Franz von Assisi (auch
Franziskus von Assisi, lat.: Franciscus de Assisi oder Franciscus
Assisiensis, ital.: Francesco d'Assisi, gebürtig Giovanni Battista
Bernardone; * 1181/1182 in Assisi, Italien; † 3. Oktober 1226 in der
Portiuncula-Kapelle unterhalb von Assisi) lebte streng nach dem Vorbild
des Jesus von Nazaret (sogenannte Imitatio Christi), wie er selbst sagte,
das Evangelium sine glossa, das heißt nach der Bibel ohne aufgesetzter
Deutung. Diese Lebensweise zog gleichgesinnte Gefährten und Nachahmer an.
Franziskus gründete den Orden der Minderen Brüder (siehe Franziskanische
Orden) und war Mitbegründer des Frauenordens der Klarissen. Er wurde von
der katholischen Kirche heiliggesprochen. Sein Gedenktag ist in der
römisch-katholischen, der alt-katholischen, der anglikanischen und einigen
evangelischen Kirchen am 4. Oktober.
Lebenslauf
Jugend
Denkmal für Franz’ Eltern in Assisi; Pica hält eine zerbrochene Kette,
Pietro den abgelegten Rock
Umbrien, die Region, aus der Franz stammte
Franz von Assisi wurde 1181 oder 1182 in der
umbrischen Stadt Assisi am Fuß des Monte Subasio geboren. Seine Eltern
waren der wohlhabende Tuchhändler Pietro Bernardone und dessen Frau Pica.
Eigentlich auf den Namen Giovanni (deutsch: Johannes) getauft, gab ihm
sein Vater – der sich zum Zeitpunkt der Geburt auf einer Handelsreise in
Frankreich befunden hatte – nach seiner Rückkehr den Rufnamen Francesco
(Franzose). Während in der Sekundärliteratur sehr oft behauptet wird,
Franzens Mutter sei Französin aus dem niederen Adel gewesen
(möglicherweise aus der Familie Bourlémont in den Vogesen) und der Vater
habe sie auf seinen Handelsreisen kennengelernt, widerspricht der
Historiker Isnard Frank solchen Herkunftsangaben: „Die Vermittlung des
Französischen durch die angeblich aus Frankreich stammende Mutter ist
auszuschließen. Ihr Name hat nichts mit der Picardie zu tun, wie früher
gelegentlich angenommen wurde. Sie stammte aus einer ortsansässigen
assisischen Familie.“ Er führt für diese Feststellung jedoch keine
Quellenangaben an und begründet sie nicht.[1]
Franziskus genoss eine für einen Bürgerlichen vergleichsweise hohe
Bildung, offenbar weil sein Vater davon ausging, dass er als Kaufmann
Lesen, Schreiben und Rechnen können müsse. Daher schickte er seinen Sohn
in die Schule der Pfarrei San Giorgio, die vom Kapitel zu San Rufino
unterhalten wurde;[2] dort lernte Franz zumindest Lesen, Schreiben und
etwas Latein. In seiner Jugend führte Franz ein ausschweifendes Leben, mit
dem Geld seines Vaters hielt er seine Altersgenossen bei Festen frei und
war solchermaßen oft der Mittelpunkt der jugendlichen Feiern.
Im November 1202 zog er mit Assisi in einen Krieg gegen die Nachbarstadt
Perugia, wobei Assisi unterlag (Gefecht bei Collestrada). Assisi gehörte
zum Machtbereich der Staufer und Perugia zu dem der Welfen. Franz wurde
daraufhin wie andere Kämpfer aus Assisi in Perugia eingekerkert und kam
erst Anfang 1204 nach mehr als einem Jahr gegen ein Lösegeld seines Vaters
wieder frei.[3] Sein Jugendtraum, Ritter zu werden, und sein unbekümmertes
Leben waren durch das Erleben des Krieges in Frage gestellt worden. Als er
freikam, war er krank und innerlich zutiefst erschüttert.
Als Walter III. von Brienne, ein Lehnsmann des Papstes, 1204 oder 1205
einen Kriegszug nach Apulien in Süditalien vorbereitete, um dort für den
Papst die Herrschaft gegen die Staufer wiederzugewinnen, machte Franziskus
sich mit Pferd und Rüstung auf den Weg nach Apulien, um sich dem
papsttreuen Ritter anzuschließen, kehrte aber um, als er noch auf dem Weg
dorthin war. Die Legenden erklärten seine Umkehr damit, dass Franziskus
von Gott im Traum aufgerufen worden sei, sich statt in den Dienst eines
weltlichen Ritters in den Dienst Gottes zu stellen; so träumte er laut der
zweiten Franziskus-Biographie des Thomas von Celano, dass er wie folgt
angesprochen worden sei:
„Wer kann dir Besseres geben? Der Herr oder der Knecht“
Franz antwortet: „Der Herr!“
Darauf die Stimme: „Warum dienst du dem Knecht statt dem Herrn?“
Franz: „Was willst du Herr, das ich tun soll?“
Der Herr: „Kehre zurück in deine Heimat, denn ich will dein Gesicht in
geistlicher Weise erfüllen.“
Franziskus zog sich in der folgenden Zeit zunehmend aus seinem
Freundeskreis zurück und suchte die Einsamkeit. 1205 oder 1206 unternahm
er eine Wallfahrt nach Rom, auf der er der Legende nach mit einem Bettler
die Kleidung tauschte, um das Leben in vollkommener Armut
„auszuprobieren“. Sein Verhalten brachte ihn in Konflikt mit seinem Vater,
der mit seinem ältesten Sohn große Pläne hatte und es nicht duldete, dass
er Waren aus dem Laden als Almosen gab.
