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Einleitung
1. « SPE SALVI facti sumus » – auf
Hoffnung hin sind wir gerettet, sagt Paulus den Römern und uns (Röm
8, 24). Die "Erlösung", das Heil ist nach christlichem Glauben nicht einfach
da. Erlösung ist uns in der Weise gegeben, daß uns Hoffnung geschenkt wurde,
eine verläßliche Hoffnung, von der her wir unsere Gegenwart bewältigen
können: Gegenwart, auch mühsame Gegenwart, kann gelebt und angenommen
werden, wenn sie auf ein Ziel zuführt und wenn wir dieses Ziels gewiß sein
können; wenn dies Ziel so groß ist, daß es die Anstrengung des Weges
rechtfertigt. Nun drängt sich sogleich die Frage auf: Welcher Art ist denn
diese Hoffnung, die es gestattet zu sagen, von ihr her und weil es sie gibt,
seien wir erlöst? Und welcher Art Gewißheit gibt es da?
Glaube ist Hoffnung
2. Bevor wir diesen unseren heutigen Fragen
nachgehen, müssen wir noch etwas genauer auf das Zeugnis der Bibel über die
Hoffnung hinhören. Hoffnung ist in der Tat ein Zentralwort des biblischen
Glaubens; so sehr, daß die Wörter Glaube und Hoffnung an verschiedenen
Stellen als austauschbar erscheinen. So verbindet der Brief an die
Hebräer die "Fülle des Glaubens" (10, 22) und "das unwandelbare
Bekenntnis der Hoffnung" (10, 23) ganz eng miteinander. Auch wenn der
Erste Petrus-Brief die Christen dazu auffordert, jederzeit zur Antwort
bereit zu sein über den Logos – den Sinn und Grund – ihrer Hoffnung (vgl. 3,
15), ist "Hoffnung" gleichbedeutend mit "Glaube". Wie sehr die Beschenkung
mit einer verläßlichen Hoffnung das Bewußtsein der frühen Christen
bestimmte, zeigt sich auch, wo die christliche Existenz mit dem Leben vor
dem Glauben oder der Situation der Anhänger anderer Religionen verglichen
wird. Paulus erinnert die Epheser daran, wie sie vor ihrer Begegnung mit
Christus "ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt" waren (Eph 2, 12).
Natürlich weiß er, daß sie Götter hatten, daß sie Religion hatten, aber ihre
Götter waren fragwürdig geworden, und von ihren widersprüchlichen Mythen
ging keine Hoffnung aus. Trotz der Götter waren sie "ohne Gott" und daher in
einer dunklen Welt, vor einer dunklen Zukunft. "In nihil ab nihilo quam
cito recidimus" (Wie schnell fallen wir vom Nichts ins Nichts zurück)[1]
heißt eine Grabschrift jener Zeit, in der das Bewußtsein unbeschönigt
erscheint, auf das Paulus anspielt. Im gleichen Sinn sagt er zu den
Thessalonichern: Ihr sollt nicht traurig sein "wie die anderen, die keine
Hoffnung haben" (1 Thess 4, 13). Auch hier erscheint es als das
Unterscheidende der Christen, daß sie Zukunft haben: Nicht als ob sie im
einzelnen wüßten, was ihnen bevorsteht; wohl aber wissen sie im ganzen, daß
ihr Leben nicht ins Leere läuft. Erst wenn Zukunft als positive Realität
gewiß ist, wird auch die Gegenwart lebbar. So können wir jetzt sagen:
Christentum war nicht nur "gute Nachricht" – eine Mitteilung von bisher
unbekannten Inhalten. Man würde in unserer Sprache sagen: Die christliche
Botschaft war nicht nur "informativ", sondern "performativ" – das heißt: Das
Evangelium ist nicht nur Mitteilung von Wißbarem; es ist Mitteilung, die
Tatsachen wirkt und das Leben verändert. Die dunkle Tür der Zeit, der
Zukunft, ist aufgesprengt. Wer Hoffnung hat, lebt anders; ihm ist ein neues
Leben geschenkt worden.
3. Aber nun wird die Frage dringend: Worin
besteht diese Hoffnung, die als Hoffnung "Erlösung" ist? Nun, der Kern der
Antwort ist in der eben angeführten Stelle aus dem Epheser-Brief
angegeben: Die Epheser waren vor der Begegnung mit Christus hoffnungslos,
weil sie "ohne Gott in der Welt" waren. Gott kennenlernen – den wahren Gott,
das bedeutet Hoffnung empfangen. Für uns, die wir seit je mit dem
christlichen Gottesbegriff leben und ihm gegenüber abgestumpft sind, ist der
Besitz der Hoffnung, der von der realen Begegnung mit diesem Gott ausgeht,
kaum noch wahrnehmbar. Ein Beispiel einer Heiligen unserer Zeit mag ein
wenig verdeutlichen, was es heißt, diesem Gott erstmals und wirklich zu
begegnen. Ich denke an die von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochene
Afrikanerin Giuseppina Bakhita. Sie war ungefähr – das genaue Datum kannte
sie nicht – 1869 in Darfur im Sudan geboren. Mit neun Jahren wurde sie von
Sklavenhändlern entführt, blutig geschlagen und fünfmal auf den
Sklavenmärkten des Sudan verkauft. Zuletzt war sie als Sklavin der Mutter
und der Gattin eines Generals in Diensten und wurde dabei täglich bis aufs
Blut gegeißelt, wovon ihr lebenslang 144 Narben verblieben. 1882 wurde sie
schließlich von einem italienischen Händler für den italienischen Konsul
Callisto Legnani gekauft, der angesichts des Vormarschs der Mahdisten nach
Italien zurückkehrte. Hier lernte Bakhita schließlich nach so schrecklichen
"Patronen", denen sie bisher unterstanden war, einen ganz anderen "Patron"
kennen – "Paron" nannte sie in dem venezianischen Dialekt, den sie nun
lernte, den lebendigen Gott, den Gott Jesu Christi. Bisher hatte sie nur
Patrone gekannt, die sie verachteten und mißhandelten oder bestenfalls als
nützliche Sklavin betrachteten. Aber nun hörte sie, daß es einen "Paron"
über allen Patronen gibt, den Herrn aller Herren und daß dieser Herr gut
ist, die Güte selbst. Sie erfuhr, daß dieser Herr auch sie kennt, auch sie
geschaffen hat – ja, daß er sie liebt. Auch sie war geliebt, und zwar von
dem obersten Patron, vor dem alle anderen Patrone auch nur selber armselige
Diener sind. Sie war gekannt und geliebt und wurde erwartet. Ja, dieser
Patron hatte selbst das Schicksal des Geschlagenwerdens auf sich genommen
und wartete nun "zur Rechten des Vaters" auf sie. Nun hatte sie "Hoffnung" –
nicht mehr bloß die kleine Hoffnung, weniger grausame Herren zu finden,
sondern die große Hoffnung: Ich bin definitiv geliebt, und was immer mir
geschieht – ich werde von dieser Liebe erwartet. Und so ist mein Leben gut.
Durch diese Hoffnungserkenntnis war sie "erlöst", nun keine Sklavin mehr,
sondern freies Kind Gottes. Sie verstand, was Paulus sagte, wenn er die
Epheser daran erinnerte, daß sie vorher ohne Hoffnung und ohne Gott in der
Welt gewesen waren – ohne Hoffnung, weil ohne Gott. So weigerte sie sich,
als man sie wieder in den Sudan zurückbringen wollte; sie war nicht bereit,
sich von ihrem "Patron" noch einmal trennen zu lassen. Am 9. Januar 1890
wurde sie getauft und gefirmt und empfing die erste heilige Kommunion aus
der Hand des Patriarchen von Venedig. Am 8. Dezember 1896 legte sie in
Verona die Gelübde der Canossa-Schwestern ab und hat von da an – neben ihren
Arbeiten in der Sakristei und an der Klosterpforte – vor allem in
verschiedenen Reisen in Italien zur Mission zu ermutigen versucht: Die
Befreiung, die sie selbst durch die Begegnung mit dem Gott Jesu Christi
empfangen hatte, die mußte sie weitergeben, die mußte auch anderen,
möglichst vielen, geschenkt werden. Die Hoffnung, die ihr geworden war und
sie "erlöst" hatte, durfte sie nicht für sich behalten; sie sollte zu
vielen, zu allen kommen.
Das Verständnis der Hoffnung des Glaubens
im Neuen Testament und in der frühen Kirche
4. Kehren wir noch einmal in die frühe Kirche
zurück, bevor wir uns der Frage stellen: Kann die Begegnung mit dem Gott,
der uns in Christus sein Gesicht gezeigt und sein Herz aufgetan hat, auch
für uns mehr als "informativ", nämlich "performativ" sein, das heißt das
Leben umgestalten, so daß wir uns erlöst wissen durch die Hoffnung, die sie
bedeutet. Es ist nicht schwer zu sehen, daß die Erfahrung der kleinen
afrikanischen Sklavin Bakhita auch die Erfahrung vieler geschlagener und zum
Sklavendienst verurteilter Menschen in der Zeit des werdenden Christentums
gewesen ist. Das Christentum hatte keine sozialrevolutionäre Botschaft
gebracht, etwa wie die, mit der Spartakus in blutigen Kämpfen gescheitert
war. Jesus war nicht Spartakus, er war kein Befreiungskämpfer wie Barabbas
oder Bar-Kochba. Was Jesus, der selbst am Kreuz gestorben war, gebracht
hatte, war etwas ganz anderes: die Begegnung mit dem Herrn aller Herren, die
Begegnung mit dem lebendigen Gott und so die Begegnung mit einer Hoffnung,
die stärker war als die Leiden der Sklaverei und daher von innen her das
Leben und die Welt umgestaltete. Was neu geworden war, wird am deutlichsten
im Brief des heiligen Paulus an Philemon. Dies ist ein ganz
persönlicher Brief, den Paulus im Gefängnis schreibt und dem davongelaufenen
Sklaven Onesimus für seinen Herrn – eben Philemon – mitgibt. Ja, Paulus
schickt den zu ihm geflohenen Sklaven an seinen Herrn zurück, nicht
befehlend, sondern bittend: "Ich bitte dich sehr für mein Kind Onesimus, dem
ich im Gefängnis zum Vater geworden bin [...] Ich schicke ihn zu dir zurück,
das bedeutet mein eigenes Herz [...] Vielleicht wurde er nur deshalb eine
Weile von dir getrennt, damit du ihn für ewig zurückerhältst, nicht mehr als
Sklaven, sondern weit mehr: als geliebten Bruder" (Phlm 10-16). Die
Menschen, die ihrem zivilen Status nach sich als Herren und Sklaven
gegenüberstehen, sind als Glieder der einen Kirche einander Brüder und
Schwestern geworden – so redeten sich die Christen an; sie waren durch die
Taufe neu geboren, mit dem gleichen Geist getränkt und empfingen
nebeneinander und miteinander den Leib des Herrn. Das änderte, auch wenn die
äußeren Strukturen gleich blieben, von innen her die Gesellschaft. Wenn der
Hebräer-Brief davon redet, daß die Christen hier keine bleibende
Stadt haben, sondern die künftige suchen (vgl. Hebr 11, 13-16;
Phil 3, 20), so ist dies alles andere als Vertröstung auf die Zukunft:
Die gegenwärtige Gesellschaft wird von den Christen als uneigentliche
Gesellschaft erkannt; sie gehören einer neuen Gesellschaft zu, zu der sie
miteinander unterwegs sind und die in ihrer Wanderschaft antizipiert wird.
5. Wir müssen noch einen weiteren
Gesichtspunkt hinzunehmen. Der Erste Korinther-Brief (1, 18-31) zeigt
uns, daß ein großer Teil der frühen Christen den niedrigen sozialen
Schichten zugehörte und so gerade der Erfahrung der neuen Hoffnung
zugänglich war, wie sie uns am Beispiel Bakhitas begegnet ist. Aber es hat
doch auch von Anfang an Bekehrungen in aristokratischen und gebildeten
Schichten gegeben. Denn gerade auch sie lebten "ohne Hoffnung und ohne Gott
in der Welt". Der Mythos hatte seine Glaubwürdigkeit verloren; die römische
Staatsreligion war zum bloßen Zeremoniell erstarrt, das gewissenhaft
ausgeführt wurde, aber eben nur noch "politische Religion" war. Die
philosophische Aufklärung hatte die Götter in den Bereich des Unwirklichen
verwiesen. Das Göttliche wurde in verschiedenen Weisen in den kosmischen
Mächten gesehen, aber einen Gott, zu dem man beten konnte, gab es nicht.
Paulus schildert die wesentliche Problematik der damaligen Religion durchaus
sachgerecht, wenn er dem "Leben gemäß Christus" ein Leben "unter der
Herrschaft der Elemente des Kosmos" entgegenstellt (vgl. Kol 2, 8).
In diesem Zusammenhang kann ein Text des heiligen Gregor von Nazianz
erhellend sein. Er sagt, daß in dem Augenblick, in dem die vom Stern
geführten Magier den neuen König Christus anbeteten, das Ende der Astrologie
gekommen war, da die Sterne jetzt die von Christus bestimmte Bahn laufen.[2]
In der Tat ist in dieser Szene das Weltbild von damals umgekehrt, das auf
andere Weise auch heute wieder bestimmend ist. Nicht die Elemente des
Kosmos, die Gesetze der Materie, herrschen letztlich über die Welt und über
den Menschen, sondern ein persönlicher Gott herrscht über die Sterne, das
heißt über das All; nicht die Gesetze der Materie und der Evolution sind die
letzte Instanz, sondern Verstand, Wille, Liebe – eine Person. Und wenn wir
diese Person kennen, sie uns kennt, dann ist wirklich die unerbittliche
Macht der materiellen Ordnungen nicht mehr das Letzte; dann sind wir nicht
Sklaven des Alls und seiner Gesetze, dann sind wir frei. Ein solches
Bewußtsein hat die suchenden und lauteren Geister der Antike bestimmt. Der
Himmel ist nicht leer. Das Leben ist nicht bloßes Produkt der Gesetze und
des Zufalls der Materie, sondern in allem und zugleich über allem steht ein
persönlicher Wille, steht Geist, der sich in Jesus als Liebe gezeigt hat.[3]
6. Die frühchristlichen Sarkophage stellen
diese Erkenntnis bildlich dar – angesichts des Todes, vor dem die Frage nach
dem, was Leben bedeutet, unausweichlich wird. Die Gestalt Christi wird auf
den frühen Sarkophagen vor allem in zwei Bildern ausgelegt: der Philosoph
und der Hirte. Unter Philosophie verstand man damals gemeinhin nicht eine
schwierige akademische Disziplin, wie sie sich heute darstellt. Der
Philosoph war vielmehr derjenige, der die wesentliche Kunst zu lehren wußte:
die Kunst, auf rechte Weise ein Mensch zu sein – die Kunst zu leben und zu
sterben. Den Menschen war freilich längst bewußt geworden, daß viele von
denen, die als Philosophen, als Lehrer des Lebens herumliefen, nur
Scharlatane waren, die sich mit ihren Worten Geld verdienten und über das
wahre Leben gar nichts zu sagen hatten. Um so mehr suchte man nach dem
wahren Philosophen, der wirklich den Weg zum Leben zeigen konnte. Ende des
dritten Jahrhunderts begegnet uns erstmals in Rom auf einem Kindersarkophag
im Zusammenhang der Auferweckung des Lazarus die Gestalt Christi als des
wahren Philosophen, der in der einen Hand das Evangelium, in der anderen den
Wanderstab des Philosophen hält. Mit diesem seinem Stab überwindet er den
Tod; das Evangelium bringt die Wahrheit, nach der die Wanderphilosophen
vergeblich gesucht hatten. In diesem Bild, das sich dann über lange Zeit in
der Sarkophagkunst gehalten hat, wird anschaulich, was gebildete wie
einfache Menschen in Christus fanden: Er sagt uns, wer der Mensch wirklich
ist und was er tun muß, um wahrhaft ein Mensch zu sein. Er zeigt uns den
Weg, und dieser Weg ist die Wahrheit. Er selbst ist beides und daher auch
das Leben, nach dem wir alle Ausschau halten. Er zeigt auch den Weg über den
Tod hinaus; erst wer das kann, ist ein wirklicher Meister des Lebens. Dies
Gleiche wird im Bild des Hirten anschaulich. Wie beim Bild des Philosophen,
so konnte die frühe Kirche auch bei der Gestalt des Hirten an bestehende
Vorbilder römischer Kunst anknüpfen. Der Hirte war dort weitgehend Ausdruck
des Traums vom heiteren und einfachen Leben, nach dem sich die Menschen in
der Wirrnis der Großstadt sehnten. Nun wurde das Bild von einem neuen
Hintergrund her gelesen, der ihm einen tieferen Inhalt gab: "Der Herr ist
mein Hirte. Nichts wird mir fehlen. Muß ich auch wandern in finsterer
Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir..." (Ps 23
[22], 1.4). Der wirkliche Hirt ist derjenige, der auch den Weg durch das Tal
des Todes kennt; der auf der Straße der letzten Einsamkeit, in der niemand
mich begleiten kann, mit mir geht und mich hindurchführt: Er hat sie selbst
durchschritten, diese Straße; ist hinabgestiegen in das Reich des Todes, hat
ihn besiegt und ist wiedergekommen, um uns nun zu begleiten und uns
Gewißheit zu geben, daß es mit ihm zusammen einen Weg hindurch gibt. Dieses
Bewußtsein, daß es den gibt, der auch im Tod mich begleitet und mit seinem
"Stock und Stab mir Zuversicht" gibt, so daß ich "kein Unheil zu fürchten"
brauche (Ps 23 [22], 4) – dies war die neue "Hoffnung", die über dem
Leben der Glaubenden aufging.
