Kirche Weitental

†  Gott ist die Liebe - Er liebt dich  †

 Gott ist der beste und liebste Vater, immer bereit zu verzeihen, Er sehnt sich nach dir, wende dich an Ihn
nähere dich deinem Vater, der nichts als Liebe ist. Bei Ihm findest du wahren und echten Frieden, der alles Irdische überstrahlt

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Fürchtet

euch

nicht!

 

Verunsicherung auch bei den Gläubigen in der Kirche: Der wachsende Dissens in wesentlichen Fragen des Glaubens, der nunmehr auch offen unter Bischöfen und Kardinälen zum Ausdruck gekommen ist, bereitet vielen Sorgen. Wie soll das weitergehen? Wo kann man sich anhalten?
In dieser Situation wollen wir in diesem Schwerpunkt an einen Appell erinnern, den die Heilige Schrift an unzähligen Stellen an uns richtet: „Fürchtet euch nicht!“
(V2000/2015)


 
I N H A L T
 

Kehrt um 

Einleitung

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus Ende des vorigen Jahrhunderts machte sich in Europa Zuversicht breit: der Kalte Krieg war beendet, die bereits leistungsfähige Wirtschaft begann neuerlich zu boomen. Der Politikwissenschafter Francis Fukuyama sprach vom „Ende der Geschichte“. Der westliche Wohlstandsbürger stellte sich auf ein Leben im Schlaraffenland als Lebenserfüllung ein. Tatsächlich hat der Handel auch heuer Rekordergebnisse im Weihnachtsgeschäft gemeldet. Die Wintersportorte waren ausgebucht und zu Sylvester überstrahlte ein einziges große Feuerwerk Städte und Dörfer im Land.
Dennoch macht sich in Europa eine resignative, angst- und sorgen­erfüllte Stimmung breit. Nach unten revidierte Wirtschaftsprognosen, hohe Arbeitslosenzahlen,  Berichte von Kriegen und Massakern im Vorderen Orient, von Flüchtlingsströmen und unbewältigter Integration der Zuwanderer aus islamischen Ländern, Meldungen von Kriminalität und Korruption in Politik und Wirtschaft  sowie von der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich machen die Runde, füllen Schlagzeilen und Nachrichten in Radio und Fernsehen.
Verunsicherung auch bei den Gläubigen in der Kirche: Der wachsende Dissens in wesentlichen Fragen des Glaubens, der nunmehr auch offen unter Bischöfen und Kardinälen zum Ausdruck gekommen ist, bereitet vielen Sorgen. Wie soll das weitergehen? Wo kann man sich anhalten?
In dieser Situation wollen wir in diesem Schwerpunkt an einen Appell erinnern, den die Heilige Schrift an unzähligen Stellen an uns richtet: „Fürchtet euch nicht!“
Wo allgemeine Verunsicherung um sich greift, bricht die Stunde der Jünger Christi an, also jener Menschen, die ihr Leben in die Hand des auferstandenen, des siegreichen Christus gelegt haben.

C. Gaspari



365 Mal „Fürchtet euch nicht!“

Der Wohlstand macht nicht sorgenfrei – im Gegenteil (Von Johannes Holdt)

365 mal: Fürchtet euch nicht! Dreihundertfünfundsechzigmal steht in der Heiligen Schrift der Satz: „Fürchte dich nicht!“ Für jeden Tag des Jahres einmal. Anscheinend haben wir die Versicherung, dass uns nichts passieren kann, täglich nötig.

Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“, fragt Jesus seine Jünger, die sich beim Sturm über dem See Genezareth fürchten (Mk 4,40). Auch uns gilt diese Frage des Herrn. Denn es wird kaum jemanden geben, der nicht die Angst kennt. Der nicht manchmal von Ängsten heimgesucht, vom Dämon Angst geplagt und in die Mangel genommen wird, so dass es eng wird (Angst kommt von Enge).  
Bei den Ängsten, die uns befallen, geht es um die unterschiedlichsten Dinge: Angst vor der Zukunft, etwa vor dem nächsten Tag; Angst vor Niederlagen und Misserfolgen; Angst vor Krankheit, Einsamkeit, vor feindseligen Zeitgenossen; Angst in Form eines unbestimmten Gefühls der Bedrohung. Im Kern sind alle Ängste in einer Ur-Angst verwurzelt: der Todesangst.
Jede Angst  ist  Angst vor dem Verlust an Leben.
Angst vor dem Untergang hatten die Jünger im Boot – und  keine unbegründete.  Schon schlagen die Wellen ins Boot, jeden Augenblick kann es kentern. Kein Wunder, dass Petrus um Hilfe schreit. Und trotzdem rügt Jesus die Apostel: „Habt ihr keinen Glauben?“ Obwohl die Situation objektiv gefährlich, ja dramatisch ist, beweist die Todesangst der Jünger („Wir  gehen zugrunde!“) ihren mangelnden Glauben an Christus.  Sie müssten doch wissen: Wenn Christus mit im Boot ist, können sie nicht untergehen.
Auch für uns gilt: Unsere vielen Ängste und Sorgen sind Symptom für unseren Kleinglauben. An der Art, wie wir uns ängstigen – oder nicht, können wir ablesen, wie es um unseren Glauben in Wahrheit bestellt ist.
Das gilt auch für die Sorge, die mildere Form der Angst. Martin Heidegger zufolge ist Sorge die Grundbefindlichkeit des Menschen in seinem prinzipiell ungesicherten Dasein. Jesus hat trotzdem kein Verständnis für Sorgen bei seinen Jüngern. „Sorgt Euch nicht um euer Leben!“, lautet Seine Weisung oder besser: Seine Einladung in der Bergpredigt  (Mt 6,25).
Bei den meisten von uns regt sich gegen diese Aufforderung heimlicher Widerstand: „Ich muss mir doch Sorgen machen! Wie soll ich denn sonst mit allem fertig werden? Ich hab doch so viele Pflichten und Lasten.“
Gerade heutzutage sind wir doch zur Vorsorge verpflichtet. Ständig wird uns von allen Seiten gepredigt, wie wichtig persönliche Vorsorge ist, zum Beispiel zur Absicherung im Alter. So machen sich schon junge Leute heute vor allem Sorgen um ihre spätere Rente. Wir müssen vorsorgen mit Versicherungen aller Art, mit Altersabsicherungen, Vorsorge-Untersuchungen. Da hat der Mensch nicht nur die normalen menschlichen Sorgen zu schultern, sondern außerdem das ganze Paket der Vorsorge. Wenn noch alles in Ordnung ist, wenn ich noch jung und kerngesund bin, muss ich mich also schon sorgen. Vor der Sorge kommt die Vor-Sorge…
Das ganze Leben von der Wiege bis zur Bahre steht unter dem Gesetz der Sorge. Und das, obwohl wir heute in einem Wohlstand leben, von dem frühere Generationen nicht einmal zu träumen wagten. Das ist merkwürdig! Wachsender Wohlstand macht also keineswegs sorgenfrei, sondern erzeugt nur immer neue Sorgen.
So steht das ganze heutige vorsorgende und sich nach allen Seiten absichernde Lebensgefühl diametral gegen die Sorglosigkeit, die Jesus  predigt. Es ist wohl auch hier eine grundsätzliche Entscheidung notwendig. Wir können nicht beiden dienen: Gott und der Sorge (vgl. Mt 6,24).
Jesus benennt ja auch den tiefsten und eigentlichen Grund der Sorgen-Mentalität:  „Ihr Kleingläubigen!“ (Mt 6,30) Der mangelnde Glaube, der Kleinglaube sitzt da an der Wurzel. Man rechnet gar nicht mehr mit Gott. Man traut es Gott überhaupt nicht mehr zu, dass Er sorgt, dass Er sich kümmert.
Im Grunde geht es um die Entscheidung:  Sorge ich – oder sorgt Gott für mich?
Wer ist der Herr in meinem Lebenshaus? Da scheiden sich die Wege. Da scheidet sich der Glaube vom Unglauben. Und das Sorgendiktat unserer Zeit ist eine unmittelbare Folge der allgemeinen Gottvergessenheit.
Nochmal zurück zum Sturm auf dem See. Die Jünger im Boot, im Schifflein des Petrus, das ist seit jeher auch ein Bild für die Kirche und das Schicksal der Kirche. Schweren Seegang hat die Kirche gerade in unseren Tagen zu bestehen, da gibt es schon feindliche Elemente, die die Kirche am liebsten zertrümmern möchten. Aber diese Anfeindung von außen (die notwendigerweise zur Kirche gehört, weil es ihr nicht besser gehen darf als ihrem Herrn, der sich auch unbeliebt gemacht hat), ist noch nicht das Schlimmste.  Am besorgniserregendsten ist es, wie es im Schiff Petri selber aussieht. Die Zerstrittenheit und Uneinigkeit im Inneren, der innere Glaubensabfall, die Selbstzerstörung der Kirche, das ist die größte Not: Theologen, die die Jungfrauengeburt, die Wunder Jesu und seine Auferstehung zu frommen Märchen erklären; oder die wortgewandt  darlegen, das Priestertum und die Sakramente der Kirche seien unbiblische Irrtümer der Geschichte;  Pfarrer und Laien, die ihren Gemeinden selbstgebastelte Got­tesdienste zumuten und um die universale Liturgie der Kirche betrügen; sie alle betreiben – bewusst oder unbewusst – das Werk der Selbstzerstörung des Glaubens.
Es ist ein unumstößliches Gesetz: „Wenn ein Reich in sich selbst gespalten ist, kann es keinen Bestand haben“ (Mk 3, 24). Und Nietzsche legt den Finger auf den wunden Punkt, wenn er hämisch prophezeit: „Wenn  die Kirche untergeht, dann nicht wegen ihrer Feinde, sondern wegen ihrer Theologen…“  
Manchmal  kann es einem angst und bange um die Zukunft der Kirche bei uns werden. Und doch dürfen wir nicht den Mut  verlieren. Auch diese Krise müssen wir als Bewährungsprobe des Glaubens begreifen. Die Kirche kann  nicht untergehen, weil Christus das Haupt der Kirche ist. Sie wird nicht von ihren Feinden überwältigt werden, weil  Jesus der auf den Felsen Petri gegründeten Kirche Unüberwindlichkeit  verliehen hat (Mt  16,18).
Die Kirche hat Zukunft, nicht weil wir so überzeugende Christen wären, sondern weil Christus die Zukunft der Kirche ist. Und weil Er sich Sein Werk von niemandem zerstören lassen wird. Dieser Glaube steht gegen die Angst vor dem Untergang. Und er kann zu einem beherzten „Jetzt erst recht!“ befreien.
„Christus braucht hochherzige Mitstreiter“. Nach dieser Maxime gründete einst der heilige Ignatius von Loyola in einer ähnlich notvollen Zeit der Kirche (der Zeit der Glaubensspaltung) mit einer Handvoll Getreuen seine „Compagnia di Gesu“, den Jesuitenorden.
Auch heute braucht Christus nicht solche Jünger, die sich ängstlich, resigniert oder gleichgültig auf die Zuschauertribüne zurückziehen, sondern solche, die sich einsetzen, wo immer sie können. Die – jeder an seinem Platz –  das Wasser aus dem Schiff schöpfen und Lecks stopfen. Die den Steuermann – Petrus in Person des Papstes – unterstützen. Die, ob gelegen oder ungelegen, für die Wahrheit eintreten (2Tim 4,2). Die ihre Talente für das gute Werk des Glaubens einbringen (2Thess 1,11). Das Schifflein Petri mag schwanken, es wird uns doch ans andre Ufer bringen. Darum: Fort mit allem Kleinglauben! Und:  „Handle so, als hinge alles von dir ab. Hoffe so, als hinge alles von Gott ab!“ (hl. Ignatius)

