegeben hat, nicht ein Papst, keine Bischofskonferenz, kein
Gremium aus dem Kirchenvolk, sondern Jesus selbst! Bestimmte
„Bewegungen“ reden heute viel von einem „Reformstau“ in der Kirche und
zählen dabei gebetsmühlenartig 5 Punkte auf: Zugang zur Eucharistie für
Protestanten sowie für Geschiedene, die wieder geheiratet haben.
Priesterweihe der Frau, eine neue, selbstbestimmte Moral, vor allem (wen
wundert’s!) bezüglich der Sexualität, Abschaffung des Zölibats und, im
Namen der „Gleichheit aller Getauften“ Mitbestimmung in allem und jedem,
auch in Fragen der Lehre. Der von den großen, heiligen Reformern
der Geschichte beklagte „Reformstau“ und die ihmentsprechende Forderung
war immer ganz anderer Art: Nicht mehr Vollmachten für Menschen, sondern
mehr Raum für Gott, mehr Liebe zu Ihm aus allen Kräften, aus ganzem
Herzen und mit allen Gedanken! Gehorsam statt Ungehorsam, Treue zur
Lehre der Kirche statt eigene „Meinungen“, Anerkennung der Ordnung in
der Kirche, sogar, wenn deren Verwalter offensichtlich Sünder waren, was
z. B. Katarina von Siena immer wieder forderte! Die Heiligen
sagten: Der erste Reformstau steckt in Dir selbst, also braucht es
zuerst deine Bekehrung und deine Veränderung, nicht die der Kirche, des
fortlebenden Christus, des Tempels des Hl. Geistes. Keine Veränderung in
der Kirche? Doch aber nur als Werk des hl. Geistes, nicht als
Abstimmung und durch „Druck von unten“ wie bei Grabenkämpfen politischer
Parteien. Wer informiert ist, was vor allem in der Kirche
Mitteleuropas vor sich geht, kann viele traurige Geschichten erzählen.
Ordnen könnte man die „Brand-Herde“ der Krise so: Die Krise besteht
erstens im Ungehorsam vieler Christen jedes Standes, der aber, im
Unterschied zu gewöhnlichen Sündern, mit der Behauptung auftritt, man
habe ein Recht oder sogar die Pflicht so zu handeln. Die Krise
besteht zweitens, im Abfall vom Glauben und der Moralehre der Kirche auf
der Ebene der Theologieprofessoren und vieler, vieler Priester und
Laien. Dabei pocht man auf das Menschenrecht, eine eigene Meinung zu
haben, und auf jene irrige „Gewissensfreiheit“, die eigentlich „Freiheit
vom Gewissen“ meint. Die Kirche hat dies zu Recht verurteilt und auf
dem Konzil die „Freiheit des Gewissens“ gelehrt! Und zuletzt, und
das ist eigentlich der schlimmste „Spalt im Kirchenboden“: Der Rauch
Satans ist in die Liturgie eingedrungen. Die Folge ist: Nicht immer und
überall, aber doch dann und wann und da und dort feiert man nicht mehr
das Geheimnis Jesu Christi, sondern sich selbst, man spricht von
„unserer Kirche“ statt von „Deiner Kirche“, vom Menschen Jesu, der „wie
Gott“ war und nicht von dem, der „Gott ist“, vom „heiligen Brot“ und
nicht vom „Leib Christi“, man ersetzt das Evangelium durch irgendeinen
„schönen Text“ oder leitet bereits die Kinder in der Schule an: Schreibe
„dein persönliches Glaubensbekenntnis auf“, als ob die Kinder nicht
genug zu tun hätten damit, in den einen Glauben der Kirche
hineinzuwachsen. Alles in guter Absicht? Oft ja, aber man bedenke:
„Gute Absicht“ ist nicht alles, diese hatten auch die Schriftgelehrten
und Pharisäer, sogar als sie die Kreuzigung Jesu betrieben. Man kann die
Kirche zerstören, während man sie in guter Absicht „reformieren“ will.
Wahre, heilende Reform gibt es nur mit „den alten Methoden“ der
Heiligen! Und nur mit Petrus, niemals ohne oder gar gegen ihn. So
wird es kommen wie in früheren Zeiten auch: Gott wird uns Heilige senden
und die Frage wird sein, ob wir sie erkennen und annehmen. So und nur
so werden wir heutigen Christen neu evangelisieren und die Krise
bewältigen können. Und die Christengeneration nach uns wird wieder
dasselbe tun müssen: Ihre Krise mit Hilfe ihrer Heiligen lösen. Und so
weiter bis zum Ende aller Kirchenkrisen bei der Wiederkunft des Herrn,
wo sich jedes Knie vor Ihm beugen wird!
Wir sind Kirche – ja, aber!
Wenn wir
sagen: „Wir sind Kirche“ – ja, es ist wahr: Wir sind es, nicht irgend
jemand. Aber das „Wir“ ist weiter als die Gruppe, die das gerade sagt.
Das „Wir“ ist die ganze Gemeinschaft der Gläubigen, heute und aller
Orten und Zeiten. Und ich sage dann immer: In der Gemeinschaft der
Gläubigen, ja, da gibt es sozusagen den Spruch der gültigen Mehrheit,
aber es kann nie eine Mehrheit gegen die Apostel und gegen die Heiligen
geben, das ist dann eine falsche Mehrheit. Wir sind Kirche: Seien wir
es, seien wir es gerade dadurch, daß wir uns öffnen und hinausgehen über
uns selber und es mit den anderen sind.
