Vorweg: Falls eine
Meldung kommt, es wird versucht ein Lied abzuspielen, also keine Bange, ein Lied
zum Vater (Text am Ende der Seite).
Es ist wohl das Paradebeispiel für die Liebe des Vaters zum Sohn, der Liebe
Gottes für all Seine Kinder! Es war eigentlich dieses Gleichnis bei dessen Lesen
mir vor Jahren bewußt wurde: ICH bin der verlorene Sohn! Wie ein Blitz kam diese
Erkenntnis und dann fühlte ich mich in einer Art und Weise in Gott geborgen das
zu beschreiben ich nicht fähig bin. Diese übergroße Barmherzigkeit Gottes sollte
wirklich tief in uns eindringen denn oft haben wir - bedingt auch durch unsere
Vergangenenheit, unser Verhältnis zum irdischen Vater - das falsche Vaterbild,
das falsche Verhältnis zu Gott der uns dann immer fern bleibt, was sehr schade
ist...
Und siehe da, im Familienseminar im Juli 2014 war das Thema was? DIE LIEBE DES
VATERS! Und ich besann mich wieder mehr auf Ihn und es war wie Seine Einladung,
in Seinem Haus zu wohnen, was im Gleichnis weder der jüngere noch der ältere
taten, denn Sie verstanden beide den Vater nicht...
Das ganze stammt aus kirchenseite.de. Ich werde später meine Auslegung (was
mich ansprach), meine Erfahrung und eine gute Predigt eines Pfarrers auf einer
2. Seite bringen, denn dieses Gleichnis ist zu wichtig und wird oft viel zu
schnell überflogen...
INHALT
Im 15. Kapitel seines Evangeliums
bietet Lukas seinen Lesern in den Versen 11-32 ein Gleichnis von ausgesuchter
Schönheit: das gilt sowohl für die stilistische und sprachlich-äthetische
Prägnanz des Textes als auch für die besondere Tiefe und Eindringlichkeit seiner
Thematik. Nicht umsonst zählt das Gleichnis zu den bekanntesten Bibeltexten
überhaupt.
Es handelt sich dabei um eine Parabel,
die auf ihrer Bildebene ein Familiendrama in bäuerlichem Umfeld beschreibt. Es
ist in ihr die Rede von einem jüngeren Sohn, der seinen frisch ausgezahlten
Anteil am Familienerbe in einem fremden Land in einem leichtsinnigen
Lebenswandel durchbringt, einen äußersten existentiellen Tiefpunkt erreicht und
nach einer fundamentalen Lebenswende in das Haus des Vater zurückkehrt. Auch
wird in ihr von einem zweiten, einem älteren Sohn gesprochen, der ganz anders
als sein Bruder die väterlichen Erwartungen vordergründig nie enttäuscht hat und
nun durch die ehrenhafte Wiederaufnahme des jüngeren Bruders in das Vaterhaus in
eine schwerwiegende Krise gestürzt wird. Und es ist in ihr die Rede von einem
Vater, der sich in außerordentlicher Liebe und großem Erbarmen beiden Söhnen -
in je ihrer Notlage - zuwendet.
Das Gleichnis kann nicht auf eine
einzige Formel gebracht, nicht auf eine einzige Pointe eingegrenzt werden. Dazu
ist es - trotz seiner scheinbar einfachen Erzählweise und schlichten bildlichen
Form - zu vielschichtig und zu facettenreich. Die christliche Tradition und die
exegetische Auslegung haben daher - je nach Perpektive und spezifischem
Interesse - der Parabel unterschiedliche Namen und Titel gegeben.
Spricht man - mit einem Hauptstrang der
christlichen Deutungsgeschichte - den Text als "Gleichnis vom verlorenen Sohn"
an, so fokussiert sich das Interesse auf die Lebensgeschichte des ausziehenden
Sohnes, seinen Weg durch sündhafte Verfehlung und dramatischen Abstieg hin zu
Buße und Umkehr: und auf das Ereignis der grundlegenden, neues Leben eröffnenden
barmherzigen Vergebung durch den Vater.
Bezeichnet man den Text als "Gleichnis
von den beiden Brüdern" oder als "Parabel vom verlorenen Sohn und seinem Bruder"
so richtet sich der Blick auf den doppelten szenischen Aufbau und die zweifache
Spitze des Gleichnisses: erscheint in dieser Betrachtungsweise der jüngere Sohn
als Idealtyp des reumütigen Sünders, der sein ganzes Schicksal auf die Hoffnung
der Barmherzigkeit des Vater setzt, so verkörpert andersherum der ältere Sohn
den Grundtyp des stets Gehorsamen und über das barmherzige Handeln des Vaters
empörten (Selbst-)Gerechten, um dessen Einwilligung in die Barmherzigkeit des
Vaters geworben wird.
Nennt man den Text aber "Gleichnis vom
guten Vater" oder "Parabel von der Liebe des Vater", so lenkt man die
Aufmerksamkeit ganz auf die Figur des väterlichen Familienoberhaupts, man
richtet den Blick auf dessen lebenschaffende Liebe, auf sein Erbarmen, sein
grundlegendes Mitleid und seine überwältigende Güte. Vor allem diese letzte
Sehweise macht es verständlich, daß die Parabel in der exegetischen Literatur
immer wieder als Kern der frohen Botschaft Jesu, als "Evangelium im Evangelium"
angesprochen wird.
Indem nämlich Jesus selbst dieses
Gleichnis vom guten Vater, von dessen Mitleid, Barmherzigkeit und Liebe spricht,
wird es auf Gott hin transparent. Genauer: es wird durchsichtig für sein
übergroßes Mitleid, seine überwältigende Barmherzigkeit und seine lebenspendende
Liebe. Es wird zu einer Geschichte über die liebende Güte Gottes.
2. Der
Bibeltext (Lk 15,11-32)
(11) Darauf sprach Jesus: Ein Mann
hatte zwei Söhne. (12) Und der jüngere von ihnen sagte zum Vater: Vater, gib mir
den Teil des Vermögens, der mir zusteht. Der aber teilte unter sie das Vermögen.