Panoramabild der Stadt Assisi
Berufung
Kruzifixus, der zu Franziskus sprach (Kopie
Franziskus sieht sich in einer Vision vom Kreuz her angesprochen. (Darstellung von Giotto di Bondone, um 1295)
Beim Gebet in San Damiano, etwa im Jahr 1205, fühlte sich Franz von der
dortigen Kreuzikone her persönlich angesprochen. Die Legende berichtet,
Christi Stimme habe zu ihm gesprochen:
„Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du
siehst, ganz und gar in Verfall gerät.“ (nach II Cel 10[4]).
Auf diese Vision hin erbettelte er Baumaterial und begann nach Aussage
seiner Biographen die kleine romanische Kirche eigenhändig
wiederherzustellen. Später habe er in gleicher Weise San Pietro della
Spina renoviert, eine heute nicht mehr vorhandene Kirche, sowie die etwa
drei Kilometer von Assisi entfernte Kapelle Santa Maria degli Angeli, die
unter dem Namen Portiuncula bekannt ist.
Für wohltätige Zwecke und für seine baulichen Wiederherstellungsarbeiten
an San Damiano nahm Franz Waren und Geld aus dem Geschäft seiner Eltern.
Dies führte zu Streit mit seinem Vater, der schließlich vor dem
Richterstuhl des örtlichen Bischofs Guido II. einen Prozess gegen seinen
Sohn führte. In dieser Gerichtsverhandlung, die im Frühjahr 1207
öffentlich auf dem Domplatz stattfand, entkleidete sich Franziskus
vollständig, verzichtete mit dieser Geste auf sein Erbe und sagte sich von
seinem Vater los. Die Legende überliefert seine Aussage:
„Bis heute habe ich dich meinen Vater genannt auf dieser Erde;
von nun an will ich sagen: »Vater, der du bist im Himmel«.“[5]
Franz gibt seinem Vater die Kleider zurück und
verzichtet damit auf seinen Besitz. (Darstellung von Giotto di Bondone, um
1295)
Danach begann Franziskus, außerhalb der Stadtmauern als Einsiedler zu
leben. Er ging um Essen bettelnd von Haus zu Haus. Seine freiwillige Armut
bezeichnete er – in Anspielung auf Vorstellungen des Rittertums und des
Minnesangs – als seine „Herrin“.[6] Franziskus hielt sich zum Gebet häufig
in den kleinen Kapellen im Umkreis Assisis auf, vor allem in Portiuncula.
Er pflegte nach eigenen Angaben die Aussätzigen, die außerhalb der
Stadtmauern leben mussten, was auch bei seinen Biographen vermerkt ist. In
seinem Testament schreibt er:
So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu
beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor,
Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und
ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen,
wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des
Leibes verwandelt. (Testament 1-3[7]) In den Biographien und Legenden wird
diese Begebenheit hagiographisch überhöht.
Als Franziskus 1208 am 24. Februar, dem katholischen Gedenktag des
Apostels Matthias, in der kleinen Kirche von Portiuncula die Messe hörte,
wurde er auf jene Stelle des Evangeliums nach Matthäus (10,5–14 EU
aufmerksam, die von der Aussendung der Jünger erzählt:
Geht aber und predigt […] Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst
gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren
Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine
Schuhe, auch keinen Stecken. Mt 10,8–10 EU
Die frühen Quellen berichten, dass Franziskus diese Worte der Evangelien
nicht nur im übertragenen Sinne verstanden habe, sondern immer versucht
habe, sie zunächst wörtlich und direkt anzuwenden. So sei der Text für ihn
eine Aufforderung gewesen, so zu leben und zu wirken, wie die zwölf von
Jesus ausgeschickten Jünger, die Apostel, nämlich in Armut zu leben und
das Evangelium zu verkünden (auch apostolisches Leben genannt oder lat.
vita apostolica). Ausgehend von diesen Bibelworten kleidete sich
Franziskus von nun an in eine einfache Kutte, die mit einem Strick
gehalten wurde, lehnte den Besitz und sogar den Kontakt mit Geld strikt ab
und ging nach Möglichkeit barfuß.
Franziskus verstand sich selbst als Büßer. Als solcher ermahnte er seine
Mitmenschen, Gott zu lieben und für ihre Sünden Buße zu tun. Durch diese
Predigten und seine extreme Lebensweise stieß er bei vielen Menschen auf
Spott und Ablehnung, doch etliche andere zog sein Beispiel an, so dass
sich ihm im Laufe der Zeit viele Brüder anschlossen.
Entstehung und Bestätigung seines Ordens
Der Überlieferung zufolge schlossen sich als erste Bernardo di Quintavalle,
ein reicher Adeliger aus Assisi, und Pietro Catanii, ein Rechtsgelehrter,
Franz an. Die Dreigefährtenlegende berichtet, diese drei – Bernardo,
Pietro und Francesco – hätten die Bibel durch dreimaliges Aufschlagen nach
dem Auftrag befragt, den Gott für sie habe (sogenanntes Bibelstechen). Ihr
Lebensprogramm seien die drei so gefundenen Jesusworte gewesen:
„19 Wenn du vollkommen sein willst, geh,
verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen
bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.“(Mt 19,21)
„Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine
Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd.“(Lk 9,3)
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme
täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“(Lk 9,23)
Franziskus hatte nach eigenen Angaben nicht vor, einen Orden zu gründen.