Ansprache des Papstes bei der Begegnung mit den Priesterseminaristen in Freiburg am 24.9.11
*
In
Deutschland ist die Kirche bestens organisiert. Aber steht hinter den
Strukturen auch die entsprechende geistige Kraft – Kraft des Glaubens an
den lebendigen Gott? Ich denke, ehrlicherweise müssen wir doch
sagen, daß es bei uns einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist
gibt. Und ich füge hinzu: Die eigentliche Krise der Kirche in der
westlichen Welt ist eine Krise des Glaubens. Wenn wir nicht zu einer
wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, werden alle strukturellen
Reformen wirkungslos bleiben.
Papst Benedikt XVI. Ansprache bei der Begegnung mit dem Rat des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Freiburg am 24.9.11
Eine christliche Kulturrevolution
Jeder Einzelne ist aufgerufen
Besorgniserregend
ist die Krise der Familie, Ort der Menschwerdung. Christa Meves zählt
Symptome auf: Kinderlosigkeit, zerbrochene Ehen, Zusammenwürfeln von
Kindern aus Scheidungsfamilien, abgetriebene und vernachlässigte Kinder,
vereinsamte Alte. Welch ein Leiden!
Man
meinte, Gott im Wohlstand nicht nötig zu haben, zumal das von den
Protagonisten kühn landauf, landab als eine veraltete Masche diffamiert
und nach allen Regeln journalistischer Kunst lächerlich gemacht wurde.
Aber ohne Glauben sind die Leiden, die Menschen einander zufügen, schwer
zu bessern. (…) Romano Guardini sagte einmal: „Europa wird
christlich sein, oder es wird nicht sein.“ Jeder muss sich jetzt
zurüsten, um in so später, fast schon zu später Stunde aufzustehen,
gemeinsam aufzustehen, um zumindest die Familie zu retten, um das
bedrohlich nahe Geschehen durch unsere Abwehr, durch unser Stehen zur
Familie, durch unseren Glauben zu verhindern. Aufwachen, um Himmels
willen aufwachen! Von den Politikern ist kaum Hilfe zu erwarten. Wir, die Christen in unserem Land sind gefragt. Was also müssen wir tun?
Vor allem dürfen wir nicht vergessen, was auf dem Spiel steht! Zuerst
also die gefalteten Hände. „Das Gebet“, sagt Max Thürkauf, „ist stärker
als alle Kräfte der Atome. Im Gebet werden uns Wege gezeigt, von denen
wir nie geahnt, die wir nie vermutet hätten. Und hinzunehmen müssen wir
die benediktinische Regel, die da sagt: „Ora et labora.“ Zum „labora“
gehört in unserer Situation heute, dass wir die bekanntgewordenen
Forschungsergebnisse und damit z.B. die Zahlen der
Weltgesundheitsorganisation über die epidemisch gewordenen Depressionen
bis zum Geburtenschwund als Mahnung verstehen und verbreiten müssen. Und
die weiteren Voraussetzungen zur Abwendung der existenziellen Gefahr
bestehen z. B. darin, dass wir uns um Zusammenhalt und um Frieden in den
Familien bemühen, um der Kinder und vor allem um Gottes Willen und
damit als Hoffnung auf Zukunft; denn wenn die Liebe in der Welt
erkaltet, sagt Christus, endet die Geduld Gottes mit seinem Geschöpf
Mensch. Deshalb ist die Familie Seine Vorgabe. Deshalb ist sie der
Garant unserer Gedeihlichkeit als Menschheit. Wenn wir zulassen, dass
sie zerstört wird, zerstören wir unser aller Chancen. Der direkte
Einsatz für die Familie durch unsere Treue für sie ist dabei von
außerordentlich großem Wert; aber unsere neue, die friedliche, die
christliche Revolution darf sich nicht allein auf die Personen
beschränken, die zur Zeit etwas mit Kindererziehung zu tun haben. Wir
alle sind Mitglieder einer Familie. Wir können jetzt nicht schläfrig
sitzen bleiben! Jeder muss sich mit vor den Karren spannen lassen. Es
geht um uns alle, daher sind wir alle gefragt – als Lehrer, Erzieher,
Großeltern, als Ausbilder und Geistliche, als Angehörige eines Clans,
als erwachsene Kinder alter Eltern, als Mütter und Väter, als Paten,
sogar als Singles und erst recht als Verantwortliche der Kirche, der
Politik, der Wirtschaft und der Medien. Viele der Medienschaffenden
haben sich in einer Ideologie der Gleichheit und des Neides
festgefahren, sie laufen blind dem Mainstream des Selbermachens ohne
Gott hinterher. Trotzdem dürfen wir auch bei ihnen auf ein Aufwachen
hoffen. Es gibt bereits einzelne mutige Sender, mit denen wir
zusammenarbeiten können und die die seriösen wissenschaftlichen
Forschungsarbeiten, unsere Erfahrung und unser Wissen an die
Öffentlichkeit weitergeben. Also aufstehen! Hört diese Internationale von den Christen im christlichen Abendland! Wir brauchen eine christliche Kulturrevolution!
Aber sie wird nicht zustande kommen, wir verpassen sogar in
bedrohlicher Weise unsere letzte Chance, wenn wir uns verängstigt oder
noch folgenreicher, wenn wir uns feige vor der Verantwortung drücken.
