Marthe
Robin wurde am 13. März 1902 auf dieser Erde geboren. Wenn sie 1981 nicht im
Himmel geboren wäre, wäre sie dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Dieser
Jahrestag ist eine Einladung, ein wirklich außerordentliches Geschick (1) zu
betrachten und daraus heilsame Lehren für unsere Zeit zu ziehen. Möge sie
einem unwürdigen Landsmann gewähren zu entdecken, was Gott in ihr und durch
sie zu Seinem Ruhm und zum Heil der Menschen gewirkt hat, deren Schmerzen und
Hoffnungen sie geteilt hat. Marthe, unsere Schwester, die in gewisser Weise
die Passion des gekreuzigten Christus fortsetzte und so zur Erlösung beiträgt.
(*) noch nicht heilig gesprochen, Seligsprechungsprozess
eingeleitet
Marthe Robin
Marthe,
Schwester der Menschen
Als Zeugin Gottes
übernimmt Marthe Robin die Fackel jener Jungfrauen, die die Älteste Tochter
der Kirche geehrt und neu belebt haben, von der heiligen Blandina bis zu
Yvonne-Aimée von Malestroit…
Sie wurde am 13. März 1902 in Châteauneuf-de-Galaure, einem kleinen Dorf im
Norden des Departements Drôme geboren. Die Eltern Robin sind einfache Bauern,
sie ist die Jüngste von sechs Kindern. Ihre Familie spiegelt den Charakter des
Dorfes, des Departements und ganz Frankreichs wider, wie es direkt vor den
schmerzlichen Ereignissen (religiöser Natur) von 1905 und jenen (patriotischer
Natur) von 1914 aussah: ein «robuster» katholischer Haushalt. Und gerade in
diesem Heim wollte Gott im Hinblick auf Seine Pläne der Liebe sein Zelt
aufschlagen, indem er die Jüngste erwählte, wie seinerzeit den jungen David.
Eine normale Familie, ein normaler Boden — Marthe hütete später die Ziegen —,
denn Gott verherrlicht sich gern in dem, was in den Augen der Menschen nichts
gilt: Auch für das Kind gelten die Verheißungen des Magnifikat.
In aufeinander folgenden, wachsendem Graden wird Marthe eine sichere,
göttliche Vorliebe zuteil, auf die ihr Herz und ihr Willen immer mehr
antworten, bis zu ihrem abschließenden Opfer. Sie wurde Anfang April 1902
getauft, bekam einen einfachen, aber soliden Religionsunterricht, wurde mit 9
Jahren gefirmt und ging mit 10 Jahren zur Erstkommunion. So entdeckte sie
langsam Jesus und Maria. Den Sohn in der Eucharistie, die Mutter im Gebet, sei
es in den Heiligtümern der Umgebung, in der Nähe einer kleinen Kapelle oder
einfach unterwegs. Eines Tages vertraute sie jemandem an: «Wenn ich zum
Einkaufen ins Dorf ging, hatte ich immer meinen Rosenkranz in der Tasche und
betete ihn unterwegs. »Vor allem in der Natur — und später in der «Klausur»
ihres Zimmers — lernte sie im direkten Kontakt mit Gott beten. Wie alle
Hirten, die auf dem Feld von Gott erwählt werden, bezieht sie ihre kindlichen
Überlegungen aus den schlichten, reinen Unterhaltungen mit dem Himmel, aus
denen später ihre schönsten und tiefgründigsten Gebete und Meditationen
entstanden sind.
Gleichzeitig entwickelte sie das, was man ihren «angeborenen Sinn für die
Nächstenliebe» nennen könnte — und der in Zukunft so wichtig für sie werden
sollte. Er stammte aus der Erfahrung der gegenseitigen Hilfe unter Bauern, die
es schon immer und auch in ihrer Familie gegeben hatte: Sie erwies gern
Dienste, half ihrer Mutter im Haushalt und genauso ihrer ältesten Schwester,
einer Familienmutter (deren Mann im Krieg war), sie hatte immer eine Gabe für
Obdachlose, die vorbeikamen, und besuchte gern die Leidenden. Später
versicherte sie: «Ich wäre über Berge und Hügel gegangen, um Kranke zu
besuchen. Weniger um sie zu pflegen, als um sie zu lieben.»
Das hinderte sie nicht daran, ein junges Mädchen zu sein wie alle anderen
auch, solange Gott es ihr erlaubte. Ihr fröhliches, lebendiges Temperament
äußerte sich in der Dorfschule, abends im Familienkreis oder bei
Familienfesten. Sie spielte und tanzte gern.
So sah Marthes «menschlicher Boden» aus: Sie war ein Mädchen aus der Galaure,
eine echte Lilie der Felder.
Der Erlöser
zieht sie unmerklich auf Sein Kreuz
Gott begegnet
seinen Lieblingsseelen gewöhnlich durch das Leiden, sagte die heilige Theresia
von Lisieux. Marthe wurde ihre Gefährtin in ihrem Leiden und in ihrer Sendung:
«Den Seelen, die mein Vater am meisten liebt, schickt er am meisten Prüfungen.