Er schreibt in seinem Testament:
Und nachdem mir der Herr Brüder gegeben hat, zeigte mir niemand,
was ich zu tun hätte, sondern der Höchste selbst hat mir geoffenbart, dass
ich nach der Vorschrift des heiligen Evangeliums leben sollte. (Testament
14[8])
Die Brüder waren den Biographien zufolge zunächst in einer Hütte in
Rivotorto, wenige Kilometer von Assisi entfernt, unten in der Ebene,
untergekommen, wo sie aber nicht lange bleiben konnten. Die Quellen geben
unterschiedliche Gründe an, nämlich entweder Platzmangel oder den
Eigenbedarf des Besitzers. Im Jahr 1208 übergab der Abt der
Benediktinerabtei am Monte Subasio den Brüdern das Kirchlein Portiuncula.
Thomas von Celano überliefert, Franziskus habe jedoch keinen Grundbesitz
haben wollen und darauf bestanden, dass die Brüder eine Art Miete in Form
von Fischen an die Benediktiner zahlten. Auf dem Gelände um die Kirche
lebten die Brüder in einfachen Hütten aus Reisig.
Franz und seine Brüder erbitten die Bestätigung der Regel. (Darstellung von Giotto di Bondone, um 1295)
Im Jahr 1209 ging Franz mit seinen ersten zwölf Gefährten – die Zahl hat
er selbst oder sein Biograph wohl bewusst gewählt, um auf die zwölf
Apostel anzuspielen – nach Rom, um von Papst Innozenz III. die Bestätigung
der Lebensweise ihrer kleinen Gemeinschaft zu erbitten. Diese war in der
Zeit der Ketzerkriege nicht leicht zu erreichen, weil die Gründung von
neuen Bewegungen in der Kurie mit äußerster Skepsis betrachtet wurde. Die
erste Fassung der damals in Rom vorgelegten franziskanischen Regel (in der
Literatur Regula primitiva oder Urregel genannt) ist verloren gegangen.
Sie stellte vermutlich einen knappen und einfachen, aus Evangelienzitaten
zusammengesetzten Leitfaden für ein Leben in Armut dar.
Aus heutiger Sicht vertrat Franz sein Anliegen geschickt, indem er die
Brüder als Buß- bzw. Wanderprediger bezeichnete. Die Büßer und
Wanderprediger wurden von der Kirche als Stand anerkannt, wohingegen sie
die übrigen Gruppierungen der im Hochmittelalter an verschiedenen Orten
aufkommenden Armutsbewegung, beispielsweise der Katharer/Albigenser,
Waldenser, Humiliaten oder Brüder und Schwestern des freien Geistes,
zumindest später als häretisch bekämpfte – und insbesondere die Katharer
mit Waffengewalt auslöschen ließ.
Der kleinen Gemeinschaft um Franz gab der Papst im Sommer oder Herbst 1210
zumindest die mündliche und vermutlich probeweise erteilte Erlaubnis, nach
ihrer Regel in Armut zu leben und Buße zu predigen. Hierzu trug bei, dass
Franz Fürsprecher an der Kurie, also in den päpstlichen Behörden, fand,
besonders Kardinal Ugolino von Ostia. Die Dreigefährtenlegende erwähnt,
Franz und seine Gefährten hätten in Rom den ihnen wohlgesinnten Bischof
von Assisi getroffen, der über den ihm bekannten Kardinal von Sabina
(möglicherweise Giovanni I. Colonna alias Giovanni der Ältere) eine
wohlwollende Aufnahme beim Papst anbahnte. Allerdings habe auch der
Kardinal von Sabina Franz und seine Gefährten nicht ohne Vorbehalte
empfangen, sondern ihre Angelegenheit dem Papst erst nach mehrtägigen
Befragungen des Ordensgründers empfohlen: Er habe Franz gewarnt, dass
seine Ordensregel zu Schwierigkeiten führen werde, und ihn gedrängt, sich
lieber einem der bestehenden Orden anzuschließen.[9]
Öffentlich verkündet wurde die päpstliche Anerkennung des Ordens
vermutlich erst vor oder während des IV. Laterankonzils im Jahr 1215, denn
nach diesem Konzil war die Gründung von Orden auf Grundlage einer bisher
nicht approbierten Ordensregel (z. B. die Regeln der Benediktiner oder
Augustiner-Kanoniker) untersagt. Ob die Anerkennung schriftlich oder
weiterhin mündlich erfolgte, ist nicht bekannt.
Weitere Lebensstationen
Im Jahr 1219, während des Kreuzzugs von Damiette, reiste Franziskus als
Missionar bis Palästina und schloss sich dort dem Kreuzfahrerheer an, das
auf dem Weg nach Ägypten war. In der Nähe von Damiette an der Nil-Mündung
predigte er im Lager des muslimischen Heeres vor dem Sultan Al-Kamil.