Mit Duckmäusertum hat sich in der Weltgeschichte noch nie eine Wandlung
zum Besseren ergeben – so kann uns die Geschichte belehren, so können
wir es auch an der persönlichen Lebenserfahrung lernen. Die Geschichte
zeigt, dass oft ein einzelner Mensch die Welt verändert hat, im Guten
wie im Bösen. Gottes Hoffnungen richten sich auf die Einzelnen, auf die
Tapferen, auf die in Liebe zu Gott Brennenden. Von unserer Erkenntnis
der Wichtigkeit unseres persönlichen Einsatzes für Gottes Ziele mit
seiner Schöpfung hängt viel ab. Sollten wir, die wir uns für Christus
entschieden haben, nicht mit seiner Hilfe das Gute wollen und auch
vollbringen können?
Christa Meves
Jesus Christus auch für Dich!
Man kann Gott totschweigen, Ihn abschaffen wollen – Er lebt! (Von Urs Keusch)
Neulich,
bei einer Wanderung, passierte ich eine Autobahnunterführung. Mir
fielen gleich an den Betonwänden, links und rechts, zwei Schriftzüge
auf: Zwei Fragen waren es, von jugendlicher Hand in großer Schrift an
die Wände gesprayt: „Wer bin ich?“, stand auf der einen Seite. Und auf
der andern: „Gibt es einen Gott?“ Als ich mit
diesen Fragen nachdenklich meines Weges weiterging, kam mir Friedrich
Nietzsches Schrift Der Antichrist in den Sinn, in der er den Tod Gottes
und den Hass aufs Christentum ausruft und am Schluss schreibt, er wolle
seine Anklage gegen Gott und das Christentum „an alle Wände schreiben,
wo es nur Wände gibt – ich habe Buchstaben, um auch Blinde sehend zu
machen“. Und seither wird es getan: In Büchern, Wissenschaftsmagazinen,
in den Medien, der Politik, im Lehrerzimmer. Gott ist tot. Es gibt
keinen Gott – die Tragödie unserer Zeit! Man kann diese Botschaft
vom Tod Gottes an alle Wände schreiben, in alle Bücher, man kann sie in
allen Medien verkünden, ja – und das ist die gängige Methode – man kann
Gott totschweigen, wo man will und solange man will – Er lebt! Er lebt
in der Sehnsucht der Menschen. Er lebt in den Herzen der Menschen. Warum
will dieser junge Mensch wissen, ob es einen Gott gibt? Und warum fragt
er: „Wer bin ich?“ Weil er ohne Gott nicht leben kann. Weil er
ohne Gott nicht weiß, wer er ist, woher er kommt, wozu er lebt, wohin
sein Weg führt. Weil er ohne Gott keinen Sinn im Leben sieht, nicht
weiß, warum er das Leben aushalten soll, wenn es ihn vielleicht hart
ankommt. Die Fragen dieses jungen Menschen sind letztlich ein Schrei
nach Gott. Und darum müssen wir an alle Wände schreiben, dass Gott lebt.
Der große Pädagoge Heinrich Pestalozzi sagte einmal: „Gott ist die
nächste Beziehung der Menschheit.“ Er will damit zum Ausdruck bringen:
Es gibt nichts und niemand, kein Mensch, kein Freund, keine Mutter, kein
Kind, kein Vater, keine Idee, kein Gedanke, kein Tier, keine Sehnsucht,
keine Liebe, kein Kummer..., der uns näher ist als der lebendige Gott.
Die Mystiker wiederholen diese Wahrheit in immer neuen Variationen:
„Gott ist uns innerlicher als wir es uns selber sind“ (Hl. Augustinus).
„Ob du isst, ob du schläfst oder etwas tust, zu jeder Zeit bin ich in
dir“ (Mechthild von Hackeborn). „Ob ich sitze oder stehe, du weißt von
mir“ (Psalm 139,2). Der Mensch mag noch so sehr Gott aus seinem
Leben verdrängen, Ihn im Alkohol ertränken, in der Droge, im
Sinnenrausch und in der Bilderflut ersticken, er mag mit Nietzsche die
Wände voll schreiben „Gott ist tot“ – Gott lebt! Er ist da! Das ist ja
sein Name: „Ich bin da“ (Ex 3,14). Und Er ist der erste, der uns
anschaut, mitleidsvoll und voll Erbarmen, wenn wir vom Rausch aufwachen
und uns umsehen, ob noch jemand da sei. Und Er ist es, der uns die Hand
entgegenstreckt, dass wir sie endlich ergreifen und unseren Wahnsinn
aufgeben, wir könnten den Schöpfer des Lebens aus unserem Herzen und aus
dem Leben verdrängen. Er ist da, im innersten Punkt unseres Herzens. Er
bleibt da, in uns, voll Erbarmen und Mitleid, solange wir leben und
solange diese Zeit der Gnade hier auf Erden währt. Darum müssen wir die
Botschaft, dass Gott lebt, dass Christus lebt, dass Christus nach jedem
Menschen voll Sehnsucht sucht, an alle Wände schreiben, „um auch die
Blinden sehend zu machen“. Hier ein anderes Beispiel, das uns
anschaulich vor Augen führt, dass wir Gott an alle Wände schreiben
sollen: Eine Frau schrieb mir vor ein paar Tagen, wie sie viele Jahre
einer internationalen Sufigemeinschaft angehörte. Sie besuchte Seminare
in verschiedenen Ländern Europas, folgte ihrem Meister bis in die USA
und Indien. Sie übersetzte Bücher aus dem Englischen ins Deutsche und
hatte das Privileg, mit ihrem Meister an der Herausgabe eines Buches
mitzuarbeiten. „Doch mit der Zeit fühlte ich eine bohrende Leere in
mir. Die Sufiweisheiten, die ich mir täglich einverleibte, ließen mich
zutiefst unbefriedigt.“ Am 18. März 1993 fährt diese Frau dann im Zug
von Münster nach Köln und liest in einem Sufi-Buch. Darin ein
Sufi-Kommentar zu einer Stelle im Johannesevangelium: „Ich kenne meine
Schafe, und meine Schafe kennen mich.“ „Diese Worte trafen mich mitten
ins Herz,“ schreibt die Frau. „Versonnen blickte ich vom Buch auf und
schaute aus dem Fenster. Der Zug fuhr gerade durch Bochum. Und siehe da!