Das Maß dieser Prüfungen ist das Maß seiner Liebe», sagte Jesus zu ihr.
Das Kreuz wurde ihre Schule in einem Jahrhundert, das von Kreuzen gerötet ist,
wie die Menschheit sie seit dem Kreuz von Golgotha noch nie gekannt hat. Die
Einmaligkeit und das Vorrecht von Marthe bestehen darin, dass sie fast gegen
ihren Willen zur Bannerträgerin des Erlöserkreuzes für unsere Zeit bestimmt
wurde.
Es begann schon in ihrer Kindheit (in der Schulzeit, die bald unterbrochen
wurde, und zu Hause) mit immer schwereren und länger andauernden Krankheiten,
die sie oft an das Haus fesselten, da auch noch die Krankheiten ihrer Mutter
hinzukamen.
Ihr wahres Leiden begann im November 1918 (sie war erst 16 Jahre alt) und
dauerte in einer ersten Phase bis zum Frühjahr 1921, also praktisch
ununterbrochen zweieinhalb Jahre lang. Marthe litt unter schrecklichen Kopf-
und Augenschmerzen mit einer rasch voranschreitenden Lähmung der Beine und
langen Dämmerzuständen. Nur das Sakrament der Krankensalbung und eine erste
Erscheinung Unserer Lieben Frau am 25. März 1921 brachten ihr Trost und
Linderung.
Sie nützte diese «Ruhepause», um zu sticken und zu beten. Sie konnte wieder
besser sitzen und bewegte sich an Stöcken fort. Sie ließ sich bei ihrer
Lektüre von der Vorsehung leiten — wie im Fall jenes Andachtsbuches, das sie
auf dem Dachboden einer ihrer Schwestern entdeckt hatte, und das ihr den
Eindruck vermittelt, dass darin ihr eigener Weg vorgezeichnet sei… Dort las
sie nämlich folgende Sätze (die sie mit anderen Zeichen in Zusammenhang
brachte, die sie außerdem wahrnahm): «Warum suchst du das Vergnügen, da du für
den Schmerz geschaffen bist?» und «Gott muss man alles geben.» Unter dem
Einfluss dieser wiederholten Zeichen erwachte in ihr immer mehr der Wunsch,
sich dem Herrn zu weihen. In Wirklichkeit dachte sie an den Karmel in jenen
Jahren, in denen man sich auf die Heiligsprechung der «kleinen» Theresia im
Jahr 1925 vorbereitete. Aber es gab immer noch Bindungen, die sie an die Welt
banden. Im Alter von 23 Jahren hatte sie sich noch nicht endgültig
entschieden.
Die grosse
Wende: Ihre vollkommene und endgültige Hingabe an Christus
Von 1923 bis 1925
war sie inneren Kämpfen ausgeliefert. Sie zögerte, denn durch die Begegnung
mit geistlichen Begleitern, die mit ihr über Seine Passion sprachen, lud Jesus
sie immer drängender ein, Ihm auf dem schwierigsten Weg nachzufolgen. Ein
unerwartetes Ereignis brachte sie von selbst auf den Weg des Verzichts: Im
August 1925 überließ sie einer anderen Kranken ihren Platz bei der
Lourdes-Wallfahrt. Dieses große Opfer wurde für sie zur Quelle unermesslicher
Gnaden, von denen schon die erste bemerkenswert ist: Da Marthe nicht zu Maria
gehen konnte, kam Maria von da an immer zu Marthe.
Dieser unvorhergesehene Verzicht ging ihrem immerwährenden Opfer vom 15.
Oktober desselben Jahres voraus und bereitete es vor. Jener Tag stellte die
große Wende für ihr ganzes Leben dar: Denn Marthe sprach ihren feierlichen,
unwiderruflichen Akt der Hingabe an den göttlichen Willen. Sie vertiefte und
erneuerte diesen Akt im folgenden Jahr durch eine vollkommene Verpflichtung
und eine unbedingte Weihe, die sie umfassender leben wollte. Mit Betonungen
und Ausdrücken, die ihr vom Heiligen Geist eingegeben worden waren und die
genauso realistisch wie zutiefst mystisch sind, gibt sie sich mit Leib und
Seele Christus, dem Erlöser hin. Ihre Weihe folgt einer überzeugenden,
theologischen Triebkraft, die aus ihrer Weihe eine der vollendetsten und
perfektesten macht, die es seit der von Maria und Josef gegeben hat. Diese
Weihe lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Verzicht auf sich selbst und
vollkommene Hingabe ihrer ganzen Person an Gott. Um der Liebe zum Herrn willen
und als Sühne für die ganze Welt durch die freiwillige Annahme des Leidens.
Zunächst prüfte Jesus ihre Entscheidung und ihre Treue, dann nahm er ihr Opfer
an. Denn Er wollte, dass es rein, liebend, vertrauensvoll und grenzenlos sei,
das heißt die vollkommenste Nachahmung seiner eigenen Weihe.