(13) Und nach wenigen Tagen, nachdem er
alles zusammengepackt hatte, zog der jüngere Sohn fort in ein fernes Land und
verschleuderte dort sein Vermögen, indem er heillos drauflos lebte. (14) Als er
aber alles aufgebraucht hatte, kam eine gewaltige Hungersnot über jenes Land,
und er begann Mangel zu leiden. (15) Und er ging hin und hängte sich einem der
Bürger jenes Landes an, und der schickte ihn auf seine Felder, um Schweine zu
hüten. (16) Und er begehrte, sich zu sättigen von den Schoten, die die Schweine
fraßen, doch niemand gab ihm davon.
(17) Da ging er in sich und sagte:
Wieviele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluß, ich aber gehe hier
durch Hunger zugrunde. (18) Ich will mich aufmachen, zu meinem Vater gehen und
ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; (19) ich bin
nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Behandle mich wie einen deiner
Tagelöhner. (20) Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater.
Als er aber noch weit entfernt war, sah
ihn sein Vater und empfand Erbarmen; und er lief hin, fiel ihm um den Hals und
küßte ihn. (21) Der Sohn aber sagte zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den
Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. (22)
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Schnell, bringt das beste Gewand heraus
und zieht es ihm an und gebt einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße.
(23) Und bringt das Mastkalb herbei, schlachtet es und wir wollen essen und
fröhlich sein. (24) Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig
geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein
Fest zu feiern.
(25) Sein älterer Sohn aber war auf dem
Feld. Und als er kam und sich dem Haus näherte, hörte er Musik und Reigen; (26)
und er rief einen der Knechte herbei und erkundigte sich, was das bedeute. (27)
Der aber sagte zu ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das Mastkalb
geschlachtet, weil er ihn gesund wiedererhalten hat.
(28) Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus
und bat ihn. (29) Er aber antwortete und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele
Jahre diene ich dir, und niemals habe ich dein Gebot übertreten, und mir hast du
niemals ein Ziegenböcklein gegeben, damit ich mit meinen Freunden fröhlich sei.
(30) Als aber dieser da, dein Sohn, der dein Vermögen mit Huren durchgebracht
hat, kam, hast du ihm das Mastkalb geschlachtet. (31) Er aber sagte zu ihm:
Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist dein. (32) Jetzt aber
mußte man fröhlich sein und sich freuen, denn dieser dein Bruder war tot und ist
wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden.
3. Der
lukanische Kontext der Parabel
Die Parabel von der Liebe des Vaters
(Lk 15,11-32) steht im Lukasevangelium im Rahmen eines Zusammenhangs, in dem der
Evangelist eine ebenso kompakte wie tiefgründige Theologie liefert. Die
Geschichte über die Güte des Vaters bildet dabei den Höhepunkt einer
dreistufigen Rede Jesu (Lk 15,3-32), die in Gleichnissen die Freude Gottes über
die Umkehr des Menschen zu ihm in den Mittelpunkt stellt. Das gemeinsame Thema
der Sünderliebe Gottes prägt sich in den drei Gleichnissen vom verlorenen Schaf
(Lk 15,4-7), von der verlorenen Drachme (Lk 15,8-10) und vom verlorenen Sohn (Lk
15,11-32) in einer Reihe von wiederkehrenden Kernmotiven aus: immer geht es um
das Verlorengehen, das Wiederfinden und die Aufforderung zur Mitfreude darüber.
Am Schluß der beiden vorausgehenden
Gleichnisse wird jeweils in besonderer Weise die himmlische Freude über die Buße
und Umkehr eines Sünders hervorgehoben (Lk 15,7.10); in den Gleichnissen selbst
(Lk 15,4-6.8-9) sind vor allem die große Mühe des ausdauernden Suchens und die
übergroße Freude des Wiederfindens des Verlorenen betont. Mit diesen
Akzentsetzungen ist der inhaltlich-theologische Boden für die Parabel vom
barmherzigen Vater bereitet. Sie bildet sowohl den quantitativen Schwerpunkt als
auch die theologische Klimax der in Lk 15 gebotenen Rede Jesu über die göttliche
Barmherzigkeit und Güte.
Für das Verständnis der dreigliedrigen
Gleichnisrede Jesu ist ihre spezifische Einbettung von besonderer Bedeutung
(vgl. Lk 15,1-2): Nach Lukas ist der inhaltliche Anlaß der Rede Jesu die
Beschwerde von "Pharisäern und Schriftgelehrten" über seine Zuwendung zu
"Zöllnern und Sündern". Daß Jesus sich der Sünder annimmt, ja sogar
Mahlgemeinschaft mit ihnen hält, übersteigt sowohl Toleranz als auch Verständnis
der Pharisäer und Schriftgelehrten bei weitem (Lk 15,2). Die Letzteren werden
daher zu den Adressaten der langen gleichnishaften Rede (Lk 15,3-32), in der
Jesus zum einen seine Hinwendung zu den Sündern verteidigt, indem er seinen
Zuhörern anschaulich ein ganz bestimmtes - von Liebe, Güte und Mitleid geprägtes
- Gottesbild vor Augen stellt, und zum anderen zugleich darum wirbt, in eben
dieses Gottesbild einzustimmen.
Aus der Lukasperspektive besteht kein
Zweifel daran, daß der jüngere Sohn der Parabel das Korrelat zu den in der
Rahmenhandlung genannten "Zöllnern und Sündern" (Lk 15,1-2) bildet, während die
"Pharisäer und Schriftgelehrten" (Lk 15,1) sich in der Position des älteren
Sohnes erkennen sollen. Der offene Schluß des Gleichnisses richtet sich daher
auf der Erzählebene als Appell an diese in Lk 15,1 genannte Gruppe, auf der
Rezipientenebene des Evangeliums richtet er sich darüber hinaus an alle Leser
der Lukasschrift. Es handelt sich um einen Aufruf zum Einstimmen in die
Barmherzigkeit und Liebe Gottes.