7. Wir müssen noch einmal zum Neuen Testament
zurückkehren. Im 11. Kapitel des Hebräer-Briefes (Vers 1) findet sich
eine Art Definition des Glaubens, die ihn eng mit der Hoffnung verwebt. Um
das zentrale Wort dieses Satzes ist seit der Reformation ein Streit der
Ausleger entstanden, in dem sich in jüngster Zeit wieder der Ausweg auf ein
gemeinsames Verstehen hin zu öffnen scheint. Ich lasse dieses Zentralwort
zunächst unübersetzt. Dann lautet der Satz: "Glaube ist Hypostase dessen,
was man hofft; der Beweis von Dingen, die man nicht sieht." Für die Väter
und für die Theologen des Mittelalters war klar, daß das griechische Wort
hypostasis im Lateinischen mit substantia zu übersetzen war. So
lautet denn auch die in der alten Kirche entstandene lateinische Übertragung
des Textes: "Est autem fides sperendarum substantia rerum, argumentum non
apparentium" – der Glaube ist die "Substanz" der Dinge, die man erhofft;
Beweis für nicht Sichtbares. Thomas von Aquin [4]
erklärt das, indem er sich der Terminologie der philosophischen Tradition
bedient, in der er steht, so: Der Glaube ist ein "habitus", das heißt
eine dauernde Verfaßtheit des Geistes, durch die das ewige Leben in uns
beginnt und der den Verstand dahin bringt, solchem beizustimmen, was er
nicht sieht. Der Begriff der "Substanz" ist also dahin modifiziert, daß in
uns durch den Glauben anfanghaft, im Keim könnten wir sagen – also der
"Substanz" nach –, das schon da ist, worauf wir hoffen: das ganze, das
wirkliche Leben. Und eben darum, weil die Sache selbst schon da ist, schafft
diese Gegenwart des Kommenden auch Gewißheit: Dies Kommende ist noch nicht
in der äußeren Welt zu sehen (es "erscheint" nicht), aber dadurch, daß wir
es in uns als beginnende und dynamische Wirklichkeit tragen, entsteht schon
jetzt Einsicht. Luther, dem der Hebräer-Brief an sich nicht besonders
sympathisch war, konnte mit dem Begriff "Substanz" im Zusammenhang seiner
Sicht von Glauben nichts anfangen. Er hat daher das Wort
Hypostase/Substanz nicht im objektiven Sinn (anwesende Realität in uns),
sondern im subjektiven Sinn, als Ausdruck einer Haltung verstanden und dann
natürlich auch das Wort argumentum als Haltung des Subjekts verstehen
müssen. Diese Auslegung hat sich – jedenfalls in Deutschland – im 20.
Jahrhundert auch in der katholischen Exegese durchgesetzt, so daß die von
den Bischöfen gebilligte Einheitsübersetzung des Neuen Testaments schreibt:
"Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von dem,
was man nicht sieht." Das ist an sich nicht falsch, entspricht aber nicht
dem Sinn des Textes, denn das verwendete griechische Wort (elenchos)
hat nicht die subjektive Bedeutung von "Überzeugung", sondern die objektive
Wertigkeit von "Beweis". Darum ist die neuere evangelische Exegese mit Recht
zu einer anderen Auffassung gelangt: "Es kann aber jetzt nicht mehr
zweifelhaft sein, daß diese klassisch gewordene protestantische Auslegung
unhaltbar ist".[5]
Der Glaube ist nicht nur ein persönliches Ausgreifen nach Kommendem, noch
ganz und gar Ausständigem; er gibt uns etwas. Er gibt uns schon jetzt etwas
von der erwarteten Wirklichkeit, und diese gegenwärtige Wirklichkeit ist es,
die uns ein "Beweis" für das noch nicht zu Sehende wird. Er zieht Zukunft in
Gegenwart herein, so daß sie nicht mehr das reine Noch- nicht ist. Daß es
diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen
berührt, und so überschreitet sich Kommendes in Jetziges und Jetziges in
Kommendes hinein.
8. Diese Auslegung wird noch verstärkt und
auf die Praxis hin ausgeweitet, wenn wir den 34. Vers des 10. Kapitels im
Hebräer-Brief ansehen, der in einem sprachlichen und inhaltlichen
Zusammenhang mit dieser Definition des hoffenden Glaubens steht, sie
vorbereitet. Der Verfasser spricht hier zu Gläubigen, die die Erfahrung der
Verfolgung mitgemacht haben und sagt zu ihnen: "Ihr habt mit den Gefangenen
gelitten und auch den Raub eures Vermögens (hyparchonton – Vg:
bonorum; italienische Übersetzung: sostanza) freudig hingenommen,
da ihr wußtet, daß ihr einen besseren Besitz (hyparxin – Vg:
substantiam; italienisch: beni migliori) habt, der euch bleibt."
Hyparchonta sind der Besitz, das, was beim irdischen Leben "Unterhalt",
eben Basis, "Substanz" des Lebens ist, auf die man sich verläßt. Diese
"Substanz", die gewöhnliche Lebenssicherung ist den Christen in der
Verfolgung genommen worden. Sie ertrugen dies, weil sie diese materielle
Substanz ohnedies als fragwürdig ansahen. Sie konnten sie lassen, weil sie
nun eine bessere "Basis" ihrer Existenz gefunden hatten – eine, die bleibt
und die einem niemand wegnehmen kann. Die Querverbindung zwischen diesen
beiden Arten von "Substanz", von Unterhalt und materieller Basis hin zum
Wort vom Glauben als "Basis", als "Substanz", die bleibt, ist nicht zu
übersehen. Der Glaube gibt dem Leben eine neue Basis, einen neuen Grund, auf
dem der Mensch steht, und damit wird der gewöhnliche Grund, eben die
Verläßlichkeit des materiellen Einkommens relativiert. Es entsteht eine neue
Freiheit gegenüber diesem nur scheinbar tragenden Lebensgrund, dessen
normale Bedeutung damit natürlich nicht geleugnet ist. Diese neue Freiheit,
das Wissen um die neue "Substanz", die uns geschenkt wurde, hat sich nicht
nur im Martyrium gezeigt, in dem Menschen der Allmacht der Ideologie und
ihrer politischen Organe widerstanden und so mit ihrem Tod die Welt erneuert
haben. Sie hat sich vor allem in den großen Verzichten von den Mönchen des
Altertums hin zu Franz von Assisi und zu den Menschen unserer Zeit gezeigt,
die in den neuzeitlichen Ordensbewegungen für Christus alles gelassen haben,
um Menschen den Glauben und die Liebe Christi zu bringen, um körperlich und
seelisch leidenden Menschen beizustehen. Da hat sich die neue "Substanz"
wirklich als "Substanz" bewährt, ist aus der Hoffnung dieser von Christus
berührten Menschen Hoffnung für andere geworden, die im Dunkel und ohne
Hoffnung lebten. Da hat sich gezeigt, daß dieses neue Leben wirklich
"Substanz" hat und "Substanz" ist, die anderen Leben schafft. Für uns, die
wir auf diese Gestalten hinschauen, ist dieses ihr Tun und Leben in der Tat
ein "Beweis", daß das Kommende, die Verheißung Christi, nicht nur Erwartung,
sondern wirkliche Gegenwart ist: daß er wirklich der "Philosoph" und der
"Hirte" ist, der uns zeigt, was und wo Leben ist.
9. Um diese Betrachtung über die beiden
Weisen von Substanz – hypostasis und hyparchonta – und die
zwei Weisen des Lebens, die damit ausgedrückt sind, tiefer zu verstehen,
müssen wir noch zwei zugehörige Wörter kurz bedenken, die sich im 10.
Kapitel des Hebräer-Briefs finden. Es handelt sich um die Worte
hypomone (10, 36) und hypostole (10, 39). Hypomone wird
gewöhnlich mit "Geduld" übersetzt – Ausdauer, Standhalten. Dieses
Wartenkönnen im geduldigen Ertragen der Prüfung ist notwendig für den
Gläubigen, damit er "das verheißene Gut erlangt" (10, 36). In der
frühjüdischen Frömmigkeit ist dieses Wort ausdrücklich für das Warten auf
Gott verwendet worden, das für Israel charakteristisch ist: für dieses
Aushalten bei Gott von der Gewißheit des Bundes her in einer Welt, die Gott
widerspricht. Es bezeichnet so gelebte Hoffnung, Leben aus der
Hoffnungsgewißheit heraus. Im Neuen Testament gewinnt dieses Warten auf
Gott, dieses Stehen zu Gott eine neue Bedeutung: Gott hat sich in Christus
gezeigt. Er hat uns schon die "Substanz" des Kommenden mitgeteilt, und so
erhält das Warten auf Gott eine neue Gewißheit. Es ist Warten auf Kommendes
von einer schon geschenkten Gegenwart her. Es ist Warten in der Gegenwart
Christi, mit dem gegenwärtigen Christus auf das Ganzwerden seines Leibes,
auf sein endgültiges Kommen hin. Mit Hypostole hingegen ist das
Sich-Zurückziehen gemeint, das nicht wagt, offen und frei die vielleicht
gefährliche Wahrheit zu sagen. Dieses Sich-Verstecken vor den Menschen aus
dem Geist der Menschenfurcht heraus führt zum "Verderben" (Hebr 10,
39). "Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den
Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit" – so charakterisiert
demgegenüber der Zweite Timotheus-Brief (1, 7) mit einem schönen Wort
die Grundhaltung des Christenmenschen.
Ewiges Leben – was ist das?
10. Mit alledem haben wir über den Glauben
und die Hoffnung des Neuen Testaments und der frühen Christenheit
gesprochen, aber es ist doch immer auch sichtbar geworden, daß wir nicht von
bloß Vergangenem reden, sondern daß dies alles mit dem Leben und Sterben des
Menschen überhaupt, also auch mit uns hier und heute zu tun hat. Dennoch
müssen wir nun ganz ausdrücklich fragen: Ist christlicher Glaube auch für
uns heute Hoffnung, die unser Leben verwandelt und trägt? Ist er für uns
"performativ" – eine Kunde, die das Leben selbst neu gestaltet, oder ist er
nur noch "Information", die wir inzwischen beiseitegelegt haben und die uns
durch neuere Informationen überholt erscheint? Auf der Suche nach einer
Antwort möchte ich von der klassischen Form des Dialogs ausgehen, mit der
das Taufritual die Aufnahme des Neugeborenen in die Gemeinschaft der
Glaubenden und die Wiedergeburt in Christus eröffnete. Der Priester erfragte
zunächst den von den Eltern gewählten Namen des Kindes und fragte dann
weiter: Was begehrst du von der Kirche? Antwort: den Glauben. Und was gibt
dir der Glaube? Das ewige Leben. Nach diesem Dialog suchten die Eltern für
das Kind den Zugang zum Glauben, die Gemeinschaft mit den Glaubenden, weil
sie im Glauben den Schlüssel sahen für "das ewige Leben". In der Tat, darum
geht es heute wie einst bei der Taufe, beim Christwerden: nicht nur um einen
Sozialisierungsakt in die Gemeinde hinein, nicht einfach um Aufnahme in die
Kirche, sondern die Eltern erwarten sich für den Täufling mehr: daß ihm der
Glaube, zu dem die Körperlichkeit der Kirche und ihrer Sakramente gehört,
Leben schenkt – das ewige Leben. Glaube ist Substanz der Hoffnung. Aber da
steht nun die Frage auf: Wollen wir das eigentlich – ewig leben? Vielleicht
wollen viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen
das ewige Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar
nicht das ewige Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das
ewige Leben scheint dafür eher hinderlich zu sein. Ewig – endlos –
weiterzuleben scheint eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiß, den
Tod möchte man so weit hinausschieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort
und ohne Ende zu leben – das kann doch zuletzt nur langweilig und
schließlich unerträglich sein. Genau das sagt zum Beispiel der Kirchenvater
Ambrosius bei der Grabrede für seinen heimgegangenen Bruder Satyrus: "Der
Tod gehörte zwar nicht zur Natur, aber er ist zu Natur geworden. Gott hat
ihn nicht von Anfang an vorgesehen, sondern hat ihn als Heilmittel geschenkt
[...] Der Übertretung wegen ist das Leben des Menschen von der täglichen
Mühsal und von unerträglichem Jammer gezeichnet und so erbärmlich geworden.
Ein Ende der Übel mußte gesetzt werden, damit der Tod wiederherstelle, was
das Leben verloren hat. Unsterblichkeit wäre mehr Last als Gabe, wenn nicht
die Gnade hineinleuchten würde".[6]
Vorher schon hatte Ambrosius gesagt: "Der Tod ist nicht zu beklagen, er ist
Ursache für das Heil...".[7]
11. Was immer der heilige Ambrosius mit
diesen Worten genau sagen wollte – wahr ist, daß die Abschaffung des Todes
oder auch sein praktisch unbegrenztes Hinausschieben die Erde und die
Menschheit in einen unmöglichen Zustand versetzen und auch dem einzelnen
selber keine Wohltat erweisen würde. Offenbar gibt es da einen Widerspruch
in unserer Haltung, der auf eine innere Widersprüchlichkeit unserer Existenz
selbst verweist. Einerseits wollen wir nicht sterben, will vor allem auch
der andere, der uns gut ist, nicht, daß wir sterben. Aber andererseits
möchten wir doch auch nicht endlos so weiterexistieren, und auch die Erde
ist dafür nicht geschaffen. Was wollen wir also eigentlich? Diese Paradoxie
unserer eigenen Haltung löst eine tiefere Frage aus: Was ist das eigentlich
"Leben"? Und was bedeutet das eigentlich "Ewigkeit"? Es gibt Augenblicke, in
denen wir plötzlich spüren: Ja, das wäre es eigentlich – das wahre "Leben" –
so müßte es sein. Daneben ist das, was wir alltäglich "Leben" nennen, gar
nicht wirklich Leben. Augustinus hat in seinem an Proba, eine reiche
römische Witwe und Mutter dreier Konsuln, gerichteten großen Brief über das
Gebet einmal gesagt: Eigentlich wollen wir doch nur eines – "das glückliche
Leben", das Leben, das einfach Leben, einfach "Glück" ist. Um gar nichts
anderes beten wir im letzten. Zu nichts anderem sind wir unterwegs – nur um
das eine geht es. Aber Augustin sagt dann auch: Genau besehen wissen wir gar
nicht, wonach wir uns eigentlich sehnen, was wir eigentlich möchten. Wir
kennen es gar nicht; selbst solche Augenblicke, in denen wir es zu berühren
meinen, erreichen es nicht wirklich. "Wir wissen nicht, was wir bitten
sollen", wiederholt er ein Wort des heiligen Paulus (Röm 8, 26). Wir
wissen nur: Das ist es nicht. Im Nichtwissen wissen wir doch, daß es sein
muß. "Es gibt da, um es so auszudrücken, eine gewisse wissende Unwissenheit"
(docta ignorantia), schreibt er. Wir wissen nicht, was wir wirklich
möchten; wir kennen dieses "eigentliche Leben" nicht; und dennoch wissen
wir, daß es etwas geben muß, das wir nicht kennen und auf das hin es uns
drängt.[8]
12. Ich denke, daß Augustinus da sehr genau
und immer noch gültig die wesentliche Situation des Menschen beschreibt, von
der her all seine Widersprüche und seine Hoffnungen kommen. Wir möchten
irgendwie das Leben selbst, das eigentliche, das dann auch nicht vom Tod
berührt wird; aber zugleich kennen wir das nicht, wonach es uns drängt. Wir
können nicht aufhören, uns danach auszustrecken, und wissen doch, daß alles
das, was wir erfahren oder realisieren können, dies nicht ist, wonach wir
verlangen. Dies Unbekannte ist die eigentliche "Hoffnung", die uns treibt,
und ihr Unbekanntsein ist zugleich der Grund aller Verzweiflungen wie aller
positiven und aller zerstörerischen Anläufe auf die richtige Welt, den
richtigen Menschen zu. Das Wort "ewiges Leben" versucht, diesem unbekannt
Bekannten einen Namen zu geben. Es ist notwendigerweise ein irritierendes,
ein ungenügendes Wort. Denn bei "ewig" denken wir an Endlosigkeit, und die
schreckt uns; bei Leben denken wir an das von uns erfahrene Leben, das wir
lieben und nicht verlieren möchten, und das uns doch zugleich immer wieder
mehr Mühsal als Erfüllung ist, so daß wir es einerseits wünschen und
zugleich doch es nicht wollen. Wir können nur versuchen, aus der
Zeitlichkeit, in der wir gefangen sind, herauszudenken und zu ahnen, daß
Ewigkeit nicht eine immer weitergehende Abfolge von Kalendertagen ist,
sondern etwas wie der erfüllte Augenblick, in dem uns das Ganze umfängt und
wir das Ganze umfangen. Es wäre der Augenblick des Eintauchens in den Ozean
der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr
gibt. Wir können nur versuchen zu denken, daß dieser Augenblick das Leben im
vollen Sinn ist, immer neues Eintauchen in die Weite des Seins, indem wir
einfach von der Freude überwältigt werden. So drückt es Jesus bei Johannes
aus: "Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure
Freude wird niemand von euch nehmen" (Joh 16, 22). In dieser Richtung
müssen wir denken, wenn wir verstehen wollen, worauf die christliche
Hoffnung zielt; was wir vom Glauben erwarten, von unserem Mitsein mit
Christus.[9]
Ist die christliche Hoffnung
individualistisch?
