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† Gott ist die Liebe - Er liebt dich †
Gott ist der beste und liebste Vater, immer bereit zu verzeihen, Er sehnt sich nach dir, wende dich an Ihn
nähere dich deinem Vater, der nichts als Liebe ist. Bei Ihm findest du wahren und echten Frieden, der alles Irdische überstrahlt
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Armenseelenpredigt
(1)
Pfarrer von Ars
Ach! Meine lieben Zuhörer, wie groß wird also die Anzahl der Jahre
sein, welche wir im Fegfeuer zu leiden haben, wir, die wir so viele
Sünden haben, die wir unter dem Vorwand, sie gebeichtet zu haben, keine
Buße tun und keine Tränen vergießen? Wie viele Leidensjahre warten
unser im anderen Leben! Wie werde ich euch aber die herzzerreißenden
Leiden schildern können, die diese Armen Seelen ertragen, da uns die
heiligen Väter sagen, dass die Leiden, die sie an jenen Orten
ausstehen, den Leiden zu gleichen scheinen, die Jesus Christus während
seiner Leidenszeit erduldete?
Nachstehende Predigten hat
der heilige Johannes Vianney, Pfarrer von Ars schriftlich seiner
Nachwelt hinterlassen. Beide Predigten sind dem vierten Band der
Predigten des heiligen Pfarrers entnommen.
Armeseelenpredigt (1. Predigt vom Hl. Pfarrer von Ars)
«Es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann» [Joh. 9,4].
Das, meine lieben Zuhörer, ist die grausame und schreckliche Lage, in
der sich jetzt unsere Väter und Mütter, unsere Verwandten und Freunde
befinden, welche aus dieser Welt gegangen sind, ohne der Gerechtigkeit
Gottes ganz genuggetan zu haben. Er hat sie dazu verurteilt, viele
Jahre im finsteren Gefängnis des Fegfeuers zuzubringen, wo seine
Gerechtigkeit schwer und streng auf ihnen lastet, bis sie ihm ihre
Schulden ganz bezahlt haben.
«Oh, wie schrecklich ist es», sagt uns der königliche Prophet, «in die
Hände des lebendigen Gottes zu fallen!» Warum aber, meine Brüder, bin
ich auf die Kanzel gestiegen, was werde ich euch sagen? Ach! Ich komme
im Namen Gottes selber, ich komme im Namen eurer armen Verwandten, um
in euch die Liebe und die Dankbarkeit zu erwecken, welche ihr ihnen
schuldig seid. Ich werde euch alle die Güte und Liebe vor Augen halten,
welche sie zu euch gehabt haben, solange sie auf Erden waren. Ich werde
euch sagen, dass sie in den Flammen brennen, dass sie weinen und
dringend um den Beistand eurer Gebete und eurer guten Werke bitten. Ich
meine sie aus der Glut heraus, die sie verzehrt, ausrufen zu hören:
«Ach! Sagt doch ja unseren Vätern, unseren Müttern, sagt unseren
Kindern, allen unseren Verwandten, wie grausam die Leiden sind, die wir
ausstehen. Wir werfen uns ihnen zu Füßen, um sie um den Beistand ihrer
Gebete anzuflehen. Ach! Sagt ihnen, dass wir, seitdem wir von ihnen
getrennt sind, hier sind und in den Flammen brennen! Oh, wer wird
unempfindlich sein können gegen so viele Leiden, die wir ausstehen.»
Seht ihr, meine andächtigen Zuhörer, hört ihr diese zärtliche Mutter
und diesen guten Vater, welche euch die Hände zu strecken? «Meine
Freunde», rufen sie aus, «entreißt uns diesen Martern, wenn ihr könnt.»
Lasst uns also sehen, meine Freunde:
1. die Größe der Martern, welche die Seelen im Fegfeuer ausstehen und
2. die Mittel, die wir haben, ihnen eine Erleichterung zu verschaffen:
unsere Gebete, unsere guten Werke und besonders das heilige Messopfer.
I.
Ich will nicht dabei verweilen, euch das Dasein des Fegfeuers zu
beweisen, dies hieße meine Zeit verlieren. Niemand unter euch hat den
mindesten Zweifel darüber.