4.
Hinweise zum Verständnis der Parabel
Das Gleichnis vom guten Vater ist
äußerst anschaulich und ansprechend erzählt; dem Leser wird ein regelrecht
szenischer Ablauf vorgeführt, aus dem sich die Gliederung der Parabel ergibt.
Nach einer knapp gehaltenen Disposition
(V. 11b-12) wendet sich der erste Teil der Erzählung dem Wandel und Schicksal
des jüngeren Sohnes in der Fremde zu (V. 13-20). Während die Verse 13-16 den
immer weitergehenden Abstieg des jungen Mannes schildern, bringt V. 17 eine
deutliche Wende: nach einer existentiellen Selbstbesinnung folgen Reue,
Schuldbekenntnis und Umkehr, welche den Sohn auf den Weg der Rückkehr zum Vater
führen (V. 17-20a).
Der zweite Teil der Geschichte (V.
20b-24) berichtet von der Aufnahme des zurückkehrenden Sohnes durch den Vater:
Erbarmen, Mitleid und Güte des Vaters übersteigen alles, was sich der
Heimkommende erwarten konnte.
Der dritte Teil der Erzählung (V.
25-32) schildert die Reaktion des älteren Sohnes auf das Geschehene. Er ist vor
allem von der Interaktion zwischen dem Vater und dem daheimgebliebenen Sohn
bestimmt: auf den Zorn des Sohnes reagiert der Vater mit gutem Zureden und
geduldigem Werben. Wie der erste Teil der Erzählung so weist auch der Schlußteil
einen deutlichen Unterbruch auf: Die Verse 25-27 berichten davon, wie der von
der Feldarbeit kommende ältere Sohn von der Rückkehr und Aufnahme seines Bruders
erfährt; die Verse 28-32 widmen sich ganz der Kontroverse zwischen dem Vater und
seinem verständnislosen und empörten Sohn. Der Ausgang der Geschichte bleibt
offen: Wird sich der ältere Sohn dem Freudenfest des Vater hinzugesellen?
Bei aller Klarheit des im Gleichnis
Geschilderten bedingen zeitlicher, geographischer und sozio-kultureller Abstand
zur Erzählwelt der Parabel beim heutigen Leser (oder Hörer) zum Teil nicht
unerhebliche Verstehenshindernisse. Blicken wir daher noch einmal detaillierter
auf den Gang der Erzählung:
Die Einleitung des Gleichnisses (V.
11b-12) ist knapp und präzise. Schon im Eingang der Parabel ist mit der
Nachricht, daß ein Mann zwei Söhne hatte, ein deutliches Erzählsignal gesetzt:
der antike Hörer erwartet, daß sich in dieser Konstellation eine
entgegengesetzte Entwicklung abzeichnen wird: Der eine Sohn so, der andere so.
In dem vom jüngeren Sohn vorgetragenen Verlangen nach Auszahlung seines Erbteils
(V.12) liegt selbst noch keine Verfehlung. Im Vorgang der sog. "Abschichtung"
konnte damals ein nachgeborener Sohn - unter Aufgabe aller weiteren Ansprüche -
schon vor dem Tod des Familienoberhauptes sein Vermögensanteil erhalten. Der
Vater erfüllt anstandslos diesen Wunsch seines Sohnes: er scheint dessen
Freiheitsdrang nichts entgegensetzen zu wollen.
Die schuldhafte Verfehlung des jüngeren
Sohnes ergibt sich aus dem im ersten Hauptteil (V. 13-20) Geschilderten: in
einem liederlichen – dem Wortsinne nach "heillosen" – Lebenswandel verschleudert
er das Gut, daß ihm sein Vater zum Leben überlassen hatte (V. 13). Der
ausbrechenden Hungersnot ist der nun Mittellose in der Fremde schutzlos
ausgeliefert (V. 14). Dem moralischen Abstieg folgt der religiöse: der
hungerleidende, jüdische junge Mann biedert sich in seiner Not einem Bürger des
fremden – nichtjüdischen – Landes an; die von ihm angenommene Arbeit des
Schweinehütens (V. 15) symbolisiert den Abfall von der jüdischen Religion: der
Umgang mit den als unrein angesehenen Tieren bedeutet das äußerste an
Erniedrigung (vgl. Lev 11,7; Dtn 14,8; Jes 65,4; 66,17). Aus Sicht eines frommen
Juden ist ein solches Dasein ein verfluchtes Dasein; der derart Abgestiegene ist
so gut wie tot. Doch es geht noch tiefer: Der Wunsch, sich von dem
Schweinefutter zu ernähren (V. 16), zeigt den Absteiger als einen seiner letzten
Würde Entblößten: hier geht es nur noch um die bloße kreatürliche Gier der
physischen Selbsterhaltung.
Doch diese äußerste Not führt zu einer
Wende (V. 17), sie führt den Hungernden auf den Weg der "Selbstbesinnung", des
"In-sich-Gehens", der Reue, Buße und Umkehr. Der Kontrast zwischen der Position
der väterlichen Tagelöhner und seiner eigenen bedrängten Lage läßt ihn den
Entschluß fassen, ins Vaterhaus zurückzukehren (V. 17-18a). Die Ernsthaftigkeit
der diesem Entschluß zugrunde liegenden Reue führt das Schuldbekenntnis vor
Augen, das sich der Sohn vor seinem Vater abzulegen vornimmt (V.18b-19). Es ist
dreigliedrig und spricht von klarer Erkenntnis der eigenen Situation: a) er habe
vor Gott und seinem leiblichen Vater gesündigt, b) er sei nicht mehr wert, Sohn
genannt zu werden, c) was er (allenfalls) erhoffen kann, ist die Gleichstellung
mit einem der väterlichen Tagelöhner.