Diese Begebenheit ist auch in außerfranziskanischen Quellen belegt,
beispielsweise bei dem Kreuzzugs-Chronisten Oliver von Paderborn. Bei
dieser Begebenheit verfolgte er drei Ziele: Erstens wollte er den Sultan
zum Christentum bekehren, zweitens, wenn nötig, als Märtyrer sterben und
drittens Frieden schaffen. Der Sultan schenkte Franziskus zwar ein
Signalhorn und war sehr beeindruckt von der Begegnung mit dem Bettelmönch,
doch Franziskus konnte die bevorstehende Schlacht nicht verhindern und der
Kreuzzug insgesamt wurde fortgeführt.
Seit dieser Reise verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zunehmend,
vermutlich durch eine Augeninfektion, die er sich im Orient zugezogen
hatte. Zudem gab es Probleme innerhalb des rasch wachsenden Ordens:
Während Franziskus nicht in Italien war, stiegen die Spannungen in der
franziskanischen Gemeinschaft, die bereits in ganz Europa vertreten war.
Nach Assisi zurückgekehrt, übertrug Franz 1220 die Leitung des Ordens
Petrus Catani. Etwa gleichzeitig diktierte Papst Honorius III. der
Bruderschaft eine klar hierarchische, dem Geist des Ordensgründers aber
kaum gerecht werdende Ämterverfassung und setzte überdies den Kardinal von
Ostia, Ugolino di Segni, den späteren Papst Gregor IX., als
"Kardinalprotektor und -korrektor" des Ordens ein. Das Verhältnis zwischen
Protektor und Ordensgründer beschreibt Thomas von Celano, der erste
Franziskus-Biograph, vielsagend: "Der heilige Franziskus hing an dem
Kardinal...wie das einzige Kind an seiner Mutter. Sorglos schlief und
ruhte er an seinem liebenden Busen. Gewiß nahm der Kardinal die Stelle des
Hirten ein und erfüllte dessen Aufgaben. Den Namen des Hirten aber
überließ er dem heiligen Mann...". Über die Gründe und Motive für diese
Maßnahmen und den Amtsverzicht des Franziskus kann nur spekuliert
werden.[10] Vermutlich befürworteten nicht alle, welche sich der
franziskanischen Bewegung angeschlossen hatten, die strenge Forderung
Franzens, die Minderen Brüder müssten besitzlos leben. Außerdem wollten
manche der Franziskaner, dass sich ihr Leben nicht allein nach dem
Evangelium richte, sondern zusätzlich festen Ordensregeln folgen solle.
Auch die 1221 entstandene, stark spirituell ausgerichtete, sogenannte „nichtbullierte
Regel“ wurde von vielen Brüdern für unpraktikabel gehalten. Offensichtlich
misslang es Franz, die Mehrheit seiner Nachfolger auf dem von ihm
gewünschten strengen und grundsatztreuen Kurs zu halten.
Die Stigmatisation des hl. Franziskus (Darstellung von Giotto di Bondone)
Mit der Abgabe der Ordensleitung zog sich Franziskus nach Lage der Quellen
innerlich aus der Gemeinschaft zurück, worunter er sehr litt. Er verfasste
schließlich auf Anweisung der römischen Kurie 1223 in der Einsiedelei
Fonte Colombo widerwillig eine dritte, die letzte Version der
franziskanischen Ordensregel. Diese Regel wurde auf dem Pfingstkapitel –
so hieß die Ordensversammlung – im Juni 1223 diskutiert, und der auf
Innozenz III. folgende Papst Honorius III. genehmigte mit Solet annuere
die bullierte Regel am 29. November desselben Jahrs.[11]
Als sich Franziskus im Spätsommer des Jahres 1224 auf den Berg La Verna
zurückzog, wo er seit 1212 eine kleine Felsnische als Einsiedelei
benutzte, wurden bei ihm nach Aussage der Biographen Wundmale sichtbar,
die die ältesten Quellen als Einprägung der Wundmale Christi deuten. Dies
gilt als der erste überlieferte Fall einer Stigmatisation. Als Tag dieses
Ereignisses wird in den Biographien der 17. September 1224 angegeben, drei
Tage nach dem katholischen Fest der Kreuzerhöhung.
Tod und unmittelbare Nachwirkung
Grab des Franz von Assisi in der Kathedrale San Francesco in Assisi.
Seit seinem Orientaufenthalt war Franziskus durch eine Augenkrankheit nach
und nach erblindet, außerdem – vermutlich durch sein übertriebenes Fasten
– magenkrank und stark geschwächt. Im Herbst 1226 lud der Bischof von
Assisi ihn in seinen Palast ein. Zwei Tage vor seinem Tod ließ Franziskus
sich jedoch „eilends“ aus der Stadt heraus zur Portiuncula-Kirche
tragen.[12] Seine Beweggründe werden von Celano so interpretiert, dass er
an seinem bevorzugten Ort sterben wollte, wo die Bewegung der Brüder ihren
Anfang genommen hatte. Wahrscheinlich wünschte er auch, dort begraben zu
werden.[13] Celano überliefert, die Bürger von Assisi hätten seinen
Leichnam jedoch unmittelbar nach seinem Tod nach Assisi hineintragen
lassen, da sie befürchteten, dass sich die Bürger des benachbarten und
verfeindeten Perugia seines Leichnams bemächtigen würden. Weil Franziskus
schon zu Lebzeiten als Heiliger galt, erwartete der Magistrat der Stadt
Assisi aus seiner öffentlichen Verehrung auch politisches Renommee für die
Stadt und vor allem wirtschaftlichen Nutzen (Pilgerreisen und Tourismus).