Dr. Johannes Holdt ist Pfarrer in Schömberg/Baden-Württemberg.

  

Aufruf zur Furchtlosigkeit in der Hl. Schrift

Mose aber sagte zum Volk: Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet. Wie ihr die Ägypter heute seht, so seht ihr sie niemals wieder. (Ex 14,13)

Fürchtet euch nicht und weicht nicht erschreckt zurück, wenn sie angreifen; denn der Herr, dein Gott, zieht mit dir. Er lässt dich nicht fallen und verlässt dich nicht. (Dtn 31,6)

Und Josua sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht und habt keine Angst! Seid mutig und stark! Denn so wird es der Herr mit allen euren Feinden machen, mit denen ihr kämpfen werdet.  (Jos 10,25)

Samuel erwiderte dem Volk: Fürchtet euch nicht! Ihr habt all dieses Böse getan; doch weicht (von nun an) nicht mehr von der Nachfolge des Herrn ab und dient dem Herrn mit ganzem Herzen!  (1Sam 12,20 )

So spricht der Herr zu euch: Fürchtet euch nicht und erschreckt nicht vor diesem großen Heerhaufen; denn nicht eure, sondern Gottes Sache ist der Krieg.  (2Chr 20,15)

Alle, die ihr den Herrn fürchtet, vertraut auf den Herrn! Er ist für euch Helfer und Schild. (Ps 115,11)
 
Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! Die Rache Gottes wird kommen und seine Vergeltung; er selbst wird kommen und euch erretten. (Jes 35,4)
 
Hört auf mich, die ihr das Recht kennt, du Volk, das mein Gesetz im Herzen trägt. Fürchtet euch nicht vor der Beschimpfung durch Menschen, erschreckt nicht vor ihrem Spott! (Jes 51,7 )

Fürchtet euch nicht vor dem König von Babel, vor dem ihr Angst habt. Fürchtet euch nicht vor ihm – Spruch des Herrn –; denn ich bin mit euch, um euch zu retten und seiner Hand zu entreißen. (Jer 42,11 )
 

Habt keine Angst, öffnet die Tore für Christus!

(Papst Johannes Paul II.)
Brüder und Schwestern! Habt keine Angst, Christus aufzunehmen und seine Herrschergewalt anzuerkennen! (…) Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!  Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht! Habt keine Angst! Christus weiß, „was im Innern des Menschen ist“. Er allein weiß es!
Heute weiß der Mensch oft nicht, was er in seinem Innern, in der Tiefe seiner Seele, seines Herzens trägt. Er ist deshalb oft im Ungewissen über den Sinn seines Lebens auf dieser Erde. Er ist vom Zweifel befallen, der dann in Verzweiflung umschlägt. Erlaubt also — ich bitte euch und flehe euch in Demut und Vertrauen an —, erlaubt Christus, zum Menschen zu sprechen! Nur Er hat Worte des Lebens!
Aus der Predigt am Beginn seines Pontifikats am 22.10.78

 

Gerade in der Prüfung auf Gott setzen

Sorgen gehören zum Leben (Christine Ponsard) Besorgt zu sein, ist ganz normal: Wer mitbekommt, was in der Welt los ist, kann nicht unberührt bleiben. Dazu kommt die Mühsal des Alltags. Die modernen Medien bieten wunderbare Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu treten. Sie sind aber auch ein Vehikel, um uns mit schlechten Nachrichten – wahren und fal­schen – zu versorgen. So erzeugen sie ein Klima der Angst, das sich mit dem Tempo von Internet und Telefon  ausbreitet.
Da behauptet irgendjemand irgendetwas: Je schlimmer – umso besser kommt es an. Wenn man dann noch durch Alter, Krankheit oder Erschöpfung angeschlagen ist, kann es schon leicht vorkommen, dass einen die Angst überkommt.
Beunruhigt zu sein, ist jedoch kein Zeichen von mangelndem Glauben. Man kann durchaus erschrecken und doch sein ganzes Vertrauen auf Gott setzen. Denn der Glaube ist kein magisches Heilmittel, kein wundersamer Angstlöser: Er beseitigt keines unserer Gefühle und enthebt uns nicht der Notwendigkeit, bei krankhaften Ängsten auf ärztliche Hilfe zurückzugreifen.
Der wahre Mut ignoriert die Angst nicht etwa, sondern überwindet sie. Und der wahre Glaube besteht darin, sich gerade inmitten wildester Stürme an Gott zu klammern: „Herr, ich weiß, Du liebst mich und wachst über mich, selbst wenn alles auf das Gegenteil hindeutet. Ich höre jetzt nicht auf meine Ängste. Ich will nur auf Dich hören.“ (…)
Wenn wir auf Jesus hören, kann uns die Angst nichs anhaben. Wer in Ihm bleibt, dem schadet nichts. Dieses Gottvertrauen verdrängt die Realität keineswegs. Mit dem Aufruf, den Mut nicht zu verlieren, übersieht Jesus keineswegs die Schwierigkeiten. Er fordert uns nicht auf, uns über die Prüfungen erhaben zu fühlen, vor ihnen davonzulaufen und uns in eine weltfremde Spiritualität zu flüchten. Er will vielmehr, dass wir uns dem Alltag stellen, allerdings ohne uns vor dem Morgen zu fürchten.
Das einzige Kreuz, das uns aufgetragen ist zu schultern, ist das des jeweiligen Augenblicks. Wie oft aber laden wir uns eingebildete Kreuze auf, viel schwerer als die aktuellen Herausforderungen! Wir verschleißen unsere Kraft zu hoffen, indem wir uns vor Übeln fürchten, die nicht existieren: Vielleicht treten sie ein, derzeit jedenfalls wissen wir es jedoch nicht. Es bringt gar nichts, sich vor möglichen Gefahren zu fürchten. „Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine Zeitspanne verlängern?“ ( Mt 6,27)
Auszug aus Famille Chrétienne v. 3.11.02


Lernen, mit Ängsten umzugehen

Über die Angst: eine Palette von Gefühlen vom wertvollen Alarmsignal bis zum Paniksyndrom (Von Reinhard Pichler) Angst – wer kennt dieses Gefühl nicht? Aber: Wie kommt es zu dieser alltäglichen Erfahrung? Und wie geht man mit ihr um? Im Folgenden einige Gedanken zu diesen Fragen von einem Psychotherapeuten und Theologen.