Auf einer Mauer stand in riesigen Buchstaben: JESUS CHRISTUS AUCH FÜR
DICH!“ „Jesus Christus auch für Dich!“ In diesen Worten, die der
Frau „in riesigen Buchstaben“ von der Mauer ins Auge springen, erkennt
sie: Das ist auch zu mir gesagt! Jesus Christus ist auch für mich
gekommen! Ich will Ihn kennen lernen. Gott hat diese fünf, an die graue
Mauer gesprayten Worte in Bochum mit seiner Gnade belegt – Jesus
Christus auch für Dich! Und Er hat sie im Dunkel dieser suchenden Frau
hell aufleuchten lassen. Von da an liest und studiert sie
christliche Literatur, trennt sich von der Sufigemeinschaft, der sie
Jahre lang angehört und gedient hatte. Ihr Bekenntnis lautet heute:
„Christus allein ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er allein ist
es, der gekommen ist, die Menschen aus der Verstrickung von Sünde, Leid
und Tod zu befreien, aus der Finsternis ihres unerleuchteten Denkens.“
Liebe Leser! Schreiben wir die Botschaft, dass Gott lebt, dass Christus
lebt, dass Christus für mich in diese Welt gekommen ist, an alle Wände!
Vertrauen wir auf die Macht der Gnade, die jedes unserer Worte, die wir
schreiben oder sprechen, mit göttlicher Gnade segnet und dass Christus
jedes noch so kleine Werk, das wir für Gott tun, die kleinste
Überwindung der Menschenfurcht mit dem Licht seiner Gnade erfüllt, wenn
wir es nur aus inniger Liebe zu Ihm tun. Die Welt in ihrer
bedrohlichen Dunkelheit und Angst wartet auf unser Licht! Nehmen wir
jede Gelegenheit wahr, Christus zu verkünden, mutig und besonnen, klar,
ohne Abstriche, ohne Zugeständnisse an den Zeitgeist, rein und in
glühender Liebe. Erwähnen wir den Namen Gottes in den Gesprächen, in den
Briefen, die wir andern schreiben, nehmen Sie jede Gelegenheit wahr,
den Namen Gottes in einer verlorenen Welt aufleuchten zu lassen (in
Ihrer Wohnung, an der Haustüre, in Schaukästen, auf Plakaten, legen Sie
VISION 2000 auf, bringen Sie einen Kleber mit einem christlichen Spruch
auf ihrem Kuvert an, das Sie verschicken, sagen Sie „Grüß Gott“,
„Adieu“, „Vergelt’s Gott“, „Gott segne Sie“ und so weiter, aber alles in
lebendigem Glauben!) Glauben Sie unbeirrt an die Macht der Gnade!
Lassen Sie sich nicht von der Übermacht des Gottlosen, des
Antichristlichen, des Spöttischen zu sehr beeindrucken und entmutigen.
Überlassen Sie das Gericht dem Herrn, wenn Er kommt. Und ergeben Sie
sich nicht dem Fatalismus, indem Sie sagen: „Ach, was können wir schon
tun! Die Bosheit ist zu übermächtig. Hier kann nur noch Gott mit einem
Strafgericht eingreifen.“ Sagen Sie das nicht. Gott will das nicht.
Auf diese Weise will der Teufel die Kinder Gottes mutlos machen und sie
dem sieghaften Glauben entfremden. Solche Mutlosigkeit ist schon
ungezählten Christen, ja ganzen Familien, zum Verhängnis geworden. Schon
Bischof Augustinus (im 4. Jahrhundert) musste seine Christen vor
solcher Versuchung immer wieder warnen, indem er ihnen schrieb: „Wenn
ihr wahre Christen seid, dann macht euch auf Drangsale in dieser Welt
gefasst. Hofft nicht auf bessere und ruhigere Zeiten. Ihr täuscht euch.
Was das Evangelium euch nicht verspricht, das versprecht euch nicht
selbst.“
Zu unserem Helfer hinfinden
Gott „funktioniert“ nicht einfach auf Knopfdruck (Von Christa Meves)
Mir
hat Gott noch niemals geholfen“, sagt unvermittelt eine mir unbekannte
etwa 40-jährige Frau, die mir in der Bahn gegenübersitzt und meine
Broschüre Was Gott dir schenkt, erspäht hat. Sie schaut mich dabei
geradezu trotzig-anklagend an. „Das ist ja auch
nicht so ohne weiteres möglich“, wage ich zu entgegnen. Mein Gegenüber
freut sich über die gelungene Provokation: „Und doch soll er die
Gerechtigkeit in Person sein, heißt es doch. Geht das etwa zusammen?“
Ein triumphierender Blick soll mich außer Gefecht setzen. „Aber
vielleicht sperren Sie Gott so aus, wie mich aus dem Abteil, indem Sie
es für besetzt erklärten, nur weil Sie allein sein wollten,“ erinnere
ich lächelnd an die Szene, die sich zuvor zwischen uns abgespielt hat.