Der Tod des hl. Franziskus (Darstellung von Giotto di Bondone)
Franziskus hat sein Sterben im Kreis seiner besonders treuen Gefährten
geradezu inszeniert. Die Legende berichtet, er habe sich gewünscht, nackt
auf die Erde gelegt zu werden, um seine Treue zur „Herrin Armut“ zu
verdeutlichen. Er sei danach mit einem von einem Bruder geliehenen Gewand
bekleidet worden. Auf seinen Wunsch hin sei der von ihm gedichtete
Sonnengesang gesungen worden. Dann habe er sich das Evangelium von Jesu
Leiden und Sterben vorlesen lassen. Bei seinem Tod schließlich sollen der
Legende nach Lerchen zu einer für sie ungewöhnlichen Tageszeit aufgeflogen
sein.
Weil Franz am Vorabend des 4. Oktober starb und dieser nach damaliger
Zeitrechnung nicht mehr zum 3. Oktober zählte, wird sein Fest von der
katholischen Kirche am 4. Oktober gefeiert. Dagegen gedenkt die
evangelische Kirche seiner am 3. Oktober.
Im Testament, das er hinterlassen hat, bekräftigt Franziskus noch einmal,
was der Inhalt seines Lebensentwurfs war: seinen Gehorsam gegenüber der
Kirche, dass er aber auch ohne jeden Mittler, allein durch eine
unmittelbare Offenbarung Gottes dazu gekommen sei, gemäß dem Evangelium zu
leben, und dass sein absoluter Verzicht auf jede Form von materiellem und
geistigem Besitz verbindlich sei und von niemandem minimiert werden dürfe.
Dieses Testament, so sein Wille, solle ohne jede Veränderung oder
Interpretation neben der Ordensregel bei allen zukünftigen
Ordensversammlungen "bis ans Ende" verlesen werden.
Heiligsprechung
Schon 1228 – am 16. Juli – wurde er von Papst Gregor IX. heiliggesprochen.
Der älteste Bericht über die Feierlichkeiten mutet indessen eher wie eine
Heiligsprechung des Papstes an, während die konkrete Persönlichkeit des
armen Bruders Franz zur Marginalie wird. Der unbequeme Lebensentwurf des
Franziskus kommt in dem Bericht so gut wie nicht zur Sprache. So nimmt es
auch nicht wunder, dass dieser Heiligsprechung zwei Jahre später die
päpstliche Bulle "Quo elongati" folgt, in der Gregor IX., der einstige "Protector"
des Lebenswerkes des Franziskus, dem Testament des Heiligen die
Rechtsverbindlichkeit für den Orden abspricht. Dem entspricht die
Beisetzung: Franziskus wird nicht in "seiner" Kirche, der bescheidenen,
kleinen "Santa Maria degli Angeli" in Portiuncula bestattet, vielmehr
ruhen seine Gebeine seit 1230 in einem Steinsarg in der Grabkammer der
Unterkirche der Basilika San Francesco in Assisi.
Werk
Peter Paul Rubens: Detail aus „Die letzte Kommunion des hl. Franziskus von Assisi“
Franziskus hat viele eigene Werke hinterlassen, obwohl er sich selbst als
idiota (im Sinne von ungebildet) bezeichnete; dieser Bescheidenheitstopos
war im Mittelalter allgemein üblich. Franziskus verfasste seine Texte auf
altitalienisch oder in ungelenkem Latein, das er von einem Schreiber
korrigieren ließ.
Er hinterließ zahlreiche Gebete und Gesänge (Laudi), unter anderem den
berühmten Sonnengesang. Es sind hauptsächlich Loblieder und
Anbetungstexte. Dabei wurde Franziskus, der in seiner Jugend dem
Ritterideal nacheiferte, in Liedform und Wortwahl vom Minnelied
inspiriert. Daneben stellte Franz aus Bibelzitaten ein Offizium für das
Stundengebet seiner Brüder zusammen, bei dem er in freier Assoziation
Verse aus den Propheten (vor allem Jesaja) und den Psalmen, aber auch aus
dem Neuen Testament kombinierte. Neben den Lobgesängen und Gebeten sind
von ihm auch Briefe erhalten, einige davon jedoch nur als Entwurf oder
Diktat.
Das einzige erhaltene Autograph stellt das Schriftstück für Bruder Leo
dar, das im Sacro Convento in Assisi aufbewahrt wird. Es enthält auf der
Vorderseite den Segen für Bruder Leo und auf der Rückseite Notizen des
Bruders zur Entstehung dieses Schriftstücks. Bruder Leo bewahrte dieses
Pergament der Überlieferung nach Zeit seines Lebens eingenäht in seinen
Habit.
Die verschiedenen aufeinander folgenden Regeltexte stellte Franziskus mit
großer Wahrscheinlichkeit allein zusammen. Neben der verloren gegangenen
Urregel verfasste er 1221 die ausführlichere Nichtbullierte Regel und
etwas später die 1223 approbierte Bullierte Regel. Außerdem schrieb er
spezielle Anweisungen für die Einsiedeleien nieder sowie weitere Mahnungen
und Richtlinien für die Brüder und auch für die Schwestern der heiligen
Klara von Assisi.