Der im zweiten Hauptteil des
Gleichnisses (V. 20b-24) geschilderte Empfang des zurückkehrenden Sohnes durch
den Vater übertrifft allerdings alle Hoffnungen und Erwartungen des Heimkehrers:
die Liebe des Vaters äußert sich in tiefstem Mitleid; in einem Erbarmen, das
sich nicht nur in dem väterlichen Ausschauen nach dem noch weit entfernt
Seienden (V. 20b) ausdrückt, sondern sich in einem Freudenausbruch Luft macht:
der Vater läuft seinem Sohn entgegen, fällt ihm um den Hals, küßt ihn. Damit ist
alles entschieden: alle Bedenken des Zurückkehrenden sind überholt, allen seinen
Ängsten ist der Vater zuvorgekommen. Das vorgefertigte Schuldbekenntnis des
wiedergefundenen Sohnes bleibt auf Zweidritteln des Weges stehen (V. 21), denn
durch seine Anweisungen an die Knechte macht der Vater deutlich, daß er nichts
anderes als die (Wieder-)Einsetzung des Heimgekehrten als Sohn (und nicht als
Tagelöhner) intendiert: das Kleid, der Ring, die Schuhe sind Zeichen der
Sohneswürde (V. 22). Alles solle für ein Freudenfest hergerichtet werden, in dem
sich die Liebe und die überbordende Freude des Vaters ausdrücken können (V. 23):
Der tiefste Grund dieses Festes, das alsbald beginnt, ist nichts geringeres als
grundlegende Rettung (V. 24): "Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder
lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden".
Der dritte und letzte Hauptteil der
Parabel (V. 25-32) thematisiert in der Sichtweise des älteren Sohnes einen
anderen Blick auf das in den Versen 20a-24 beschriebene Liebes-Ereignis: es ist
eine Außenperspektive! Der vom Feld zurückkehrende, daheimgebliebene Sohn erhält
durch einen Knecht Kunde von dem Geschehenen (V.25-27). Seine Reaktion: Zorn (V.
28); ein Zorn, der ihm ein Mitfeiern unmöglich macht.
Die Gründe, die ihn daran hindern, in
das Erbarmen und in die Freude des Vaters einzuwilligen und einzustimmen,
scheinen dem Daheimgebliebenen schlagend zu sein: "Ihm, dem Leichtsinnigen, dem
Verschwender, dem Sünder läßt der Vater ein Mastkalb schlachten und ein
Freudenfest ausrichten; mir, dem Gehorsamen, dem ausdauernden Arbeiter, dem
immer Getreuen hat der Vater bisher nicht einmal ein Zicklein geschenkt" (vgl.
V. 29). Aus dem älteren Sohn spricht im Vorwurf an den Vater die Empörung des
Gerechten. Des allzu Gerechten? Die Barmherzigkeit des Vaters wird ihm zum
Anstoß.
Entscheidend ist auch hier die Reaktion
des Vaters: Er läßt den älteren Sohn in seinem – sich selbst ausschließenden –
Zorn nicht allein. Er geht zu ihm hinaus und redet ihm gut zu (V. 28); er wirbt
um ihn (V. 28 und 31-32). Indem er ihn mit der Anrede "Kind" anspricht (V. 31),
bringt er seinem Erstgeborenen die grundlegende Beziehung ins Gedächtnis, die
zwischen ihnen besteht: "du bist immer bei mir"; zugleich verweist er darin auf
die Basis, der auch der ältere Sohn alles verdankt. Werbend weist der Vater
darauf hin, welche Stellung dieser erste Sohn in seinem Kosmos hat; nichts davon
soll ihm genommen werden: "alles, was mein ist, ist dein". Nur setzt dieses
Verhältnis voraus, daß der ältere Sohn sich nicht selbst von dieser Gemeinschaft
abschneiden, sich nicht selbst von ihr ausschließen wird: Der Vater will das in
freier Entscheidung gesprochene "Ja" des älteren Sohnes zu seiner Liebe,
Großzügigkeit und – im wahrsten Sinne des Wortes (V. 24 u. 32): lebenschaffenden
– Barmherzigkeit. Dem verächtlichen "der da, dein Sohn" (V. 30), mit dem der
Daheimgebliebene sich von dem Heimgekehrten distanziert, setzt der Vater ein
"dein Bruder" (V. 32) entgegen. Wird der ältere Bruder sich dieser Sichtweise
anschließen können?
5. Das
Gottesbild
Es gibt in der Bibel unterschiedliche
Gottesbilder – helle und dunkle: Hier begegnet uns eines der hellsten.
Denn es besteht kein Zweifel daran, daß
der Gleichniserzähler Jesus in der uns vorliegenden Parabel von nichts anderem
sprechen möchte als vom Reich Gottes und vom Wesen und Verhalten Gottes. Daß auf
der Gleichnisebene eine Konzentration auf die Person des Vaters durch die
Parabel selbst nahegelegt wird, läßt sich schon durch wenige Beobachtungen
zeigen: So setzt der Gang der Erzählung nicht nur mit dem Vater ein (V. 11b),
sondern er endet auch mit ihm (V. 31-32). Vom ihm geht die Handlung aus; und er
hat auch das letzte Wort. Und noch viel wichtiger: Nirgendwo treten die beiden
Brüder in eine direkte Interaktion miteinander, beide handeln jeweils nur im
Verhältnis zum Vater. Inhaltlich schließlich bilden die Figur und das Handeln
des Vaters vollends den Dreh- und Ankelpunkt der Geschichte: Denn zum einen
findet der gesamte Weg des jüngeren Sohnes seine Lösung allein in der Güte, dem
Erbarmen und der Liebe des Vaters; zum anderen sind es eben diese Güte, eben
dieses Erbarmen und eben diese Liebe des Vaters, die zum krisenhaften Kernthema
des älteren Sohnes werden.