13. Die Christen haben in ihrer Geschichte
dieses nichtwissende Wissen in vorstellbare Gestalten zu übersetzen versucht
und Bilder des "Himmels" entwickelt, die immer weit von dem entfernt
bleiben, was wir eben nur negativ, im Nichtkennen kennen. All diese
Gestaltungsversuche der Hoffnung haben viele Menschen die Jahrhunderte
hindurch beschwingt, vom Glauben her zu leben und dafür auch ihre "hyparchonta",
die materielle Substanz ihres Lebens fahren zu lassen. Der Hebräer-Brief
hat in seinem 11. Kapitel eine Art Geschichte der Hoffenden und ihres
Unterwegsseins skizziert, die von Abel bis in seine Gegenwart hineinreicht.
In der Neuzeit hat sich eine immer heftigere Kritik an dieser Weise der
Hoffnung entzündet: Sie sei purer Individualismus, der die Welt ihrem Elend
überlasse und sich ins private ewige Heil geflüchtet habe. Henri de Lubac
hat in der Einleitung zu seinem grundlegenden Werk "Catholicisme. Aspects
sociaux du dogme" einige charakteristische Stimmen dieser Art gesammelt,
von denen eine zitiert werden soll: "Habe ich die Freude gefunden? Nein...
Meine Freude habe ich gefunden. Und das ist etwas furchtbar anderes...
Die Freude Jesu kann persönlich sein. Sie kann einem Menschen allein
gehören, und er ist gerettet. Er ist im Frieden..., für jetzt und für immer,
aber er allein. Diese Einsamkeit in der Freude beunruhigt ihn nicht. Im
Gegenteil: Er ist ja der Auserwählte! In seiner Seligkeit schreitet er durch
Schlachten mit einer Rose in der Hand".[10]
14. Demgegenüber konnte Lubac von der ganzen
Breite der Theologie der Väter her zeigen, daß das Heil immer als
gemeinschaftliche Wirklichkeit angesehen wurde. Der Hebräer-Brief
selbst spricht von einer "Stadt" (vgl. 11, 10.16; 12, 22; 13, 14), also von
einem gemeinschaftlichen Heil. Entsprechend wird die Sünde von den Vätern
als Zerstörung der Einheit des Menschengeschlechtes, als Zersplitterung und
Spaltung aufgefaßt. Babel, der Ort der Sprachverwirrung und Trennung,
erscheint als Ausdruck dessen, was Sünde überhaupt ist. Und so erscheint
"Erlösung" gerade als Wiederherstellung der Einheit, in der wir neu
zusammenfinden in einem Einssein, das sich in der weltweiten Gemeinschaft
der Gläubigen anbahnt. Wir brauchen hier nicht auf all diese Texte
einzugehen, in denen der gemeinschaftliche Charakter der Hoffnung erscheint.
Bleiben wir bei Augustins Brief an Proba, in dem er dies unbekannt Bekannte,
das wir suchen, nun doch ein wenig zu umschreiben versucht. Sein Stichwort
dafür hatte zunächst einfach gelautet "seliges (glückliches) Leben". Nun
zitiert er Psalm 144 [143], 15: "Selig ist das Volk, dessen Gott der Herr
ist." Und er fährt fort: "Damit wir zu diesem Volk gehören und [...] zum
immerwährenden Leben mit Gott kommen können, darum ist das Ziel der Gebote
,Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben’ (1
Tim 1, 5)".[11]
Dieses wirkliche Leben, auf das wir immer irgendwie auszugreifen versuchen,
ist an das Mitsein mit einem "Volk" gebunden und kann nur in diesem Wir für
jeden einzelnen Ereignis werden. Es setzt gerade den Exodus aus dem
Gefängnis des eigenen Ich voraus, weil nur in der Offenheit dieses
universalen Subjekts sich auch der Blick auf den Quell der Freude, auf die
Liebe selbst – auf Gott – eröffnet.
15. Diese auf Gemeinschaft hin orientierte
Sicht des "seligen Lebens" zielt zwar über die gegenwärtige Welt hinaus, hat
aber gerade so auch mit Weltgestaltung zu tun – in sehr unterschiedlichen
Formen, je nach dem historischen Kontext und den Möglichkeiten, die er bot
oder ausschloß. Zu Augustins Zeit, in der der Einbruch der neuen Völker den
Zusammenhalt der Welt bedrohte, in dem eine gewisse Gewähr von Recht und von
Leben in einer Rechtsgemeinschaft gegeben war, ging es darum, die wirklich
tragfähigen Grundlagen dieser Lebens- und Friedensgemeinschaft zu stärken,
um in der Veränderung der Welt überleben zu können. Nur ein eher zufälliger
und in mancher Hinsicht exemplarischer Blick auf einen Augenblick des
Mittelalters sei hier versucht. Dem allgemeinen Bewußtsein erschienen die
Klöster als die Orte der Weltflucht ("contemptus mundi") und des
Rückzugs aus der Weltverantwortung in die Suche nach dem privaten Heil.
Bernhard von Clairvaux, der mit seinem Reformorden Scharen junger Menschen
den Klöstern zugeführt hat, sah dies ganz anders. Für ihn haben die Mönche
eine Aufgabe für die ganze Kirche und so auch für die Welt. Er hat in vielen
Bildern die Verantwortung der Mönche für den ganzen Organismus der Kirche,
ja, für die Menschheit herausgestellt; auf sie wendet er das Wort des
Pseudo-Rufinus an: "Das Menschengeschlecht lebt von wenigen, denn würde es
diese nicht geben, würde alle Welt zugrunde gehen...".[12]
Die Beschaulichen – contemplantes – müssen Landarbeiter –
laborantes – werden, so sagt er uns. Der Adel der Arbeit, den das
Christentum vom Judentum geerbt hat, war schon in den Ordensregeln Augustins
und Benedikts hervorgetreten. Bernhard greift das von neuem auf. Die jungen
Adeligen, die zu seinen Klöstern strömten, mußten sich zur Handarbeit
bequemen. Bernhard sagt zwar ausdrücklich, daß auch das Kloster das Paradies
nicht wiederherstellen könne, aber es müsse doch als eine Rodungsstätte
praktischer und geistlicher Art das neue Paradies vorbereiten. Wildes
Waldland wird fruchtbar – gerade da, wo zugleich die Bäume des Hochmuts
gefällt, der Wildwuchs der Seelen gerodet und so das Erdreich bereitet wird,
auf dem Brot für Leib und Seele gedeihen kann.[13]
Sehen wir nicht gerade angesichts der gegenwärtigen Geschichte wieder, daß
da keine positive Weltgestaltung gedeihen kann, wo die Seelen verwildern?
Die Umwandlung des christlichen
Hoffnungsglaubens in der Neuzeit
16. Wie konnte aber sich die Vorstellung
entwickeln, daß die Botschaft Jesu streng individualistisch sei und nur auf
den einzelnen ziele? Wie kam es dazu, daß die "Rettung der Seele" als Flucht
vor der Verantwortung für das ganze und so das Programm des Christentums als
Heilsegoismus aufgefaßt werden konnte, der sich dem Dienst für die anderen
verweigert? Um darauf Antwort zu finden, müssen wir einen Blick auf die
Grundlagen der Neuzeit werfen. Sie erscheinen besonders deutlich bei Francis
Bacon. Das Heraufziehen einer neuen Zeit – durch die Entdeckung Amerikas und
durch die neuen technischen Errungenschaften, die diese Entwicklung
ermöglicht hatten – ist offenkundig. Worauf aber beruht diese Wende der
Zeiten? Es ist die neue Zuordnung von Experiment und Methode, die den
Menschen befähigt, zu einer gesetzmäßigen Auslegung der Natur zu kommen und
so endlich "den Sieg der Kunst über die Natur" (victoria cursus artis
super naturam) zu erreichen.[14]
Das Neue – so sieht Bacon es – ist eine neue Zuordnung der Wissenschaft zur
Praxis. Dies wird nun auch theologisch gewendet: Diese neue Zuordnung der
Wissenschaft zur Praxis bedeute, daß die dem Menschen von Gott gegebene und
im Sündenfall verlorene Herrschaft über die Kreatur wiederhergestellt werde.[15]
17. Wenn man diese Sätze genau liest und
bedenkt, so erkennt man darin einen bestürzenden Schritt: Die
Wiederherstellung dessen, was der Mensch in der Austreibung aus dem Paradies
verloren hatte, hatte man bisher vom Glauben an Jesus Christus erwartet, und
dies war als "Erlösung" angesehen worden. Nun wird diese "Erlösung", die
Wiederherstellung des verlorenen "Paradieses" nicht mehr vom Glauben
erwartet, sondern von dem neu gefundenen Zusammenhang von Wissenschaft und
Praxis. Der Glaube wird dabei gar nicht einfach geleugnet, aber auf eine
andere Ebene – die des bloß Privaten und Jenseitigen – verlagert und
zugleich irgendwie für die Welt unwichtig. Diese programmatische Sicht hat
den Weg der Neuzeit bestimmt und bestimmt auch noch immer die Glaubenskrise
der Gegenwart, die ganz praktisch vor allem eine Krise der christlichen
Hoffnung ist. So erhält denn auch die Hoffnung bei Bacon eine neue Gestalt.
Sie heißt nun: Glaube an den Fortschritt. Denn für Bacon ist klar, daß die
jetzt in Gang gekommenen Entdeckungen und Erfindungen nur ein Anfang sind;
daß aus dem Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis ganz neue Entdeckungen
folgen werden und eine ganz neue Welt entstehen wird, das Reich des
Menschen.[16]
So hat er denn auch eine Vision der zu erwartenden Erfindungen – bis hin zu
Flugzeug und Unterseeboot – vorgelegt. Im weiteren Verlauf der Entwicklung
des Fortschrittsgedankens bleibt die Freude an den sichtbaren Fortschritten
menschlichen Könnens eine fortlaufende Bestätigung des Fortschrittsglaubens
als solchem.
18. Zugleich treten zwei Kategorien immer
stärker ins Zentrum der Fortschrittsidee: Vernunft und Freiheit. Der
Fortschritt ist vor allem ein Fortschritt in der zunehmenden Herrschaft der
Vernunft, und diese Vernunft wird selbstverständlich als Macht des Guten und
zum Guten angesehen. Der Fortschritt ist die Überwindung aller
Abhängigkeiten – Fortschritt zur vollkommenen Freiheit. Auch Freiheit wird
rein als Verheißung gesehen, in der sich der Mensch zu seiner Ganzheit
verwirklicht. In beiden Begriffen – Freiheit und Vernunft – ist ein
politischer Aspekt mit gegenwärtig. Denn das Reich der Vernunft wird eben
als neue Verfassung der ganz frei gewordenen Menschheit erwartet. Aber die
politischen Bedingungen eines solchen Reiches der Vernunft und der Freiheit
erscheinen zunächst wenig definiert. Vernunft und Freiheit scheinen aufgrund
ihres eigenen Gutseins von selbst eine neue vollkommene menschheitliche
Gemeinschaft zu gewährleisten. In den beiden Leitbegriffen "Vernunft" und
"Freiheit" ist freilich im stillen immer der Gegensatz zu den Bindungen des
Glaubens und der Kirche wie zu den Bindungen der damaligen Staatsordnungen
mitgedacht. Beide Begriffe tragen so ein revolutionäres Potential von
gewaltiger Sprengkraft in sich.
19. Die zwei wesentlichen Etappen in der
politischen Gestaltwerdung dieser Hoffnung müssen wir kurz ins Auge fassen,
weil sie für den Weg der christlichen Hoffnung, für ihr Verstehen und für
ihr Bestehen von großer Bedeutung sind. Da ist zuerst die Französische
Revolution als Versuch, die Herrschaft der Vernunft und der Freiheit nun
auch politisch-real aufzurichten. Das aufgeklärte Europa hat zunächst
fasziniert auf diese Vorgänge hingeblickt, angesichts des Fortgangs freilich
auch neu über Vernunft und Freiheit nachdenken müssen. Bezeichnend für die
zwei Phasen der Rezeption dessen, was in Frankreich geschah, sind zwei
Schriften von Immanuel Kant, in denen er das Geschehen reflektiert. 1792
schreibt er ein Werk "Der Sieg des guten Prinzips über das böse und die
Gründung eines Reichs Gottes auf Erden." Darin sagt er:
"Der allmähliche Übergang des Kirchenglaubens
zur Alleinherrschaft des reinen Religionsglaubens ist die Annäherung des
Reichs Gottes".[17]
Er sagt uns auch, daß Revolutionen den Fortschritt des Übergangs vom
Kirchenglauben zum Vernunftglauben abkürzen können. Das "Reich Gottes", von
dem Jesus gesprochen hatte, hat hier eine neue Definition und auch eine neue
Gegenwärtigkeit erhalten; es gibt sozusagen eine neue "Naherwartung": Das
"Reich Gottes" kommt da, wo der "Kirchenglaube" überwunden und durch den
"Religionsglauben", das heißt durch den bloßen Vernunftglauben abgelöst
wird. 1794, in der Schrift über "Das Ende aller Dinge", erscheint ein
verändertes Bild. Kant erwägt nun die Möglichkeit, daß neben dem natürlichen
auch ein widernatürliches, ein verkehrtes Ende aller Dinge eintreten könne.
Darüber schreibt er: "Sollte es mit dem Christentum einmal dahin kommen, daß
es aufhörte, liebenswürdig zu sein [...]: so müßte [...] eine Abneigung und
Widersetzlichkeit gegen dasselbe die herrschende Denkart der Menschen
werden; und der Antichrist [...] würde sein (vermutlich auf Furcht und
Eigennutz gegründetes) obzwar kurzes Regiment anfangen: alsdann aber, weil
das Christentum allgemeine Weltreligion zu sein zwar bestimmt, aber es zu
werden von dem Schicksal nicht begünstigt sein würde, das (verkehrte) Ende
aller Dinge in moralischer Rücksicht eintreten".[18]
20. Das 19. Jahrhundert hielt am
Fortschrittsglauben als neuer Gestalt menschlicher Hoffnung fest und sah
weiterhin Vernunft und Freiheit als die Leitsterne an, denen man auf dem Weg
der Hoffnung folgen müßte. Das immer schnellere Vorangehen der technischen
Entwicklung und die damit verbundene Industrialisierung schuf aber nun eine
gänzlich neue gesellschaftliche Situation: Es entsteht die Klasse der
Industriearbeiter und das "Industrieproletariat", dessen grauenvolle
Lebensbedingungen Friedrich Engels 1845 in einer erschütternden Weise
geschildert hat. Dem Leser mußte klar sein: Dies darf nicht bleiben.