Die Frau schweigt verblüfft, fragt aber nach einer Weile, nun in
nachdenklichem Ton: „Wie meinen Sie das?“ So gab sie mir Gelegenheit zu
einer kleinen Laienmission: Meine Mitreisende hat ja mit einer
Beobachtung recht: Gott ist gewiss nicht unser Wunscherfüllungsgehilfe.
Er reagiert selten einmal wie ein Zauberkünstler auf Knopfdruck, wenn
wir in die Hände klatschen und Ihn auffordern: „Nun mach mal!
Bitteschön, ich gebe Dir Gelegenheit, mir zu präsentieren, dass Du der
Allmächtige bist!“ Gegen solche Anmaßung aus Menschenmund pflegt Gott
taub zu sein – vermutlich aus Liebe zu Menschen mit unangemessenen
Forderungen. Denn gewiss will Er solche verwöhnende Ansprüche, die die
innerseelische Entwicklung blockieren, nicht unterstützen. Gott
will vielmehr eingelassen werden, wenn Er anklopft, so hat Er uns in der
Offenbarung des Johannes 3,20 vermittelt: „Ich stehe vor der Tür und
klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem
werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit
mir.“ Nur also wenn wir Ihm aufmachen, kann Er uns beschenken! Doch wie lässt sich das in unserem Leben bewerkstelligen? „Aber wie soll ich das anstellen?“, fragt denn auch meine Mitreisende.
Nun, indem wir in aller Demut versuchen, uns unserem Herrn anzunähern,
indem wir versuchen etwas von Ihm zu verstehen. Und das funktioniert
nur, wenn wir uns mit den Berichten und Aussagen beschäftigen, in denen
Er direkt über sich und Sein Vorhaben mit uns Menschen gesprochen hat.
Wir müssen uns also an die Heilige Schrift heranmachen, den Aussprüchen
der Propheten nachsinnen, uns mit Davids Befindlichkeit identifizieren,
vor allem aber den Aussagen und Ereignissen des Neuen Testaments
nachlauschen, oft, täglich, morgens und abends, und uns Zeit nehmen, in
die Texte hineinzudenken, sie zu verstehen suchen. Auf diese Weise wird
unweigerlich das Interesse daran wach. Die wachsende Wissbegier
beginnt dann, uns anzutreiben. Wir beginnen mit den nun aufkommenden
Fragen „Fachleute“ zu konsultieren – Priester und überzeugte Laien. Wir
gehen auf die Suche nach Predigten und nach Glaubensformen, die dem
Bedürfnis nach Annäherung entsprechen. Wir suchen Heiligtümer auf. Ein
solches Bemühen bedeutet, unversehens ein Sensorium für das Walten
unseres leisen Gottes zu entwickeln. Und plötzlich erlebt man
bestaunenswerte, beglückende „Zufälle“ als „wunderbar“ im wahrsten Sinne
dieses Wortes. Zum Beispiel: Man entgeht mit knapper Not einem
lebensgefährlichen Unfall, eine Arbeitsstelle bietet neue
Entfaltungsmöglichkeiten, eine Freundschaft tut sich auf. Man stellt
fest: Beglückende Umstände mehren sich, manchmal so überraschend, dass
man spontan dankbar in die Knie geht und nur noch zu stammeln vermag:
„Oh mein Gott!“ Durch eine äußerlich nur unscheinbare, aber
letztlich durch eine entscheidende Lebensveränderung haben wir – so
nennt das Jesus – ein Stück „Himmelreich“ gewonnen, lediglich dadurch,
dass wir uns dem wartenden Gott zugewendet, und dem leise Anklopfenden
aus freiem Entschluss die Tür zu unserem Abteil geöffnet haben! Wir haben unser hochmütiges Alleinseinwollen durch ein sich dem Anklopfenden öffnendes Erleben überwunden!
Wie viel mehr Möglichkeiten haben wir nun dadurch, Gott direkt
anzusprechen, wie viel mehr Antworten, wie viel mehr Hoffnung ergibt
sich durch seine Nähe – auch dazu, dass wir erhört werden können –
jedenfalls wenn wir nichts Unbilliges, nichts Unerfüllbares erbitten.
Erst wenn diese Situation eingetreten ist, schlägt die Stunde zu einem
echt angemessenen Gebet. Dann erst kommt alles Bitten aus dem Raum einer
erlauschten seelischen Tiefe des Hörens, Verstehens, des Annäherns auf
dem Boden eines erhöhten Bezugs zur Heiligen Dreifaltigkeit! Nun kann
der Weg zu einem erfüllten Lebensziel in vollem Bewusstsein seines
Sinnes beginnen. „Geöffnete Ohren, klarsichtige Augen – ein von
intellektueller Verblendung befreites Herz brauchst Du,“ ruft uns
Christus mit seinen Wundern in vielen Gleichnissen zu. „Denn das ist die
Voraussetzung dafür, dass sich Meine Rettung für dich in dir
verwirklichen kann!“
Die Welt gewinnt scheinbar die Oberhand – aber tatsächlich gewinnt die Kirche (Kardinal John Henry Newman)
Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“
Einst war es, wie wir in den Psalmen und bei den Propheten lesen, für
die Gläubigen eine Quelle der Verunsicherung, wenn sie sahen, dass die
Bösen dort erfolgreich waren, wo die Diener Gottes anscheinend
versagten. So ist es auch zur Zeit des Evangeliums. Und trotzdem
hat die Kirche ein spezielles Privileg, das keine andere Religion hat,
nämlich das Wissen, dass sie schon bei der ersten Ankunft Christi
gegründet worden ist und nicht vergehen wird, bevor Er wiederkommt. Trotzdem hat es in allen Generationen den Anschein, dass sie zu Grunde geht und ihre Feinde triumphieren.