Die Kirche, der Jesus Christus den Beistand des Heiligen Geistes
verheißen hat und welche folglich weder sich selber noch uns täuschen
kann, lehrt es uns deutlich und augenscheinlich genug. Es ist gewiss,
und zwar ganz gewiss, dass es einen Ort gibt, wo die Seelen vollends
ihre Sünden sühnen, bevor sie zur Herrlichkeit des Paradieses gelangen
dürfen, das ihnen zugesichert ist. Ja, meine lieben Zuhörer, und es ist
das ein Glaubensartikel, wenn wir keine Buße getan haben, die der Größe
und der Schwere unserer Sünden angemessen ist, obwohl sie im heiligen
Richterstuhl der Buße vergeben worden sind, so werden wir dazu
verurteilt werden, sie in den Flammen des Fegfeuers zu sühnen 1). Wenn
Gott, die Gerechtigkeit selber, keinen guten Gedanken, keinen guten
Wunsch und keine gute Handlung unbelohnt lässt, so wird er auch keine
Sünde, so klein sie auch sein mag, unbestraft lassen, und wir werden im
Fegfeuer so lange leiden, als es die Gerechtigkeit Gottes verlangt, um
uns vollends zu reinigen. In der Heiligen Schrift zeigen viele Texte,
dass uns der liebe Gott, obwohl unsere Sünden vergeben sind, die
Pflicht auferlegt, in dieser Welt durch zeitliche Strafen zu leiden
oder in der anderen durch die Flammen des Fegfeuers.
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1) «Ja, meine lieben Zuhörer, und es ist das ein Glaubensartikel,
wenn wir keine Buße getan haben, die der Größe und der Schwere unserer
Sünden angemessen ist, obwohl sie im heiligen Richterstuhl der Buße
vergeben worden sind, so werden wir dazu verurteilt werden, sie in den
Flammen des Fegfeuers zu sühnen.» [HI. Pfr. von Ars]
Seht, was Adam widerfuhr: Als er nach seiner Sünde Reueschmerz gefühlt
hatte, versicherte ihm Gott, dass er ihm vergeben habe, und doch
verurteilte er ihn dazu, neunhundert Jahre lang Buße zu tun. Es war
eine Buße, die alles übertraf, was man denken kann.
Seht ferner: David gebietet gegen den Willen Gottes die Zählung seiner
Untertanen. Getrieben aber von den Bissen seines Gewissens, erkennt er
seine Sünde, wirft sich mit dem Angesicht zur Erde und bittet den Herrn
um Vergebung. Gott, den seine Reue rührte, vergibt ihm wirklich, dessen
ungeachtet schickt er aber Gad zu ihm, um ihm zu sagen: «Fürst, wähle
eine von den drei Geißeln, die dir der Herr zur Strafe für deine Sünde
bereitet hat: die Pest, den Krieg und die Hungersnot.» David sagt: «Ich
will lieber in die Hände des Herrn fallen, dessen Erbarmung ich so oft
erfahren habe, als in die der Menschen.» Er wählt also die Pest, die
drei Tage dauerte und ihm mehr als siebzigtausend Untertanen entriss.
Wenn der Herr die Hand des Engels nicht zurückgehalten hätte, die schon
über die Stadt ausgestreckt war, so wäre ganz Jerusalem entvölkert
worden! Als David sah, dass seine Sünde so viele Leiden verursacht
hatte, bat er den lieben Gott um die Gnade, ihn allein zu bestrafen und
sein Volk, welches ja unschuldig sei, zu verschonen.2)
Ach! Meine lieben Zuhörer, wie groß wird also die Anzahl der Jahre
sein, welche wir im Fegfeuer zu leiden haben, wir, die wir so viele
Sünden haben, die wir unter dem Vorwand, sie gebeichtet zu haben, keine
Buße tun und keine Tränen vergießen? Wie viele Leidensjahre warten
unser im anderen Leben! Wie werde ich euch aber die herzzerreißenden
Leiden schildern können, die diese Armen Seelen ertragen, da uns die
heiligen Väter sagen, dass die Leiden, die sie an jenen Orten
ausstehen, den Leiden zu gleichen scheinen, die Jesus Christus während
seiner Leidenszeit erduldete? Es ist aber gewiss, dass, wenn die
kleinste Marter Jesu Christi unter alle Menschen verteilt worden wäre,
sie durch die Heftigkeit der Leiden alle gestorben wären. «Das Feuer
des Fegfeuers ist dasselbe wie das der Hölle. Der Unterschied ist nur,
dass es kein ewiges ist. Oh, dass der liebe Gott in seiner Erbarmung
doch zuließe, dass eine von den Armen Seelen, die in diesen Flammen
brennen, ganz vom Feuer, das sie verzehrt, umgeben hier an meiner
Stelle erschiene und selber die Leiden beschrieben, die sie erduldet.3)
Die Kirche würde vom Schreien und Schluchzen wiederhallen, vielleicht
würde dann das endlich eure Herzen rühren. «Oh, was leiden wir», rufen
sie uns zu, «O unsere Brüder, befreit uns von diesen Qualen, ihr könnt
es! Ach, wenn ihr den Schmerz fühltet, von seinem Gott getrennt zu
sein! ... » Grausame Trennung! In einem Feuer zu brennen, das die
Gerechtigkeit eines Gottes angezündet hat! ... Schmerzen zu erleiden,
die dem sterblichen Menschen unbegreiflich sind! ... Vom Reueschmerz
verzehrt, da wir wissen, dass wir sie so gut vermeiden konnten! ...