Zwei Aspekte des in Lk 15,11-32
gezeichneten Gottesbildes sind von besonderer Bedeutung:
1) Das Gleichnis berichtet uns von
einer schier unglaublichen Liebe und Güte, von einem übergroßen Mitleid und
Erbarmen des Vaters. Dies zeigt sich in seinem Verhalten gegenüber dem jüngeren
Sohn: Nicht nur läßt er ihn in die Fremde ziehen, sondern er nimmt den – aus
eigener Schuld und eigenem Versagen – Gescheiterten voller Liebe wieder bei sich
auf. Mit welcher Sehnsucht er seinen leichtsinnigen Sohn vermißt hat, wird im
Gleichnis überaus anschaulich deutlich (V. 20): der Vater hat offensichtlich
schon häufig nach dem Fortgegangenen ausgeschaut, und als er ihn endlich in der
Ferne erblickt, kommt er ihm entgegen - nicht abwartend oder halbherzig, sondern
laufend und voll des Mitleids: schon der Kuß ist - noch vor dem ausdrücklichen
Schuldbekenntnis – das Zeichen, daß der Vater dem Heimkehrer verzeihen wird, ja,
schon verziehen hat. Die Tatsache der Umkehr allein reicht diesem barmherzigen
Vater.
Von welch großer Bedeutung diese
Barmherzigkeit und Liebe des Vaters ist, ist dem um die Vorgeschichte des
jüngeren Sohnes wissenden Leser (oder Hörer) der Parabel klar: das Verhalten des
Vaters ist – im wirklichen Wortsinne – lebensrettend: denn der Sohn "war tot und
ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden"
(V.24 und 32).
Im diesem Sinne veranschaulicht das
Gleichnis eine der ergreifendsten Grundbotschaften Jesu: nämlich daß der Gott,
den Jesus bezeugt, ein Gott ist, der immer bereit sein wird, demjenigen zu
verzeihen, der erkannt hat, daß "sein" Weg in die Irre geht, wobei die Parabel
zugleich die ungeahnten Lebensmöglichkeiten vor Augen führt, die sich dem
ernsthaft Umkehrenden in der Begegnung mit Gott eröffnen. Die Freude des Vaters
ist die Freude Gottes über den zu ihm umgekehrten Sünder.
Aber die Liebe, die Güte und das
Erbarmen des Vater beziehen sich ja nicht nur auf den jüngeren Sohn: Denn mit
ebenso großem Einfühlungsvermögen und mit ebenso liebevoller Güte wendet er sich
auch seinem älteren Sohn zu, der in der Gefahr steht, sich selbst von der
Verbindung zum Vater abzuschneiden, sich selbst aus der Gemeinschaft
auszuschließen und damit selbst zum "verlorenen Sohn" zu werden. Auch diesen
Sohn läßt er keineswegs allein, sondern er kommt ihm entgegen, redet ihm gut zu
(V. 28) und wirbt in rührendster Weise um ihn, indem er ihm versichert, daß ihm
n.30 ichts genommen werde und das Gemeinschaftsangebot mit ihm – wie zuvor –
weiterbestehe (V. 31-32): "Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist,
ist dein." Großzügiger und liebevoller geht es nicht.
Was der Vater allein von dem älteren
Sohn fordert, ist die Anerkennung seines Wesens: eines Wesens, daß – nach
Ausweis der Parabel – Liebe, Güte und Erbarmen ist (vgl. 1 Joh 4,8.16: "Gott ist
Liebe"). Erscheint in der dominierenden Hauptperson der Erzählung, dem
barmherzigen Vater, letztlich nichts anderes als ein – in seiner Eingängigkeit
kaum mehr zu steigerndes – "Bild" der unbegreiflich großen Liebe Gottes zu den
Menschen, so können sich in der Gestalt des älteren Sohnes all jene
wiederfinden, die als "Gerechte" ihre Schwierigkeiten und ihre Probleme mit
Gottes schöpferischer Gnade haben.
Wird der ältere Sohn der Parabel dem
Verhalten und dem Wesen seines Vaters zustimmen können? Und werden alle Leser
und Hörer des Gleichnisses in das vom Erzähler der Parabel vertretene Gottesbild
einstimmen können? Der offene Schluß der Parabel wirbt ausdrücklich um diese
Zustimmung. Und wer da wirbt, ist niemand anderes als Jesus selbst (V.11a).
2) Das Gleichnis macht darüber hinaus
deutlich: Weil Gottes Liebe, sein Erbarmen und seine Güte wirkliche Liebe,
wirkliches Erbarmen und wirkliche Güte sind, respektieren sie den Menschen als
Person, sie anerkennen seine Freiheit und seinen eigenen Willen. Der Vater der
Parabel läßt dem jüngeren Sohn seine Freiheit: er folgt seinem Wunsch nach der
Auszahlung des Vermögensanteils, er läßt ihn in die Fremde ziehen, er läßt ihn
frei (V. 12). Als der Sohn ihm in der Fremde Schande bereitet, läßt er ihn nicht
etwa einfangen und zurückbringen; aber als er den aus eigenem Entschluß
Umgekehrten kommen sieht, stellt er dem Heimgekehrten keine Bedingungen, sondern
er nimmt ihn vorbehaltlos auf und als Sohn an (V. 20b-24).
Dasselbe zeichnet das Verhalten des
Vaters gegenüber dem älteren Sohn aus (V.28-32): er reagiert auf die
Halsstarrigkeit und Uneinsichtigkeit des Daheimgebliebenen nicht mit Drohungen,
nicht mit Zwang, nicht mit Ausschluß, sondern er wirbt um die Einsicht und um
die freie Zustimmung des älteren Sohnes. Er argumentiert, um ihn zu gewinnen. Er
bedrängt ihn nicht, aber er spricht mit herzzerreißender Geduld und Liebe.