Veränderung ist nötig. Aber die Veränderung wird die ganze Struktur der
bürgerlichen Gesellschaft erschüttern und umkehren. Nach der bürgerlichen
Revolution von 1789 war eine neue, die proletarische Revolution fällig: Der
Fortschritt konnte nicht einfach in kleinen Schritten linear weitergehen. Es
brauchte den revolutionären Sprung. Karl Marx hat diesen Anruf der Stunde
aufgenommen und mit sprachlicher und denkerischer Kraft diesen neuen großen
– und wie er meinte – endgültigen Schritt der Geschichte zum Heilen hin – zu
dem, was Kant als "Reich Gottes" bezeichnet hatte – auf den Weg zu bringen
versucht. Nachdem die Wahrheit des Jenseits entschwunden sei, gelte es nun,
die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Die Kritik des Himmels verwandelt
sich in die Kritik der Erde, die Kritik der Theologie in die Kritik der
Politik. Der Fortschritt zum Besseren, zur endgültig guten Welt, kommt nun
nicht mehr einfach aus der Wissenschaft, sondern von der Politik – von einer
wissenschaftlich bedachten Politik, die die Struktur der Geschichte und der
Gesellschaft erkennt und so den Weg zur Revolution, zur Wende aller Dinge
weist. Marx hat mit eingehender Genauigkeit, wenn auch parteilich einseitig,
die Situation seiner Zeit beschrieben und mit großem analytischem Vermögen
die Wege zur Revolution dargestellt – nicht nur theoretisch, sondern mit der
kommunistischen Partei, die aus dem kommunistischen Manifest von 1848
hervorging, sie auch auf den Weg gebracht. Seine Verheißung hat mit der
Klarheit der Analysen und der eindeutigen Angabe der Instrumente für die
radikale Veränderung fasziniert und tut es noch und immer wieder. Die
"Revolution" ist denn auch eingetreten, am radikalsten in Rußland.
21. Aber mit ihrem Sieg wurde auch der
grundlegende Irrtum von Marx sichtbar. Er hat zwar sehr präzise gezeigt, wie
der Umsturz zu bewerkstelligen ist. Aber er hat uns nicht gesagt, wie es
dann weitergehen soll. Er setzte einfach voraus, daß mit der Enteignung der
herrschenden Klasse und mit dem Sturz der politischen Macht, mit der
Vergesellschaftung der Produktionsmittel das neue Jerusalem da sein werde.
Nun sind ja alle Widersprüche aufgehoben, der Mensch und die Welt sind
endlich im reinen mit sich selber. Nun geht alles von selber auf dem
richtigen Weg, weil allen alles gehört und alle einander das Beste wollen.
So hat Lenin nach der geglückten Revolution sehen müssen, daß beim Meister
nichts darüber zu finden war, wie es weitergehen solle. Ja, er hatte von der
Zwischenphase der Diktatur des Proletariats als einer Notwendigkeit
gesprochen, die aber dann von selber hinfällig werden würde. Diese
"Zwischenphase" kennen wir sehr genau, auch wie sie sich dann entwickelt und
nicht die heile Welt freigelegt, sondern eine trostlose Zerstörung
hinterlassen hat. Marx hat nicht nur versäumt, für die neue Welt die nötigen
Ordnungen zu erdenken – derer sollte es ja nicht mehr bedürfen. Daß er
darüber nichts sagt, ist von seinem Ansatz her logisch. Sein Irrtum liegt
tiefer. Er hat vergessen, daß der Mensch immer ein Mensch bleibt. Er hat den
Menschen vergessen, und er hat seine Freiheit vergessen. Er hat vergessen,
daß die Freiheit immer auch Freiheit zum Bösen bleibt. Er glaubte, wenn die
Ökonomie in Ordnung sei, sei von selbst alles in Ordnung. Sein eigentlicher
Irrtum ist der Materialismus: Der Mensch ist eben nicht nur Produkt der
ökonomischen Zustände, und man kann ihn allein von außen her, durch das
Schaffen günstiger ökonomischer Bedingungen, nicht heilen.
22. So stehen wir neu vor der Frage: Was
dürfen wir hoffen? Eine Selbstkritik der Neuzeit im Dialog mit dem
Christentum und seiner Hoffnungsgestalt ist notwendig. In einem solchen
Dialog müssen auch die Christen im Kontext ihrer Erkenntnisse und
Erfahrungen neu lernen, worin ihre Hoffnung wirklich besteht, was sie der
Welt zu bringen und nicht zu bringen haben. In die Selbstkritik der Neuzeit
muß auch eine Selbstkritik des neuzeitlichen Christentums eingehen, das von
seinen Wurzeln her sich selbst immer wieder neu verstehen lernen muß.
Darüber können hier nur ein paar Andeutungen versucht werden. Zunächst ist
zu fragen: Was heißt Fortschritt wirklich; was verheißt er und was verheißt
er nicht? Schon im 19. Jahrhundert hat es auch Kritik am Fortschrittsglauben
gegeben. Im 20. Jahrhundert hat Theodor W. Adorno die Problematik des
Fortschrittsglaubens drastisch formuliert: Der Fortschritt sei, genau
gesehen, der Fortschritt von der Steinschleuder zur Megabombe. Das ist nun
in der Tat eine Seite des Fortschritts, die man nicht ausblenden darf.
Anders gesagt: Die Zweigesichtigkeit des Fortschritts wird sichtbar. Der
Fortschritt bietet unzweifelhaft neue Möglichkeiten zum Guten, aber er
öffnet auch abgründige Möglichkeiten des Bösen, die es ehedem nicht gab. Wir
alle sind Zeugen geworden, wie Fortschritt in den falschen Händen zum
grausamen Fortschritt im Bösen werden kann und geworden ist. Wenn dem
technischen Fortschritt nicht Fortschritt in der moralischen Bildung des
Menschen, im "Wachstum des inneren Menschen" (vgl. Eph 3, 16; 2
Kor 4, 16) entspricht, dann ist er kein Fortschritt, sondern eine
Bedrohung für Mensch und Welt.
23. Was die beiden großen Themen "Vernunft"
und "Freiheit" angeht, so können hier nur eben die Fragen angedeutet werden,
die mit ihnen verbunden sind. Ja, Vernunft ist die große Gottesgabe an den
Menschen, und der Sieg der Vernunft über die Unvernunft ist auch ein Ziel
des christlichen Glaubens. Aber wann herrscht die Vernunft wirklich? Wenn
sie sich von Gott gelöst hat? Wenn sie für Gott blind geworden ist? Ist die
Vernunft des Könnens und des Machens schon die ganze Vernunft? Wenn der
Fortschritt, um Fortschritt zu sein, des moralischen Wachsens der Menschheit
bedarf, dann muß die Vernunft des Könnens und des Machens ebenso dringend
durch die Öffnung der Vernunft für die rettenden Kräfte des Glaubens, für
die Unterscheidung von Gut und Böse ergänzt werden. Nur so wird sie wahrhaft
menschliche Vernunft. Sie wird menschlich nur, wenn sie dem Willen den Weg
zeigen kann, und das kann sie bloß, wenn sie über sich hinaussieht. Sonst
wird die Lage des Menschen im Ungleichgewicht zwischen materiellem Vermögen
und Urteilslosigkeit des Herzens zur Bedrohung für ihn und die Schöpfung. So
ist beim Thema "Freiheit" daran zu erinnern, daß menschliche Freiheit immer
ein Miteinander von Freiheiten verlangt. Dieses Miteinander aber kann nicht
gelingen, wenn es nicht von einem gemeinsamen inneren Maß bestimmt wird, das
Grund und Ziel unserer Freiheit ist. Sagen wir es jetzt ganz einfach: Der
Mensch braucht Gott, sonst ist er hoffnungslos. Diese eingangs zitierte
Aussage des heiligen Paulus (vgl. Eph 2, 12) erweist sich vom Verlauf
der Neuzeit her als ganz realistisch und schlichtweg als wahr. Deshalb gilt,
daß ein ohne Gott realisiertes "Reich Gottes" – also ein Reich des Menschen
allein – unausweichlich mit dem von Kant beschriebenen "verkehrten Ende"
aller Dinge ausgeht: Wir haben es gesehen und sehen es immer wieder. Aber es
gilt auch, daß Gott erst dann wirklich in die menschlichen Dinge eintritt,
wenn er nicht nur von uns gedacht wird, sondern wenn er selbst auf uns
zugeht und zu uns spricht. Darum braucht die Vernunft den Glauben, um ganz
zu sich selbst zu kommen: Vernunft und Glaube brauchen sich gegenseitig, um
ihr wahres Wesen und ihre Sendung zu erfüllen.
Die wahre Gestalt der christlichen
Hoffnung
24. Fragen wir nun noch einmal: Was dürfen
wir hoffen? Und was dürfen wir nicht hoffen? Zunächst müssen wir
feststellen, daß addierbarer Fortschritt nur im materiellen Bereich möglich
ist. Hier, in der wachsenden Erkenntnis der Strukturen der Materie und
entsprechend den immer weitergehenden Erfindungen gibt es klarerweise eine
Kontinuität des Fortschritts zu immer größerer Beherrschung der Natur. Aber
im Bereich des moralischen Bewußtseins und des moralischen Entscheidens gibt
es keine gleichartige Addierbarkeit, aus dem einfachen Grund, weil die
Freiheit des Menschen immer neu ist und ihre Entscheide immer neu fällen muß.
Sie sind nie einfach für uns von anderen schon getan – dann wären wir ja
nicht mehr frei. Freiheit bedingt, daß in den grundlegenden Entscheiden
jeder Mensch, jede Generation ein neuer Anfang ist. Sicher können die neuen
Generationen auf die Erkenntnisse und Erfahrungen derer bauen, die ihnen
vorausgegangen sind, und aus dem moralischen Schatz der ganzen Menschheit
schöpfen. Aber sie können ihn auch verneinen, weil er nicht dieselbe Evidenz
haben kann wie die materiellen Erfindungen. Der moralische Schatz der
Menschheit ist nicht da, wie Geräte da sind, die man benutzt, sondern ist
als Anruf an die Freiheit und als Möglichkeit für sie da. Das aber bedeutet:
a) Der rechte
Zustand der menschlichen Dinge, das Gutsein der Welt, kann nie einfach durch
Strukturen allein gewährleistet werden, wie gut sie auch sein mögen. Solche
Strukturen sind nicht nur wichtig, sondern notwendig, aber sie können und
dürfen die Freiheit des Menschen nicht außer Kraft setzen. Auch die besten
Strukturen funktionieren nur, wenn in einer Gemeinschaft Überzeugungen
lebendig sind, die die Menschen zu einer freien Zustimmung zur
gemeinschaftlichen Ordnung motivieren können. Freiheit braucht Überzeugung;
Überzeugung ist nicht von selbst da, sondern muß immer wieder neu
gemeinschaftlich errungen werden.
b) Weil der
Mensch immer frei bleibt und weil seine Freiheit immer auch brüchig ist,
wird es nie das endgültig eingerichtete Reich des Guten in dieser Welt
geben. Wer die definitiv für immer bleibende bessere Welt verheißt, macht
eine falsche Verheißung; er sieht an der menschlichen Freiheit vorbei. Die
Freiheit muß immer neu für das Gute gewonnen werden. Die freie Zustimmung
zum Guten ist nie einfach von selber da. Gäbe es Strukturen, die
unwiderruflich eine bestimmte – gute – Weltverfassung herstellen, so wäre
die Freiheit des Menschen negiert, und darum wären dies letztlich auch keine
guten Strukturen.
25. Das bedeutet: Das immer neue Ringen um
die rechten Ordnungen der menschlichen Dinge ist jeder Generation auferlegt;
es ist nie einfach zu Ende gebracht. Jede Generation muß freilich auch das
Ihrige tun, daß sie überzeugende Ordnungen der Freiheit und des Guten
einrichtet, die der nächsten Generation als Wegweisung zum rechten Gebrauch
der menschlichen Freiheit helfen und insofern in aller menschlichen
Beschränkung eine gewisse Gewähr auch für die Zukunft geben. Anders gesagt:
Gute Strukturen helfen, aber sie reichen allein nicht aus. Der Mensch kann
nie einfach nur von außen her erlöst werden. Francis Bacon und die ihm
folgende Strömung der Neuzeit irrten, wenn sie glaubten, der Mensch werde
durch die Wissenschaft erlöst. Mit einer solchen Erwartung ist die
Wissenschaft überfordert; diese Art von Hoffnung ist trügerisch. Die
Wissenschaft kann vieles zur Vermenschlichung der Welt und der Menschheit
beitragen. Sie kann den Menschen und die Welt aber auch zerstören, wenn sie
nicht von Kräften geordnet wird, die außerhalb ihrer selbst liegen.
Umgekehrt müssen wir auch sehen, daß das neuzeitliche Christentum sich
angesichts der Erfolge der Wissenschaft in der Entwicklung der Gestaltung
der Welt weitgehend auf das Individuum und sein Heil zurückgezogen hatte. Es
hat damit den Radius seiner Hoffnung verengt und auch die Größe seines
Auftrags nicht genügend erkannt, so Großes es auch weiterhin in der Bildung
des Menschen und in der Sorge um die Schwachen und Leidenden getan hat.
26. Nicht die Wissenschaft erlöst den
Menschen. Erlöst wird der Mensch durch die Liebe. Das gilt zunächst im rein
innerweltlichen Bereich. Wenn jemand in seinem Leben die große Liebe
erfährt, ist dies ein Augenblick der "Erlösung", die seinem Leben einen
neuen Sinn gibt. Aber er wird bald auch erkennen, daß die ihm geschenkte
Liebe allein die Frage seines Lebens nicht löst. Sie bleibt angefochten. Sie
kann durch den Tod zerstört werden. Er braucht die unbedingte Liebe. Er
braucht jene Gewißheit, die ihn sagen läßt: "Weder Tod noch Leben, weder
Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der
Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der
Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn" (Röm 8,
38-39). Wenn es diese unbedingte Liebe gibt mit ihrer unbedingten Gewißheit,
dann – erst dann – ist der Mensch "erlöst", was immer ihm auch im einzelnen
zustoßen mag. Das ist gemeint, wenn wir sagen: Jesus Christus hat uns
"erlöst". Durch ihn sind wir Gottes gewiß geworden – eines Gottes, der nicht
eine ferne "Erstursache" der Welt darstellt, denn sein eingeborener Sohn ist
Mensch geworden, und von ihm kann jeder sagen: "Ich lebe im Glauben an den
Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat" (Gal
2, 20).
27. In diesem Sinn gilt, daß, wer Gott nicht
kennt, zwar vielerlei Hoffnungen haben kann, aber im letzten ohne Hoffnung,
ohne die große, das ganze Leben tragende Hoffnung ist (vgl. Eph 2,
12). Die wahre, die große und durch alle Brüche hindurch tragende Hoffnung
des Menschen kann nur Gott sein – der Gott, der uns "bis ans Ende", "bis zur
Vollendung" (vgl. Joh 13, 1 und 19, 30) geliebt hat und liebt. Wer
von der Liebe berührt wird, fängt an zu ahnen, was dies eigentlich wäre:
"Leben". Er fängt an zu ahnen, was mit dem Hoffnungswort gemeint ist, das
uns im Taufritus begegnete: Vom Glauben erwarte ich das "ewige Leben" – das
wirkliche Leben, das ganz und unbedroht, in seiner ganzen Fülle einfach
Leben ist. Jesus, der von sich gesagt hat, er sei gekommen, damit wir das
Leben haben und es in Fülle, im Überfluß, haben (vgl. Joh 10, 10),
hat uns auch gedeutet, was dies heißt – "Leben": "Das ist das ewige Leben:
dich erkennen, den einzigen wahren Gott und den du gesandt hast, Jesus
Christus" (Joh 17, 3). Leben im wahren Sinn hat man nicht in sich
allein und nicht aus sich allein: Es ist eine Beziehung. Und das Leben in
seiner Ganzheit ist Beziehung zu dem, der die Quelle des Lebens ist. Wenn
wir mit dem in Beziehung sind, der nicht stirbt, der das Leben selber ist
und die Liebe selber, dann sind wir im Leben. Dann "leben" wir.