«Oh, meine Kinder», rufen diese Väter und Mütter aus, «könnt ihr uns
wohl verlassen, uns, die wir euch so sehr geliebt haben? Könnt ihr wohl
in eurer Weichlichkeit ruhen und uns auf einer Feuerglut liegen lassen?
Werdet ihr den Mut haben, euch der Sinnenlust und der Freude zu
überlassen, während wir hier sind, um Tag und Nacht zu leiden und zu
weinen? Ihr besitzt unser Vermögen und unsere Häuser, und ihr verlasst
uns an diesem Ort der Qualen, wo wir seit so vielen Jahren so
schreckliche Leiden erleiden! ... Und kein Almosen, keine Messe hilft
uns, um uns zu befreien! ... Ihr könnt uns helfen, unser Gefängnis
öffnen, und ihr verlasst uns? Oh, wie grausam sind unsere Leiden! ... »
Ja, meine lieben Zuhörer, man urteilt ganz anders in den Flammen über
alle die leichten Sünden, wenn man überhaupt leicht nennen kann, was
uns so schreckliche Schmerzen verursacht. «O mein Gott», ruft der
königliche Prophet aus, «wehe dem Menschen, selbst dem gerechtesten,
wenn du ihn ohne Erbarmen richtest.» Wenn du Flecken in der Sonne und
Bosheit in den Engeln gefunden hast, was wird also vom sündigen
Menschen gesagt werden müssen? Und wie viele Jahre Fegfeuer stehen uns
bevor, die wir so viele Todsünden begangen und fast noch nichts getan
haben, um der Gerechtigkeit Gottes genugzutun! ...
Die heilige Theresia ruft aus: «Mein Gott! Welche Seele wird rein genug sein, um in den Himmel
--------------------
2) Seht auch die Buße der heiligen Magdalena, vielleicht wird dies eure Herzen ein wenig rühren.
3)
«Das Feuer des Fegfeuers ist dasselbe wie das der Hölle. Der
Unterschied ist nur, dass es kein ewiges ist. Oh, dass der liebe Gott
in seiner Erbarmung doch zuließe, dass eine von den Armen Seelen, die
in diesen Flammen brennen, ganz vom Feuer, das sie verzehrt, umgeben
hier an meiner Stelle erschiene und selber die Leiden beschrieben, die
sie erduldet.» [HI. Pfr. von Ars]
einzugehen,
ohne durch die rächenden Flammen zu gehen?» In ihrer letzten Krankheit
rief sie plötzlich aus: «O Gerechtigkeit und Macht meines Gottes, wie
schrecklich bist du!» Während ihres Todeskampfes ließ sie Gott seine
Heiligkeit so sehen, wie sie die Engel und die Heiligen im Himmel
sehen, was ihr einen solchen Schrecken verursachte, dass ihre
Schwestern, als sie sahen, dass sie am ganzen Leibe zitterte und in
einer außerordentlichen Aufregung war, ganz in Tränen zerfließend
ausriefen. «Ach, unsere Mutter, was ist dir denn geschehen, fürchtest
du noch den Tod nach so vielen Bußen, so überreichen und so bitteren
Tränen?» «Nein, meine Kinder», antwortete die heilige Theresia, «ich
fürchte nicht den Tod, im Gegenteil, ich sehne mich nach ihm, um mich
für immer mit meinem Gott zu vereinigen.»
