Nach der Ankunft der spanischen Eroberer in
Mittelamerika im Jahre 1519 beginnt eine blutige Geschichte der Eroberung
Mexikos. Ein Franziskanerpater sah angesichts des dramatischen Zusammenstoßes
nach menschlichem Ermessen keine Möglichkeit zur Evangelisierung - "es sei
denn, dass Gott ein Wunder tut".
- Und dieses Wunder geschieht! Innerhalb von wenigen Jahren strömen mehr als 8
MILLIONEN Azteken zu den Missionaren, um sich taufen zu lassen und den
katholischen Glauben anzunehmen. Es ist die einzigartigste und größte
Bekehrungswelle, die jemals stattgefunden hat. Wie konnte das geschehen?
So begann alles:
Am Morgen des 9. Dezember 1531, einem Samstag, an dem zu jener Zeit das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens gefeiert wird, steht der Indiojunge Juan Diego früh auf, um in der 9 Meilen entfernten Kirche von Tlatilolco die heilige Messe mitzufeiern. Denn Juan Diego ist wie sein Onkel Juan Bernardino einer der wenigen Azteken, die sich bis dahin zum Glauben an Christus bekehrten. Als Juan Diego dabei an den Hügel Tepeyac kommt, wo früher ein Tempel der heidnischen Muttergöttin Tonantzin (in der Gestalt einer furchterregenden Komposition von Schlangenköpfen und einer Masse sich windender Giftschlangen stand, hört er plötzlich Musik wie wunderschönster Vogelgesang. Aus blendend schönem Licht vernimmt er eine sanfte Frauenstimme: "Juanito! Juan Dieguito!" So gerufen, klettert er den Hügel hinauf, um zu sehen, wer ihn rief, und steht plötzlich vor einer Frau von überwältigender Schönheit. "Höre, Juanito, mein liebstes, kleinstes Söhnchen, wohin gehst du?", fragt sie mit leiser, sanfter Stimme voller Zärtlichkeit. "Ich bin auf dem Weg zur heiligen Messe." Die junge Frau lächelt und fährt fort: "Wisse, mein liebstes Söhnchen, dass ich die makellose und immerwährende Jungfrau Maria bin, die Mutter des wahren Gottes, durch den alles lebt, des Herrn aller Dinge, welcher der Herr über Himmel und Erde ist. Es ist mein innigster Wunsch, dass man hier ein Gotteshaus baue, wo ich meine ganze Liebe, mein Mitleid und mein Erbarmen, meine Hilfe und meinen Schutz den Menschen erweisen und schenken will. Ich bin eure erbarmungsreiche Mutter, die Mutter aller Menschen, all jener, die mich lieben, die zu mir rufen, die Vertrauen zu mir haben. Hier will ich auf ihr Weinen und ihre Sorgen hören und will ihre Leiden, ihre Nöte und ihr Unglück lindern und heilen... Geh zum Haus des Bischofs in der Stadt Mexiko und sage ihm, dass ich dich gesandt habe und dass es mein Wunsch ist, dass hier ein Gotteshaus gebaut werde. Sage ihm, was du gesehen und gehört hast!"
Beim Bischof
Unverzüglich befolgt Juan Diego den Wunsch der schönen
Frau. Schüchtern klopft er an die Tür der bischöflichen Residenz. Lange lassen
ihn die abweisenden Diener warten, bis er schließlich doch zu dem als gütig
und indiofreundlich bekannten Bischof Zumarraga vorgelassen wird. Der ist zwar
tief beeindruckt von der Demut und Aufrichtigkeit des Mexikaners, bleibt aber
unschlüssig und schickt ihn mit den Worten weg: "Du musst einmal wiederkommen,
wenn ich mehr Zeit habe. Inzwischen will ich das überdenken, was du mir
erzählt hast." Auf dem Rückweg klettert Juan Diego wieder den Tepeyac-Hügel
hinauf und wieder sieht er die Muttergottes: "An der Art, wie der Bischof mir
antwortete, erkannte ich, dass er der Meinung ist, ich erfände die ganze
Geschichte... So bitte ich dich von Herzen, meine Herrin, vertraue diese
Botschaft jemand Bedeutenderem an, der gut bekannt und angesehen ist, damit
dein Wunsch erfüllt wird. Denn ich bin nur ein armer Mann.."