Das Gottesbild, das sich in Lk 15,11-32
abzeichnet, ist ein ebenso erhabenes wie schönes: Es ist das Bild eines gütigen,
barmherzigen und den Menschen tiefgründig liebenden Gottes. Es ist das Bild
eines Gottes, der mit heißem Herzen und voller Besorgnis die Umkehr derer
erwartet, die sich von ihm entfernt haben, und dem die erfolgte Umkehr eines
Sünders zum Freudenfest wird (Lk 15,20b-24.32; vgl. 15,5-7.9-10). Es ist
zugleich das Bild eines Gottes, der geduldig und voller Güte um das Einstimmen
in sein Liebeswerk wirbt. Und es ist das Bild eines Gottes, der dieses
Einstimmen nicht erpreßt, sondern den Menschen als sich frei entscheidendes
Gegenüber respektiert. Es ist das Bild eines Gottes, der die Menschen in
ungeahnter Weise liebt, und eines Gottes, der das freie Ja des Menschen zu
dieser Liebe will: und dem dieses Ja zur größten Freude wird.
6.
Didaktische Möglichkeiten
Das Gleichnis von der Liebe des Vaters
(Lk 15,11-32) ist außergewöhnlich bekannt. Jeder Christ ist ihm schon begegnet.
Wie kann man seine Ecken und Kanten und seinen Anspruch (erneut) sichtbar und
spürbar machen? Wie kann man diese Parabel noch einmal frisch, noch einmal unter
neuen Gesichtspunkten wiederlesen? Zwei Wege bieten sich an: Zum einen gibt es
die Möglichkeit der Verfremdung und der aktualisierenden Übertragung ("Was wäre,
wenn diese Geschichte heute spielte?") – viele Religionsbücher gehen diesen Weg
(z.B. Comic usw.). Zum anderen gibt es die Möglichkeit, dem Text selbst mehr
Raum zugeben, das Gleichnis selbst sprechen zu lassen: auf dem Weg des
Sich-Einlassens auf den Text, des verstärkten Sich-Einfühlens, des Erspürens.
Dieser zweite Weg soll hier beschritten werden.
Der Weg des vertiefenden Eingehens auf
die Parabel legt sich dabei aus verschiedenen Gründen besonders nahe:
- literarisch: weil das Gleichnis auf seiner Bildebene erzählerisch so stark, so
robust und so belastungsfähig ist, daß es heutigen Anfragen ohne jeden Zweifel
standhalten kann;
- pragmatisch: weil die Parabel selbst szenisch aufgebaut ist und auf diese
Weise dem Leser ermöglicht, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und
verschiedene Sichtweisen zu erproben;
- didaktisch: weil das lukanische Gleichnis selbst in seiner Grundintention und
in seinem Erzählgang eine ausgesprochen pädagogische, werbende Absicht aufweist;
es handelt sich dabei um eine neutestamentliche Didaktik, der man sich in einer
eigenen Didaktik anvertrauen kann;
- theologisch: weil es – nach dem Ausweis des Lukas – Jesus selbst ist, der in
diesem Gleichnis um die Zustimmung zu einem bestimmten Gottesbild wirbt; und
weil die fundamentale Aussage des Gleichnisses mit der Kernbotschaft Jesu
übereinstimmt, die besagt, daß das Wesen Gottes Liebe, Güte und lebenschaffende
Barmherzigkeit ist.
Wenn in dem folgenden Vorschlag zur
Bibelarbeit ein empathischer Zugang zum Gleichnis verfolgt wird, so wird man die
folgenden Aspekte mit zu berücksichtigen haben:
- daß die Leser des Gleichnisses in der Parabel sowohl menschliche
Grunderfahrungen als auch Erfahrungen mit Gott angesprochen sehen können;
- daß sich im Bild des jüngeren Sohnes (selbstverständlich) nicht nur negative,
sondern auch positive Erfahrungen niederschlagen: Freiheit, Mut,
Selbsterkenntnis, Grundvertrauen auf den Vater, …;
- daß sich auch in der Gestalt des älteren Sohnes nachvollziehbare und
berechtigte Ansprüche und Sichtweisen spiegeln können;
- daß die Figur des Vaters nicht einseitig und vorschnell auf die Person Gottes
festgelegt werden darf, sondern daß sich in der Gestalt des Vaters auch die
Anfrage äußert: Was wäre, wenn ich so gütig, barmherzig und liebend sein könnte?
(vgl. Lk 6,36);
- daß die Leser grundsätzlich die Möglichkeit haben, für jeden der Akteure
Partei zu ergreifen; und daß sie sich – von ihrer ganz persönlichen Situation
her – ihr eigenes Urteil bilden, was einschließt, daß in Diskussion
unterschiedliche Ansichten ausgehalten werden müssen.
Eine solche Konzeption kann die Chance
und das Potential eröffnen, der Absicht des Gleichnisses zu folgen: die Leser
und Hörer in die Dynamik der (in der Parabel thematisierten) Liebe und Güte
Gottes hineinzuziehen.
7.
Hinweise für eine Bibelarbeit
1) Ankommen:
- Gemeinsames Beten oder Singen des christlichen
Grundgebetes: "Vater unser".
- Gemeinsame Reflexion: Was bedeutet es, wenn wir Gott
"Vater" nennen?
2) Lesen:
- Jemand liest langsam den gesamten Text der Parabel.
- Möglichkeit des Ausräumens von Verstehenshindernissen
im kurzen Gespräch.
3) Eigene Erfahrungen mit dem Text:
Selbsttätiges Sich-Hineinversetzen, Einfühlen, Erspüren:
In stiller Reflexionen machen und
vertiefen die Teilnehmer eigene Erfahrungen mit den Figuren des Gleichnisses.
Impulse können sein:
- Zum jüngeren Sohn: Er sucht die Herausforderung, geht
in die Fremde. Dort irrt er ab; geht einen Irrweg. Er sündigt, er verkommt. Er
kommt in eine schwere existentielle Krise, in Not. Er geht in sich, er kommt
zu sich, er bestimmt seinen Weg neu. Er kehrt um.
Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis
zum Vater? Was darf er erwarten? Mit welchen Gefühlen kehrt er zurück, trifft
er auf den Vater? Was wird die Art der Aufnahme durch den Vater in ihm
ausgelöst haben?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen;
von anderen, von uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Geschichte dieses Sohnes (ausdrücklich) als
Geschichte eines reumütigen Sünders lesen?