In seinem geistlichen Testament, das im Frühjahr 1226 in Siena entstand,
versuchte Franziskus, seinen Brüdern nochmals den ursprünglichen
evangelischen Geist in Erinnerung zu rufen. Es sollte nach seinem Willen
bei allen zukünftigen Ordensversammlungen neben der Ordensregel verlesen
werden. Papst Gregor IX. sprach ihm indessen 1230, zwei Jahre nach der
Heiligsprechung, mit der Bulle "Quo elongati" jede Rechtsverbindlichkeit
für den Orden ab.
Kajetan Eßer hat in intensiven Studien vor allem in den 1960er und 1970er
Jahren die echten Schriften des Franz von Assisi von den ihm nur
zugeschriebenen unterschieden. In der folgenden Liste sind die von der
Forschung mittlerweile anerkannten echten Schriften mit dem Titel, den
Eßer ihnen gab, aufgelistet:
Briefe
Aufforderung zum Lobe Gottes
Erklärung zum Vaterunser
Gebet vor dem Kreuzbild von San Damiano
Gruß an die selige Jungfrau Maria
Gruß an die Tugenden
Offizium vom Leiden des Herrn
Preisgebet zu allen Horen
Schriftstück für Bruder Leo (Lobpreis Gottes, Segen für Bruder Leo)
Sonnengesang
Brief an den heiligen Antonius
Brief an die Gläubigen I und II
Brief an die Kleriker I und II
Brief an die Kustoden I und II
Brief an die Lenker der Völker
Brief an Bruder Leo
Brief an einen Minister
Brief an den gesamten Orden
Regeltexte und Mahnungen an die Brüder und Schwestern
Diktate und Entwürfe
Ermahnungen
Lebensform für die heilige Klara
Mahnlied für die Schwestern der heiligen Klara
Nicht bullierte Regel
Fragmente einer anderen Form der nicht bullierten Regel
Bullierte Regel
Regel für Einsiedeleien
Testament
Vermächtnis für die heilige Klara
Brief an die Bürger von Bologna
Brief an die Brüder in Frankreich
Brief an Herrin Jakoba
Brief an die heilige Klara über das Fasten
Die wahre und vollkommene Freude
Segen für Bruder Bernhard
Segen für die heilige Klara und ihre Schwestern
Testament von Siena
Frühe Biographien
Die erste Lebensbeschreibung des Franz von Assisi wurde von Thomas von
Celano (1190–1260) verfasst, der sich darauf berief zu schreiben, was er
„aus seinem eigenen Munde gehört und von glaubwürdigen und zuverlässigen
Zeugen erfahren habe“.[14] Er schrieb sein erstes Werk (Vita prima) im
Auftrag Papst Gregors IX. in den Jahren 1228 bis 1229. 1246-1247 schrieb
er eine zweite Lebensbeschreibung – diesmal im Auftrag der
franziskanischen Ordensleitung. Gleichzeitig mit dem Auftrag für diese
neue Biografie „erging der Aufruf an die Minderbrüder, alle bisher nur
mündlich überlieferten Franz-Geschichten zu sammeln, niederzuschreiben und
dem Celano zur Verfügung zu stellen.“ Insbesondere die Brüder Leo, Rufinus
und Angelo schrieben daraufhin ihre heute als Dreigefährtenlegende
bekannten Erinnerungen an Franziskus nieder, auf die Celano in seiner
zweiten Biografie zurückgriff.[15] Schließlich verfasste er 1250-1252 die
„Abhandlung über die Wunder des heiligen Franziskus“, eine Sammlung von
Wundergeschichten.
Der zweite offizielle Biograph des Heiligen war der fünf Jahre vor dem Tod
des Franziskus geborene hl. Bonaventura von Bagnoregio (1221–1274), ein
Gelehrter, der ab 1257 Generalminister des Ordens war und dem an einem
bestimmten Franziskusbild gelegen war. Die Streitigkeiten innerhalb des
Ordens um die richtige Armutspraxis und die Strenge der Ordensregel sollte
durch eine einheitliche und verbindliche Biographie behoben werden. Darum
ordnete das Generalkapitel der Franziskaner unter der Leitung Bonaventuras
1266 in Paris schließlich die Vernichtung aller vorherigen
Franziskus-Biographien an. Die absolute Vernichtung gelang zwar nicht, die
Zensur hatte aber immerhin zum Erfolg, dass die erste Franziskus-Biografie
des Celano erst 1768 gedruckt erschien, seine zweite erst 1880.[16]
Bonaventura verfasste die Legenda major 1260-1262. Gleichzeitig schrieb er
eine gekürzte Fassung, die Legenda minor, die für die Lesung im Chorgebet
der Brüder bestimmt war.[17] Die Legenda verwendet alle früheren
Biographien als Quellen, dazu kommen einige wenige Augenzeugenberichte von
Brüdern. Die Sondertraditionen der früheren Legenden ließ Bonaventura
jedoch aus. Das Urteil über die Franziskusbiografien des Bonaventura ist
teilweise vernichtend, so nennt Adolf Holl sie „stark geglättet“ und
urteilt in seiner 1979 erschienenen Franz-Biografie schließlich: „Die
Bonaventura-Biographie, jahrhundertelang die einzige offiziell
zugelassene, ist historisch wertlos. Sie bringt gegenüber den älteren
Quellen“ – gemeint sind die Celano-Biografien und die Dreigefährtenlegende
der schon erwähnten Brüder Leo, Rufino und Angelo – „wenig neues Material
und unterschlägt so ziemlich alles, was Franz interessant macht.“[18]
Bartholomäus von Pisa verfasste Ende des 14. Jahrhunderts „Über die
Gleichförmigkeit des Lebens des seligen Franziskus mit dem Leben des Herrn
Jesus“ (De conformitate vitae Beati Francisci ad vitam Domini Jesu).