28. Aber nun kommt die Frage: Sind wir da
nicht doch wieder beim Heilsindividualismus angelangt? Bei der Hoffnung nur
für mich, die dann eben keine wirkliche Hoffnung ist, weil sie die anderen
vergißt und ausläßt? Nein. Die Beziehung zu Gott läuft über die Gemeinschaft
mit Jesus – allein und aus eigenem reichen wir da nicht hin. Die Beziehung
zu Jesus aber ist Beziehung zu dem, der sich für uns alle hingegeben hat
(vgl. 1 Tim 2, 6). Das Mitsein mit Jesus Christus nimmt uns in sein
"Für alle" hinein, macht es zu unserer Seinsweise. Es verpflichtet uns für
die anderen, aber im Mitsein mit ihm wird es auch überhaupt erst möglich,
wirklich für die anderen, fürs Ganze da zu sein. Ich möchte dazu den großen
griechischen Kirchenlehrer Maximus Confessor († 662) zitieren, der zunächst
auffordert, nichts der Erkenntnis und der Liebe Gottes vorzuziehen, dann
aber sofort aufs ganz Praktische kommt: "Wer Gott liebt, kann Geld nicht für
sich behalten. Er teilt es auf ,göttliche’ Weise aus [...] in gleicher Weise
nach dem Maß der Gerechtigkeit".[19]
Aus der Liebe zu Gott folgt die Teilnahme an Gottes Gerechtigkeit und Güte
den anderen gegenüber; Gott lieben verlangt die innere Freiheit allem Besitz
und Materiellen gegenüber: Die Liebe Gottes zeigt sich in der Verantwortung
dem andern gegenüber.[20]
Denselben Zusammenhang von Gottesliebe und Verantwortung für die Menschen
können wir auf beeindruckende Weise im Leben des heiligen Augustinus
beobachten. Nach seiner Bekehrung zum christlichen Glauben wollte er mit
gleichgesinnten Freunden ein Leben führen, das ganz dem Wort Gottes und den
ewigen Dingen gewidmet sein sollte. Das von der großen griechischen
Philosophie formulierte Ideal des beschaulichen Lebens wollte er mit
christlichen Gehalten verwirklichen, den "besseren Teil" auf diese Weise
wählen (vgl. Lk 10, 42). Aber es kam anders. Bei einem Besuch des
Sonntagsgottesdienstes in der Hafenstadt Hippo wurde er vom Bischof aus der
Menge herausgeholt und genötigt, sich für den Dienst als Priester in dieser
Stadt weihen zu lassen. In der Rückschau auf diese Stunde schreibt er in
seinen Bekenntnissen: "Erschreckt von meinen Sünden und von der Last
meiner Armseligkeit hatte ich im Herzen die Flucht in die Einsamkeit
bedacht. Aber du hast mich gehindert und mich bestärkt mit deinem Wort:
,Deshalb ist Christus für alle gestorben, damit auch die, die leben, nicht
für sich selber leben, sondern für den, der für alle gestorben ist’ (2
Kor 5, 15)".[21]
Christus ist für alle gestorben. Für ihn leben heißt, an seinem "Sein für"
sich beteiligen lassen.
29. Für Augustinus bedeutete dies ein völlig
neues Leben. Er hat seinen Alltag einmal so beschrieben: "Unruhestifter
zurechtweisen, Kleinmütige trösten, sich der Schwachen annehmen, Gegner
widerlegen, sich vor Nachstellern hüten, Ungebildete lehren, Träge
wachrütteln, Händelsucher zurückhalten, Eingebildeten den rechten Platz
anweisen, Verzagte ermutigen, Streitende besänftigen, Armen helfen,
Unterdrückte befreien, Guten Anerkennung zeigen, Böse ertragen und [ach!]
alle lieben".[22]
"Es ist das Evangelium, das mir Schrecken einjagt" [23]
– jenen heilsamen Schrecken, der uns hindert, für uns allein zu leben und
der uns nötigt, unsere gemeinsame Hoffnung weiterzugeben. In der Tat ging es
Augustinus genau darum, in der kritischen Situation des römischen Reichs,
die auch das römische Afrika bedrohte und am Ende seines Lebens zerschlug,
Hoffnung weiterzugeben – die Hoffnung, die ihm aus dem Glauben kam und die
ihn befähigte, ganz gegen sein nach innen gewandtes Temperament am Bauen der
Stadt entschieden und mit allen Kräften teilzunehmen. In dem gleichen
Kapitel der Bekenntnisse, in dem uns vorhin der entscheidende Grund
seines Einsatzes "für alle" begegnet ist, sagt er: Christus "tritt für uns
ein, sonst würde ich verzweifeln. Viel und schwer sind die Schwachheiten,
viel und schwer, aber stärker ist deine Medizin. Wir könnten denken, dein
Wort sei weit von einer Verbindung mit dem Menschen und könnten an uns
verzweifeln, wenn dies Wort nicht Fleisch geworden wäre und unter uns
wohnte".[24]
Von seiner Hoffnung her hat sich Augustinus für die einfachen Menschen und
für seine Stadt verausgabt – auf seine geistige Noblesse verzichtet und
einfach für die einfachen Menschen gepredigt und gehandelt.
30. Fassen wir zusammen, was sich auf dem Weg
unserer bisherigen Überlegungen gezeigt hat. Der Mensch hat viele kleinere
oder größere Hoffnungen, Tag um Tag – verschieden in den verschiedenen
Perioden seines Lebens. Manchmal kann es scheinen, daß eine dieser
Hoffnungen ihn ganz ausfüllt und daß er keine weiteren Hoffnungen braucht.
In der Jugend kann es die Hoffnung auf die große, erfüllende Liebe sein; die
Hoffnung auf eine bestimmte Stellung im Beruf, auf diesen oder jenen für das
weitere Leben entscheidenden Erfolg. Wenn aber diese Hoffnungen eintreten,
zeigt sich, daß dies doch nicht alles war. Es zeigt sich, daß er eine
darüber hinausreichende Hoffnung braucht. Daß ihm nur etwas Unendliches
genügen könnte, das immer mehr sein wird als das, was er je erreichen kann.
In diesem Sinn hat die Neuzeit die Hoffnung auf die zu errichtende
vollkommene Welt entwickelt, die durch die Erkenntnisse der Wissenschaft und
einer wissenschaftlich fundierten Politik machbar geworden schien. So wurde
die biblische Hoffnung auf das Reich Gottes abgelöst durch die Hoffnung auf
das Reich des Menschen, die bessere Welt, die das wirkliche "Reich Gottes"
sein würde. Dies schien endlich die große und realistische Hoffnung zu sein,
derer der Mensch bedarf. Sie konnte – für einen Augenblick – alle Kräfte des
Menschen mobilisieren; das große Ziel schien allen Einsatzes wert. Aber im
Lauf der Zeit zeigte sich, daß diese Hoffnung immer weiter davonläuft. Es
wurde den Menschen zunächst bewußt, daß es vielleicht eine Hoffnung für die
Menschen von übermorgen ist, aber keine Hoffnung für mich. Und so sehr zur
großen Hoffnung das "Für alle" gehört, weil ich nicht gegen die anderen und
nicht ohne sie glücklich werden kann, so ist umgekehrt eine Hoffnung, die
mich selber nicht betrifft, auch keine wirkliche Hoffnung. Und es zeigte
sich, daß dies eine Hoffnung gegen die Freiheit ist, denn der Zustand der
menschlichen Dinge hängt in jeder Generation neu von der freien Entscheidung
dieser Menschen ab. Wenn sie ihnen durch die Verhältnisse und die Strukturen
abgenommen würde, wäre die Welt doch wieder nicht gut, weil eine Welt ohne
Freiheit keine gute Welt ist. So ist zwar der stete Einsatz dafür nötig, daß
die Welt besser wird, aber die bessere Welt von morgen kann nicht der
eigentliche und genügende Inhalt unserer Hoffnung sein. Und immer tut sich
dabei die Frage auf: Wann ist die Welt "besser"? Was macht sie gut? Nach
welchem Maßstab bemißt sich ihr Gutsein? Und auf welchen Wegen kann man zu
diesem "Guten" kommen?
31. Noch einmal: Wir brauchen die kleineren
oder größeren Hoffnungen, die uns Tag um Tag auf dem Weg halten. Aber sie
reichen nicht aus ohne die große Hoffnung, die alles andere überschreiten
muß. Diese große Hoffnung kann nur Gott sein, der das Ganze umfaßt und der
uns geben und schenken kann, was wir allein nicht vermögen. Gerade das
Beschenktwerden gehört zur Hoffnung. Gott ist das Fundament der Hoffnung –
nicht irgendein Gott, sondern der Gott, der ein menschliches Angesicht hat
und der uns geliebt hat bis ans Ende: jeden einzelnen und die Menschheit als
ganze. Sein Reich ist kein imaginäres Jenseits einer nie herbeikommenden
Zukunft; sein Reich ist da, wo er geliebt wird und wo seine Liebe bei uns
ankommt. Seine Liebe allein gibt uns die Möglichkeit, in aller Nüchternheit
immer wieder in einer ihrem Wesen nach unvollkommenen Welt standzuhalten,
ohne den Elan der Hoffnung zu verlieren. Und seine Liebe ist uns zugleich
Gewähr dafür, daß es das gibt, was wir nur dunkel ahnen und doch im tiefsten
erwarten: das Leben, das "wirklich" Leben ist. Versuchen wir, in einem
letzten Teil dies weiter zu konkretisieren, indem wir uns praktischen Lern-
und Übungsorten der Hoffnung zuwenden.
Lern- und Übungsorte der Hoffnung
I. Das Gebet als Schule der Hoffnung
32. Ein erster wesentlicher Lernort der
Hoffnung ist das Gebet. Wenn niemand mehr mir zuhört, hört Gott mir immer
noch zu. Wenn ich zu niemand mehr reden, niemanden mehr anrufen kann – zu
Gott kann ich immer reden. Wenn niemand mehr mir helfen kann – wo es sich um
eine Not oder eine Erwartung handelt, die menschliches Hoffenkönnen
überschreitet –: Er kann mir helfen.[25]
Wenn ich in eine letzte Einsamkeit verstoßen bin: Der Betende ist nie ganz
allein. Aus dreizehn Gefängnisjahren, davon neun in der Isolierhaft
verbracht, hat uns der unvergeßliche Kardinal Nguyen Van Thuan ein kostbares
kleines Buch hinterlassen: Gebete der Hoffnung. Dreizehn Jahre in
Haft, in einer Situation scheinbar totaler Hoffnungslosigkeit, ist ihm das
Zuhören Gottes, das Redenkönnen mit ihm zu einer wachsenden Kraft der
Hoffnung geworden, die ihn nach seiner Freilassung beflügelt hat, den
Menschen in aller Welt Zeuge der Hoffnung zu werden – der großen Hoffnung,
die auch in den Nächten der Einsamkeit nicht untergeht.
33. Sehr schön hat Augustinus in einer
Predigt zum Ersten Johannes-Brief den inneren Zusammenhang von Gebet
und Hoffnung dargestellt. Er definiert das Gebet als Übung der Sehnsucht.
Der Mensch ist zum Großen geschaffen – für Gott selbst, für das
Erfülltwerden von ihm. Aber sein Herz ist zu eng für das Große, das ihm
zugedacht ist. Es muß geweitet werden. "Indem Gott die Gabe [seiner selbst]
aufschiebt, verstärkt er unser Verlangen; durch das Verlangen weitet er
unser Inneres; indem er es ausweitet, macht er es aufnahmefähiger [für ihn
selbst]." Augustinus verweist auf den heiligen Paulus, der von sich sagt,
daß er ausgestreckt auf das Kommende hin lebe (vgl. Phil 3, 13), und
gebraucht dann ein sehr schönes Bild, um diesen Vorgang der Weitung und
Bereitung des menschlichen Herzens zu beschreiben. "Stell dir vor, Gott will
dich mit Honig [Bild für die Zärtlichkeit Gottes und seine Güte] anfüllen.
Wenn du aber ganz mit Essig angefüllt bist, wohin willst du den Honig tun?"
Das Gefäß, d.h. das Herz, muß zuerst ausgeweitet und dann gereinigt werden:
vom Essig und vom Essiggeschmack befreit werden. Das kostet Arbeit, das
kostet Schmerz, aber nur so entsteht die Eignung für das, wozu wir bestimmt
sind.[26]
Auch wenn Augustin unmittelbar nur von der Aufnahmefähigkeit für Gott
spricht, wird doch ganz deutlich, daß der Mensch in dieser Arbeit, in der er
sich vom Essig und seinem Essiggeschmack befreit, nicht nur für Gott frei,
sondern gerade auch für die anderen offen wird. Denn nur indem wir Kinder
Gottes werden, können wir beim gemeinsamen Vater sein. Beten bedeutet nicht,
aus der Geschichte auszusteigen und sich in den privaten Winkel des eigenen
Glücks zurückzuziehen. Rechtes Beten ist ein Vorgang der inneren Reinigung,
der uns gottfähig und so gerade auch menschenfähig macht. Im Beten muß der
Mensch lernen, was er von Gott wirklich erbitten darf – was Gottes würdig
ist. Er muß lernen, daß er nicht gegen den anderen beten kann. Er muß
lernen, daß er nicht um die oberflächlichen und bequemen Dinge bitten darf,
die er sich gerade wünscht – die falsche kleine Hoffnung, die ihn von Gott
wegführt. Er muß seine Wünsche und Hoffnungen reinigen. Er muß sich von
seinen stillen Lügen befreien, mit denen er sich selbst betrügt: Gott
durchschaut sie, und die Konfrontation mit Gott nötigt ihn, sie selbst zu
erkennen. "Wer bemerkt seine eigenen Fehler? Sprich mich frei von Schuld,
die mir nicht bewußt ist", betet der Psalmist (Ps 19 [18], 13). Das
Nichterkennen von Schuld, der Unschuldswahn, rechtfertigt und rettet mich
nicht, denn ich bin selber schuld an der Abstumpfung meines Gewissens, an
meiner Unfähigkeit, das Böse in mir als solches zu erkennen. Wenn es Gott
nicht gibt, muß ich mich vielleicht in solche Lügen flüchten, weil es
niemand gibt, der mir vergeben könnte, niemand, der wirklich Maßstab ist.
Aber die Begegnung mit Gott weckt mein Gewissen, damit es nicht mehr
Selbstrechtfertigung, Spiegelung meiner selbst und der mich prägenden
Zeitgenossen ist, sondern Hörfähigkeit für das Gute selber wird.
34. Damit das Gebet diese reinigende Kraft
entfaltet, muß es einerseits ganz persönlich sein, Konfrontation meines Ich
mit Gott, dem lebendigen Gott. Es muß aber andererseits immer wieder geführt
und erleuchtet werden von den großen Gebetsworten der Kirche und der
Heiligen, vom liturgischen Gebet, in dem der Herr uns immer wieder recht zu
beten lehrt. Kardinal Nguyen Van Thuan hat in seinem Exerzitienbuch erzählt,
wie es lange Momente der Gebetsunfähigkeit in seinem Leben gab und wie er
sich an den Gebetsworten der Kirche festgehalten hat: am Vaterunser, am Ave
Maria, an den Gebeten der Liturgie.[27]
Im Beten muß es immer dieses Ineinander von gemeinschaftlichem und
persönlichem Gebet geben. So können wir mit Gott reden, so redet Gott zu
uns. So geschehen an uns die Reinigungen, durch die wir gottfähig werden und
die uns befähigen, den Menschen zu dienen. So werden wir der großen Hoffnung
fähig, und so werden wir Diener der Hoffnung für die anderen: Hoffnung im
christlichen Sinn ist immer auch Hoffnung für die anderen. Und sie ist
aktive Hoffnung, in der wir darum ringen, daß die Dinge nicht "das verkehrte
Ende" nehmen. Sie ist aktive Hoffnung gerade auch in dem Sinn, daß wir die
Welt für Gott offenhalten. Nur so bleibt sie auch wahrhaft menschlich.