Im Oktober 1926 und im Sommer 1927 wurde sie erneut schwer krank. Ihr wurde
jedoch Beistand zuteil durch die ersten Besuche von Theresia von Lisieux, die
ihr bedeutet, dass sie weiter gehen müsse als sie selbst, sowohl was die
Lebensdauer anlangt als auch den miterlösenden Schmerz. Trotz ihrer starken,
stechenden Leiden nimmt sie nichts von ihrer Weihe zurück. Ihr Dasein als
Opfer hat begonnen. Es sollte immer weiter zunehmen bis zur praktisch
ununterbrochenen Kreuzigung. Am 25. März 1928 tritt sie mit der
Unbeweglichkeit ihrer Beine in ihr «Zunichtewerden» ein. In jener Zeit begann
Satan, sie zu quälen, da er in ihr ein großes Hindernis für sein Reich
erahnte. Er machte sich auf aufsehenerregende Weise bemerkbar, indem er ihr
einen brutalen Fausthieb versetzte und dabei zwei Zähne ausschlug. Maria
erschien Marthe erneut, um sie zu trösten. Noch oft sollte sie das tun — sie,
die Marthe ihre «liebe Mama» nannte. Das war am 2. November 1928.
Dann nahm Jesus ihre Hingabe von 1925 an, die sie durch so viele Prüfungen der
Liebe und durch ihre Jungfrauenweihe vom 11. August 1930 bestätigt hatte.
Diese Weihe war zunächst vertraulicher und persönlicher Natur, bekam dann aber
eine Art kirchlichen und offiziellen Charakter. Wie oft sagte man, um Marthe
zu charakterisieren: «Sie gehört ganz zur Kirche!» Im Oktober erschien ihr
Christus am Kreuz und fragte sie fast feierlich: «Willst du so werden wie
Ich?» Marthe hatte ihre Antwort bereits gegeben und konnte sie daher nur
wiederholen. Christus wollte nur ihre Freiheit in der Liebe achten. Daraufhin
machte er sie vollends seiner Passion gleich, indem er ihren Händen, ihren
Füßen und ihrer Seite die Wundmale einprägte und ihr sogar die Dornenkrone
aufdrückte.
Ihre Weihe wurde vollendet, als Marthe im Jahr 1929 ihre Hände nicht mehr
benützen konnte. Wie ihr ganzer Leib waren nun ihre Arme gelähmt, wogegen ihre
Beine unter ihr angewinkelt waren. Ihre Eltern konnten sie nur unter
fürchterlichen Schmerzen von dem Sofa hochheben, auf dem sie bis zu ihrem
Lebensende liegen sollte. 1940 verlor sie schließlich noch das Augenlicht und
wurde zudem noch allergisch gegen jedes natürliche Licht. So war sie Gott
wirklich ausgeliefert. Sie besaß nichts mehr außer ihrer Freiheit, ihrem
Willen und der Gnade zu lieben, zu lieben und nochmals zu lieben.
Von da an war sie bereit, bis zu ihrem Tod Woche für Woche die Passion ihres
göttlichen Meisters durchzumachen.
1930 trat Marthes Berufung, als Opfer zu leben, vollends zutage. Sie war eine
Hostie geworden und sollte sich auf diese Weise — in einer Art «statischem
Zustand» — ihr Leben lang verzehren. Fünfzig Jahre lang hat sie weder
gegessen, noch getrunken, noch geschlafen und kommunizierte nur einmal in der
Woche. So bestätigte sie — falls nötig — die Worte Jesu: «Mein Leib ist
wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank.» War sie überhaupt
noch von dieser Welt? Auch die Bewohner des Himmels essen, trinken und
schlafen nicht. Ja, dem Fleisch nach war sie von dieser Erde, denn sie hatte
den Auftrag, in ihrem Fleisch zu leiden «was am Leiden des Erlösers für seinen
Leib, die Kirche, noch fehlen mag». Sie sollte für den Ozean von Sünden sühnen
und die Kirche und die Menschheit heiligen. Sie war am «Baum» des Kreuzes
gekreuzigt und konnte so für ihre Brüder, die Menschen, die besten Früchte
tragen.
Marthe, Dienerin
ihrer Brüder
Sie wusste es und
lebte es: Ihre Berufung bestand darin, Jesus Tag für Tag, Seele für Seele
nachzufolgen. Und daher gab sie ihr Leben für den Dienst an den Menschen hin:
Blut für Blut.
Marthe bemühte sich, den Ihren so wenig wie möglich zur Last zu fallen. Sie
empfing sie besonders gut, sprach nie über sich selbst und noch weniger über
ihre himmlischen Gunsterweise und Erlebnisse. Sie war immer barmherzig (das
konnte ich selbst feststellen) und sprach nie schlecht über jemanden. Sie war
einfach, führte die Menschen zur Einfachheit und nahm den Problemen ihre
Dramatik. Sie hielt keine Moralpredigten und tadelte nicht; sie verlieh ihren
Worten nur unauffällig das Gepräge der Gnade. Nach außen hin blieb sie ein
normales Familienglied.