- Zum Vater: Er läßt seinen jüngeren Sohn in die Fremde
ziehen. Er schaut nach ihm aus, hat Mitleid, hat Erbarmen, kommt ihm entgegen,
vergibt, verzeiht, trägt nicht nach, sondern wendet sich ihm liebevoll zu.
Nimmt ihn auf und rettet ihn. Er läßt auch seinen älteren Sohn nicht allein,
kommt auch ihm entgegen, redet ihm gut zu, wirbt um ihn.
Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis
zum jüngeren Sohn? Wie ist sein Verhältnis zum älteren Sohn? Mit welchen
Gefühlen begegnet er jeweils seinen Söhnen? Was löst die Rückkehr des jüngeren
in ihm aus? Was löst das Verhalten des älteren in ihm aus? Wie reagiert er
darauf?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen;
von anderen, von uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Gestalt und das Handeln des Vaters
(ausdrücklich) als "Bild" des Wesens und des Handelns Gottes sehen?
- Zum älteren Sohn: er bleibt daheim, arbeitet täglich
wie ein Knecht, versteht das Handeln des Vaters gegenüber dem zurückgekehrten
jüngeren Sohn nicht, verweigert dem Heimgekehrten die Bruder-Bezeichnung,
reagiert auf das Handeln des Vaters mit Zorn, will nicht am Freudenfest des
Vaters teilnehmen, macht dem Vater schwere Vorwürfe, hat am Schluß noch keine
Entscheidung getroffen.
Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis
zum Vater? Stimmt in diesem Verhältnis alles? Warum kann er sich nicht mit dem
Vater mitfreuen? Wie ist sein Verhältnis zum Bruder? Mit welchen Gefühlen
begegnet er ihm? Was löst die Rückkehr des Bruders in ihm aus? Warum kann er
sich dem Zurückgekehrten nicht zuwenden? Warum hat er für ihn kein Erbarmen
übrig? Warum kann er ihn nicht "Bruder" nennen? Was wirft er seinem Vater vor?
Ist dieser Vorwurf gerecht? Wie wird er sich am Schluß entscheiden? Wird er
doch noch an dem Fest teilnehmen? Was würde sich ändern, wenn er dem Fest
zustimmen könnte: für den Vater, für den Bruder, für ihn selbst?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen;
von anderen, von uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Geschichte des älteren Bruders (ausdrücklich)
als Geschichte derjenigen auffassen, die Probleme mit der Liebe, Güte und
Gnade Gottes haben?
4) Sprechen:
Austausch über das mit dem Text
Erlebte:
- Was ist mir in der Beschäftigung mit den Personen des
Textes aufgegangen? Was habe ich (noch) nicht verstanden? Was ist mir
besonders nahegekommen? Mit welchen Personen der Parabel kann ich mich aus
welchen Gründen identifizieren? Welches Verhalten der gezeichneten Gestalten
ist mir vertraut? Oder fremd? Was berührt mich? Aus welchen Gründen? Welche
eigenen Erfahrungen erkenne wieder?
- Wie geht es mir mit dem im Gleichnis nahegelegten
Gottesbild? Kann ich diesem Bild (in allen Punkten) zustimmen? Wenn nein:
warum nicht? Wenn ja: welche Folgen hat das für mich? Auf welche
Schwierigkeiten bin ich (möglicherweise trotzdem) gestoßen? Welche Sehnsüchte
werden in diesem Gottesbild angesprochen? Welche Hoffnungen kann es wecken
oder erhalten?
- Wenn das in der Parabel angesprochene Gottesbild
zutrifft: welche Konsequenzen hat das für unser Leben? Für unser Verhältnis zu
Gott? Für unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen?
5) Beten:
- Stille Reflexion: Was bedeutet es für mich, wenn ich
Gott im Sinne der lukanischen Parabel als "guten Vater" sehen darf?
- Abschließendes gemeinsames Beten oder Singen: "Vater
unser".
8.
Weiterführende Literatur
Zur Einführung und zum allgemeinen
Hintergrund:
- Bernhard Lang, Die Bibel (Fischer Kompakt), Frankfurt
2004, bes. S. 57-60 und 113-117
- Helmut Merklein, Die Jesusgeschichte – synoptisch
gelesen, Stuttgart 1995, bes. S. 169-170
- Thomas Söding, Das Lukas-Evangelium (Exegese und
Predigt), Würzburg 2003, S. 7-49, 57-59, 83 und 97
Zur Auslegung der Parabel:
- François Bovon, Das Evangelium nach Lukas, 3.
Teilband (EKK III/3), Zürich u.a. 2001, S. 13-67
- Wilfried Eckey, Das Lukasevangelium. Unter
Berücksichtigung seiner Parallelen, 2. Teilband, Neukirchen-Vluyn 2004, S.
675-695
- Kurt Erlemann, Das Bild Gottes in den synoptischen
Evangelien (BWANT 126), Stuttgart u.a. 1988, bes. S. 131-150
- Josef Ernst, Das Evangelium nach Lukas (RNT),
Regensburg 1977, S. 450-462
- Jacob Kremer, Lukasevangelium (NEB.NT 3), Würzburg
1988, S. 156-160
- Petr Pokorný, Theologie der lukanischen Schriften
(FRLANT 174), Göttingen 1998, S. 57-59 und 155-176
- Gerhard Schneider, Das Evangelium nach Lukas, 2.