Dem Kampf zwischen Kirche und Welt ist folgendes eigentümlich: die Welt
gewinnt scheinbar immer die Oberhand über sie, aber tatsächlich ist es
die Kirche, die gewinnt. Ihre Feinde halten sie für überwunden und
triumphieren fortwährend; ihre Glieder verlässt oft der Mut. Die Kirche
aber bleibt... Reiche werden gegründet und verfallen; Nationen wachsen
und schwinden; Dynastien kommen und gehen; Fürsten werden geboren und
sterben; Koalitionen, Parteien, Bündnisse, Berufe, Zünfte,
Institutionen, Philosophien, Sekten und Häresien entstehen und vergehen.
Sie alle haben ihre Zeit, die Kirche aber ist ewig. Und trotzdem
haben sie offensichtlich zu ihrer Zeit eine große Bedeutung...Im
Augenblick stellt Vieles unseren Glauben auf die Probe. Wir sehen nicht,
wie die Zukunft sein wird. Wir sehen nicht, dass das, was jetzt
erfolgreich erscheint und sich aufbläht, nicht lange währt. Heute sehen
wir, dass Philosophien, Sekten und Clans aufblühen und sich verbreiten.
Die Kirche macht einen armseligen und ohnmächtigen Eindruck...
Bitten wir Gott, dass er uns belehrt. Es tut uns Not, von Ihm belehrt zu
werden, denn wir sind gar blind. Als Christi Worte die Apostel einmal
auf die Probe stellten, baten sie ihn: „Stärke unseren Glauben“ (Lk
17,5). Kommen wir ehrlichen Sinnes zu Ihm: wir kennen uns nicht; wir
bedürfen seiner Gnade. Wie sehr uns die Welt auch verwirrt..., kommen
wir zu ihm mit reiner, aufrichtiger Gesinnung! Bitten wir ihn demütig,
dass Er uns zeigt, was wir nicht verstehen, dass Er unser Herz demütigt,
wenn es sich versteift, dass Er es uns schenkt, Ihn zu lieben und Ihm
willig zu gehorchen, wenn wir auf der Suche sind.
Europa muss sich für Gott öffnen
Das Böse durch das Gute besiegen
”Gott
allein genügt,“ so die heilige Teresa von Avila – eine Erkenntnis, die
Europa weitgehend aus den Augen verloren hat. Papst Benedikt XVI. wird
jedoch nicht müde, den Völkern Europas in Erinnerung zu rufen, dass es
ohne Wiederentdeckung dieser Wahrheit keinen Ausweg aus den vielen
Krisen gibt. Es ist eine Tragödie, dass sich in
Europa, besonders im 19. Jahrhundert, die Überzeugung durchsetzte und
verbreitete, dass Gott der Gegenspieler des Menschen und der Feind
seiner Freiheit sei. Damit wollte man den wahren biblischen Glauben an
Gott verdunkeln, der seinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt hat,
damit keiner zugrunde gehe, sondern alle das ewige Leben haben.
Gegenüber einem Heidentum, dem zufolge Gott den Menschen beneidet und
verachtet, bekräftigt der Verfasser des Buches der Weisheit entschieden:
Weshalb hätte Gott alles erschaffen, wenn er es nicht geliebt hätte,
Er, der in seiner unbegrenzten Fülle keiner Sache bedarf? (vgl. Weish
11,24-26). Weshalb hätte er sich den Menschen offenbart, wenn er sie
nicht hätte beschützen wollen? Gott ist der Ursprung unseres Seins
und das Fundament und der Gipfel unserer Freiheit, nicht ihr Gegner. Wie
kann der sterbliche Mensch sich auf sich selbst gründen, und wie kann
der sündige Mensch sich mit sich selbst versöhnen? Wie ist es möglich,
dass über diese erste und wesentliche Wahrheit des menschlichen Lebens
in der Öffentlichkeit geschwiegen wird? Wie kann das, was im Leben am
meisten maßgebend ist, in die bloße Privatsphäre verwiesen oder in den
Halbschatten verbannt werden? Wir Menschen können nicht im Finstern
leben, ohne das Licht der Sonne zu sehen. Und wie ist es nun möglich,
dass Gott, der Sonne des Verstandes, der Kraft des Willens und dem
Magnet unserer Herzen, das Recht abgesprochen wird, dieses Licht
anzubieten, das jede Finsternis vertreibt? Es ist deshalb notwendig,
dass der Name Gottes unter dem Himmel Europas freudig wieder erklingt;
dass dieses heilige Wort nie achtlos ausgesprochen wird; dass es nie
verdreht wird und für ihm fremde Zwecke verwendet wird. Es muss heilig
ausgesprochen werden. Es ist erforderlich, dass wir es so im täglichen
Leben, im Schweigen der Arbeit, in der brüderlichen Liebe und in den
Schwierigkeiten, die die Jahre mit sich bringen, wahrnehmen. Europa
muss sich Gott öffnen, muss ohne Angst heraustreten hin zur Begegnung
mit Ihm, muss mit seiner Gnade für die Würde des Menschen arbeiten, die
von den besten Traditionen erschlossen worden ist: Neben der biblischen,
die diesbezüglich grundlegend ist, sind dies die Traditionen der
Antike, des Mittelalters und der Neuzeit, aus denen die großen
philosophischen und literarischen, kulturellen und sozialen Schöpfungen
Europas hervorgingen. Dieser Gott und dieser Mensch sind es, die
sich in Christus konkret und historisch kundgetan haben. Diesen Christus
können wir auf den Wegen finden, die nach Compostela führen, da auf
ihnen stets ein Kreuz ist, das uns an den Kreuzungen empfängt und uns
die Richtung weist. Dieses Kreuz, Zeichen der höchsten Liebe, die bis
zum Äußersten ging, und deshalb Gabe und Vergebung zugleich, muss unser
Leitstern sein in der Nacht der Zeit. Kreuz und Liebe, Kreuz und Licht
sind Synonyme unserer Geschichte, weil sich Christus in dieser
Geschichte annageln ließ, um uns das höchste Zeugnis seiner Liebe zu
geben, um uns zu Vergebung und Versöhnung einzuladen, um uns zu lehren,
das Böse durch das Gute zu besiegen.