Im Juni 1936 verlor sie ihren Vater und im November 1940 ihre Mutter – die
Hauptzeugin ihres Lebens. Beide starben in bester religiöser Vorbereitung. Es
wurde jedoch bekannt, dass Marthe neun Monate lang das Fegefeuer für ihre
Mutter auf sich genommen hatte.
Noch zu ihren Lebzeiten, schon ab 1930, wurde der Ruf der Heiligkeit ihrer
Tochter in die Ferne getragen, sprengte Vorurteile und zog mit Macht die
ersten Besucher zu diesem einfachen, halbdunklen Zimmer, in dem ein Funke des
Göttlichen strahlte. Dies war der Anfang der ununterbrochenen Prozession all
jener, die ein größeres Wohlbefinden, ein Mehr für ihre Seele suchten. Doch
Gott sah weiter. Seine Vorsehung bewegte einen Priester aus Lyon, Abbé Georges
Finet, Marthes Seelenführer zu werden: der «Pater». Am 10. Februar 1936 kam er
in La Plaine an — mit einem Gemälde von Maria Mittlerin aller Gnaden, das
Marthe bestellt hatte. Dieser ausgesprochen marianische Priester bekam von
Gott und von Unserer Lieben Frau den Auftrag, nicht nur der kleinen «Hostie»
beizustehen, sondern auch ein Geistiges Zentrum der Liebe zu gründen, das
«Foyer de charité» (Haus der nächsten Liebe) genannt wurde. Dort sollten
Exerzitien gehalten werden, die auf die Seelen ausstrahlen.
Zunächst für Frauen, dann für Männer, Priester und schließlich für Familien.
So sind seit jenen ersten Exerzitien vom 7. September 1936 Zehntausende von
Personen gekommen, um sich dank der «Foyers», die sich in der ganzen Welt
ausgebreitet haben, am Lebendigen Wasser zu erfrischen.
Das Gebet und das Opfer von Marthe trugen die «Foyers», wie sie bereits die
neu entstandene Schule trugen.
In Wirklichkeit hatte das Apostolat von Marthe mit der Jugend begonnen. Die
Heilige Jungfrau hatte zunächst darum gebeten, in Châteauneuf eine katholische
Mädchenschule zu eröffnen. (Infolge der Trennung von Kirche und Staat im Jahr
1905 war die alte Schule geschlossen worden.) Nachdem dies mehrere Jahre
hinausgezögert wurde, erreichte Marthe im Oktober endlich, dass ihr Priester
diese Schule eröffnete. Aus einer Grundschule mit 7 Schülern wurden in sechs
Jahrzehnten mehrere Gebäude mit etwa 1000 Schülern.
Während ihres schmerzhaften Daseins hat Marthe viele Mütter, Kinder und
Jugendliche empfangen, angefangen bei den Jugendlichen aus den Schulen der
«Foyers». Sie liebte sie und sagte den Eltern, dass man sie lieben, ihnen
helfen und sie beten lehren müsse.
Sie hat insgesamt eine unschätzbare Zahl von Menschen empfangen. Jedes
Gespräch brachte den Menschen Erleuchtung, Hoffnung, das Versprechen der
Fürbitte. Der Besuch endete nicht ohne ein kurzes gemeinsames Gebet.
Ihre grenzenlose Nächstenliebe dehnte sich auf alle sozialen Ständen aus, von
den Bedürftigsten bis hin zu den am weitesten Entfernten und den Missionen.
Sie galt den materiellen sowie den geistigen Bedürfnissen.
Sie schrieb und ließ später jenen schreiben, die nicht zu ihr kommen konnten.
Ich erinnere mich, dass auf dem Küchentisch Berge von Briefen und Päckchen
lagen. Sie unterhielt Briefkontakt mit Gefangenen, schickte ihnen Gegenstände,
die sie von Besuchern bekommen hatte: das war «Marthes Korb». Wie sie die
Lasten der Besucher auf sich nahm — bis in ihre Ewigkeit, wie uns Pater Finet
versichert hat — so begleitete sie wie Theresia von Lisieux auch die zum Tod
Verurteilten. So hat sie auch Jacques Fesch bis zu seiner Hinrichtung
«getragen».