II. Tun und Leiden als Lernorte der Hoffnung
35. Alles ernsthafte und rechte Tun des
Menschen ist Hoffnung im Vollzug. Zunächst in dem Sinn, daß wir dabei unsere
kleineren oder größeren Hoffnungen voranzubringen versuchen: diese oder jene
Aufgabe lösen, die für den weiteren Weg unseres Lebens wichtig ist; durch
unseren Einsatz dazu beitragen, daß die Welt ein wenig heller und
menschlicher wird und so auch sich Türen in die Zukunft hinein auftun. Aber
der tägliche Einsatz für das Weitergehen des eigenen Lebens und für die
Zukunft des Ganzen ermüdet oder schlägt in Fanatismus um, wenn uns nicht das
Licht jener großen Hoffnung leuchtet, die auch durch Mißerfolge im kleinen
und durch das Scheitern geschichtlicher Abläufe nicht aufgehoben werden
kann. Wenn wir nicht auf mehr hoffen dürfen als auf das jeweils gerade
Erreichbare und auf das, was die herrschenden politischen und
wirtschaftlichen Mächte zu hoffen geben, wird unser Leben bald hoffnungslos.
Es ist wichtig zu wissen: Ich darf immer noch hoffen, auch wenn ich für mein
Leben oder für meine Geschichtsstunde augenscheinlich nichts mehr zu
erwarten habe. Nur die große Hoffnungsgewißheit, daß trotz allen Scheiterns
mein eigenes Leben und die Geschichte im ganzen in einer unzerstörbaren
Macht der Liebe geborgen ist und von ihr her, für sie Sinn und Bedeutung
hat, kann dann noch Mut zum Wirken und zum Weitergehen schenken. Gewiß, wir
können das Reich Gottes nicht selber "bauen" – was wir bauen, bleibt immer
Menschenreich mit allen Begrenzungen, die im menschlichen Wesen liegen. Das
Reich Gottes ist Geschenk, und eben darum ist es groß und schön und Antwort
auf Hoffnung. Und wir können – um in der klassischen Terminologie zu
sprechen – den Himmel nicht durch unsere Werke "verdienen". Er ist immer
mehr, als was wir verdienen, sowie das Geliebtwerden nie "Verdienst",
sondern immer Geschenk ist. Aber bei allem Wissen um diesen "Mehrwert" des
Himmels bleibt doch auch wahr, daß unser Tun nicht gleichgültig ist vor Gott
und daher nicht gleichgültig für den Gang der Geschichte. Wir können uns und
die Welt öffnen für das Hereintreten Gottes: der Wahrheit, der Liebe, des
Guten. Das ist es, was die Heiligen taten, die als "Mitarbeiter Gottes" zum
Heil der Welt beigetragen haben (vgl. 1 Kor 3, 9; 1 Thess 3,
2). Wir können unser Leben und die Welt von den Vergiftungen und
Verschmutzungen freimachen, die Gegenwart und Zukunft zerstören könnten. Wir
können die Quellen der Schöpfung freilegen und reinhalten und so mit der
Schöpfung, die uns als Gabe vorausgeht, ihrem inneren Anspruch und ihrem
Ziel gemäß das Rechte tun. Dies behält Sinn, auch wenn wir äußerlich
erfolglos bleiben oder ohnmächtig zu sein scheinen gegenüber dem Übergewicht
der entgegengesetzten Mächte. So kommt einerseits aus unserem Tun Hoffnung
für uns und für die anderen; zugleich aber ist es die große Hoffnung auf die
Verheißungen Gottes, die uns Mut und Richtung des Handelns gibt in guten wie
in bösen Stunden.
36. Zur menschlichen Existenz gehört das
Leiden ebenso wie das Tun. Es folgt zum einen aus unserer Endlichkeit, zum
anderen aus der Masse der Schuld, die sich in der Geschichte angehäuft hat
und auch in der Gegenwart unaufhaltsam wächst. Natürlich muß man alles tun,
um Leid zu mindern: das Leid der Unschuldigen zu verhindern, so gut es geht;
Schmerzen zu lindern; in seelischem Leid zur Überwindung zu helfen. All dies
sind Pflichten sowohl der Gerechtigkeit wie der Liebe, die zu den
Grundforderungen christlicher Existenz und eines jeden wahrhaft menschlichen
Lebens gehören. Im Kampf gegen den physischen Schmerz sind große
Fortschritte gelungen; das Leiden der Unschuldigen und auch die seelischen
Leiden haben in den letzten Jahrzehnten eher zugenommen. Ja, wir müssen
alles tun, um Leid zu überwinden, aber ganz aus der Welt schaffen können wir
es nicht – einfach deshalb nicht, weil wir unsere Endlichkeit nicht
abschütteln können und weil niemand von uns imstande ist, die Macht des
Bösen, der Schuld, aus der Welt zu schaffen, die immerfort – wir sehen es –
Quell von Leiden ist. Das könnte nur Gott: Nur ein Gott, der selbst in die
Geschichte eintritt, Mensch wird und in ihr leidet. Wir wissen, daß es
diesen Gott gibt und daß daher die Macht in der Welt da ist, die die "Schuld
der Welt hinwegnimmt" (Joh 1, 29). Mit dem Glauben, daß diese Macht
besteht, ist die Hoffnung auf die Heilung der Welt in der Geschichte
hervorgetreten. Aber es ist eben Hoffnung und noch nicht Vollendung;
Hoffnung, die uns den Mut gibt, uns auf die Seite des Guten zu stellen, auch
wo es aussichtslos scheint, im Wissen, daß im äußeren Gang der Geschichte
die Macht der Schuld weiterhin furchtbare Gegenwart bleibt.
37. Kehren wir zurück. Das Leid können wir
versuchen zu begrenzen, zu bekämpfen, aber wir können es nicht aus der Welt
schaffen. Gerade wo Menschen im Versuch der Leidvermeidung sich allem zu
entziehen suchen, was Leid bedeuten könnte, sich die Mühsal und den Schmerz
der Wahrheit, der Liebe, des Guten ersparen wollen, treiben sie in ein
leeres Leben hinein, in dem es vielleicht kaum Schmerz, um so mehr aber das
dumpfe Gefühl der Sinnlosigkeit und der Verlorenheit gibt. Nicht die
Vermeidung des Leidens, nicht die Flucht vor dem Leiden heilt den Menschen,
sondern die Fähigkeit, das Leiden anzunehmen und in ihm zu reifen, in ihm
Sinn zu finden durch die Vereinigung mit Christus, der mit unendlicher Liebe
gelitten hat. Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Sätze aus einem Brief
des vietnamesischen Märtyrers Paul Le-Bao-Thin († 1857) zitieren, in denen
diese Verwandlung des Leidens durch die Kraft der aus dem Glauben kommenden
Hoffnung sichtbar wird. "Ich, Paulus, Gefangener um des Namens Christi
willen möchte euch um die Drangsale wissen lassen, in die ich hier täglich
eingetaucht bin, damit euch die Flamme der göttlichen Liebe entzündet und
ihr mit mir den Lobgesang zu Gott erhebt: Ewig währt sein Erbarmen (vgl.
Ps 136 [135]). Dieser Kerker ist wirklich ein Bild der Hölle: Zu den
grausamen Martern aller Art wie Fesseln, eiserne Ketten und Seile kommen
hinzu Haß, Racheakte, Verleumdungen, obszöne Worte, falsche Beschuldigungen,
Gemeinheiten, falsche Schwüre, Flüche und schließlich Angst und Traurigkeit.
Gott, der die drei Jünglinge aus dem brennenden Feuerofen befreit hat, ist
mir immer nahe. Er hat auch mich befreit aus diesen Trübsalen und sie in
Süßigkeit verwandelt: Ewig währt sein Erbarmen. Inmitten dieser Foltern, die
gewöhnlich die anderen beugen und zerbrechen, bin ich dank Gottes Gnade voll
Freude und Heiterkeit, denn ich bin nicht allein, sondern Christus ist mit
mir [...] Wie dieses entsetzliche Schauspiel ertragen, bei dem ich jeden Tag
Herrscher, Mandarine und ihre Höflinge sehen muß, die deinen heiligen Namen
verfluchen, der du über den Cherubinen und Seraphinen thronst (vgl. Ps
80 [79], 2)? Sieh – dein Kreuz wird von den Heiden mit Füßen getreten. Wo
ist deine Herrlichkeit? Wenn ich dies alles sehe, ziehe ich in der Glut
deiner Liebe vor, in Stücke gehauen zu werden, um zum Zeugnis deiner Liebe
zu sterben. Zeige mir, Herr, deine Macht! Komm mir zu Hilfe und rette mich,
damit in meiner Schwachheit deine Kraft vor allen Völkern offenbart und
verherrlicht werde [...] Liebe Brüder, wenn ihr diese Dinge hört, dann freut
euch und erhebt einen immerwährenden Dankgesang zu Gott, dem Quell alles
Guten und preist ihn mit mir: Ewig währt sein Erbarmen [...] Ich schreibe
euch dies alles, damit euer und mein Glaube ein einziger miteinander werden.
Während der Sturm wütet, werfe ich meinen Anker bis vor den Thron Gottes:
lebendige Hoffnung, die in meinem Herzen ist...".[28]
Dies ist ein Brief aus der "Hölle". Das ganze Grauen eines
Konzentrationslagers wird sichtbar, in dem zu den Qualen durch die Tyrannen
die Entfesselung des Bösen in den Leidenden selber hinzukommt, die so noch
einmal zu Instrumenten für die Grausamkeit der Folterer werden. Es ist ein
Brief aus der "Hölle", aber in ihm ist das Psalmwort wahr: "Steige ich
hinauf in den Himmel, bist du da; bette ich mich in die Unterwelt, bist du
zugegen [...] Würde ich sagen: Finsternis soll mich bedecken [...] Nacht
würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre Licht" (Ps 139 [138],
8-12; vgl. auch Ps 23 [22], 4). Christus ist in die "Hölle"
hinabgestiegen, und so ist er bei dem, der dorthin geworfen wird, da und
macht ihm die Finsternis zu Licht. Das Leid, die Qualen bleiben furchtbar
und nahezu unerträglich. Aber der Stern der Hoffnung ist aufgegangen – der
Anker des Herzens reicht bis zum Thron Gottes. Nicht das Böse wird im
Menschen entbunden, sondern das Licht siegt: Leid wird – ohne aufzuhören,
Leid zu sein – dennoch zu Lobgesang.
38. Das Maß der Humanität bestimmt sich ganz
wesentlich im Verhältnis zum Leid und zum Leidenden. Das gilt für den
einzelnen wie für die Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die die Leidenden
nicht annehmen und nicht im Mit-leiden helfen kann, Leid auch von innen zu
teilen und zu tragen, ist eine grausame und inhumane Gesellschaft. Aber die
Gesellschaft kann die Leidenden nicht annehmen und sie nicht in ihrem Leiden
tragen, wenn die einzelnen dies nicht können, und wiederum der einzelne kann
das Leid des anderen nicht annehmen, wenn er nicht selbst im Leiden Sinn,
einen Weg der Reinigung und der Reifung, einen Weg der Hoffnung zu finden
vermag. Denn Annehmen des anderen, der leidet, bedeutet, daß ich mir sein
Leid selbst zueigne, daß es auch mein Leiden wird. Eben dadurch aber, daß es
nun geteiltes Leid geworden ist, daß ein anderer in ihm da ist, dringt das
Licht der Liebe in dieses Leiden ein. Das lateinische Wort con-solatio,
Tröstung, drückt dies sehr schön aus, indem es die Vorstellung eines
Mitseins in der Einsamkeit weckt, die dann keine Einsamkeit mehr ist. Aber
auch die Fähigkeit, das Leid um des Guten, um der Wahrheit und der
Gerechtigkeit willen anzunehmen, ist konstitutiv für das Maß der Humanität,
denn wenn letztlich mein Wohlbefinden, mein Unverletztbleiben wichtiger ist
als die Wahrheit und als die Gerechtigkeit, dann gilt die Herrschaft des
Stärkeren; dann dominiert die Gewalt und die Lüge. Die Wahrheit, die
Gerechtigkeit muß über meiner Bequemlichkeit und meiner physischen
Unversehrtheit stehen, sonst wird mein Leben selber zur Lüge. Und endlich
ist auch das Ja zur Liebe Quell von Leid, denn Liebe verlangt immer wieder
Selbstenteignungen, in denen ich mich beschneiden und verwunden lasse; sie
kann gar nicht ohne dieses auch schmerzliche Aufgeben meiner selbst
bestehen; sonst wird sie zu reinem Egoismus und hebt sich damit als Liebe
selber auf.
39. Leiden mit dem anderen, für die anderen;
leiden um der Wahrheit und der Gerechtigkeit willen; leiden aus Liebe und um
ein wahrhaft Liebender zu werden – das sind grundlegende Elemente der
Humanität, die abzustreifen den Menschen selbst zerstören würde. Aber noch
einmal erhebt sich die Frage: Können wir das? Ist der andere gewichtig
genug, daß ich seinetwegen selbst ein Leidender werde? Ist mir die Wahrheit
gewichtig genug, daß sie des Leidens lohnt? Und ist die Verheißung der Liebe
so groß, daß sie die Gabe meiner selbst rechtfertigt? Dem christlichen
Glauben kommt in der Geschichte der Humanität gerade diese Bedeutung zu, daß
er im Menschen auf neue Weise und in neuer Tiefe die Fähigkeit zu diesen für
seine Menschlichkeit entscheidenden Weisen des Leidens entbunden hat. Er hat
uns gezeigt, daß Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe nicht bloß Ideale, sondern
Wirklichkeit dichtester Art sind. Denn er hat uns gezeigt, daß Gott, die
Wahrheit und die Liebe in Person, für uns und mit uns leiden wollte.
Bernhard von Clairvaux hat das großartige Wort geprägt: Impassibilis est
Deus, sed non incompassibilis [29]
– Gott kann nicht leiden, aber er kann mitleiden. Der Mensch ist Gott so
viel wert, daß er selbst Mensch wurde, um mit dem Menschen mit-leiden zu
können, ganz real in Fleisch und Blut, wie es uns in der Passionsgeschichte
Jesu gezeigt wird. Von da aus ist in alles menschliche Leiden ein
Mitleidender, Mittragender hineingetreten; in jedem Leiden ist von da aus
die con-solatio, der Trost der mitleidenden Liebe Gottes anwesend und
damit der Stern der Hoffnung aufgegangen. Gewiß, in unseren verschiedenen
Leiden und Prüfungen brauchen wir immer auch unsere kleinen oder großen
Hoffnungen – auf einen freundlichen Besuch, auf Heilung innerer und äußerer
Wunden, auf einen guten Ausgang aus einer Krise usw. In unbedeutenderen
Prüfungen mögen diese Typen von Hoffnung auch genügen. Aber in wirklich
schweren Prüfungen, in denen ich mich definitiv entscheiden muß, die
Wahrheit dem Wohlbefinden, der Karriere, dem Besitz vorzuziehen, wird die
Gewißheit der wahren, großen Hoffnung, von der wir gesprochen haben, nötig.
Deswegen auch brauchen wir die Zeugen, die Märtyrer, die sich ganz gegeben
haben, um es uns von ihnen zeigen zu lassen – Tag um Tag. Auch in den
kleinen Alternativen des Alltags das Gute der Bequemlichkeit vorzuziehen –
wissend, daß wir gerade so das Leben selber leben. Sagen wir es noch einmal:
Die Fähigkeit, um des Wahren willen zu leiden, ist Maß der Humanität. Aber
diese Leidensfähigkeit hängt an der Weise und an dem Maß der Hoffnung, die
wir in uns tragen und auf die wir bauen. Weil die Heiligen von der großen
Hoffnung erfüllt waren, konnten sie den großen Weg des Menschseins gehen,
wie ihn uns Christus vorangegangen ist.
40. Noch eine für die Dinge des Alltags nicht
ganz unerhebliche kleine Bemerkung möchte ich anfügen. Zu einer heute
vielleicht weniger praktizierten, aber vor nicht allzu langer Zeit noch sehr
verbreiteten Weise der Frömmigkeit gehörte der Gedanke, man könne die
kleinen Mühen des Alltags, die uns immer wieder einmal wie mehr oder weniger
empfindliche Nadelstiche treffen, "aufopfern" und ihnen dadurch Sinn
verleihen. In dieser Frömmigkeit gab es gewiß Übertriebenes und auch
Ungesundes, aber es ist zu fragen, ob da nicht doch irgendwie etwas
Wesentliches und Helfendes enthalten war. Was kann das heißen: "aufopfern"?