«Erschrecken dich also deine Sünden nach so vielen Kasteiungen?» «Ja,
meine Kinder», sagte sie zu ihnen, «ich fürchte meine Sünden, ich
fürchte aber noch etwas Größeres.»
«Wohl das Gericht?» «Ja, ich schaudere beim Hinblick auf die
schreckliche Rechenschaft, welche dem lieben Gott wird gegeben werden
müssen, der in diesem Augenblick ohne Erbarmung sein wird. Es ist aber
noch etwas, was mich bis zum Tode erschreckt.»
Die armen Schwestern betrübten sich tief. «Ach! Sollte es die Hölle
sein?» «Nein», sprach sie zu ihnen, «die Hölle ist, Gott sei Dank,
nicht für mich da. Oh, meine Schwestern, es ist die Heiligkeit Gottes!
Mein Gott, erbarme dich meiner! Mein Leben soll mit dem Leben Jesu
Christi selber verglichen werden! Wehe mir, wenn ich das mindeste
Unreine, den kleinsten Flecken habe! Wehe mir, wenn ich selbst den
Schein der Sünde habe!» «Ach», riefen die armen Nonnen aus, «was wird
also unser Los sein!» ...
Wie wird es also um uns stehen, meine Zuhörer, die wir vielleicht in
allen unseren Bußen und unseren guten Werken noch nicht genug für eine
einzige Sünde getan haben, die im Richterstuhl der Buße vergeben worden
sind? Ach, wie viele Jahre und Jahrhunderte werden wir gequält werden!
... Wie teuer werden wir all die Sünden bezahlen, welche wir für Nichts
achteten, wie die kleinen Lügen, die wir zu unserer Belustigung sagen,
die kleinen üblen Nachreden, die Geringschätzung der Gnaden, welche uns
der liebe Gott in jedem Augenblick verleiht, das leise Murren in den
Leiden, welche er uns schickt! Nein, meine Brüder, nie würden wir
einsehen können, wie sehr sie den lieben Gott verletzt und wie streng
sie schon in dieser Welt bestraft zu werden verdient!
Wir lesen in der Heiligen Schrift, dass der Herr einmal zu einem von
seinen Propheten sprach: «Geh hin in meinem Namen zum König Jeroboam,
um ihm das Schreckliche seiner Abgötterei vorzuwerfen, ich verbiete dir
aber, eine Nahrung bei ihm oder auf dem Wege zu genießen.» Der Prophet
gehorchte sofort, er setzte sich sogar der offenbaren Gefahr aus,
umzukommen. Er erschien vor dem König und machte ihm Vorwürfe wegen
seiner schweren Sünde, so wie ihm der Herr gesagt hatte. Der König
streckt, ganz wütend darüber, dass ihn der Prophet zurechtzuweisen die
Kühnheit hatte, die Hand aus und befiehlt, ihn zu ergreifen. In
demselben Augenblick verdorrt die Hand des Königs. Als sich Jeroboam
bestraft sieht, geht er in sich. Gott, den seine Reue rührt, vergibt
ihm seine Sünde und gibt ihm seine Hand wieder. Diese Wohltat wandelt
das Herz des Königs um, welcher den Propheten einlädt, mit ihm zu
essen. «Nein», spricht der Prophet zu ihm, «der Herr hat es mir
verboten, selbst wenn du mir die Hälfte deines Reiches gäbest, würde
ich es nicht tun.» Als er wieder zurückkehrte, findet er einen falschen
Propheten, der sagt, er sei vom Herrn gesandt, und lädt ihn ein, mit
ihm zu essen, Er ließ sich durch diese Rede täuschen und nahm ein wenig
Nahrung. Als er aber aus dem Hause des falschen Propheten ging,
begegnete er einem Löwen von ungeheurer Größe, der sich auf ihn stürzte
und ihn tötete. Wenn ihr jetzt den Heiligen Geist fragt, welches die
Ursache dieses Todes war, so wird er euch antworten:
Der Ungehorsam des Propheten hat ihm diese Strafe verdient. Seht auch hin auf Moses, der dem
lieben Gott so wohlgefällig war. Weil er einen Augenblick an seiner
Macht gezweifelt hatte, indem er zweimal an einen Felsen schlug, damit
Wasser dar aus komme, sprach der Herr zu ihm: «Ich hatte verheißen,
dich in das Gelobte Land einziehen zu lassen, wo Milch und Honig in
Bächen fließen, zur Strafe aber dafür, dass du zweimal an den Felsen
geschlagen hast, als wenn es einmal nicht genügt hätte, wirst du bis
zum Fuße dieses Landes der Segnungen gehen und dann sterben, ohne
hineinzugehen.» Wenn Gott, meine lieben Zuhörer, so geringe Sünden so
streng bestraft, was wird also geschehen, wenn man im Gebete zerstreut
ist, in der Kirche umherschaut ... Oh, wie blind sind wir! ... Wie
viele Jahre und Jahrhunderte von Fegfeuer bereiten wir uns für alle
diese Sünden, die wir nicht achten! ... Wie ganz anders werden wir
sprechen, wenn wir einmal in diesen Flammen sind, wo sich die
Gerechtigkeit Gottes so streng fühlbar macht!