Sie hat sich auch für die Kirche aufgeopfert, vor allem für die Institutionen
der Kirche: für die gesamte Hierarchie, von den Priestern ihrer Diözese bis
zum Papst. Und das war weiß Gott dringend nötig in der wirren Zeit nach dem
Konzil. Gott hatte ihr eine klare Sicht der damaligen und kommenden Dinge
geschenkt. So war sie beim Tod von Pius XI. dabei und hat Paul VI. «geholfen»,
Maria als Mutter der Kirche zu verkünden (1964). Mit ihm und seinen
Nachfolgern hat sie den neuen Frühling der Kirche vorhergesagt: das große
«Pfingsten der Liebe». Johannes Paul II. schätzt sie sehr. Bei unserem Besuch
im Jahr 1987 haben wir uns ihm mit folgenden Worten vorgestellt: «Heiliger
Vater, wir kommen aus der Diözese von Marthe Robin.» Sogleich erhellte sich
sein Gesicht, er hob die Arme und den Blick zum Himmel und sagte einfach: «Ah,
Marthe!» Das genügte, um zu verstehen.
Das Konzil verdankt dieser zurückgezogenen Bewohnerin von La Plaine sicher
viel: ihrem Gebet, ihrem aufgeopferten Leidensweg oder auch ihren
verschiedenen Eingebungen, die dann von Theologen wie Pater Garrigou-Lagrange
wiederaufgenommen wurden, der von der übermenschlichen Weisheit dieser
einfachen und unwissenden Bauerntochter beeindruckt war. Das Laienapostolat
der Kirche verdankt ihr viel wegen der guten Initiativen, die aus ihrem Zimmer
hervorgegangen sind. Sie hatte die große Fruchtbarkeit jener Gläubigen
vorhergesagt, die sich in den Dienst einer Kirche stellen, die vorübergehend
zu wenig Priester hat. Als «Tochter der Kirche» hat sie also wie Katharina von
Siena die Kirche in ihrer derzeitigen Prüfung sowie ihrer Hoffnung
buchstäblich getragen. Wie viele sogenannte kirchliche Bewegungen unserer Zeit
sind aus dem Geheimnis von Marthes Zimmer geboren? Wie viel «Eis» ist dort
geschmolzen; wie viele Feuer sind dort entzündet worden!
Wer kann sagen, was dieses Opferlamm Christi für uns erlangt hat, was sie uns
als lebendiger «Blitzableiter» erspart hat!
Die heilige Theresia vom Kinde Jesus hat gesagt, dass sie ihren Himmel damit
zubringen werde, auf Erden Gutes zu tun. Marthe zog zu ihren Lebzeiten den
Himmel auf diese verdorrte und trockene Erde herab, um sie mit den Fluten der
Liebe, der Barmherzigkeit und der Vergebung der Herzen Jesu und Mariens zu
bewässern. Um Seelen für diese beiden Herzen zu gewinnen, die um den höchsten
«Preis» «erkauft» worden waren: den Preis eines Opfers, das bis zum Äußersten
gegangen ist. Danke, Marthe!
Marthe Robin hat
menschlich und geistig intensiv gelebt. Ihr menschliches Leben wurzelte in
ihrem geistigen Leben. Ihre Genialität besteht darin, dass sie das Ideal der
heiligen Johanna von Orléans begriffen und gelebt hat: «Gott als Erstem
dienen!»
Man kann den Nächsten nur dann lieben — dieses Gebot ist dem ersten
gleichgestellt — wenn man persönlich und als Erstes Jesus liebt, der die
Quelle jeder Liebe ist. Und indem wir die anderen lieben, dienen wir immer
Christus, wie es der heilige Vinzenz von Paul gemacht hat, der sagte: «Arme,
ihr seid meine Meister!» Denn er wusste, dass er in ihnen dem eigentlichen
Meister diente. Das hat auch Papst Johannes Paul II. in einer seiner
denkwürdigen Predigten zum Ausdruck gebracht: «Auf dem Angesicht der Armen
sehe ich das Antlitz Christi leuchten.»
Wir müssen wirklich den neuralgischen Punkt in Marthes Leben betrachten: Und
zwar ihre Weihe an Jesus, durch die sie Seine Braut wurde um der LIEBE willen.
Die bräutliche Liebe zu Ihm, die miterlösende Liebe zu ihren Brüdern. Ihr
ganzes Leben konzentrierte sich auf diese Hingabe; von dieser Opferung war ihr
ganzes Leben bestimmt. Diese Gabe hängt letzten Endes von der engen Verbindung
zwischen ihrer Großherzigkeit und der Berufung ab, die der Erlöser an sie
gerichtet hatte.
Das Vorbild jeder Weihe: Sich Jesus ausliefern
Das Ideal des
wahren Christen besteht darin, Jesus möglichst vollkommen nachzuahmen, ein
«anderer Christus» zu werden, und sich dafür seiner Person anzupassen und sich
derart mit ihr zu identifizieren, dass man nur noch eins mit ihm ist — wie in
einer einzigen Existenz, um mit den Worten des heiligen Paulus zu sprechen:
«Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.»