Papst Benedikt XVI. Auszug aus der Predigt während der Hl. Messe in Santiago de Compostela am 6.11.2010
Habt keine Angst! Reißt die Tore für Christus weit auf!
Habt
keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus! Öffnet
die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme,
die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts
seiner rettenden Macht! Habt keine Angst! Christus weiß, „was im Innern
des Menschen ist“. Er allein weiß es! Heute weiß der Mensch oft nicht,
was er in seinem Innern, in der Tiefe seiner Seele, seines Herzens
trägt. Er ist deshalb oft im Ungewissen über den Sinn seines Lebens auf
dieser Erde. Er ist vom Zweifel befallen, der dann in Verzweiflung
umschlägt. Erlaubt also — ich bitte euch und flehe euch in Demut und
Vertrauen an —, erlaubt Christus, zum Menschen zu sprechen! Nur Er hat
Worte des Lebens! In der Tat, Worte ewigen Lebens!
Papst Johannes Paul II Aus der Ansprache zu Beginn seines Pontifikats am 22.10.1978
Krise der Kirche – wirklich?
Gedanken über den „Aufruf zum Ungehorsam“
Freunde
aus Frankreich haben vor Kurzem angefragt, was denn in der
österreichischen Kirche los sei. Priester hätten zum Ungehorsam
aufgerufen. Stimmt das? Meine Antwort: Ja, es stimmt – leider…
Die
Mehrzahl der österreichischen Medien hat die Nachricht im Juni mit
Freuden aufgenommen: Eine größere Zahl österreichischer Priester und
Diakone hatten einen „Aufruf zum Ungehorsam“ verfasst. Den ganzen Sommer
über wurden der Appell und dessen Folgewirkungen wohlwollend medial
begleitet. Jede Äußerung, jeder Auftritt Pfarrer Helmut Schüllers, des
Initiators des Appells, gab Anlass zu Berichterstattung und Kommentaren.
Langsam, aber sicher entstand der Eindruck, die Katholische Kirche sei
in eine tiefe Krise geraten. Verunsicherung griff bei vielen Gläubigen
um sich. Obwohl wir das Thema ursprünglich nicht behandeln wollten, sei diesmal doch kurz darauf eingegangen.
Da ist zunächst der Aufruf selbst. Sieben Punkte werden angeführt. Wer
sie liest, erkennt: Alles alte Hüte. Unlängst las ich in Artikeln, die
ich vor Jahrzehnten gesammelt hatte: Genau dasselbe Lied: Frauen als
Priester, wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zulassen,
Laienpredigt in der Heiligen Messe, ein neues Priesterbild, Laien als
Leiter von Pfarren… Kirchenvolksbegehren, Dialog für Österreich, „Wir
sind Kirche“ haben dafür gesorgt, dass die Anliegen auf der Tagesordnung
blieben. Obwohl die Forderungen sich stets größter medialer Beliebtheit
erfreuten, wurde ihre Artikulation jedes Mal als Heldentat von
Christen, die die Zeichen der Zeit zu deuten wüssten, gefeiert.
Halten wir fest: Die einschlägigen Themen sind längst von allen Seiten
beleuchtet, ausführlich diskutiert – und entschieden worden.
Bischofssynoden, päpstliche Erklärungen, der Weltkatechismus, ja
Konzilsdokumente machten klar, was die Katholische Kirche zu sagen hat.
Nach Jahrzehnten des Diskutierens ist es an der Zeit, das Ergebnis der
Debatten zur Kenntnis zu nehmen. Dazu hat die Kirche ja ein Lehramt.