Meine Freunde, Gott ist gerecht in allem, was wir tun, wenn er uns für
die kleinste gute Handlung belohnt, so tut er es in höherem Grade, als
wir wünschen können: ein guter Gedanke, ein guter Wunsch, das heißt
wünschen, ein gutes Werk zu tun, wenn man es auch nicht tun kann, alles
wird belohnt, wenn wir aber bestraft werden sollen, dann geschieht auch
dies mit Strenge, und sollten wir nur eine geringe Sündenschuld haben,
dann werden wir doch ins Fegfeuer geworfen werden. Das ist wahr, denn
wir sehen ja im Leben der Heiligen, dass mehrere erst in den Himmel
gekommen sind, nachdem sie durch die Flammen des Fegfeuers gegangen
sind. Der heilige Petrus Damiani erzählt, dass seine Schwester mehrere
Jahre im Fegfeuer blieb, weil sie einen schlechten Gesang mit einigem
Vergnügen angehört hatte.
Es wird berichtet, dass zwei Mönche einander versprachen, welcher
zuerst sterben würde, der werde dem: Überlebenden den Zustand sagen,
worin er sich befinde. In der Tat, der liebe Gott gestattete dem, der
zuerst starb, seinem Freund zu erscheinen. Er sagte ihm nun, er sei
vierzehn Tage im Fegfeuer geblieben, weil er zu gern seinen eigenen
Willen getan habe. Und als ihm dieser Freund Glück dazu wünschte, dass
er so kurze Zeit darin geblieben sei, antwortete ihm der Verstorbene:
«Es wäre mir weit lieber gewesen, ich wäre zehntausend Jahre
ununterbrochen blutig geschlagen worden, denn dieses Leiden hätte noch
nicht mit dem verglichen werden können, was ich in den Flammen gelitten
habe.» Ein Priester sagte zu einem seiner Freunde, der liebe Gott habe
ihn dazu verurteilt, mehrere Jahre im Fegfeuer zu bleiben, weil er die
Ausführung eines Testamentes verzögert habe, welches dazu bestimmt war,
gute Werke zu tun. Ach! Meine lieben Zuhörer, wie viele von denen, die
mich hören, haben sich eine solche Schuld vorzuwerfen? Wie viele gibt
es, die vielleicht seit acht oder zehn Jahren von ihren Eltern oder
ihren Freunden den Auftrag bekommen haben, Messen lesen zu lassen,
Almosen zu geben, und haben alles unterlassen.
Wie viele gibt es, die in der Furcht, gute Werke zu finden, die getan
werden sollen, sich die Mühe nicht nehmen wollen, das Testament
anzusehen, das ihre Eltern oder ihre Freunde für sie gemacht haben?
Ach, diese Armen Seelen werden in den Flammen zurückgehalten, weil man
ihren Letzten Willen nicht ausführen will! Arme Väter und Mütter, ihr
habt euch geopfert, um eure Kinder oder eure Erben glücklich zu
machen, ihr habt vielleicht euer Heil außer Acht gelassen, um ihr
Vermögen zu vermehren, ihr habt euch auf die guten Werke verlassen,
welche ihr in eurem Testamente hinterließt! ... Arme Eltern! Wie blind
seid ihr gewesen, dass ihr euch selbst vergaßt! ...
Ihr werdet vielleicht sagen: «Unsere Eltern haben fromm gelebt, sie
waren sehr sittsam.» Ach! Wie wenig gehört dazu, um in dieses Feuer zu
kommen.