Diese Menschen waren überzeugt, daß sie ihre kleinen Mühen in das große
Mitleiden Christi hineinlegen konnten, so daß sie irgendwie zu dem Schatz
des Mitleids gehörten, dessen die Menschheit bedarf. So könnten auch die
kleinen Verdrießlichkeiten des Alltags Sinn gewinnen und zum Haushalt des
Guten, der Liebe in der Menschheit beitragen. Vielleicht sollten wir doch
fragen, ob solches nicht auch für uns wieder zu einer sinnvollen Möglichkeit
werden kann.
III. Das Gericht als Lern- und Übungsort der Hoffnung
41. Im großen Credo der Kirche
schließt der Mittelteil, der das Geheimnis Christi von der ewigen Geburt aus
dem Vater und von der zeitlichen Geburt aus Maria der Jungfrau über Kreuz
und Auferstehung bis zu seiner Wiederkunft behandelt, mit den Worten: "Er
wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten."
Der Ausblick auf das Gericht hat die Christenheit von frühesten Zeiten an
als Maßstab des gegenwärtigen Lebens, als Forderung an ihr Gewissen und
zugleich als Hoffnung auf Gottes Gerechtigkeit bis in das alltägliche Leben
hinein bestimmt. Der Glaube an Christus hat nie nur nach rückwärts und nie
nur nach oben, sondern immer auch nach vorn, auf die Stunde der
Gerechtigkeit hingeblickt, die der Herr wiederholt angekündigt hatte. Dieser
Blick nach vorn hat dem Christentum seine Gegenwartskraft gegeben. In der
Gestaltung der christlichen Kirchenbauten, die die geschichtliche und
kosmische Weite des Christus-Glaubens sichtbar machen wollten, wurde es
üblich, an der Ostseite den königlich wiederkommenden Herrn – das Bild der
Hoffnung – darzustellen, an der Westseite aber das Weltgericht als Bild der
Verantwortung unseres Lebens, das die Gläubigen gerade auf ihrem Weg in den
Alltag hinaus anblickte und begleitete. In der Entwicklung der Ikonographie
des Gerichts ist dann freilich immer stärker das Drohende und Unheimliche
des Gerichts hervorgetreten, das die Künstler offenbar mehr faszinierte als
der Glanz der Hoffnung, die von der Drohung wohl oft allzu sehr verdeckt
wurde.
42. In der Neuzeit verblaßt der Gedanke an
das Letzte Gericht: Der christliche Glaube wird individualisiert und ist vor
allem auf das eigene Seelenheil ausgerichtet; die Betrachtung der
Weltgeschichte wird statt dessen weitgehend vom Fortschrittsgedanken
geprägt. Dennoch ist der tragende Gehalt der Gerichtserwartung nicht einfach
verschwunden. Er nimmt nun freilich eine ganz andere Form an. Der Atheismus
des 19. und des 20. Jahrhunderts ist von seinen Wurzeln und seinem Ziel her
ein Moralismus: ein Protest gegen die Ungerechtigkeiten der Welt und der
Weltgeschichte. Eine Welt, in der ein solches Ausmaß an Ungerechtigkeit, an
Leid der Unschuldigen und an Zynismus der Macht besteht, kann nicht Werk
eines guten Gottes sein. Der Gott, der diese Welt zu verantworten hätte,
wäre kein gerechter und schon gar nicht ein guter Gott. Um der Moral willen
muß man diesen Gott bestreiten. So schien es, da kein Gott ist, der
Gerechtigkeit schafft, daß nun der Mensch selbst gerufen ist, die
Gerechtigkeit herzustellen. Wenn der Protest gegen Gott angesichts der
Leiden dieser Welt verständlich ist, so ist der Anspruch, die Menschheit
könne und müsse nun das tun, was kein Gott tut und tun kann, anmaßend und
von innen her unwahr. Daß daraus erst die größten Grausamkeiten und
Zerstörungen des Rechts folgten, ist kein Zufall, sondern in der inneren
Unwahrheit dieses Anspruchs begründet. Eine Welt, die sich selbst
Gerechtigkeit schaffen muß, ist eine Welt ohne Hoffnung. Niemand und nichts
antwortet auf das Leiden der Jahrhunderte. Niemand und nichts bürgt dafür,
daß nicht weiter der Zynismus der Macht, unter welchen ideologischen
Verbrämungen auch immer, die Welt beherrscht. So haben die großen Denker der
Frankfurter Schule, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno Atheismus und
Theismus gleichermaßen kritisiert. Horkheimer hat radikal bestritten, daß
irgendein immanenter Ersatz für Gott gefunden werden könne, zugleich
freilich auch das Bild des guten und gerechten Gottes abgelehnt. In einer
äußersten Radikalisierung des alttestamentlichen Bilderverbotes spricht er
von der "Sehnsucht nach dem ganz Anderen", das unnahbar bleibt – ein Schrei
des Verlangens in die Weltgeschichte hinein. Auch Adorno hat entschieden an
dieser Bildlosigkeit festgehalten, die eben auch das "Bild" des liebenden
Gottes ausschließt. Aber er hat auch und immer wieder diese "negative"
Dialektik betont und gesagt, daß Gerechtigkeit, wirkliche Gerechtigkeit,
eine Welt verlangen würde, "in der nicht nur bestehendes Leid abgeschafft,
sondern noch das unwiderruflich Vergangene widerrufen wäre".[30]
Das aber würde – in positiven und darum für ihn unangemessenen Symbolen
ausgedrückt – heißen, daß Gerechtigkeit nicht sein kann ohne Auferweckung
der Toten. Eine solche Aussicht bedingte jedoch "die Auferstehung des
Fleisches; dem Idealismus, dem Reich des absoluten Geistes, ist sie ganz
fremd".[31]
43. Von der strengen Bildlosigkeit her, die
zum ersten Gebot Gottes gehört (vgl. Ex 20, 4) kann und muß auch der
Christ immer wieder lernen. Die Wahrheit der negativen Theologie ist vom 4.
Lateran-Konzil herausgestellt worden, das ausdrücklich sagt, daß zwischen
dem Schöpfer und dem Geschöpf keine noch so große Ähnlichkeit festzustellen
ist, daß nicht zwischen ihnen eine immer noch größere Unähnlichkeit bliebe.[32]
Dennoch kann die Bildlosigkeit für den Glaubenden nicht so weit gehen, daß
er – wie Horkheimer und Adorno meinten – im Nein zu beiden Behauptungen, zum
Theismus und zum Atheismus stehenbleiben müßte. Gott hat sich selbst ein
"Bild" gegeben: im menschgewordenen Christus. In ihm, dem Gekreuzigten, ist
die Verneinung falscher Gottesbilder bis zum äußersten gesteigert. Nun zeigt
Gott gerade in der Gestalt des Leidenden, der die Gottverlassenheit des
Menschen mitträgt, sein eigenes Gesicht. Dieser unschuldig Leidende ist zur
Hoffnungsgewißheit geworden: Gott gibt es, und Gott weiß, Gerechtigkeit zu
schaffen auf eine Weise, die wir nicht erdenken können und die wir doch im
Glauben ahnen dürfen. Ja, es gibt die Auferstehung des Fleisches.[33]
Es gibt Gerechtigkeit.[34]
Es gibt den "Widerruf" des vergangenen Leidens, die Gutmachung, die das
Recht herstellt. Daher ist der Glaube an das Letzte Gericht zuallererst und
zuallermeist Hoffnung – die Hoffnung, deren Notwendigkeit gerade im Streit
der letzten Jahrhunderte deutlich geworden ist. Ich bin überzeugt, daß die
Frage der Gerechtigkeit das eigentliche, jedenfalls das stärkste Argument
für den Glauben an das ewige Leben ist. Das bloß individuelle Bedürfnis nach
einer Erfüllung, die uns in diesem Leben versagt ist, nach der
Unsterblichkeit der Liebe, auf die wir warten, ist gewiß ein wichtiger Grund
zu glauben, daß der Mensch auf Ewigkeit hin angelegt ist, aber nur im Verein
mit der Unmöglichkeit, daß das Unrecht der Geschichte das letzte Wort sei,
wird die Notwendigkeit des wiederkehrenden Christus und des neuen Lebens
vollends einsichtig.
44. Der Protest gegen Gott um der
Gerechtigkeit willen ist nicht dienlich. Eine Welt ohne Gott ist eine Welt
ohne Hoffnung (Eph 2, 12). Nur Gott kann Gerechtigkeit schaffen. Und
der Glaube gibt uns die Gewißheit: Er tut es. Das Bild des Letzten Gerichts
ist zuallererst nicht ein Schreckbild, sondern Bild der Hoffnung, für uns
vielleicht sogar das entscheidende Hoffnungsbild. Aber ist es nicht doch
auch ein Bild der Furcht? Ich würde sagen: ein Bild der Verantwortung. Ein
Bild daher für jene Furcht, von der der heilige Hilarius sagt, daß all
unsere Furcht in der Liebe ihren Ort hat.[35]
Gott ist Gerechtigkeit und schafft Gerechtigkeit. Das ist unser Trost und
unsere Hoffnung. Aber in seiner Gerechtigkeit ist zugleich Gnade. Das wissen
wir durch den Blick auf den gekreuzigten und auferstandenen Christus. Beides
– Gerechtigkeit und Gnade – muß in seiner rechten inneren Verbindung gesehen
werden. Die Gnade löscht die Gerechtigkeit nicht aus. Sie macht das Unrecht
nicht zu Recht. Sie ist nicht ein Schwamm, der alles wegwischt, so daß am
Ende dann eben doch alles gleich gültig wird, was einer auf Erden getan hat.
Gegen eine solche Art von Himmel und von Gnade hat zum Beispiel Dostojewski
in seinen Brüdern Karamasow mit Recht Protest eingelegt. Die
Missetäter sitzen am Ende nicht neben den Opfern in gleicher Weise an der
Tafel des ewigen Hochzeitsmahls, als ob nichts gewesen wäre. Ich möchte an
dieser Stelle einen Text von Platon zitieren, der eine Vorahnung des
gerechten Gerichts ausdrückt, die in vielem auch für den Christen wahr und
heilsam bleibt. Er spricht – gewiß in mythologischen Bildern, die aber
unzweideutig Wahrheit sichtbar machen – davon, daß am Ende die Seelen nackt
vor dem Richter stehen werden. Nun zählt nicht mehr, was sie einmal in der
Geschichte gewesen waren, sondern nur das, was sie in Wahrheit sind. "Da hat
er (der Richter) vielleicht die Seele eines [...] Königs oder Herrschers vor
sich und sieht gar nichts Gesundes an ihr. Er findet sie durchgepeitscht und
voll von Narben, die von Meineid und Ungerechtigkeit stammen [...] und alles
ist schief voll Lüge und Hochmut, und nichts ist gerade, weil sie ohne
Wahrheit aufgewachsen ist. Und er sieht, wie die Seele durch Willkür,
Üppigkeit, Übermut und Unbesonnenheit im Handeln mit Maßlosigkeit und
Schändlichkeit beladen ist. Bei diesem Anblick aber schickt er diese sofort
in den Kerker, wo sie die verdienten Strafen erdulden soll [...] Manchmal
aber sieht er eine andere Seele vor sich, eine, die ein frommes und
ehrliches Leben geführt hat [...]; er freut sich über sie und schickt sie
gewiß auf die Inseln der Seligen." [36]
Jesus hat uns zur Warnung im Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen
Lazarus (Lk 16, 19-31) das Bild einer solchen von Übermut und
Üppigkeit zerstörten Seele gezeigt, die selbst einen unüberbrückbaren Graben
zwischen sich und dem Armen geschaffen hat: den Graben der Verschlossenheit
in den materiellen Genuß hinein, den Graben der Vergessenheit des anderen,
der Unfähigkeit zu lieben, die nun zum brennenden und nicht mehr zu
heilenden Durst wird. Dabei müssen wir festhalten, daß Jesus in diesem
Gleichnis nicht von dem endgültigen Geschick nach dem Weltgericht handelt,
sondern eine Vorstellung aufnimmt, die sich unter anderem im frühen Judentum
findet und einen Zwischenzustand zwischen Tod und Auferstehung meint, in dem
das endgültige Urteil noch aussteht.
45. Diese frühjüdische Vorstellung vom
Zwischenzustand schließt die Auffassung ein, daß die Seelen nicht einfach
nur in einer vorläufigen Verwahrung weilen, sondern schon Strafe erfahren,
wie es das Gleichnis vom reichen Prasser zeigt, oder aber auch schon
vorläufige Formen der Seligkeit empfangen. Und endlich fehlt nicht der
Gedanke, daß es in diesem Zustand auch Reinigungen und Heilungen geben kann,
die die Seele reif machen für die Gemeinschaft mit Gott. Die frühe Kirche
hat solche Vorstellungen aufgenommen, aus denen sich dann in der Kirche des
Westens allmählich die Lehre vom Fegefeuer gebildet hat. Wir brauchen hier
nicht auf die komplizierten historischen Wege dieser Entwicklung zu blicken;
fragen wir einfach danach, worum es in der Sache geht. Die
Lebensentscheidung des Menschen wird mit dem Tod endgültig – dieses sein
Leben steht vor dem Richter. Sein Entscheid, der im Lauf des ganzen Lebens
Gestalt gefunden hat, kann verschiedene Formen haben. Es kann Menschen
geben, die in sich den Willen zur Wahrheit und die Bereitschaft zur Liebe
völlig zerstört haben. Menschen, in denen alles Lüge geworden ist; Menschen,
die dem Haß gelebt und die Liebe in sich zertreten haben. Dies ist ein
furchtbarer Gedanke, aber manche Gestalten gerade unserer Geschichte lassen
in erschreckender Weise solche Profile erkennen. Nichts mehr wäre zu heilen
an solchen Menschen, die Zerstörung des Guten unwiderruflich: Das ist es,
was mit dem Wort Hölle [37]
bezeichnet wird. Auf der anderen Seite kann es ganz reine Menschen geben,
die sich ganz von Gott haben durchdringen lassen und daher ganz für den
Nächsten offen sind – Menschen, in denen die Gottesgemeinschaft jetzt schon
all ihr Sein bestimmt und das Gehen zu Gott nur vollendet, was sie schon
sind.[38]
46. Aber weder das eine noch das andere ist
nach unseren Erfahrungen der Normalfall menschlicher Existenz. Bei den
allermeisten – so dürfen wir annehmen – bleibt ein letztes und innerstes
Offenstehen für die Wahrheit, für die Liebe, für Gott im tiefsten ihres
Wesens gegenwärtig. Aber es ist in den konkreten Lebensentscheidungen
überdeckt von immer neuen Kompromissen mit dem Bösen – viel Schmutz verdeckt
das Reine, nach dem doch der Durst geblieben ist und das doch auch immer
wieder über allem Niedrigen hervortritt und in der Seele gegenwärtig bleibt.
Was geschieht mit solchen Menschen, wenn sie vor den Richter hintreten? Ist
all das Unsaubere, das sie in ihrem Leben angehäuft haben, plötzlich
gleichgültig? Oder was sonst? Der heilige Paulus gibt uns im Ersten
Korinther-Brief eine Vorstellung von der unterschiedlichen Weise, wie
Gottes Gericht auf den Menschen je nach seiner Verfassung trifft. Er tut es
in Bildern, die das Unanschaubare irgendwie ausdrücken wollen, ohne daß wir
diese Bilder auf den Begriff bringen könnten – einfach weil wir in die Welt
jenseits des Todes nicht hineinschauen können und von ihr keine Erfahrung
haben. Zunächst sagt Paulus über die christliche Existenz, daß sie auf einen
gemeinsamen Grund gebaut ist: Jesus Christus. Dieser Grund hält stand. Wenn
wir auf diesem Grund stehengeblieben sind, auf ihm unser Leben gebaut haben,
wissen wir, daß uns auch im Tod dieser Grund nicht mehr weggezogen werden
kann. Dann fährt Paulus weiter: "Ob aber jemand auf dem Grund mit Gold,
Silber, kostbaren Steinen, mit Holz, Heu oder Stroh weiterbaut: das Werk
eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es
im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden
taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es
nieder, dann muß er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden,
doch so wie durch Feuer hindurch" (3, 12-15). In diesem Text zeigt sich auf
jeden Fall, daß die Rettung der Menschen verschiedene Formen haben kann; daß
manches Aufgebaute niederbrennen kann; daß der zu Rettende selbst durch
"Feuer" hindurchgehen muß, um endgültig gottfähig zu werden, Platz nehmen zu
können am Tisch des ewigen Hochzeitsmahls.