Wie verhält es sich mit der Angst, die wir Menschen in der Welt immer wieder haben? Sie entsteht, wo etwas bedroht ist, in Gefahr gerät oder verloren geht. Angst entsteht durch das Miss­verhältnis zwischen meinem eigenen Vermögen (Kräfte, Fä­higkeiten, Kompetenzen, Mut, Selbstvertrauen) und der Instabilität der Welt (Brüchigkeit, Ungewissheit, Unverlässlichkeit).
Es gibt so viel um uns herum, wo wir allen Grund haben, vorsichtig zu sein. Das war schon immer so. Es ist wichtig, aufzupassen und Achtsamkeit walten zu lassen. Angst in uns ist etwas Normales, eine Verunsicherung, die sich durch alle Lebensbereiche ziehen kann. Etwas kann immer bedroht sein. Entscheidend ist, wie ich mit der Angst, die ich verspüre, umgehe.
Da gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten: Ich kann die Angst wegschieben, verdrängen, nicht wahrnehmen oder ich kann offen mit ihr umgehen und innerlich bewerten, was an der Angst dran ist – den Wahrheitsgehalt prüfen und zu mir sagen: „Angst hat auch etwas Gutes an sich.“ Wenn es eine echte Gefahr ist, dann bin ich froh, wenn mich meine Angst warnt und ich dann richtig reagieren kann.
Ich kann aber auch ein Angsthase sein und wegen Nichtigkeiten davonlaufen, kann innerlich sehr unruhig sein, obwohl es dafür keinen rational nachvollziehbaren Grund gibt. Die Angst in mir kann sich so verselbstständigen, dass ich Angst vor einer Einbildung habe und mir sicher bin, diese Einbildung sei echt. Dies nennt man dann Panik.
Die Erinnerung an eine angstbesetzte Situation reicht aus, und die Angst nimmt mir dann den Atem und lässt mein Herz rasen.
Wenn sich die Angst auch noch von der Erinnerung abkoppelt und mich plötzlich aus dem Nichts die Angst überfällt, ohne dass es dafür einen Grund gibt, so haben wir es mit einer Panik­attacke zu tun. Sie muss behandelt werden, sonst entsteht sogar ein Paniksyndrom, das eine ernstzunehmende psychische Erkrankung ist. Panik hat man nicht, man macht sie sich. Dieses Paniksyndrom oder die generalisierte Angststörung lässt mich die ganze Welt als sehr bedrohlich, brüchig und nicht tragfähig erleben.
So eine pathologische Angst entsteht dort, wo die Belastung zu groß geworden ist und somit meine Kräfte übersteigt. In diesem Stadium geht es darum, wieder sicheren Boden unter die Füsse zu bekommen und zu vertrauen, dass ich mit Gottes Hilfe in der Lage sein werde, für mich schwierige, vielleicht aussichtslose Situationen wieder zu bewältigen und gut aus ihnen hervorzugehen.
Die Angst zeigt Grenzen auf, zeigt die Realität auf, zu der ich mich verhalten kann. Sie hilft bei der Erhaltung des Lebens, sie hilft, Werte zu erhalten. In der Angst bin ich meinen Werten sehr nahe und ringe um sie.
Angst zeigt auf, was ansteht. Sie ist ein biologisch festgelegtes Alarmsignal, das unser Überleben schützt. Angst zeigt uns, wo etwas zum Leben kommen soll, wo Leben bedroht ist. Hier ist auch die Verbindung zur Freiheit: Durch meine Freiheit kann ich meine Angst überwinden.
Man muss zwei ganz unterschiedliche Arten von Ängsten unterscheiden: die Grundangst und die Erwartungsangst. Die tieferliegende Grundangst ist die Angst vor dem Nicht-Sein, vor der Brüchigkeit des Lebens, der Bodenlosigkeit. Es ist die Erfahrung: Nichts ist wirklich sicher. Ich erfahre das „Nicht-sein-können“.
Als sekundäre Reaktion auf ein Erleben der Grundangst kann die Erwartungsangst entstehen. Erwartungsangst ist die Haltung: „Es darf unter keinen Umständen das passieren, was ich als angstauslösend erlebt habe, nur das nicht!“ Es ist bereits der Versuch einer Selbsttherapie gegen die Angst, ein Selbstheilversuch, eine Schutzreaktion, damit ich die Angst nicht erleben muss.
Die Erwartungsangst entsteht nicht aus dem Erlebnis der Brüchigkeit der Welt an sich, sondern aus einem Vorwegnehmen einer potenziellen Brüchigkeit des Lebens und den damit verbundenen, unangenehmen Angstgefühlen. Das Wesen der Erwartungsangst ist das lauernde Erwarten. Die Erwartungsangst ist die Angst vor der Angst. Es wird alles getan, damit das nicht passiert.
Gibt es einen Ausweg aus der Angst? Ja, für Christen steht da ein Weg offen: Die Gottesfurcht. Wie ist das zu verstehen?
Vor Gott brauche ich keine Angst zu haben, Er liebt mich und achtet genau darauf, dass mein Fuß nicht an einen Stein stößt. Weil ich Gott liebe, Ihn achte und ehre, habe ich Ehrfurcht vor Ihm!
Diese Ehrfurcht ist der Schlüssel, um Gott tiefer schauen zu können. Und sie führt mich hinein in die Furcht vor dem Herrn, in die staunende Anbetung, wie groß Gott ist, wie klein Er sich macht und aus Liebe zu uns auch ein Mensch wird.
Es überfällt mich ein heiliger Schauer, wenn ich erahne, wie der allmächtige Gott sich meiner erbarmt, jedes Haar auf meinem Kopf gezählt hat und keines ausfällt ohne Sein Wissen.
Das ist die „timor domini“, die Furcht vor Gott, die Gottesfurcht. Im Alten Testament ist oft von der Furcht des Herrn die Rede (z.B. in Sir 2,9; 19,20; 25,11; Jer 29,13; Mal 3,20.) Die Gottesfurcht ist die Basis, um für das Wirken Gottes bereit zu sein. „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit“ (Ps 111,10).
Diese Geistesgabe, die „timor domini“, ist der Anfang des intensiven geistlichen Weges mit Gott. Sie ist ein Kennzeichen der zweiten Umkehr, der Ganzhingabe. Die Heiligkeit Gottes wird dann auf eine doppelte, mitunter schmerzhafte Weise erlebt.
Diese Furcht vor Gott ist einerseits anziehend und glückerfüllend, andererseits ist ihr helles Licht eine schmerzende Flamme, die das Unreine im Menschen aufdeckt, dann aber verbrennt.
Im 1. Johannesbrief (4,18) heißt es: „Furcht gibt es in der Liebe nicht, die vollkommene Liebe vertreibt alle Furcht.“ So vollendet sich die Gabe der Furcht des Herrn in der vollkommenen Gottesliebe, diese aber ist die höchste, lauterste Ehr-Furcht vor dem Herrn.
Die Aufforderung „Fürchte dich nicht!“ findet sich 365 mal in der Bibel. Got­tesliebe und Gottesfurcht schließen einander nicht aus, sondern sind wie die zwei Seiten einer Medaille.
Was hilft nun, wenn man auf der Suche nach Auswegen aus den menschlichen Ängsten ist?
n Halt finden: Gibt es jemand, der wirklich da ist, der Halt, Sicherheit, Festigkeit und Ruhe vermittelt, der zeigt, dass Angstmachendes zum Aushalten ist? Ja, diesen jemand gibt es! Es gibt haltgebende Strukturen: Meine Beziehung zu Gott, zu Menschen, zu mir selbst. Halt gibt bereits eine geeignete Strukturierung des Tages: Durchschauen der alltäglichen Abläufe, Schaffen von fixen Abläufen. Selbstvertrauen stärken.
n Die eigenen Kräfte und Ressourcen reaktivieren: Wie lebe ich weiter? Es geht darum, sich wieder den Werten und dem tiefsten Wert – nämlich Gott –  zuzuwenden. Mit Gott und meiner Angst in einen Dialog treten. Es geht nicht darum, die Angst zum Freund zu machen, aber zu einem Wegbegleiter, der mich vielleicht irgendwann verlassen wird. Gott hilft mir dabei. Er unterstützt mich beim Annehmen der Angst und dann beim Loslassen der angstbesetzten Dinge. Ich muss mir von der Angst nicht alles gefallen lassen. Ich bin bereits erlöst. Jesus hat mich frei gemacht durch seinen Tod am Kreuz.
n Die eigene Biographie durchleuchten: Hier geht es darum, die Ursachen der Angst zu verstehen. Gelingt es mir, einen roten Faden zu finden und Zusammenhänge zu erkennen? Was ist die Rolle der Angst? Was will sie mir sagen oder besser, was will Gott mir durch meine Geschichte sagen?
n Sich mit den Angst machenden Realitäten und Phantasien konfrontieren und sie auf ihre Wirklichkeit überprüfen. Ich schaue hin auf die befürchtete Realität und die befürchteten Konsequenzen. Dabei verlieren diese Gefühle an Macht. Es wachsen wieder Mut und Zuversicht.
Allerdings muss ich mich dabei immer fragen, inwieweit zuerst noch Halt aufgebaut werden muss, wenn ich mich dieser Konfrontation aussetze. Das Hinschauen zeigt dann aber, dass die Bedrohung doch nicht so groß ist. Denn Gott ist da. Er beschützt mich – nur: traue ich Ihm wirklich?
Was geschieht durch die Konfrontation mit dem Schlimmsten? Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.
„Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe. Alles erreicht der Geduldige, und wer Gott hat, der hat alles. Solo dios basta – Gott alleine genügt,“, sagt die hl. Theresia von Avila.