Seht, was hierüber Albert der Große sagt, er, dessen Tugenden auf eine
so außerordentliche Weise leuchteten. Er offenbarte einmal einem von
seinen Freunden, Gott habe ihn ins Fegfeuer geführt, weil er einen
leisen Gedanken des Wohlgefallens wegen seiner Wissenschaft gehabt
habe. Noch erstaunlicher ist, dass es selbst heiliggesprochene Heilige
gegeben hat, welche durch das Fegfeuer gegangen sind.
Der heilige Severin, Erzbischof von Köln, erschien lange nach seinem
Tode einem seiner Freunde und sprach zu ihm, er sei im Fegfeuer
gewesen, weil er Gebete, die er am Morgen hätte verrichten sollen, auf
den Abend verschoben hatte. Oh, wie viele Jahre Fegfeuer gibt es für
die Christen, welche ihr Gebet unbedenklich auf eine andere Zeit unter
dem Vorwand verschieben, sie hätten ein dringendes Geschäft! Wenn wir
aufrichtig das Glück wünschten, Gott zu besitzen, so würden wir die
kleinen Sünden ebenso wie die großen: vermeiden, da die Trennung von
Gott eine so schreckliche Qual für diese Armen Seelen ist!
Die heiligen Väter sagen uns, dass das Fegefeuer ein Ort nahe bei der
Hölle ist. Es ist dies sehr leicht zu begreifen, da die lässliche Sünde
der Todsünde nahe ist. Sie glauben aber, dass nicht alle Seelen an
diesem Ort zurückgehalten werden, um der Gerechtigkeit Gottes
genugzutun, sondern dass mehrere an diesem Ort leiden, wo sie Böses
getan haben. In der Tat, der heilige Papst Gregor''? gibt uns einen
sehr starken Beweis dafür. Er berichtet, dass ein heiliger Priester,
der krank war, alle Tage auf Anordnung seines Arztes an einem
abgesonderten Ort Bäder nahm. Er fand jedesmal eine unbekannte
Persönlichkeit, welche ihm die Fußbekleidung auszuziehen half und ihm,
nachdem er sein Bad genommen hatte, ein Tuch zum Abtrocknen reichte.
Als der von Dankbarkeit durchdrungene Priester einmal die heilige Messe
las, reichte er seinem Unbekannten ein Stück geweihtes Brot. Dieser
Mann sprach zu ihm: «Mein Vater, Sie reichen mir etwas, wovon ich
keinen Gebrauch mache, obwohl sie mich mit einem Leib sehen. Ich bin
der Herr dieses Ortes, der hier sein Fegfeuer aussteht. »
Und er verschwand mit den Worten: «Diener des Herrn, erbarmen Sie sich
meiner! Oh, wie ich leide, Sie können mich befreien, bitte, bringen Sie
für mich das heilige Opfer der Messe dar, bringen Sie Ihre, wenn auch
schwachen, Gebete dar, der Herr wird mich dann befreien.» Wenn wir
hiervon recht überzeugt wären, könnten wir dann unsere armen Eltern so
leicht vergessen, welche vielleicht fortwährend um uns herum sind? Wenn
ihnen der liebe Gott gestattete, sich zu zeigen, dann wurden wir sehen,
dass sie uns zu Füßen fallen. «Ach! Meine Kin der», würden diese Armen
Seelen sagen, «erbarmt euch unser. Oh, verlasst uns nicht!» Ja, meine
andächtigen Zuhörer, am Abend, wenn wir uns zu Bette legen, sähen wir
unsere armen Väter und Mütter dringend um den Beistand unserer Gebete
bitten. Wir sähen sie in unseren Häusern, auf unseren Feldern. Diese
Armen Seelen folgen uns über all, aber ach! Es sind arme Bettler bei
gefühllosen Reichen. So dringend sie auch ihre Bedürfnisse und ihre
Qualen darlegen, diese unbarmherzigen Reichen werden leider nicht
dadurch gerührt. «Meine Freunde», rufen sie uns zu, «ein Vaterunser und
ein AveMaria! Eine heilige Messe!»