47. Einige neuere Theologen sind der Meinung,
daß das verbrennende und zugleich rettende Feuer Christus ist, der Richter
und Retter. Das Begegnen mit ihm ist der entscheidende Akt des Gerichts. Vor
seinem Anblick schmilzt alle Unwahrheit. Die Begegnung mit ihm ist es, die
uns umbrennt und freibrennt zum Eigentlichen unserer selbst. Unsere
Lebensbauten können sich dabei als leeres Stroh, als bloße Großtuerei
erweisen und zusammenfallen. Aber in dem Schmerz dieser Begegnung, in der
uns das Unreine und Kranke unseres Daseins offenbar wird, ist Rettung. Sein
Blick, die Berührung seines Herzens heilt uns in einer gewiß schmerzlichen
Verwandlung "wie durch Feuer hindurch". Aber es ist ein seliger Schmerz, in
dem die heilige Macht seiner Liebe uns brennend durchdringt, so daß wir
endlich ganz wir selber und dadurch ganz Gottes werden. So wird auch das
Ineinander von Gerechtigkeit und Gnade sichtbar: Unser Leben ist nicht
gleichgültig, aber unser Schmutz befleckt uns nicht auf ewig, wenn wir
wenigstens auf Christus, auf die Wahrheit und auf die Liebe hin ausgestreckt
geblieben sind. Er ist im Leiden Christi letztlich schon verbrannt. Im
Augenblick des Gerichts erfahren und empfangen wir dieses Übergewicht seiner
Liebe über alles Böse in der Welt und in uns. Der Schmerz der Liebe wird
unsere Rettung und unsere Freude. Es ist klar, daß wir die "Dauer" dieses
Umbrennens nicht mit Zeitmaßen unserer Weltzeit messen können. Der
verwandelnde "Augenblick" dieser Begegnung entzieht sich irdischen Zeitmaßen
– ist Zeit des Herzens, Zeit des "Übergangs" in die Gemeinschaft mit Gott im
Leibe Christi.[39]
Das Gericht Gottes ist Hoffnung, sowohl weil es Gerechtigkeit wiewohl weil
es Gnade ist. Wäre es bloß Gnade, die alles Irdische vergleichgültigt, würde
uns Gott die Frage nach der Gerechtigkeit schuldig bleiben – die für uns
entscheidende Frage an die Geschichte und an Gott selbst. Wäre es bloße
Gerechtigkeit, würde es für uns alle am Ende nur Furcht sein können. Die
Menschwerdung Gottes in Christus hat beides – Gericht und Gnade – so
ineinandergefügt, daß Gerechtigkeit hergestellt wird: Wir alle wirken unser
Heil "mit Furcht und Zittern" (Phil 2, 12). Dennoch läßt die Gnade
uns alle hoffen und zuversichtlich auf den Richter zugehen, den wir als
unseren "Advokaten", parakletos, kennen (vgl. 1 Joh 2, 1).
48. Noch ein Motiv muß hier Erwähnung finden,
weil es für die Praxis christlichen Hoffens Bedeutung hat. Wiederum schon im
Frühjudentum gibt es den Gedanken, daß man den Verstorbenen in ihrem
Zwischenzustand durch Gebet zu Hilfe kommen kann (z.B. 2 Makk 12, 38-
45; 1. Jahrhundert v. Chr.). Die entsprechende Praxis ist ganz
selbstverständlich von den Christen übernommen worden, und sie ist der Ost-
und Westkirche gemeinsam. Der Osten kennt kein reinigendes und sühnendes
Leiden der Seelen im "Jenseits", wohl aber verschiedene Stufen der Seligkeit
oder auch des Leidens im Zwischenzustand. Den Seelen der Verstorbenen kann
aber durch Eucharistie, Gebet und Almosen "Erholung und Erfrischung"
geschenkt werden. Daß Liebe ins Jenseits hinüberreichen kann, daß ein
beiderseitiges Geben und Nehmen möglich ist, in dem wir einander über die
Grenze des Todes hinweg zugetan bleiben, ist eine Grundüberzeugung der
Christenheit durch alle Jahrhunderte hindurch gewesen und bleibt eine
tröstliche Erfahrung auch heute. Wer empfände nicht das Bedürfnis, seinen
ins Jenseits vorangegangenen Lieben ein Zeichen der Güte, der Dankbarkeit
oder auch der Bitte um Vergebung zukommen zu lassen? Nun könnte man
weiterfragen: Wenn das "Fegefeuer" einfach das Reingebranntwerden in der
Begegnung mit dem richtenden und rettenden Herrn ist, wie kann dann ein
Dritter einwirken, selbst wenn er dem anderen noch so nahesteht? Bei solchem
Fragen sollten wir uns klarmachen, daß kein Mensch eine geschlossene Monade
ist. Unsere Existenzen greifen ineinander, sind durch vielfältige
Interaktionen miteinander verbunden. Keiner lebt allein. Keiner sündigt
allein. Keiner wird allein gerettet. In mein Leben reicht immerfort das
Leben anderer hinein: in dem, was ich denke, rede, tue, wirke. Und umgekehrt
reicht mein Leben in dasjenige anderer hinein: im Bösen wie im Guten. So ist
meine Bitte für den anderen nichts ihm Fremdes, nichts Äußerliches, auch
nach dem Tode nicht. In der Verflochtenheit des Seins kann mein Dank an ihn,
mein Gebet für ihn ein Stück seines Reinwerdens bedeuten. Und dabei brauchen
wir nicht Weltzeit auf Gotteszeit umzurechnen: In der Gemeinschaft der
Seelen wird die bloße Weltzeit überschritten. An das Herz des anderen zu
rühren, ist nie zu spät und nie vergebens. So wird ein wichtiges Element des
christlichen Begriffs von Hoffnung nochmals deutlich. Unsere Hoffnung ist
immer wesentlich auch Hoffnung für die anderen; nur so ist sie wirklich auch
Hoffnung für mich selbst.[40]
Als Christen sollten wir uns nie nur fragen: Wie kann ich mich selber
retten? Sondern auch: Wie kann ich dienen, damit andere gerettet werden und
daß anderen der Stern der Hoffnung aufgeht? Dann habe ich am meisten auch
für meine eigene Rettung getan.
Maria, Stern der Hoffnung
49. Mit einem Hymnus aus dem 8./9.
Jahrhundert grüßt die Kirche seit mehr als 1000 Jahren Maria, die Mutter des
Herrn, als "Meeresstern": Ave maris stella. Menschliches Leben
bedeutet Unterwegssein. Zu welchem Ziel? Wie finden wir die Straße des
Lebens? Es erscheint wie eine Fahrt auf dem oft dunklen und stürmischen Meer
der Geschichte, in der wir Ausschau halten nach den Gestirnen, die uns den
Weg zeigen. Die wahren Sternbilder unseres Lebens sind die Menschen, die
recht zu leben wußten. Sie sind Lichter der Hoffnung. Gewiß, Jesus Christus
ist das Licht selber, die Sonne, die über allen Dunkelheiten der Geschichte
aufgegangen ist. Aber wir brauchen, um zu ihm zu finden, auch die nahen
Lichter – die Menschen, die Licht von seinem Licht schenken und so
Orientierung bieten auf unserer Fahrt. Und welcher Mensch könnte uns mehr
als Maria Stern der Hoffnung sein – sie, die mit ihrem Ja Gott selbst die
Tür geöffnet hat in unsere Welt; sie, die zur lebendigen Bundeslade wurde,
in der Gott Fleisch annahm, einer von uns geworden ist, unter uns "zeltete"
(vgl. Joh 1, 14)?
50. Darum rufen wir zu ihr: Heilige Maria, du
gehörtest zu jenen demütigen und großen Seelen in Israel, die – wie Simeon –
"auf den Trost Israels warteten" (Lk 2, 25), wie Anna auf die
"Erlösung Jerusalems" hofften (Lk 2, 38). Du lebtest in den heiligen
Schriften Israels, die von der Hoffnung sprachen – von der Verheißung, die
Abraham und seinen Nachkommen geschenkt war (vgl. Lk 1, 55). So
verstehen wir das heilige Erschrecken, das dich überfiel, als der Engel
Gottes in deine Stube trat und dir sagte, du sollest den gebären, auf den
Israel hoffte, auf den die Welt wartete. Durch dich, durch dein Ja hindurch
sollte die Hoffnung der Jahrtausende Wirklichkeit werden, hineintreten in
diese Welt und ihre Geschichte. Du hast dich der Größe dieses Auftrags
gebeugt und ja gesagt: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach
deinem Wort" (Lk 1, 38). Als du in der heiligen Freude über die Berge
Judäas zu deiner Base Elisabeth eiltest, wurdest du zum Bild der kommenden
Kirche, die die Hoffnung der Welt in ihrem Schoß über die Gebirge der
Geschichte trägt. Aber neben der Freude, die du in deinem Magnificat
in die Jahrhunderte hinein gesagt und gesungen hast, wußtest du doch auch um
die dunklen Worte der Propheten vom Leiden des Gottesknechtes in dieser
Welt. Über der Geburt im Stall zu Bethlehem leuchtete der Glanz der Engel,
die den Hirten die frohe Kunde brachten, aber war doch zugleich auch die
Armut Gottes in dieser Welt nur allzu spürbar. Der greise Simeon sprach dir
von dem Schwert, das dein Herz durchdringen werde (vgl. Lk 2, 35),
vom Zeichen des Widerspruchs, das dein Sohn sein werde in dieser Welt. Als
dann das öffentliche Wirken Jesu begann, mußtest du zurücktreten, damit die
neue Familie wachsen konnte, die zu gründen er gekommen war und die aus
denen wachsen sollte, die sein Wort hörten und es befolgten (vgl. Lk
11, 27f). Bei all der Größe und Freude des ersten Aufbruchs von Jesu Wirken
hast du doch schon in der Synagoge von Nazareth die Wahrheit des Wortes vom
"Zeichen des Widerspruchs" erfahren müssen (vgl. Lk 4, 28ff). So hast
du die wachsende Macht der Feindseligkeit und der Ablehnung erlebt, die sich
immer mehr um Jesus zusammenbraute bis zur Stunde des Kreuzes hin, in der du
den Retter der Welt, den Erben Davids, den Sohn Gottes als Gescheiterten,
zum Spott Ausgestellten zwischen Verbrechern sterben sehen mußtest. Du
empfingst das Wort: "Frau, siehe da dein Sohn" (Joh 19, 27). Vom
Kreuz her empfingst du eine neue Sendung. Vom Kreuz her wurdest du auf neue
Weise Mutter: Mutter für alle, die deinem Sohn Jesus glauben und ihm folgen
wollen. Das Schwert des Schmerzes durchbohrte dein Herz. War die Hoffnung
gestorben? War die Welt endgültig ohne Licht, das Leben ohne Ziel? In jener
Stunde hast du gewiß neu in deinem Innern auf das Wort des Engels gehört,
mit dem er auf dein Erschrecken beim Augenblick der Verheißung geantwortet
hatte: "Fürchte dich nicht, Maria!" (Lk 1, 30). Wie oft hatte der
Herr, dein Sohn, dasselbe zu seinen Jüngern gesagt: Fürchtet euch nicht! In
der Nacht von Golgotha hörtest du in deinem Herzen neu das Wort. Zu seinen
Jüngern hatte er vor der Stunde des Verrats gesagt: "Habt Mut. Ich habe die
Welt überwunden" (Joh 16, 33). "Euer Herz lasse sich nicht verwirren
und zage nicht" (Joh 14, 27). "Fürchte dich nicht, Maria!" In der
Stunde zu Nazareth hatte der Engel zu dir auch gesagt: "Seines Reiches wird
kein Ende sein" (Lk 1, 33). War es zu Ende, bevor es begonnen hatte?
Nein, beim Kreuz warst du von Jesu eigenem Wort her zur Mutter der
Glaubenden geworden. In diesem Glauben, der auch im Dunkel des Karsamstags
Gewißheit der Hoffnung war, bist du auf den Ostermorgen zugegangen. Die
Freude der Auferstehung hat dein Herz berührt und dich nun neu mit den
Jüngern zusammengeführt, die Familie Jesu werden sollten durch den Glauben.
So warst du inmitten der Gemeinschaft der Glaubenden, die in den Tagen nach
der Himmelfahrt Jesu einmütig um die Gabe des Heiligen Geistes beteten (vgl.
Apg 1, 14) und sie dann am Pfingsttag empfingen. Das "Reich" Jesu war
anders, als die Menschen es hatten erdenken können. Es begann in jener
Stunde, und dieses "Reiches" wird kein Ende sein. So bleibst du inmitten der
Jünger als ihre Mutter, als Mutter der Hoffnung. Heilige Maria, Mutter
Gottes, unsere Mutter, lehre uns mit dir glauben und hoffen und lieben.
Zeige uns den Weg zu seinem Reich. Stern des Meeres, leuchte uns und führe
uns auf unserem Weg!
Gegeben zu Rom, Sankt Peter, am 30.
November, dem Fest des heiligen Apostels Andreas, im Jahr 2007, dem dritten
des Pontifikats.
BENEDICTUS PP. XVI
[1] Corpus Inscriptionum Latinarum, Bd. VI, Nr. 26003.
[2] Vgl. Poem. dogm., V, 53-64: PG 37, 428-429.
[3] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1817-1821.
[4] Summa Theologiae II-IIae, q. 4, a. 1.
[5] H. Köster: ThWNT, VIII (1969) 585.
[6] De excessu fratris sui Satyri, II, 47: CSEL 73, 274.
[7] Ebd., II, 46: CSEL 73, 273.
[8] Vgl. Ep. 130 Ad Probam 14, 25-15, 28: CSEL 44, 68-73.
[9] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1025.
[10] Jean Giono, Les vraies richesses, Paris
1936, Préface, in: H. de Lubac, Catholicisme. Aspects sociaux du
dogme, Paris 1983, VII.
[11] Ep. 130 Ad Probam 13, 24: CSEL 44, 67.
[12] Sententiae III, 118, in: Bernhard von Clairvaux, hg. G. B.
Winkler, Bd. IV, 686.
[13] Vgl. ebd. III, 71, 470-473.
[14] Novum Organum I, 117.
[15] Vgl. ebd. I, 129.
[16] Vgl. New Atlantis.
[17] In: Werke IV, hg.
W. Weischedel (1956), 777. Die Abhandlung über den Sieg des guten
Prinzips ist bekanntlich als drittes Kapitel der von Kant 1793
veröffentlichten Schrift Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen
Vernunft erschienen.
[18] I. Kant, Das Ende aller Dinge, in: Werke VI, hg. W.
Weischedel (1964), 190.
[19] Kapitel über die Liebe, Centuria 1, Kap. 1: PG 90,
965.
[20] ebd.: PG 90, 962-966.
[21] Conf. X 43, 70: CSEL 33, 279.
[22] Sermo 340, 3: PL 38, 1484; vgl. F. Van der Meer,
Augustinus der Seelsorger (1951), 318.
[23] Sermo 339, 4: PL 38, 1481.
[24] Conf. X, 43, 69: CSEL 33, 279.
[25] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2657.
[26] Vgl. In 1 Joannis 4, 6: PL 35, 2008f.
[27] Hoffnung, die uns trägt, Freiburg 2001, 121f.
[28] Römisches Stundenbuch, Lesehore, 24. November.
[29] Sermones in Cant., Serm. 26, 5, in: Bernhard von Clairvaux,
hg. G. B. Winkler, Bd. V, 394.
[30] Negative Dialektik (1966), Dritter Teil, III, 11, in:
Gesammelte Schriften, Bd. VI, Frankfurt/Main 1973, 395.
[31] Ebd., Zweiter Teil, 207.
[32] DS 806.
[33] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 988-1004.
[34] Vgl. ebd., Nr. 1040.
[35] Vgl. Tractatus super Psalmos, Ps 127, 1-3: CSEL
22, 628- 630.
[36] Gorgias 525a-526c.
[37] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1033-1037.
[38] Vgl. ebd., Nr. 1023-1029.
[39] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1030-1032.
[40] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1032.
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