Menschen, die nichts brechen konnte

Die Pfeiler der slowakischen Untergrundkirche: erprobt in jahrelanger Haft

Obwohl die Grenze zur Slowakei nur 50 Kilometer von Wien ent­fernt ist, weiß hierzulande kaum jemand, dass unser Nachbarland seine Befreiung vom Joch des Kommunismus vor allem auch dem mutigen Einsatz der Christen in der Untergrundkirche verdankt: Menschen, die ihr ganzes Vertrauen auf Christus gesetzt und die Angst vor Leiden, Benachteiligung und Unterdrückung verloren hatten.
Dass die slowakische Kirche schweren Zeiten entgegengehen würde, war schon Anfang 1945 erkennbar. Damals bereits stellte nämlich Gustav Husak, Jahrzehnte später, nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, 1968 Generalsekretär der kommunistischen Partei der CSSR, fest: „Meiner Ansicht nach werden wir scharfe Maßnahmen gegen zahlreiche katholische Institutionen ergreifen müssen. Sie sind die Brutstätte antidemokratischer Einstellungen und haben einen antidemokratischen Einfluss auf die Bevölkerung.“
Wie in der gesamten Kirchengeschichte sollte jedoch die sich anbahnende Kirchenverfolgung bei unseren Nachbarn eine Zeit der Glaubenserneuerung wer­den. Auch diesmal bediente sich der Herr einzelner Menschen, die ein von Gott erfülltes, nach außen hin aber unspektakuläres Leben führten, um Seine Kirche zu erneuern. Noch in den Kriegsjahren war Professor Tomislav Kolakovic von Gott ausersehen, die Basis für den Widerstand der slowakischen Kirche zu legen: ein Priester kroatischer Herkunft, nachdenklich, gelehrt und einfühlsam – vor allem aber ein kompromissloser Kämpfer für das Reich Gottes.
In diesen turbulenten Zeiten versammelte er junge Leute um sich, die „Familie“, und vermittelte ihnen einen engagierten, persönlichen Glauben an Jesus Christus. Zwei dieser Jugendlichen sollten zu zentralen Figuren des Aufblühens der Untergrundkirche werden: Vladimir Jukl und Silvo Krcmery. Was waren die Pfeiler der Spiritualität dieser jungen Männer? Persönliches Gebetsleben, eucharistische Frömmigkeit, Bildung von Gemeinschaft, apostolischer Einsatz, Vertrauen auf den Heiligen Geist und auf die Gottesmutter. So kennzeichnet sie jedenfalls Frantisek Miklosko, nach dem Fall des Kommunismus 1990 erster Parlamentspräsident der Slowakei, in seinem Buch You can’t destroy them.
Auf diese Weise ausgerüstet, gerieten die jungen Leute in die Verfolgungsmaschinerie des kommunistischen Regimes, das 1948 zum Generalangriff auf die Kirche überging. In diesem Jahr wurden die katholischen Medien eingestellt und die Orden verboten. Zwei Jahre später wurde die kirchliche Hierarchie zerschlagen: die Bischöfe, ein Großteil der aktiven Priester und Ordensleute wurden eingesperrt und in „Konzentrationsklöster“ gesteckt. Die Staatsmacht schien gesiegt zu haben.
Tatsächlich aber trug diese scheinbare Niederlage bereits den Keim des künftigen Sieges in sich, wie Miklosko  schreibt: „Für Außenstehende mag dies den Eindruck erweckt haben, sie wären besiegt worden, weil sie sich einsperren ließen. Aus der Sicht Gottes jedoch war ihre Bereitschaft, ins Gefängnis zu gehen, für ihren Glauben zu leiden, ja vielleicht sogar für ihn zu sterben, von größter Bedeutung. Sie hätten es während ihrer Haft leichter haben können, wenn sie mit der bösen Macht kooperiert hätten. Die Werte jedoch, für die sie ihre Leiden auf sich nahmen, bedeuteten ihnen aber viel mehr als alles, was man ihnen anbieten konnte, samt der heiß ersehnten Freiheit. Ihre Werte hielten sie während der vielen
 der Inhaftierung und der Leiden hoch, um sie nach ihrer Entlassung an die nächste Generation weiterzugeben. Indem sie bereit waren, ihr Kreuz auf sich zu nehmen, erhielten sie die Hoffnung ihres Volkes am Leben.“
Was es konkret bedeutete, sein Kreuz auf sich zu nehmen, sei am Beispiel von Silvo Krcmery illustriert: Nachdem er 1945 sein Medizinstudium beendet hatte, wird er 1946 erstmals von der Polizei verhaftet und während einer erfolglosen Befragung so miss­handelt, dass er bewusstlos zusammenbricht. Nach drei Wochen wird er entlassen, arbeitet als Assistent an der Universität – und setzt sein apostolisches Wirken fort. Neuerliche Verhaftung im Juli 1951 während seines Militärdienstes. Im Wagen, in dem ihn die Staatssicherheit entführt, muss er sich mühsam beruhigen, denn ein kaum zu bändigendes Zittern hatte sich seiner bemächtigt. Auch die Mutigsten kennen also Angstgefühle.
Es folgen drei Jahre Untersuchungshaft mit unmenschlichen Torturen: nicht enden wollende Verhöre, oft lässt man ihn stundenlang gehen, einmal sogar 50 Stunden lang ohne Unterbrechung! Viele Monate sitzt er in Einzelhaft. Oder man sperrt ihn in den „Eiskasten“, nur in der Unterwäsche in einen kalten Raum oder in einen Käfig. Dann wiederum gibt es Schläge. Ergebnis: Prellungen, gebrochene Rippen… Aber Krcmery schweigt, aus ihm ist nichts herauszuholen.
Erst bei seinem Prozess 1954 redet er. Sein Plädoyer endet mit den Worten: „Sie haben vielleicht die Macht, aber wir haben die Wahrheit. Jene, die Macht haben, meinen seit jeher sie könnten die Wahrheit unterdrücken, vernichten oder kreuzigen. Doch die Wahrheit ist immer wieder vom Tod auferstanden. Manchmal sogar am dritten Tag.“
Woher er die Kraft zu dieser Haltung bezog? „Wir hatten uns im voraus auf eine mögliche Verhaftung vorbereitet,“ berichtet er. „So hatten wir die Parole ausgegeben, dass jeder ein Evangelium auswendig lernen sollte. Mit diesem inneren Schatz ist es uns auch gelungen zu überleben. Wir haben im Gefängnis sehr viel Apostolat gemacht. Dort haben wir viele Bekehrungen erlebt. Das war eine Frucht des Laienapostolates. Es war eine sehr fruchtbare Periode meines Lebens. Vielleicht sollte ich sogar sagen, dass die Zeit im Gefängnis die größte Gnade meines Lebens gewesen ist. Die Christen hatten natürlich auch Angst. Aber man konnte sie nie total isolieren. Wer gewohnt war zu beten, zu meditieren, anzubeten, konnte in der Zeit der Einzelhaft, wo die anderen durchgedreht haben, ein tiefes geistiges Leben führen. Wir nannten das die Erfahrung der ,Schwerelosigkeit’.“
Nach 13 Jahren, zwei Monaten und 18 Tagen wird Silvo Krcmery entlassen. Als er das außerhalb der Gefängnisse darniederliegende Glaubensleben im Lande wahrnimmt, kommen ihm die Tränen – und er stürzt sich, zusammen mit einigen Gleichgesinnten, erneut ins Apostolat!
Jetzt galt es, das Herz der Jugend zu gewinnen. Zuerst waren es wenige Studenten. Allmählich wuchs die Zahl der für den Glauben gewonnenen jungen Leute jedoch. Unter größter Geheimhaltung treffen sie sich wöchentlich zu Gebet, Stille, Lesen in der Heiligen Schrift, nehmen an von Geheimpriestern geleiteten Einkehrtagen und Exerzitien in den Bergen teil. Ein Netzwerk engagierter Laien besorgt und druckt geistliche Literatur. Man trifft sich zu Nachtanbetungen. Schließlich werden Wallfahrten organisiert, zu­nächst im kleinen Rahmen. Im August 1988 war die Bewegung jedoch so stark angewachsen, dass 80.000 – überwiegend junge – Menschen in Nitra zum Abschluss des Marienjahres zusammenkamen. Eine Bewegung war entstanden, die das Regime bald darauf in seinen Grundfesten erschüttern sollte.
Im Rückblick auf diese Periode des Wachstums der Untergrundkirche bewertet Miklosko das Engagement dieser zunächst wenigen Männer, wie folgt: „Vlado Jukl, Silvo Krcmery und der Geheimbischof Jan Korec haben 20 Jahre lang im Verborgenen mehrere Generationen junger, gebildeter Christen herangezogen, die später zur Basis der Freiheit in der Slowakei wurden. Diesen Drei und ihrer Arbeit im Untergrund ist in erster Linie der Erfolg zu verdanken. Durch ihre langen Haftstrafen wurden sie zu Menschen, die nichts brechen konnte und die Gott und der Kirche treu ergeben waren. Ich sah sie niemals wanken. Sie waren für uns ein Vorbild, an das wir uns angelehnt haben. Heute bin ich mir bewusst, dass keine Generation ohne ein lebendiges Vorbild, an dem sie sich orientiert, aufwachsen kann.
Sie haben uns gelehrt, wie man einen einsamen Kampf gegen eine Mehrheit führen kann! Von ihnen haben wir geduldige Arbeit mit langem Atem gelernt. In den 70-er und auch den 80-er Jahren, hat niemand auch nur daran gedacht, dass der Kommunismus einmal untergehen könnte, aber wir haben tagtäglich an dem Werk gearbeitet, von dessen Sinn wir überzeugt waren. Das Ergebnis haben wir Gott überlassen.“
Miklosko weiß, wovon er redet. Er selbst hat wesentlich an diesem Aufbruch der Untergrundkirche mitgewirkt. Er war eine der Schaltstellen des christlichen Widerstands gegen das kommunistische Regime in den 80-er Jahren.
Hören wir noch einmal, was er über diese Säulen des Widerstands gegen den Kommunismus zu sagen hat: „Das wesentliche Merkmal dieser Generation war, meiner Meinung nach, ihre Begeisterung: ihre Begeisterung für Christus, für die Kirche, für das Apostolat. Ich habe die Menschen dieser Generation immer sehr bewundert. Sie hielten zusammen, blieben über die Jahre hinweg miteinander in Kontakt, waren in einem umfassenden, intensiven Austausch untereinander. Sie liebten einander unabhängig von ihrer Herkunft. Sie fühlten sich nicht über andere erhaben und taten ihr Möglichstes, um ihr gesamtes Erbe an die nächste Generation weiterzugeben. Man kann sie als Katholiken im ursprünglichen Sinn des Wortes bezeichnen. Da gab es kein Klagen über Verfolgung, Gefangenschaft und Leiden für Christus.“
Dieses Zeugnis sollte uns ermutigen. Stehen wir nicht in einer ähnlichen Situation? Vor unseren Augen stürzt unsere Gesellschaft mit wehenden Fahnen in den Niedergang und unterdrückt mit sanfter Gewalt, was sich ihr in den Weg stellt. Zu ihrer Rettung und Erneuerung bedarf es furchtloser Zeugen für das Wirken Gottes in unseren Tagen.
CG