Wie! Wir wären undankbar genug, um einem Vater, einer Mutter einen so
kleinen Teil des Vermögens zu versagen, das sie mit so viel Mühe
erworben oder erhalten haben? Sag mir, mein Freund, wenn dein Vater,
deine Mutter oder eines von deinen Kindern im Feuer wären und die Hände
nach dir ausstreckt, um dich zu bitten, sie zu befreien, würdest du den
Mut haben, unempfindlich dagegen zu sein und sie vor deinen Augen
brennen zu lassen? Nun aber lehrt uns der Glaube, dass diese Armen
Seelen leiden, was der sterbliche Mensch nie wird begreifen können ...
Wenn wir uns den Himmel sichern wollen, meine lieben Zuhörer, so lasst
uns mit großer Inbrunst für die Seelen im Fegfeuer beten. Man kann
sogar sagen, dass dieses andächtige Beten ein gewisses Zeichen der
Vorherbestimmung ist und ein wirksames Heilmittel.4) Die Heilige
Schrift liefert uns einen wunderbaren Vergleich in der Geschichte des
Jonathan. Saul, sein Vater, hatte allen Soldaten bei Todesstrafe
verboten, Nahrung zu sich zu nehmen, bis sie die Philister aufs Haupt
geschlagen hätten. Jonathan, der dies Verbot nicht gehört hatte,
tauchte, da er vor Müdigkeit erschöpft war, das Ende seines Stäbchens
in eine Honigwabe und genoss davon. Saul befragte den Herrn, um zu
erfahren, ob niemand das Verbot übertreten habe. Als er nun erfuhr,
sein Sohn habe es übertreten, befahl sein Vater, dass man ihn ergreife,
indem er sprach: «Ich will, dass mich der Herr bestrafe, wenn du nicht
heute stirbst.» Als sich Jonathan von seinem Vater zum Tode verurteilt
sah, weil er ein Verbot übertreten, das er nicht gehört hatte, wandte
er seine Blicke auf das Volk und schien es, indem er seine Tränen
fließen ließ, an alle die Dienste, die er ihm geleistet, und alle die
Güte zu erinnern, welche er ihm erwiesen hatte. Das Volk warf sich
sogleich Saul zu Füßen und rief aus: «Wie! Du wolltest, dass Jonathan
sterbe, er, der Israel gerettet hat! Er, der uns von den Händen unserer
Feinde befreit hat! Nein, nein, es wird kein Haar von seinem Haupte
fallen, seine Erhaltung liegt uns zu sehr am Herzen, er hat uns zu viel
Gutes getan, als dass wir es so bald vergessen könnten.» Dies ist das
anschauliche Bild dessen, was in der Stunde des Todes geschieht. Wenn
wir das Glück gehabt haben, für die Seelen im Fegfeuer zu beten, dann
werden sich diese Seelen, wenn wir einst vor dem Richterstuhl Jesu
Christi erscheinen, um Rechenschaft von allen unseren Handlungen zu
geben, dem Erlöser zu Füßen werfen und zu ihm sagen: «Herr, Gnade für
diese Seele! Gnade, Erbarmung für sie!
Erbarme dich, mein Gott, dieser so liebreichen Seele, die uns den Flammen entrissen und deiner
Gerechtigkeit genuggetan hat! Mein Gott, mein Gott! Vergiss, wir bitten dich darum, ihre Sünden,
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4) «Wenn wir
uns den Himmel sichern wollen, meine lieben Zuhörer, so lasst uns mit
großer Inbrunst für die Seelen im Fegfeuer beten. Man kann sogar sagen,
dass dieses andächtige Beten ein gewisses Zeichen der Vorherbestimmung
ist und ein wirksames Heilmittel.» [HI. Pfr. von Ars]
gleichwie sie dich bewogen hat, die unsrigen zu vergessen!» Oh, wie
mächtig sind diese Beweggründe, um euch ein inniges Mitleid gegen diese
armen leidenden Seelen einzuflößen! ... Ach! Sie werden bald vergessen.
Man sagt gewiss nicht mit Unrecht, dass die Erinnerung an die
Verstorbenen mit dem Schall der Glocken vergeht. Leidet, Arme Seelen,
weint in diesem von der Gerechtigkeit Gottes angezündeten Feuer, es ist
vergebens, man erhört euch nicht, man verschafft euch keine
Erleichterung! ... Das also, meine Zuhörer, ist der Lohn für so viel
Güte und Liebe, welche sie zu uns während ihres Lebens gehabt haben.
Nein, zu diesen Undankbaren lasst uns nicht gehören, da wir ja, wenn
wir für ihre Befreiung wirken, für unser Heil wirken.