Doch Maria bittet Juan Diego am nächsten Tag noch einmal zum Bischof zu gehen.
Auf Knien und unter Tränen wiederholt der Indio tags darauf vor dem Bischof
die Bitte der Muttergottes. Dieser aber verlangt ein Zeichen, damit er glauben
könne, dass hier der Himmel wirke. Und tatsächlich, Maria verspricht dem Indio
das geforderte Wunder: "Komme morgen hierher zurück, und du sollst das Zeichen
erhalten!"
Der todkranke Onkel
Voller Freude über diese Worte der Jungfrau kehrt Juan Diego in sein Dorf zurück. Dort aber trifft er seinen Onkel schwer erkrankt an. Die ganze Nacht und den folgenden Tag wacht Juan Diego bei ihm, aber es wird immer schlimmer. Juan Diego ist sich sicher: Die himmlische Dame würde ein Einsehen haben, dass er jetzt bei seinem Onkel bleiben müsse und nicht zum Tepeyac-Hügel kommen könne. Als aber kurz vor Sonnenuntergang deutlich wird, daß sein Onkel sterben muss, macht sich Juan Diego noch in derselben Nacht auf den Weg, um einen Priester zu holen. Am Tepeyac-Hügel, der des Weges liegt, angekommen, wählt er die andere Seite, ihn zu umgehen, um nicht die himmlische Dame zu sehen, die ihn mit dem versprochenen Zeichen zum Bischof schicken würde. Denn dafür hat er jetzt in seiner Not keine Zeit. Doch die Muttergottes ist auch auf der Rückseite des Hügels. "Was ist geschehen, mein Söhnchen?", fragt sie. "Wohin gehst du?" - Juan Diego berichtet ihr von der tödlichen Fieberkrankheit seines Onkels, und dass er nach Mexiko-Stadt eile, um einen Priester zu holen. Morgen werde er wiederkommen und ihren Auftrag dann ausführen.
Trost der himmlischen Frau
"Höre und lass es in dein Herz dringen, mein liebstes kleinstes Söhnchen", tröstet ihn die Madonna mit Worten, die bis heute Millionen Menschen Trost gespendet haben: "Nichts soll dich erschrecken, nichts dich betrüben, nichts soll dein Antlitz, dein Herz verfinstern. Fürchte nicht diese Krankheit oder irgendeine andere Krankheit oder einen Kummer, einen Schmerz. Bin ich denn nicht hier, deine Mutter? Bist du denn nicht in meinem Schatten, unter meinem Schutz? Bin ich nicht der Brunnen deiner Freude? Bist du nicht in den Falten meines Mantels, in der Beuge meiner Arme? Brauchst du noch mehr als das?" Dann fügt sie liebevoll hinzu: "Lass dich wegen der Krankheit deines Onkels nicht beunruhigen, denn er wird daran nicht sterben. Gerade in diesem Augenblick ist er geheilt!" So getröstet bietet sich Juan Diego an, jetzt sofort zum Bischof zu eilen und ihm das versprochene Zeichen zu bringen. Die Muttergottes lächelt und bittet ihn auf den Gipfel des Hügels zu steigen "zu der Stelle, wo du mich zuvor gesehen hast. Dort wirst du viele Blumen wachsen sehen. Pflücke sie sorgfältig, sammle sie und bringe sie dann her zu mir und zeige mir, was du hast."