Verliert nicht den Mut – und den Humor!

(Vladimir Palko)
In seinem Buch Die Löwen kom­men beschreibt der Ex-Innenminister der Slowakei Vladimir Pal­ko den Werte­wandel, der sich in den letzten Jahrzehnten in Euro­pa und Nord­amerika abgespielt hat, eine tiefgreifende Revolution. Sie schlägt sich heute in Gesetzen nieder, die den Wider­stand gegen die Kultur des Todes auf unterschiedliche Weise bestrafen. Für viele ein Grund wegzusehen und stillzuhalten. Es sei höchste Zeit, den Kampf aufzunehmen, meint Palko.
 
Fürchtet Euch nicht.“  Das sind die Worte des seligen Johannes Paul II. – also fürchten wir uns nicht! Ja, jeder, der christlicher Politiker war, weiß, wie schwer es ist, dem Druck der Zeit standzuhalten. Wie es beinahe unmöglich erscheint, ein erfolgreicher Politiker zu werden und gleichzeitig den christlichen Werten treu zu bleiben. Der Kommunismus schaffte den Druck durch Terror, bewaffnete Macht und Geheimpolizei. Das heutige System kann einen ähnlich wirksamen Druck durch seine Ideologie und mediale Überlegenheit schaffen. Trotzdem muss man sich davor nicht fürchten.
Das, was die Christen aus Osteuropa in die heutigen Kämpfe einbringen, ist ihre Erfahrung. Der Kommunismus schien unbesiegbar zu sein, und dennoch fand er ein Ende. Deswegen dürfen wir uns heute nicht von dem Gefühl irreführen lassen, dass es keinen Sieg geben kann.
Auch das heutige System hat seine großen inneren Widersprüche, wie sie auch der Kommunismus hatte. Man kann nicht unendlich lang die wesentlichen Regungen, die Menschen in ihren Herzen tragen, unterdrücken. Es ist nicht möglich, das menschliche Leben wie etwas Materielles zu manipulieren. Es ist nicht möglich, sich als Gott aufzuspielen. Es ist nicht möglich, die Familie zu missachten, die bisher stets eine Basis für die Gesellschaft gewesen ist. Es ist nicht möglich, den Menschen ununterbrochen Rechte zuzusprechen und ihnen ihre Pflichten zu verschweigen und die sich daraus ergebende Unverantwortlichkeit auch noch als Freiheit zu bezeichnen.
Es ist nicht möglich, das Leid der Menschen zu beklagen und sie gleichzeitig auf einen Weg zu führen, der sie zerstört. Es geht auf Dauer nicht, die Kinder gegen ihre Eltern aufzuhetzen und die Tradition zu verachten. Es ist nicht möglich, die Existenz der Wahrheit zu leugnen, sonst wird alles irrational. Es ist auf lange Sicht nicht möglich, ununterbrochen menschliche Schwächen zu unterstützen, die zur Lähmung der Gesellschaft führen. Es ist nicht möglich, Menschen dafür zu bestrafen, dass sie nach ihrem Gewissen leben wollen.
Man kann dies lange so treiben, aber es kommt der Moment, da es nicht mehr geht.
(…) Wir stehen in einer großen kulturellen Wende, die über die Kontinente hinweg stattfindet. Man darf sich nicht mit ihr abfinden und muss sich aber auch nicht vor ihr fürchten. Man muss sie aushalten. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen. Verlieren wir nicht den Mut und den Humor! Glauben wir nicht an unsere Überlegenheit. Vergessen wir nicht, dass wir keine Heiligen sind. Wir sind gewöhnliche Menschen, die Fehler machen, die aber wissen, dass ihr Kampf nicht nur ein menschlicher Kampf ist.
Demütig und friedlich kämpfen wir unseren Kampf.


Alles ganz in Gottes Hand gelegt

Das Zeugnis der Heiligen kann die Angst vor dem Leiden nehmen (Von Urs Keusch)

Angst vor dem Leiden – wer bleibt davor verschont? Daher wird alles unternommen, es zu verhindern – fast um jeden Preis. Und dennoch: An der Hand Christi gelebt, ist es eine Chance zu reifen:

Liebe Minka! In einer Stunde gehe ich hinüber in die Herrlichkeit des lebendigen Gottes. Ich habe mich ganz und restlos und ohne jeden Vorbehalt Gott ergeben. In seiner Hand bin ich geborgen. In Seinem heiligen Herzen wird mich Christus hinüber reißen zum Vater.“ Diese leuchtenden Worte schrieb Pfarrer Alfons Maria Wachsmann an seine Schwester Minka (Maria) wenige Stunden vor seiner Hinrichtung am 21.2.1944 in Brandenburg-Görden.
Pfarrer Wachsmann wurde mit 47 Jahren von der Gestapo verhaftet, weil er den Mut hatte, den Mund  aufzumachen und seine Stimme gegen das menschenverachtende System der Nazis zu erheben.  Acht Monate war er in Haft, bis er schließlich hingerichtet wurde. Aus dieser Zeit gibt es fünf Briefe, die er an seine Schwester schreibt; sie sind auch ein Zeugnis ergreifender geschwisterlicher Liebe.
„Nehmt euch die Heiligen zum Vorbild!“, mahnt uns die Schrift in Zeiten der Bedrängnis. Es kann kaum mehr etwas darüber hinwegtäuschen, dass wir in eine ähnliche, vom Geist des Antichristen beherrschte Ära der Bedrängnis, der Unterdrückung der Wahrheit und des Terrors hinein­schlittern wie vor 70, 80 Jahren.
„Blickt auf Jesus, dann werdet ihr nicht ermatten und den Mut nicht verlieren“  (vgl. Hebr 12). Das hat Pfarrer Alfons Maria Wachsmann getan. Ich möchte anhand seiner fünf Briefe aufzeigen, was für einen gesegneten inneren Weg er in seiner Bedrängnis gegangen ist. Sein Beispiel möchte uns ermutigen, sich gerade heute an solchen leuchtenden Gestalten aus- und aufzurichten und sich nicht dunklen, wirren Ängsten zu überlassen.
Am 19. September 1943, nach drei Monaten Haft in Stettin, schreibt Pfarrer Wachsmann seiner Schwester Maria:„Gesundheitlich geht es mir gut. Seelisch bin ich oft deprimiert. Der Tag ist ausgefüllt mit heißen Bittgebeten und ‚Es geschehe Dein Wille!‘. Es wechseln Hoffnung und Ängste. Ich bin vollkommen isoliert ... Seit August keine heilige Messe, kein Sakrament, kein Priester!! Was mir den meisten Trost bringt, ist, wenn Deine große Liebe im Brief zu mir kommt. Wie lange noch?...“
Das ganze Gewicht der Gefangenschaft lastet auf seiner Seele. „Ich bin vollkommen isoliert.“ Pfarrer Wachsmann ist hin und her geworfen zwischen Hoffen und Bangen.
Im zweiten Brief, den er einen Monat später schreibt, brechen schon die ersten Lichtstrahlen durch das Dunkel:  „... In letzter Zeit bin ich viel ruhiger geworden. Ich habe mein Schicksal ganz und restlos in Gottes Hand gelegt. Zwar hatte ich das von Anfang an getan, aber erst in der Schule des Kreuzes gewann ich die Gnade, es nicht nur mit einem betenden Wort, sondern mit dem vollen Einsatz der persönlichen Existenz zu tun. Mein ganzer Tag ist Gebet ... Dann lese ich die Heilige Schrift ... Nur in der Schule des Kreuzes, erfahren im selbst durchlittenen Leid und nur in der Übung heißen Gebetes wird die Erkenntnis gewonnen, die kein Studium erschließt. Heute bin ich so weit, Gott aufrichtig und heiß zu danken für die Gnade dieser Leidenszeit, wenngleich ich bitte, dass sie abgekürzt wird...“
Was für erstaunliche Worte – und was für eine innere Läuterung und Reifung in so kurzer Zeit! Im Leiden, das Pfarrer Wachsmann erfährt und das er betend durchsteht, „in der Schule des Kreuzes“ werden ihm Gnaden und Einsichten ins Geheimnis Gottes geschenkt, die ihm kein Theologiestudium und kein Bücherwissen zu vermitteln vermochten. Er kann sogar für diese fünf Monate Haft Gott „heiß danken für die Gnade dieser Leidenszeit“.
Im dritten Brief, den er einen Tag vor dem Heiligen Abend schreibt, ist es ihm, begreiflicherweise, besonders schwer ums Herz. Doch noch mehr als in den ersten Briefen leuchtet jetzt das übernatürliche Licht aus seinen Zeilen. Alles ist ihm genommen, doch umso mehr gewinnt er an geistigen, an himmlischen Gütern. Er schreibt seiner Schwester am 23. Dezember 1943:
„…Als Gabe trage ich zur Krippe: Hunger und Kälte, Einsamkeit und Verlassenheit. Mein einziger Schmuck sind die beiden blanken Fesseln. So will ich mein Leben, das [als Priester] im Dienste des Weihnachtskönigs stand, Ihm geben, der mich mit Seinem kostbaren Blut erlöst hat. Mit reichen Tränen der Reue will ich abwaschen, was Schuld und Sünde in mir geworden ist. In solcher Gesinnung pilgere ich zur Krippe ... Keine Kerze wird leuchten, keine Tanne duften; nicht einmal die heilige Messe ist mir vergönnt. Aber das Jesuskind in der Eucharistie wird als herrliche Weihnachtswirklichkeit mich mit dem ewigen Licht durchleuchten, mit der Wärme erbarmender Liebe erfüllen ... Viel werde ich Rosenkranz beten und in der Heiligen Schrift lesen.“
Wir spüren es aus diesen wenigen Zeilen, wie dieser Priester im Feuer der Schmerzen und Leiden zu immer größerer Reinheit des Herzens geführt worden ist. Das göttliche Licht hat ihn ergriffen, „Tränen der Reue“ haben sein Leben reingewaschen, es zieht ihn hinüber in die bessere Welt.
Im vierten Brief, der einen Monat später bei seiner Schwester eintrifft, schreibt er: „Das Neue Testament lese ich griechisch und mit viele Freude… Wie oft habe ich diese großen heiligen Texte gelesen und meditiert! Und doch, welch ewiges Leuchten, welch göttlicher Glanz blitzt auf, wenn ich sie lese als einer, der am Rande der Welt steht und in der Sterbekerze Christus, das Licht der Welt, erkennt. Jetzt ist mein ganzer Tag Gebet. Ob ich lese oder sinne, ob ich meine Sünden beweine oder für die Barmherzigkeit danke, immer stehe ich vor Gott. Wenn meine Stunde kommt, hoffe ich, dass Christus mich hinüber reißt zum Vater...“
Eindrücklich wird uns hier vor Augen geführt, welche Gnade das Leiden, die Bedrängnis für uns Christen sein kann, wenn wir sie betend und im Blick auf Jesus Christus annehmen, auch heute. In den sieben Monaten seiner Haft und seines Leidens ist dieser Priester zur Heiligkeit emporgezogen worden. „Glanz blitzt auf“ – es ist die Nähe des herrlichen Christus, den Pfarrer Wachsmann erfahren darf. Was viele Jahre, ja, Jahrzehnte des Friedens und des in gewohnten Bahnen verlaufenden Lebens nicht zu bewirken vermögen, das erreichen sieben Monate des Leidens, Betens und der Begegnung mit dem Worte Gottes.
Der fünfte und letzte Brief an seine Schwester schreibt Pfarrer Wachsmann  am Tag seiner Hinrichtung, am 21.2.1944:
„Liebe Minka! Ich sterbe um drei Uhr. Nun ist die Stunde gekommen, die Gott in ewiger Liebe für mich bestimmt hat ... In einer Stunde gehe ich hinüber in die Herrlichkeit des lebendigen Gottes. Ich habe mich ganz und restlos und ohne jeden Vorbehalt Gott ergeben. In Seiner Hand bin ich geborgen. In Seinem heiligen Herzen wird mich Christus hinüber reißen zum Vater. Maria wird mich beschützen und St. Josef mich begleiten. Nun muss ich Abschied nehmen von Dir. Hab herzlichen Dank für alles, alles was Du im Leben mir Gutes getan hast. Sei gesegnet für die Liebe, die Du mir geschenkt, für die Nachsicht und Geduld, die Du mit mir gehabt hast ... Gott wird für Dich  sorgen. Sei nicht mutlos. Vertrau auf Gott. Er hat mich nicht verlassen. Die acht Monate meiner Vorbereitung auf die Ewigkeit waren schwer, aber doch sehr schön. Nun muss ich durch die enge Pforte der Guillotine heimgehen.“
So sterben die im Leiden und im Gebet geläuterten Christen: die Märtyrer seit den Anfängen des Christentums bis heute. So werden sie morgen sterben. Heilige Vorbilder für uns, die uns bewusst machen, dass Leiden, die uns treffen (uns, die Kirche, ganze Völker, die Welt), dass Verfolgungen, Bedrängnisse aller Art letztlich aus Gottes Heil schaffender Hand kommen.  
Sie wollen uns bewusst machen, dass es „nicht Strafen sind, die uns vernichten, sondern erziehen wollen“ (vgl. 2 Makk 6,12). Göttliche Interventionen, die uns herausreißen aus der erstickenden Welt des Kleinlichen, des Egoismus, der religiös drapierten Bürgerlichkeit, der Bequemlichkeit, des Unglaubens, der Sinnlichkeit, des Geldes,  der Sorgen und uns emporziehen wollen in die Herrlichkeit, zu der der Barmherzige Vater Pfarrer Wachsmann emporgezogen hat.
Dieser Priester zeigt uns auch, dass der Schemel drei Beine hat, auf den wir uns stellen sollen und von dem aus wir über die Mauern der Angst hinwegsehen können: Es ist das Gebet, die Schriftlesung und der Heiland in der Eucharistie (nicht: noch mehr News, noch mehr Internet, noch mehr Aktivität!). Und ein Licht leuchtet immer an dunklem Ort: „Seid gewiss, Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