Weitere legendenhafte Darstellungen des Franziskuslebens sind die Legenda
Perusina, der Bund des heiligen Franziskus mit der Herrin Armut, das
Speculum perfectionis sowie die Fioretti (Blümlein des Hl. Franziskus).
Wirkung
Franziskus predigt zu den Vögeln (Darstellung
einer Legende aus den Fioretti von Giotto di Bondone, um 1295)
Im Laufe der Jahrhunderte orientierten sich zahlreiche franziskanische
Orden an Franziskus und seiner spirituellen Gefährtin Klara von Assisi.
Überhaupt gingen aus der Armutsbewegung des Mittelalters viele kleine
religiöse Gemeinschaften hervor, etwa die Beginen (die aufgrund ihrer Nähe
zu Ketzern mit Argwohn betrachtet und später verboten wurden); viele
dieser Gemeinschaften schlossen sich, um einem Verbot zu entgehen, der
franziskanischen Regel an, weil diese ihrem Selbstverständnis am ehesten
entsprach. Als sich im 19. Jahrhundert neue Ordensgemeinschaften der
wachsenden sozialen Not annahmen, wurden Dritte Orden wie die
Franziskanische Gemeinschaft besonders wichtig. Mit ihren
zusammengerechnet Zehntausenden von Mitgliedern stellt die franziskanische
Ordensfamilie die größte Ordensbewegung der Römisch-Katholischen Kirche
dar.
Franziskus hat der Legende nach 1223 in Greccio das erste Mal das
Weihnachtsevangelium in Form einer lebenden Krippe darstellen lassen. Dass
die Heilige Messe in Anwesenheit von Tieren und in einer Stallhöhle über
einer echten Krippe gefeiert wurde, zeigt den Sinn des Franziskus für
Anschaulichkeit und Theatralik. Dies war als Abwandlung der im Mittelalter
verbreiteten Mysterienspiele eine Neuerung, die in vereinfachter Form
(beispielsweise durch bildliche oder figürliche Darstellungen) in die
Andachtsübungen vieler Klöster übernommen wurde. Jahrhundertelang dienten
Krippendarstellungen den Franziskanern wie auch den Jesuiten als
anschauliches Material für die Katechese. Der Brauch, an Weihnachten eine
Krippe aufzustellen, hat sich inzwischen über die ganze Welt verbreitet.
Franz von Assisi gilt vielen wegen legendärer Erzählungen von der
Vogelpredigt oder vom Wolf von Gubbio als erster Tierschützer. Daher wird
am 4. Oktober der Welttierschutztag begangen. Darüber hinaus wurde Franz
1980 von Johannes Paul II. zum Patron des Umweltschutzes und der Ökologie
ernannt. Deshalb gilt Franz von Assisi auch als Schutzpatron der
Tierärzte. Es wird dabei übersehen, dass es den Autoren der Legenden nicht
um die Tiere, sondern um das Verhalten des Franziskus ging. Die in den
Legenden geschilderte Haltung des Franziskus kann jedoch im Sinne seiner
Friedfertigkeit gegenüber der gesamten Schöpfung theologisch interpretiert
werden.
Franziskus wurde 1939 von Papst Pius XII. zum Nationalheiligen
Italiens ernannt.
In der frühen Literatur wird Franziskus oft Poverello (der kleine Arme)
genannt. Die Biographien nennen ihn gelegentlich auch Seraphicus oder
Pater seraphicus (seraphischer Vater); diese Namen spielen darauf an, dass
Franz in der Legende einen sechsflügeligen Engel, einen sogenannten Seraph
sah, als er stigmatisiert wurde.
Rezeption
Die Exzentrizität des Franziskus hat immer wieder Menschen angeregt, sich
mit seiner Person zu beschäftigen. Dabei haben nicht nur religiöse
Menschen sich von seinem Leben inspirieren lassen, sondern auch viele
Künstler und Schriftsteller.
Während aus den frühen Biographien (Thomas von Celano, Bonaventura) bei
aller hagiographischen Überhöhung noch ein historischer Kern herauszuheben
ist, zeichnen die späteren Legenden wie die Fioretti und die Legenda
Perusina ein sehr extremes, heute als kitschig empfundenes Franziskusbild.
Die starke Verbreitung der Fioretti als Andachtsbuch im 19. und 20.
Jahrhundert hat das Bild des Franziskus in der Bevölkerung lange geprägt.
In den letzten Jahrzehnten versuchen viele Autoren, ein gemäßigteres,
menschlicheres und weniger legendenhaftes Bild von der Person des
Franziskus zu vermitteln.
Neben nicht-fiktionalen Veröffentlichungen von Forschern, die aus einer
wissenschaftlichen Quellenkritik heraus versuchen, den historischen Kern
der legendenhaften Biographien zu erschließen, gibt es auch neuere
fiktionale Texte, die sein Leben deuten. Zu den Autoren, die seit 1900
Franziskus-Romane veröffentlichten, gehören Hermann Hesse (Franz von
Assisi, 1904), Felix Timmermans (Franziskus, 1932), Riccardo Bacchelli (Du
bist mein Vater nicht mehr, 1956), Nikos Kazantzakis (Mein Franz von
Assisi, 1956), Luise Rinser (Bruder Feuer, 1975) und Julien Green (Bruder
Franz, 1983).