Eilig steigt Juan Diego auf den Hügel hinauf, und wird von einer Pracht
leuchtend-schöner Blumen, die eigentlich auf diesem steinigen und gefrorenen
Boden gar nicht wachsen, geschweige denn blühen können, überrascht. Er breitet
seinen Umhang, Tilma genannt, aus und füllt ihn mit vielen dieser herrlichen
Blumen. Dann steigt er hinab zu der Stelle, wo die himmlische Dame wartet. Als
er ihr die leuchtende Blumenpracht zeigt, ordnet sie diese sorgfältig mit
ihren Händen und sagt: "Mein Söhnchen, diese verschiedenen Blumen sind das
Zeichen, das du dem Bischof bringen sollst. Sage ihm in meinem Namen, dass er
daraus meinen Willen erkennen soll und ihn erfüllen muss. Du sollst mein
Botschafter sein, der mein ganzes Vertrauen verdient. Ich befehle dir, die
Tilma nicht zu öffnen, ihren Inhalt nicht zu enthüllen, als erst in seiner
Gegenwart. Dann erzähle ihm alles..."
Das große Wunder
Unverzüglich macht sich der Blumenbotschafter Mariens
auf den Weg. Lange halten die Diener des Bischofs ihn hin. Doch schließlich
wird er vorgelassen. "Ich bat um das Zeichen, das Ihr verlangt und das sie mir
zu geben versprochen hat. Sie sagte mir, ich solle nach oben auf den Hügel
steigen, um die Blumen, die dort wüchsen, zu pflücken. Ich wusste ganz gut,
dass oben auf dem Hügel keine Blumen wachsen können, besonders nicht zu dieser
Jahreszeit, doch zweifelte ich nicht an ihren Worten. Als ich oben ankam, war
ich erstaunt, mich von schönsten Blumen umgeben zu sehen, die alle von
Tautropfen glänzten. Ich pflückte so viele wie ich tragen konnte und brachte
sie zu ihr zurück. Sie ordnete sie mit ihren eigenen Händen und legte sie
wieder in mein Gewand, damit ich sie Euch bringe. Hier sind sie. Seht da,
nehmt sie." Darauf öffnet Juan Diego seine Tilma und die Blumen fallen -
verschwenderisch duftend . auf den Boden. Im
selben Augenblick erscheint auf der Tilma ein leuchtend schönes Bild der
Mutter Christi. Fassungslos starren die Anwesenden auf das Geschehen und knien
sich vor diesem Bild der Gottesmutter nieder, das nicht von Menschenhand
gemacht und noch heute unversehrt in der Basilika in Mexiko-City für jedermann
als bleibendes Wunder zu bestaunen ist.
Überwältigt von diesem großen Zeichen des Himmels beschließt Bischof Zumarraga
noch an Ort und Stelle, mit dem Bau eines Gotteshauses zu Ehren der makellosen
Jungfrau zu beginnen. Und der in sein Dorf zurückgekehrte Juan Diego findet
seinen Onkel Juan Bernardino - wie von der Gottesmutter versprochen - gesund
vor. "Als du fortgegangen bist, um einen Priester zu holen, fühlte ich meine
letzte Stunde gekommen", berichtet der Onkel seinem Neffen. "Doch plötzlich
wurde der Raum von einem strahlendem Licht erhellt und eine Dame erschien - im
selben Moment war ich von der Krankheit befreit!" Sie stellte sich als "die
immerwährende Jungfrau, die heilige Maria von Guadalupe" vor.
Vom Götterkult zum katholischen Glauben / Das Bild, das vom Himmel kam
Nach nur 2 Wochen ist am Hügel des Tepeyac die erste
Steinkapelle zu Ehren der Jungfrau errichtet und Juan Diego lebt noch 17 Jahre
- bis zu seinem Tod - in einer kleinen Klause neben dem Heiligtum demütig und
genügsam als großer Beter und eifriger Apostel der heiligen Jungfrau.
Tausenden Indios erzählt er die Geschichte seines Lebens, berichtet er von den
zärtlichen Worten, der sanften Stimme der heiligen Jungfrau Maria und der
Liebe der Muttergottes.