Der Autor ist em. Pfarrer


Keine Angst vor dem Tod

Nach Ihrem Krebsleiden, haben Sie jetzt als 82-Jähriger Angst vor dem Tod?
P. Daniel Ange: Mit der Gnade Gottes versuche ich, wirklich jeden Tag bereit zu sein. Täglich bete ich beim Aufstehen: „Willst Du mich heimrufen, so nimm mich!“ Man kann ja so leicht sterben: ein Autounfall, ein Schlaganfall, Krebs… Dank dieser Erfahrung habe ich gelernt, die Angst aller Kranken besser zu verstehen. Aber ich durfte auch den Frieden erfahren, der es ermöglicht, die Prüfung zu bestehen: den Frieden der Hingabe. Und abends bete ich: „Herr, solltest Du mich heute Nacht holen – sei willkommen. Vergebung und Dank. Bis bald.“ Keine Frage, ich würde lieber als Zeuge für Jesus sterben als bei einem Autounfall…

Man hat den Eindruck, dass die Sehnsucht nach dem Himmel bei uns in Frankreich abnimmt…
P. Daniel Ange: Dass der Himmel in Vergessenheit gerät oder abgelehnt wird – also das, was nach dem Tod kommt –, ist der wahre Grund für die Hoffnungslosigkeit der heutigen Welt. Wenn der Tod nichts als der Tod ist, dann erschieß ich mich eben… Was ausharren lässt, ist das Wissen, dass all der Horror vorübergeht; in meinem Leben gibt es keine einzige immerwährende Prüfung. Früher oder später ist da der Himmel, in dem es weder Leiden noch das geringste Übel gibt; es ist der vollkommene Sieg der Liebe über den Hass, des Lebens über den Tod. Vor uns liegt eine sagenhafte Zukunft! Ist der Tod jedoch eine Betonwand, die diesen Horizont verdeckt, zerschellst du früher oder später an ihr. Es ist, als ginge man durch eine große Stadt und schaute nur auf seine Füße, auf den Asphalt, ohne den Himmel voller Sternen zu sehen.

P. Daniel Ange ist Gründer der Evangelisationsschule Jeunesse Lumière. Interview mit Luc Adrian & Samuel Pruvot in Famille Chrétienne v. 21.10.14


Kein Fluch, sondern eine große Gnade

(P. James Manjackal) P. James Manjackal, ein leidenschaftlicher Missionar, erkrankte nach einer Mis­sionsreise im islamischen Raum 2012 schwer: um sich greifende Lähmung, künstliches Koma, vier Monate am Beatmungsgerät, neun Mo­na­te in Spitälern, weiterhin im Rollstuhl. P. James weiß, wovon er redet, wenn er über den Sinn des Leidens spricht.

Leiden ist ein Geschenk Gottes! Wir dürfen niemals denken, dass Leiden ein Fluch ist, sondern eine große Gnade. Heutzutage wollen Menschen nicht leiden, weil sie ihren Glauben verloren haben. Nur jemand, der an den gekreuzigten Herrn Jesus glaubt, kann den Sinn des Leidens verstehen. Wir müssen uns freuen, nicht nur wenn etwas Gutes in unserem Leben passiert, sondern auch wenn schlimme Dinge auf uns hereinbrechen. Der heilige Paulus, der viel Leiden um Christi willen auf sich genommen hat, sagt uns: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freuet euch!“ (Phil 4,4) Diese Worte geben mir viel Kraft in meinen Leiden.
Jesus ist der Weg. Jesus wählte den Weg zum Kreuz; wir müssen ihm folgen. Christus betete; auch wir müssen beten. Christus verkündete; auch wir müssen verkünden. Er hat gute Werke vollbracht; auch wir müssen gute Werke vollbringen. Jesus war heilig; auch wir müssen nach Heiligkeit streben. Jesus hat gelitten; auch wir müssen, wie Er, leiden. Viele Menschen lieben Christus als mächtigen und glorreichen Herrn, aber nur wenige lieben Ihn als den Gekreuzigten. Viele sind fasziniert von seinen Wunderheilungen und Segnungen, aber nur wenige fühlen sich durch das Leiden Christi angezogen. Es gibt jedoch keine Krone ohne Dornen.
Die Christen sollten das Kreuz lieben. Jesus sagt: „Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir.“ Wenn wir unser Kreuz mit dem Kreuz Christi aufnehmen, dann wird unseres leicht. In all unseren Leiden ist Jesus mit uns und sagt: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“ (2. Kor 12,9)
Daher darfst du nie allein leiden, sondern leide mit Christus. Wenn wir leiden müssen, dann müssen wir die Wunden Jesu betrachten, und spüren, wie Kraft aus seinen Wunden kommt.
Viele Heilige litten in Vereinigung mit den Leiden Christi, wie Pater Pio, Marthe Robin … Und natürlich über allen die selige Jungfrau Maria, unsere Mutter, ist ein großes Beispiel (…) Darum, wenn du leidest, bete zu unserer Mutter Maria um mehr Mut. Während meiner Krankheit, fühlte ich immer die Präsenz und die mütterliche Zuneigung unserer heiligen Mutter Maria; ich habe mich oft wie ein Kind auf ihrem Schoß sitzend gefunden …
Auszug aus einem Interview mit Gisèle Bomal in Chrétiens Magazine

Furchtlosigkeit: ein Geschenk Gottes

Was Christen im Westen lernen müssen (Christof Gaspari) Gestern ging die Meldung durch alle Medien: Bei einem Anschlag auf das Satire-Magazin Charlie Hebdo kamen zwölf, bei einem Attentat im Jemen mehr als 30 und bei einem Massaker von Bo­ko Haram in Nigeria 2.000 (!) Menschen ums Leben. Klingt nicht auf diesem Hintergrund der Appell „Fürchtet euch nicht!“ geradezu wie ein Hohn?