Das ist Vermählung im Sinn Gottes: Sich in Jesus eingliedern heißt aus Seinem
Leben leben, das nicht nur menschlich, sondern auch göttlich ist. So
verwirklicht sich sein Wort: «Ihr seid Götter.» Steht nicht in der Genesis
geschrieben: «Gott schuf den Menschen nach seinem Abbild, ihm ähnlich» und «Er
baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau»? Dies ist
die Wirklichkeit und zugleich das Symbol der liebenden Abhängigkeit der Braut
von ihrem Bräutigam. Dies nannten die Kirchenväter «bräutliche Liebe». Eine
Liebe, die vom Bräutigam ausgeht und von der Braut durch den freien Akt der
Hingabe erwidert wird. Der Bräutigam gibt sich der Braut hin und umgekehrt. Er
vermittelt ihr das Leben der Gnade und sie antwortet mit ihrer ganzen Seele
darauf. Das ist die Weihe, die Jesus wünscht.
Nie gab es eine tiefere Vereinigung als jene, die Jesus mit seinem Vater
verband. Niemand konnte dem Vater mehr geweiht sein als der Sohn: Zwei
Personen, aber ein einziger Gott in dem die Verschmelzung vollkommen ist.
Austausch, gegenseitige Durchdringung, Frucht — das ist der Heilige Geist, der
die reine Ausstrahlung Beider ist.
Der fleischgewordene Christus hat sich seinem Vater vollkommen ausgeliefert:
«Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern um
den Willen meines Vaters zu tun.» Das hat er oft wiederholt.
Die Liebe, die Weihe verlangen also Einheit. Der Wille Jesu ist mit dem seines
Vaters vollkommen eins. Der Wille Jesu ordnet sich unter, er wird im Willen
des Vaters geläutert, so dass es in gewisser Weise nur noch einen Willen gibt:
«Vater, dein Wille geschehe, nicht der meine», hat Jesus in Gethsemani
wiederholt.
Und da Jesus das Beispiel für einen Willen gegeben hat, der sich in allem dem
Willen seines Vaters unterordnet, da er gehorsam geliebt und in Liebe gehorcht
hat, müssen wir es genauso machen: «Seid vollkommen, wie euer himmlischer
Vater vollkommen ist.» Auch wir müssen uns mit dem Vater in seinem Sohn Jesus
identifizieren, der auch gesagt hat: «Wer mich sieht, sieht den Vater.»
Das Wesen der Gnade besteht darin, in Einklang mit Gott, dem Höchsten Gut zu
leben und radikal vom Bösen getrennt zu sein, das die Sünde ist. Und dies im
Einklang der Liebe und der Unterwerfung Jesus gegenüber, der zutiefst Liebe
und Gehorsam ist.
Da Jesus in diese Welt gekommen ist, um die Menschheit wieder auf den Weg der
Gnade zu führen, die durch die Erbsünde beeinträchtigt wurde, braucht er
Seelen, die alles hingeben, um in der Nachfolge Jesu ihren Mitmenschen diesen
Weg der Selbstlosigkeit und des Verlangens nach dem Vater zu zeigen. Seit
Maria, dem leuchtenden Beispiel für diese Gnade, erweckt er immer wieder
mystische Seelen, die sein Leben der vollkommenen Vereinigung mit dem Vater
nachahmen und sie durch ihre gelebte Erfahrung nachahmbar machen. Zu den
Bekanntesten gehören die heilige Brigitta, die heilige Angela von Foligno, die
heilige Marguerite-Marie, die heilige Theresia vom Kinde Jesus und aus unserer
Zeit Schwester Josefa Menendez…
Dies ist in einem außergewöhnlichen Grad auch bei Marthe Robin der Fall.
Marthes Weihe
Versuchen wir
nun, den tiefen und umfassenden Sinn von Marthes Weiheakten aus den Jahren
1925-1926 zu ergründen, die für ihr Leben richtungweisend waren.
Ihr grundlegendes Ziel besteht darin, dem Wunsch ihres Meisters zu entsprechen
und auf seinen Aufruf zu
antworten, der Jahrhundert für Jahrhundert widerhallt: «Komm und folge Mir
nach!» — und zwar bis in ihr kleines Zimmer hinein: «Willst du sein wie Ich?»
Von da an wollte sie sich Ihm aus reiner Liebe vollkommen ausliefern. Es
handelt sich um eine Liebe, die sie in Den eintaucht, den sie als mystischen
Bräutigam erwählt hat: «Du hast von deiner kleinen Dienerin verlangt. Nimm und
empfange alles… Oh Geliebter meiner Seele, Dich allein will ich, und um deiner
Liebe willen verzichte ich auf alles!»
Dieser doppelte Akt der Hingabe, der alles einschließt, und von dem sie nichts
zurücknimmt, stellt ein vollendetes Vorbild der Weihe dar, einen Höhepunkt des
christlichen und geistlichen Lebens, sowohl in seiner Absicht als auch in der
Verwirklichung, die er voraussetzt. Er ist die Vollendung der mystischen
Vermählung Marthes mit Dem, den sie wirklich ihren Geliebten nennt.