Doch wahrscheinlich hätte es dieses persönlichen Zeugnisses überhaupt nicht
mehr bedurft. Das Bild nämlich, das vom Himmel kam, spricht selbst. Denn die
Azteken, geübt im Lesen von Bildern und Symbolen, erkennen in der
wunderschönen Dame mit den indianischen Zügen das Zeichen des Himmels: "Sie
ist eine von uns!" Strahlend vor der Sonne stehend, muss sie größer sein als
ihr gefürchteter Sonnengott Huitzilopochtl. Mit dem Fuß auf dem Halbmond, dem
Symbol für den gefiederten Schlangengott Quetzalcoatl, zeigt diese Frau ihnen,
dass sie den Mächtigsten aller Aztekengötter besiegt hat; die blaugrüne Farbe
ihres Mantels - die Farbe der aztekischen Könige! - deutet auf ihre
Königswürde hin, die 46 achtstrahligen Sterne auf ihrem Mantel lassen
erkennen: Sie ist größer als die Sternengötter des Himmels.
Und Unglaubliches geschieht: Die in ihrem Götzenkult verharrenden Azteken
kommen, sehen das heilige Bild - und glauben! Zu Hunderttausenden strömen sie
an die Klosterpforten der Franziskanermissionare und bitten um Aufnahme in die
Katholische Kirche. Nach nur wenigen Jahren sind fast 9 Millionen Indios
getauft. Und mit der Verbreitung des Kultes um das Bild der Jungfrau von
Guadalupe schreitet schließlich die Bekehrung ganz Amerikas voran.
Warum Schlangenzertreterin?
In Mexiko wird die Gottesmutter zur Brückenbauerin,
zur großen Versöhnerin zwischen der indianischen und der Kultur der spanischen
Eroberer. Ihr Name "de Guadalaupe", unter dem die Muttergottes bereits in
Spanien verehrt wird, stammt aus dem Arabischen und bedeutet soviel wie
"Ströme des Lichtes" oder "fließendes Licht". In der Sprache der Azteken
bedeutet "te coatlaxopeuh" (das für sie so wie der Name "de Guadalapue"
klingt), "welche die Steinschlange zerstört, zertritt, vernichtet". Mit dieser
Schlange meinen die Indios den gefürchteten gefiederten Schlangengott
Quetzalcoatl, das ungeheuerste Monster aller aztekischen Gottheiten, dem
jährlich bei brutalen Ritualen 20000 Menschenopfer dargebracht wurden. Die
Jungfrau von Guadalupe, in all ihrer Demut und Zärtlichkeit, befreit von
diesem grausamen Götzen des Todes, hinter dem der Satan steht.
So ist Maria in Mexiko als Schlangenzertreterin in einem heiligen Bild vom
Himmel gekommen, wie sie schon in der Genesis angekündigt ist: "Gott der Herr
sprach zur Schlange... Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau,
zwischen deiner Nachkommenschaft und ihrem Nachkommen. Sie wird dir den Kopf
zertreten...!"
Maria, die Schlangenzertreterin befreit
Die heilige Jungfrau Maria kommt in Mexiko über Blumen in einem wunderschönen, über die Jahrhunderte unverändert bleibenden Bild zu den Menschen. Als Schlangenzertreterin befreit sie nicht nur ganze Völker von Ängsten und Versklavung, sondern bietet jedem einzelnen Menschen voller Zärtlichkeit und Liebe ihre Hilfe an: "Nichts soll dich erschrecken, nichts dich betrüben, nichts soll dein Antlitz, dein Herz verfinstern. Fürchte nicht diese Krankheit oder irgendeine andere Krankheit oder einen Kummer, einen Schmerz. Bin ich denn nicht hier, deine Mutter? Bist du denn nicht in meinem Schatten, unter meinem Schutz? Bin ich nicht der Brunnen deiner Freude? Bist du nicht in den Falten meines Mantels, in der Beuge meiner Arme? Brauchst du noch mehr als das?"
Lassen wir uns so berühren wie einst das stolze Volk der
Azteken?