Teilband (ÖTK 3/2), 2. Aufl., Gütersloh u.a. 1984, S. 323-330
- Eduard Schweizer, Das Evangelium nach Lukas (NTD 3),
Göttingen 1982, S. 160-167
- Wolfgang Wiefel, Das Evangelium nach Lukas (ThHK 3),
Berlin 1988, S. 279-290
Zur Didaktik:
- Joachim Theis, Der verlorene Sohn und sein Bruder,
in: Franz W. Niehl (Hg.), Leben lernen mit der Bibel. Der Textkommentar zu
"Meine Schulbibel", München 2003, S. 198-200
- Herbert Fendrich, Der verlorene Sohn und sein Bruder,
in: Reinhard Hoeps (Hg.), Sehen lernen mit der Bibel. Der Bildkommentar zu
"Meine Schulbibel", München 2003, S. 94-97
- Manfred Suermann, Das Gleichnis vom verlorenen Sohn
in Kunstwerken der Vergangenheit und Gegenwart, in: Katechetische Blätter 106
(1981), S. 322-332
Dr. theol. Alexander Weihs, Bergische
Universität Wuppertal, August 2006
Katholisches Bibelwerk im Bistum Münster
www.bibelwerk.de
in Kooperation mit
kirchensite – online mit dem Bistum Münster
(www.kirchensite.de)
Die Bibelarbeit zum Download...
Hier ein wirklich wunderbares Lied zum Vater:
https://www.youtube.com/watch?v=OAiY-lKa8V8
1. Strophe
Vater, ich komme jetzt zu Dir,
als Dein Kind lauf ich in Deine Arme.
Ich bin geborgen, Du stehst zu mir,
lieber Vater.
Vater, bei Dir bin ich zu Hause.
Refrain
Vater, bei Dir berge ich mich.
Vater, bei Dir finde ich Ruhe,
o mein Vater, ich liebe Dich.
Vater, Du gibst mir, was ich brauch',
2. Strophe
Du empfängst mich mit offenen Armen.
Du füllst all meine Sehnsucht aus,
lieber Vater.
Vater, bei Dir bin ich zu Hause.
Vater, bei Dir berge ich mich.
Vater, bei Dir finde ich Ruhe,
o mein Vater, ich liebe Dich.
Urheberrechte
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Gebet
an den Vater:
Lieber Vater, ich
danke dir für mein Leben.
Als ich noch lange
nicht war, hast du schon an mich gedacht, dich an mir erfreut.
Dann kam sie, die
Zeit, wo du mir die Seele einhauchtest und schon ersehntest,
dass ich nach dem
irdischen Pilgerweg zu dir komme.
Dann wurde ich
getauft. Danke, oh Vater, für diese Gnade, die mir so wenig bewusst ist: damit
wurde mein Fleck, die Erbsünde ausgelöscht.
Nun war ich ganz weiß
und du erfreutest dich an mir, deinem Geschöpf.
Ich wurde älter und
leider ging ich viel aus Gewohnheit zur Hl. Messe,
in die Kirche, wir
beteten, doch es war mir zu lang und ich war nicht innig dabei.
Verzeih mir, oh Vater,
dass ich so viele Male deinen Namen aussprach,
aber ihn nicht in
meinem Herzen trug.
Ich verließ immer mehr
deinen Weg und es kam eine Zeit,
wo ich eine sündhafte
Beziehung hatte, wo ich nicht mehr in die Kirche ging,
wo ich meinen Eltern
Kummer bereitete,
wo ich zuviel
Vergnügungen folgte.
Verzeih, oh lieber
Vater, denn du bliebst immer bei mir und wartetest
auf meine Umkehr,
deine Liebe zu mir blieb ungebrochen.
Dann kam die Zeit der
Besinnung, ich erkannte durch deine Gnade
den Irrweg und du
führtest mich zurück zum wahren Leben.
Danke, oh Vater, für
deine Treue zu mir,
trotz meiner Untreue
und Abweisung gingst du den Weg neben mir,
du schicktest mir
immer wieder Begegnungen und Worte.
Danke, lieber Vater,
dass du mich später nach wiederholtem Fall
wieder gerufen hast,
du hast dich immer wieder meiner erbarmt.
Nie und nimmer würde
ich es verdienen,
denn ich bin ein
sündiger Mensch.
Mein Verdienst ist die
Sünde und wenn etwas gutes durch mich geschieht,
dann bist wiederum du
es, der es vollbrachte.
Ich vertraue mich dir
an in der Gewissheit,
dass du mich so
annimmst, wie ich bin.
Du kennst meine
Untugenden, an denen ich immer wieder versage.
Im Vertrauen auf dich,
oh Vater, bitte ich dich um Umwandlung
dieser meiner
Untugenden in Tugenden.
Ich vermag es nicht,
oh Vater, aber du vermagst es.
Ich vertraue auf dich,
du bist meine Zuversicht.
Mir misstraue ich,
aber dir schenke ich mein ganzes Vertrauen.
Lenke du mein Leben,
das ich so oft nicht losgelassen habe, nach deinem lieben Willen.
An mir würde ich
verzweifeln, zu oft falle ich und sündige ich,
doch du bist meine
Hoffnung und meine Zuversicht.
Ich werfe mich in
deine barmherzigen Arme.
Vater, erfülle mich
schon hier mit deiner Liebe
und lass mich dann
ewig bei dir sein,
denn das ist dein
innigster Wunsch und dein Verlangen:
für ewig mein Vater zu
sein.
Ich liebe dich, oh
Vater, habe Geduld mit deinem störrischen Kinde,
ich will dich nicht
mehr beleidigen und ungehorsam sein.
Erbarme dich, oh
Vater, meines zum Teil sehr sündigen Lebens,
heile die
Verletzungen, die durch meine Schuld
an anderen entstanden
sind und heile auch die Verletzungen,
die andere mir
zugefügt haben.
Im Vertrauen au deine
Barmherzigkeit lege ich mich nun zur Ruhe
und übergebe dir
meinen freien Willen,
auf dass du mein Leben
lenken mögest nach deinem heiligen Willen.
Danke Vater für all
deine Vorsorge, Liebe und Geduld mit mir.
Danke dass du immer
bei mir geblieben bist und mich liebst,
obwohl ich deine Liebe
so oft verschmäht habe.
Das reut mich am
meisten: deine Liebe, oh Vater, so oft verschmäht zu haben.
Verzeih deinem Kinde
und lass mich von nun an
an deiner Hand deinen
Weg gehen.
Dein Kind
Amen.
Weiterführende
Themen:
Demut
/ Der
freie Wille /
Erbsünde
/