Beginnen wir damit klarzustellen, was die Kirche zum Begriff „Gehorsam“
gegenüber dem Lehramt sagt. Am besten sei das II. Vaticanum zitiert,
auf das sich Kirchenreformer ja gerne berufen. Da heißt es in „Lumen
Gentium“:„Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi
vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen
übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen. Dieser
religiöse Gehorsam des Willens und Verstandes ist in besonderer Weise
dem authentischen Lehramt des Bischofs von Rom, auch wenn er nicht kraft
höchster Lehrautorität spricht, zu leisten; nämlich so, daß sein
oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den von ihm vorgetragenen
Urteilen aufrichtige Anhänglichkeit gezollt wird, entsprechend der von
ihm kundgetanen Auffassung und Absicht.“ (LG 25) Man darf schon die
Frage stellen, wie Priester sich rechtfertigen wollen, die dieser klare
Forderung des Konzils öffentlich missachten. Die Antwort geben sie
selbst in der Einleitung zum Aufruf: Sie seien gezwungen, ihrem
„Gewissen zu folgen und tätig zu werden.“ Gut, also lesen wir nach,
was die Kirche zum Thema Gewissen sagt. Der Weltkatechismus gibt
Auskunft: „Die Erziehung des Gewissens ist eine lebenslange Aufgabe. (…)
Bei der Gewissensbildung ist das Wort Gottes Licht auf unserem Weg. Wir
müssen es uns im Glauben und Gebet zu eigen machen und in die Tat
umsetzen. Auch sollen wir unser Gewissen im Blick auf das Kreuz des
Herrn prüfen. Wir werden dabei durch die Gaben des Heiligen Geistes und
das Zeugnis und die Ratschläge anderer unterstützt und durch die Lehre
der kirchlichen Autorität geleitet.“ (KKK 1784f). Im Klartext: Sein
Gewissen am Lehramt vorbei oder sogar im Widerspruch zu diesem zu
bilden, ist jedenfalls sicher nicht katholisch. Und damit sind wir
bei einem weiteren Punkt: Der Aufruf zum Ungehorsam ist eindeutig ein
schismatischer Akt. Man lese in den kirchenrechtlichen Bestimmungen
nach. Im Kodex des kanonischen Rechts heißt es: „Schisma nennt man die
Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit
den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“ (Can 751) Und: „Der
Apostat, der Häretiker oder der Schismatiker ziehen sich die
Exkommunikation als Tatstrafe zu.“ (Can 1364 §1) Genaugenommen haben
sich die betroffenen Priester durch ihre Handlung selbst aus der
Gemeinschaft der Kirche gestellt. Vielen mag das gar nicht be?wusst
sein. Daher wäre es gut, es ihnen klarzumachen. Viele würden dann
vielleicht ihre Entscheidung revidieren. Offenkundig haben die
Autoren des Aufrufs auch keine wirklich klare Vorstellung von dem, was
in der Heiligen Eucharistie geschieht. Das Konzil bezeichnet das
eucharistische Opfer nämlich als „Quelle und Höhepunkt des ganzen
christlichen Lebens“. Was soll man da denken, wenn im Aufruf Sätze
stehen wie: „Wir werden möglichst vermeiden, an Sonn- und Feiertagen
mehrfach zu zelebrieren, oder durchreisende und ortsfremde Priester
einzusetzen. Besser ein selbst gestalteter Wortgottesdienst als
liturgische Gastspielreisen.“ Darf man fragen: Hat jemand der von
„liturgischen Gastspielreisen“ spricht, verstanden, was die
Eucharistiefeier ihrem Wesen nach ist? Der Verdacht, dass hier eine
fundamentale Unkenntnis vorliegt, verdichtet sich, wenn man im nächsten
Punkt liest: „Wir werden künftig einen Wortgottesdienst mit
Kommunionspendung als ,priesterlose Eucharistiefeier’ ansehen.“
Priesterlose Eucharistiefeiern gibt es nicht. Haben die „Ungehorsamen“
seit ihrer Weihe vergessen, zu welch großem Dienst sie berufen sind?
Ich überlasse Ihnen, liebe Leser, zu beurteilen, wie solid der Boden
unter den Füßen der „Ungehorsamen“ ist. Folgendes aber möchte ich noch
anmerken: Wer jemals lebendige Kirche erlebt hat – bei Weltjugendtagen,
in Fatima, Lourdes oder Medjugorje, bei Treffen der kirchlichen
Erneuerungsbewegungen –, wer mit Menschen gesprochen hat, die sich aus
der Ferne kommend zum Glauben bekehrt haben, die erleben, was wirklich
betende Menschen bewegt, weiß, dass sich die Zukunft der Kirche nicht an
diesen Dauerbrennern entscheidet, sondern am Erfasstwerden von der
Schönheit und Wahrheit der Botschaft Jesu Christi. Und genau das
spüren auch die vielen suchenden und vor allem die jungen Leute. Gerade
die Jugend ist nicht im Kreis der „Kirchenreformer“ anzutreffen, sondern
sie schart sich zu Millionen um den Petrus, den Felsenmann. Sie pilgert
zu Tausenden nach Medjugorje, feiert zu Tausenden zu Pfingsten mit den
Lorettos in Salzburg. Man trifft sie in Wochentagsmessen in unseren
Kirchen und bei der Anbetung… Sie sind der Humus der Kirche von
morgen. Wir Christen in den deutschsprachigen Ländern tun uns noch
schwer, das zu erkennen. Aber reden Sie mit Christen aus Afrika, aus dem
Libanon, aus Polen oder Korea – und sie werden merken, wie viel
Dankbarkeit da über die Kirche und den Papst zum Ausdruck kommt. Daher
brauchen wir uns auch nicht um die Zukunft der Kirche sorgen. Sie wird
weiter angeleitet von Petrus und an der Hand der Gottesmutter
voranschreiten.
C. G.
Weiterführende Themen:
Familie unter Beschuss
/ Fürchtet euch nicht / Kinder sind ein Segen
----
|
|
| |