Nebenbei bemerkt ist dieser Akt in dieser Form vollkommen neu. Während Maria
zu Beginn des Jahrhunderts in Fatima die Weihe an ihr Unbeflecktes Herz
anregt, bittet Jesus Marthe um die Hingabe an Seine erlösende Liebe. Diese Art
Ausgleich macht uns verständlich, dass alles letztlich Christus, dem
Göttlichen untergeordnet werden muss, und dass die Weihe an Maria — so wichtig
sie ist — nur in Bezug steht zu der, die wir ihrem Sohn gegenüber leben
müssen.
Diese Weihe an Jesus achtet die menschliche Freiheit. Sie ist ein Wunsch, kein
Zwang. «Willst du…?» Marthe sagt, dass sie nicht ohne inneren Kampf zugestimmt
hat… Doch in ihrer vollkommenen Freiheit und in der Erleuchtung durch den
Heiligen Geist hat sie diese Auserwählung angenommen. Dabei ist sie sich
bewusst, dass in Wirklichkeit weniger sie selbst gewählt hatte, sondern dass
ihr Meister schon im voraus gewählt hatte: «Nicht ihr habt Mich erwählt,
sondern Ich habe euch erwählt…»
«Ich will, dass du ganz mir gehörst»
Mit ihrer Antwort
auf den drängenden Ruf ihres göttlichen Bräutigams hat Marthe mehrere Ziele
erreicht:
Als Erstes tauchte sie in das vollkommenste göttliche Leben ein, indem sie nur
von der Eucharistie lebte, sich am Ende jeder ihrer wöchentlichen Passionen
zwei oder drei Tage lang von der Erde löste und sagte, dass sie jenseits ihrer
körperlichen Blindheit die geistige Wirklichkeit von Oben in einem inneren
Licht «sehe». Sie verwirklichte jeden Tag das Wort Jesu: «Meine Nahrung ist es
den Willen meines Vaters zu tun.» Und umgekehrt nährte Jener, der die Vögel
nährt, die seinem natürlichen Willen treu sind, erst recht seine «Taube», die
in seinem Schoß ruhte.
Als sie in diesem Zustand angekommen war, schenkte sie ihrem Geliebten eine
spontane, überlegte, ausdauernde, freie und leidenschaftliche Liebe.
Eine spontane Liebe: Weil sie aus ihrem jungen Mädchenherzen entsprang: «Mein
Geliebter, nimm mich mit! Allein in dir will ich leben…» Eine kraftvolle und
entschiedene Liebe, die nichts mit Geziertheit zu tun hat. Es ist das Erbeben
der Verlobungszeit, die der Vermählung vorausgeht und diese in der Schönheit
des Hohenliedes vorbereitet. Marthe gehört nun ganz Christus.
Eine überlegte Liebe: Marthe hat sich nicht leichtsinnig auf etwas
eingelassen. Sie ist sich der Liebe Christi bewusst, sie will seine Liebe mit
Liebe erwidern, und das Gebet des Engels von Fatima leben (das sie jeden Tag
betete): «Mein Gott, ich glaube… ich bitte dich um Verzeihung für jene, die
nicht glauben, dich nicht anbeten, nicht auf dich hoffen, dich nicht lieben.»
Und sie fügt hinzu: «… für die Millionen von Herzen, die dich nicht lieben…
Ich hoffe bewusst und aus freien Stücken für sie.»
Eine ausdauernde Liebe: Ihr «kleines» Herz brannte unablässig für ihren Jesus,
als wäre diese Liebe grenzenlos. In den fünfzig Jahren leidenschaftlicher
Liebe scheint diese weder gebrochen noch schwächer geworden zu sein. Ganz im
Gegenteil.
Eine freie geschenkteLiebe: In seiner Botschaft zur Fastenzeit hat Johannes
Paul II. wie der Apostel gesagt: «Umsonst habt ihr erhalten, umsonst sollt ihr
geben!»
Das hat Marthe getan: Sie hat gegeben, ohne etwas im Austausch dafür zu
erwarten und ohne sich je zu beklagen. Ihre Selbstlosigkeit wurde ein «Zunichtewerden».
Eine leidenschaftliche Liebe: Unablässig verzehrte sie ihren Leib als immer
größer werdendes Opfer. Unablässig opferte sie Leiden und Gebete auf als
Ausdruck einer unglaublich innigen Liebe.
Ausgehend davon konnte sie sich einem zweiten Ziel zuwenden: Die Hingabe ihres
ganzen Wesens, die Annahme aller Forderungen, die im Geheimnis der Weihe an
den Erlöser enthalten sind. Sie lieferte sich Ihm mit Leib und Seele aus und
starb sich selbst. So wurde sie vollkommen verfügbar, um seinen göttlichen
Willen zu erfüllen. In der Nachfolge Christi, der am Kreuz gestorben ist,
ermöglicht die vollkommene Selbstverleugnung, «eine unermesslich große Zahl
von Seelen» zu retten. So konnte sie dazu beitragen, gleichzeitig die
göttliche Gerechtigkeit zu befriedigen, indem sie sie besänftigte, und die
göttliche Barmherzigkeit, indem sie sie verherrlichte. Auf diese Weise stellt
sie sich «vor die Hölle» und hält mit Macht Fürsprache für die Seelen im
Fegefeuer.