Diese Romane gehen sehr unterschiedlich mit dem durch die Quellen
gegebenen Material um. Die Lebensbeschreibung des Felix Timmermans ist
stark vom süßlichen, innerlichen und romantisch verklärten Stil der
Legenden, vor allem der Fioretti, beeinflusst. Timmermans geht es vor
allem darum, die Mystik im Leben des Heiligen darzustellen. Luise Rinser
dagegen versetzt die Lebensgeschichte Franz von Assisis in die heutige
Zeit. Seine Gemeinschaft wird darin von den gutbürgerlichen Zeitgenossen
als eine Mischung aus Hippiebewegung, „Zigeunerpack“ und esoterischer
Sekte angesehen. Die daraus resultierenden Konflikte lässt Rinser von
einem Journalisten aufzeichnen und kommentieren. Die Autorin schreibt
dazu: „Da ich Franz so darstelle, als lebte er heute, habe ich auch eine
in unsere Zeit passende Form und die nüchterne Sprache eines skeptischen
Zeitungsreporters gewählt. Im ganzen versuche ich etwa das zu tun, was ein
Pop-Musiker tut, wenn er eine Partita von Bach für unseren heutigen
Geschmack ändert: die Partita bleibt, aber sie klingt anders, da neue,
elektronische Instrumente verwendet werden und der Rhythmus ein andrer
ist. Man kann also sagen, ich habe eine Verpopung der Geschichte des
Franziskus von Assisi versucht.“[19]
Der angehende Franziskaner-Pater Siegfried Schneider war auch literarisch
stark von Leben und Vorbild Franz von Assisis geprägt – nicht zuletzt
durch das Motiv der Krippe von Greccio. Schneider verfasste unter anderem
das Festspiel Ritter Franzens Brautfahrt. Die mystische Vermählung des
heiligen Franziskus von Assisi mit der Herrin Armut (1921).
Auch als Spielfilm wurde das Leben des Franziskus mehrmals umgesetzt.
Bekannt sind die Filme:
Franziskus, der Gaukler Gottes (Francesco, giullare di Dio) unter der
Regie von Roberto Rossellini aus dem Jahr 1951,
Franz von Assisi unter der Regie von Michael Curtiz aus dem Jahr 1961,
Bruder Sonne, Schwester Mond unter der Regie von Franco Zeffirelli aus
dem Jahr 1972 (Donovan adaptierte Franziskus' Sonnengesang für das
Titellied des Films) sowie
Franziskus unter der Regie von Liliana Cavani aus dem Jahr 1989.
Im Jahr 2008 thematisierte die Politikwissenschaft Franz von Assisi als
„Zeitgenosse für eine andere Politik“ und diskutierte die „politische
Aktualität des Lebensentwurfs“. Sein Leben könne für die heutige Zeit ein
Regulativ sein, nicht nur im religiösen Sinne, sondern auch
lebenspraktisch für einen weltlichen Humanismus. Bereiche, in denen Franz
als Vorbild dienen könnte, seien die Einheit von Theorie und Praxis, der
Respekt vor jedem Leben, die materielle Armut versus dem Reichtum
kulturellen Schaffens sowie die Bildung von und Teilnahme an lokalen und
regionalen Assoziationen („Assoziation“ hier im Sinne von Vereinigung,
Bürgerinitiative[20]).[21]
Darstellung in der bildenden Kunst
Hl. Franziskus (Ausschnitt aus einem Fresko von Cimabue, Assisi)
Der Ordensgründer Franziskus von Assisi (Tafelbild von Guido di Graciano,
nach 1270, Siena, Pinacoteca Nazionale), mit seiner Art, das Zingulum zu
tragen, gab dem Franziskanerknoten seinen Namen
Franziskus verwendete häufig das Tau-Kreuz als Segenszeichen. Er zeichnete
es beispielsweise an Gebäude und unterzeichnete damit seine Briefe. Das
Tau wird darum auch als Symbol der franziskanischen Ordensfamilie
verwendet. In der Bildenden Kunst wird Franz von Assisi oft dargestellt
mit Kruzifix, Totenkopf, auf seinem Arm sitzenden Tauben, Lamm und Wolf.
Damit sollen seine Büßerhaltung (Kruzifix, Totenkopf) oder seine
friedfertige und einfache Geisteshaltung (Taube, Lamm) ausgedrückt werden.
Gern werden auch die Legenden um den Heiligen künstlerisch dargestellt.
Die Fresken von Giotto di Bondone in der Oberkirche von San Francesco in
Assisi sind die frühesten Beispiele, die einen Zyklus von Legenden aus
seiner Lebensbeschreibung darstellen. Giotto greift dabei auf Legenden aus
den Biographien von Thomas von Celano und Bonaventura von Bagnoregio
zurück. Bemerkenswert sind seine perspektivischen Darstellungen und die
Rolle, die Architektur und Landschaft auch für den symbolischen Gehalt
seiner Bilder spielen. Die Legenden sind im Kirchenraum so angeordnet,
dass sie einen theologischen Bezug zu den darüber dargestellten Szenen aus
dem Alten und Neuen Testament erkennen lassen.