Diese Frage wird noch brennender, wenn man die vielen anderen ernstzunehmenden Gründe, sich zu ängstigen, ins Auge fasst. Eine Liste solcher besorgniserregender Fakten habe ich in der Einleitung (S. 4) genannt.Ich erspare Ihnen, liebe Leser, hier eine breite Schilderung der Morbidität unserer Gesellschaft und der aus ihr hervorgehenden Gefährdungen. Jedenfalls bereitet sie laut jüngster IMAS-Umfragen den Österreichern Sorge: Jeder zweite befürchtet, die Zukunft werde düsterer.
Eine Meldung von heute gibt jedoch Anlass zu weiteren Überlegungen: In Deutschland gestand ein Krankenpfleger, 30 Menschen umgebracht zu haben. Bei 60 weiteren sei es bei einem Versuch geblieben. Diese Nachricht bringt uns vielleicht auf die Fährte der tieferen Wurzeln der heutigen Gefährdungen.
30 Patienten umbringen! Das kann doch nur einem Wahnsinnigen einfallen. Das macht doch kein normaler Mensch! Stimmt. Und Gott sei Dank ist dieser Mann wohl eine Ausnahme im Gesundheitswesen.
Können wir also wenigsten die Sorge, im Fall der Behandlung in einer Intensivstation ein ähnliches Los befürchten zu müssen, beiseite schieben? Ja – und dennoch möchte ich diese Meldung verwenden, um einen Gedanken weiterzuspinnen.
Den Fall des Krankenpflegers deuten wir, wie gesagt, als die Geschichte eines Menschen, der von allen guten Geistern verlassen ist. Aber hat dieser eine Mann nicht genau das getan, was auf gesellschaftlicher Ebene derzeit durchaus salonfähig wird? Das Projekt läuft unter verschiedenen Bezeichnungen: Sterbehilfe, Bei­hilfe zum Suizid, Euthanasie (schöner Tod)… In einigen Ländern ist das schon legal: in Holland, Belgien, Luxemburg, der Schweiz, im US-Staat Oregon (dort heißt es „death with dignity“ – würdevoller Tod)…
Keine Angst, ich schweife nicht ab, sondern bleibe beim Thema „Fürchtet euch nicht!“, versuche aber, an diesem Beispiel aufzuzeigen, worauf es bei diesem Appell wirklich ankommt: Wenn ein einzelner serienweise alte, hilflose Menschen umbringt, sind wir heute noch imstande zu sagen, er sei von allen guten Geistern verlassen. Ganz anders aber, wenn es um das Geschehen auf der Ebene der Gesellschaft geht. Da wird genau dasselbe Verhalten als human, der Würde des Menschen entsprechend verkauft. Nur eine von allen guten Geistern verlassene Gesellschaft kann so schizophren und unfähig sein, eins und eins zusammenzuzählen.
Nun lässt sich einwenden: Ja, bei der Sterbehilfe wird Menschen ein Dienst erwiesen, um den sie bitten. Von wegen! Einschlägige Untersuchungen in Holland zeigen, wie hoch der Anteil der nicht erbetenen Euthanasie-Fälle ist. Und aus den jahrzehntelangen Erfahrungen mit der Abtreibung wissen wir alle, wie häufig Frauen von Dienstgebern, Eltern, Freunden oder dem Kindesvater bedrängt werden abzutreiben. Von Freiwilligkeit keine Spur. Vielmehr wird deutlich: Die vom Menschen gemachten Spielregeln wenden sich gegen den Menschen selbst.
Und damit sind wir beim Kern der sich rundum auftürmenden, furchterregenden Gefahren:   bei der vorherrschenden Gottlosigkeit, beim Verlassensein von allen guten Geistern. Unsere Situation erinnert an jene, die im Psalm 81 angesprochen wird: „Doch mein  Volk hat nicht auf meine Stimme gehört; Israel hat mich nicht gewollt. Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen, und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.“ (Ps 81, 12f) Genau das geschieht seit mindestens einem halben Jahrhundert und hat eine Gesellschaft produziert, deren bedrohliche Fehlentwicklung uns ängstigt.
Wie geht man mit einer solchen Situation um, in der sich die Staaten anschicken eine gottlose Gesellschaftsordnung einzuzementieren mit menschenverachtenden Gesetzen, die das Leben bedrohen, die Familie zerstören, die Jugend sexualisieren? Hören wir noch einmal auf Psalm 81, was Gott dem Volk Israel nahelegt: „Ach dass doch mein Volk auf mich hörte, dass Israel gehen wollte auf meinen Wegen! Wie bald würde ich seine Feinde beugen, meine Hand gegen seine Bedränger wenden..“ (Ps 81,14,f)
Hand aufs Herz: Glauben wir das? Trauen wir Gott zu, den verfahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen? Können wir uns vorstellen, dass Er gerade uns als Werkzeuge einer solchen Erneuerung erwählt hat? Das Leisetreten der europäischen Christenheit mitten in einem Verfallsprozess ohnegleichen, die weit verbreitete Ängstlichkeit, gegen den Zeitgeist aufzutreten, deuten darauf hin, dass wir selbst die Hinwendung zu Jesus Christus nicht oder nicht ausreichend vollzogen haben.
Lassen wir uns doch diese Ängste nehmen! „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben,“ lesen wir im Lukasevangelium (Lk 12,32). Dieses Vertrauen auf den Beistand Gottes gilt es zu stärken. Es muss unser Leben prägen, wir sollten es an unsere Kinder weitergeben, unsere Mitmenschen sollten es an uns erfahren können: Gott allein genügt, wie die hl. Teresa von Avila gesagt hat, und Jesus Christus „ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.“ (Mt28,18)
Das ist ja das Wunderbare an unserem Glauben, das Befreiende: dass wir nicht allein auf unsere eigene Klugheit, Tüchtigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, usw. angewiesen sind sondern dass jene, die ihr Leben in Gottes Hand gelegt haben, mit dem Wirken des Heiligen Geistes rechnen können. Welche Last der Verantwortung wird da von unseren Schultern genommen! Wie viel ängstliches Sorgen kann da von uns abfallen!
Also machen wir uns auf! Fürchten wir uns nicht, vertrauen wir auf die Worte des Paulus, der sagen kann: „Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt…“ (Röm 8,28) Und er wusste, wovon er spricht.

Ermutigung als Heilmittel

Angst vor dem Versagen nehmen (Von Alexa Gaspari) Wie oft im Leben unterlassen wir es, obwohl es leicht wäre, anderen Menschen ihre Ängste zu nehmen, ihre Sorgen zu zerstreuen, sie zu ermutigen…?

Das gilt besonders für uns Eltern, weil wir den Kindern nicht oft genug zeigen, dass wir sie lieben, so wie sie sind mit ihren Eigenschaften, ihrem Aussehen, ihren Fähigkeiten oder Fehlern. Ihre Angst, unseren Erwartungen, was die Schule, den Sport, die Erfolge beim Studium oder das beginnende Berufsleben, betrifft, nicht zu entsprechen, ist oft berechtigt.  Wir nehmen vielfach  ihre Bedürfnisse nicht ernst, weil wir fixe Vorstellungen haben. Vor allem bei den kleineren Kindern erzeugt das Angst.
Und dabei: Wie gut tun ihnen Lob und Ermutigung der Eltern! Sie brauchen es, dass man sie aufbaut, ihnen sagt, man sei stolz auf sie, wenn sie sich bemüht haben – auch wenn das Resultat nicht so großartig ist. Das kann Kindern die Angst vor der Schule, das morgendliche Bauch- oder Kopfweh nehmen. Dann werden  sie besser, weil entspannter, zeigen können, was in ihnen tatsächlich steckt. Für Lehrer, Professoren, Vorgesetzte gilt das Gleiche, denn sie haben Verantwortung für die ihnen Anvertrauten. Sie sollten sie ermutigen, in ihren Fähigkeiten fördern und so die weit verbreitete Angst vor dem Versagen minimieren.
Ob in der Familie, unter Freunden, Nachbarn oder Kollegen, es gibt so viele Möglichkeiten, dem anderen zu helfen, seine Angst zu überwinden oder zu zerstreuen:  der Nachbarin vor dem Alleinsein durch Besuche, dem Schulfreund bei der Vorbereitung auf eine Schularbeit, dem Kranken durch Zuspruch und Beistand.
Und noch ein Beispiel:  Wie oft brauchen von Zukunfstängsten geplagte, alleinstehende schwangere Frauen dringend Ermutigung, ihr Baby zu bekommen! Wer ihnen da Hoffnung macht und sie – zumindest eine Zeitlang – auf ihrem Weg begleitet, kann damit einem einzigartigen, von Gott geliebten Menschenkind das Leben retten und der Mutter ihr Seelenheil bewahren.
Unsere Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass unsere Mitmenschen weniger unter Ängsten leiden, sind also sehr groß und werden mit großer Freude belohnt.


Im Gespräch bleiben

Über die oft schwierigen Eltern-Kind-Debatten (Defendente Génolini) Ist unser Reden, so wahr es auch sein mag, für unsere Kinder nicht oft unverständlich? Innerhalb von nur einer Generation – leider bearbeitet von den verrückten Ideen des sogenannten Mai 1968 – haben sich die Gedankengänge total verändert.

Sei es durch Schulbücher oder durch die Wertvorstellungen ideologisierter Professoren, sei es durch die in Zeitungsartikeln, im Fernsehen, vor allem aber im Internet vermittelten Botschaften – diese Dauerberieselung hat das noch anfällige, manchmal noch unberührte Verständnis der Menschen geprägt und ihm eine unreflektierte Denkweise ohne Alternative aufgedrängt. Wenn wir dann, oft erst als Zweite mit anderen Vorstellungen daherkommen, begreifen unsere Kinder oft nicht einmal, wovon wir reden.
Dann geht es darum, jeden Knoten ihres Vorverständnisses einzeln zu lösen, bevor wir eine der Wahrheiten äußern, die ihnen sonst aufgrund dessen, was sie üblicherweise hören, unfass­bar erscheinen müssen.
Ist unser Reden nicht oft unverständlich für unsere Kinder? Die Worte haben ihren Sinn verändert. Sie sind oft so verfälscht, dass derselbe Satz gestern als etwas Sinnvolles geäußert, heute Unsinn bedeutet, ja einfach auf Unverständnis stößt.
Was uns selbstverständlich erscheint, ist es nicht unbedingt für die nächste Generation. Oft fehlen ihr die intellektuellen Voraussetzungen (die ihnen niemand vermittelt hat), um neue Gedankengänge nachvollziehen zu können. Die Unmittelbarkeit der Information, die Selbstverständlichkeit, mit der Journalisten und manche Lehrer ihre Sichtweise äußern, das fortwährende Zappen, das dazu führt, dass man sich kaum länger bei einem Thema aufhält: All das bereitet den Geist nicht darauf vor, sich in wichtige Fragen zu vertiefen. Und so erwecken wir Eltern den Eindruck, Hinterwäldler zu sein, wenn wir vergeblich versuchen, uns ohne Dolmetsch und Wörterbuch verständlich zu machen.
Bereitet es uns daher nicht Unbehagen, etwas zu sagen? Sicher! Das darf uns aber nicht aus der Ruhe bringen und entmutigen. Ja, Debatten können unbehaglich werden – übrigens eher für uns als für unsere Kinder.
Und dennoch: Wir sollten nie daran zweifeln, dass ein „wahres, rechtes und liebevolles“ Wort das einzig angemessene ist – selbst wenn es zunächst mit Ärger quittiert wird. Was uns als beängstigender Monolog erscheinen mag, kann – mit der Gnade und durch Wiederholung – das Herz berühren. Es genügt, dass wir das von Gegenströmungen hin und her geworfene Boot nicht verlassen.
Aus: Famille Chrétienne
v. 20.-26.8.11




 

Weiterführende Themen: 

Familie unter Beschuss  Fürchtet euch nicht  / Kinder sind ein Segen

 

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