Das dritte Ziel steht in Bezug zur Sendung der Kirche, die von Natur aus
missionarisch ist aufgrund des Wortes Christi, das vom II. Vatikanischen
Konzil wieder in Erinnerung gerufen wurde. (Dekret Ad gentes)
Da Marthe wirklich «Tochter der Kirche» ist, wie man oft gesagt hat, kann sie
nicht umhin, ihr zu dienen. Der Heilige Vater sagt sehr zurecht: «Wir wählen
unsere Sendung nicht selbst, der Herr weiht uns und sendet uns aus.» (Manila
1995) Marthe war sich immer deutlich bewusst, dass es eine wesenhafte
Beziehung zwischen dem Vorsatz und den Taten, der Betrachtung und dem Zeugnis
gibt. Für sie kann es kein leeres geistliches Leben geben, sonst hätte sie
keinen Sinn und wäre eine falsche Mystikerin. «Glaubt wenigstens aufgrund der
Werke», bat Jesus die Pharisäer. Man hat den Eindruck, dass Marthe das ganze
Kapitel 15 des Johannesevangeliums gelernt und gelebt hat: Darin wird der
Wille des Vaters, die Heiligung durch Jesus Christus, die Verwirklichung der
Früchte durch den Heiligen Geist in Beziehung zueinander gesetzt. Dort heißt
es im Wesentlichen: «Der Wille meines Vaters ist, dass ihr viel Frucht
bringt.» Dieses Kapitel, dass man immer wieder lesen und sich aneignen muss —
wenn man Marthes Berufung begreifen will — verbindet die innige Vereinigung
mit Christus mit der Trennung von der Welt, weil «der Geist der Welt» zur
Sünde verleitet: «Wenn ihr nicht in Mir bleibt, werdet ihr wie ein
vertrockneter Rebzweig hinausgeworfen.» Marthe lebte zurückgezogen von der
Welt — dann kam die Welt zu ihr — und so hat sie «viel Frucht» gebracht. In
unserem vorhergehenden Artikel haben wir all das Gute angedeutet, das sie auf
Erden getan hat. Aber die Ausdehnung und Bedeutung ihres Werkes werden wir
erst in der Ewigkeit wirklich erkennen. Mit etwas Abstand wird immer
deutlicher werden, dass Marthe die Sendung hatte, dazu beizutragen, die Kirche
für das Neue Pfingsten hervorzubringen, und dass ihre Hingabe der Bedeutung
dieses Ereignisses angemessen war. Denn Maria gab ihr zu verstehen, dass
dieses zweite Pfingsten ein Ausmaß annehmen würde, das es in der Geschichte
der Kirche noch nie gegeben hat.
Am 6. Februar 1981 ging Marthe endgültig in die Ewigkeit ein, nachdem sie ein
letztes Mal die Passion durchlitten hatte. Es war der erste Freitag des
Monats… Bemerkenswerterweise war sie an einem Donnerstag geboren. Das erinnert
an den Gründonnerstag… Sie wusste, dass Satan sie bis zum Schluss verfolgen
würde. Doch sie antwortete ihm, dass dies nichts nütze, weil sie weiter gehen
würde als er… In der Tat, als Pater Finet an jenem Freitagabend Marthes Zimmer
betrat, war alles durcheinandergeworfen und Marthe lag mitten im Zimmer leblos
auf dem Boden. Nachdem der Menschenmörder ihr einige Zeit zuvor die
Wirbelsäule verbogen hatte, hatte er ihr nun das Leben genommen. Die Rufe des
Paters vermochten genauso wenig wie die Medizin.
Als er meine Frau und mich später empfing, versicherte er uns nochmals, dass
er bei ihrem Leichnam wirklich Marthes Stimme vernommen habe: «Er hat mich
umgebracht.»
Dann führte er uns in ein Nachbarzimmer seines Hauses (in dem «Foyer» von
Châteauneuf), öffnete einen Glasschrank und nahm ein Tuch heraus, das uns an
das der heiligen Veronika erinnerte und voller brauner Flecken war. Es war ein
blutbefleckter Schleier, den er an einem Freitag auf Marthes ehrwürdiges
Angesicht gelegt hatte. Es war beeindruckend. Wir hatten wirklich nie an
Marthes Martyrium und ihrer «Heiligkeit» gezweifelt. Wir erinnern uns, dass
wir sie am Montag Abend, den 9. Februar, zum letzten Mal gesehen haben. Sie
lag leblos ausgestreckt in ihrem weißen Kleid, mit ihrem ausgemergelten
Gesicht. Ihre Stirn war «eingefasst» von den Spuren der Dornenkrone.
Sie war endlich an jenem Ufer angelangt, das nur die Liebe kennt und belohnt.
Marthe
Robin, bitte für uns
All ihr Heiligen Gottes, bittet für uns.
Amen.
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