II.
Aber, werdet ihr sagen, wie können wir ihnen eine Erleichterung
verschaffen und sie in den Himmel führen? Wenn ihr ihnen ernstlich
Beistand leisten wollt, meine Freunde, dann werde ich euch zeigen, dass
es leicht ist, es geschieht nämlich:
1. durch das Gebet,
2. durch die Ablässe und
3. besonders durch das heilige Opfer der Messe.
1. Durch das Gebet
Wenn wir ein Gebet für die Seelen im Fegfeuer verrichten, dann treten
wir ihnen alles das ab, was uns der liebe Gott verleihen würde, wenn
wir es für uns selbst verrichteten, aber ach! Wie wenig Wert haben
unsere Gebete, da es ja auch ein Sünder ist, der für einen Schuldigen
bittet! Mein Gott, wie groß muss deine Liebe sein! ... Wir können jeden
Morgen alle unsere Handlungen des Tages, alle unsere Gebete zum Trost
dieser armen leidenden Seelen darbringen. Das alles ist allerdings
etwas sehr Geringes, aber die Sache verhält sich ebenso: Wir handeln
gegen sie wie gegen eine Person, deren Hände gebunden wären und die mit
einer schweren Last beladen wäre, der wir von Zeit zu Zeit ein weniges
von dieser Last abnähmen. Ebenso verhält es sich mit diesen Armen
Seelen im Fegfeuer, wenn wir etwas für sie tun. Wir werden ihnen ein um
das andere Mal ihre Peinen um eine Viertelstunde abkürzen, so dass wir
sie täglich dem Himmel näherbringen.
2. Durch die Ablässe
Durch die Ablässe können wir die Armen Seelen mit Riesenschritten dem
Himmel zuführen. Das Gut, welches wir ihnen mit teilen, hat einen
unendlichen Wert, denn wir eignen ihnen die Verdienste des
anbetungswürdigen Blutes Jesu Christi, die Tugenden der Heiligen
Jungfrau und der Heiligen zu, welche mehr Bußen getan haben, als ihre
Sünden verdienten. Ach! Wenn wir wollten, wie bald hätten wir das
Fegfeuer dadurch geleert, dass wir alle die Ablässe gewännen, welche
wir für diese leidenden Seelen gewinnen können! ... Seht, meine lieben
Zuhörer, man kann vierzehn volle Ablässe gewinnen, wenn man den
Kreuzweg abbetet.
Man tut es auf mehrere Weisen ... O wie strafbar seid ihr, dass ihr
eure Eltern brennen ließet, da ihr sie so gut und so leicht befreien
konntet!
3. Durch das heilige Opfer der Messe
Das wirksamste Mittel, um ihre Seligkeit früher herbeizuführen, ist die
heilige Messe, weil ja dann nicht mehr ein Sünder zu Gott betet,
sondern seinem Vater gleicher Gott, dem er nie etwas versagen wird.
Jesus Christus versichert es uns im Evangelium, wenn er sagt: «Mein
Vater, ich danke dir, weil du mich erhört hast! Um euch aber besser
davon zu überzeugen, so will ich euch eines von den rührendsten
Beispielen anführen, welches euch zeigen wird, wie groß die Macht der
heiligen Messe ist.
Es wird in der Geschichte der Kirche berichtet, dass kurze Zeit nach
dem Tode Kaisers Karl ein heiliger Mann von der Diözese Reims, namens
Bernold, welcher krank geworden war und die letzten Sakramente
empfangen hatte, fast einen Tag lang sprachlos blieb und man kaum
bemerken konnte, dass er noch am Leben blieb. Er öffnete endlich die
Augen und gebot denen, welche ihn bewachten, baldmöglichst seinen
Beichtvater kommen zu lassen. Der Priester eilte herbei und fand den
Kranken ganz in Tränen zerfließend, der zu ihm sprach: «Ich bin in die
andere Welt gebracht worden, ich habe mich an einem Orte befunden, wo
ich den Bischof Pardulus von Lyon sah, der in schmutzige und schwarze
Lumpen gekleidet schien und schrecklich in den Flammen litt. Er sprach
so: «Da du das Glück hast, wieder auf die Erde zurückzukehren, bitte
ich dich, hilf mir und verschaffe mir Erleichterung, du kannst mich
sogar befreien und mir das große Glück verschaffen, den lieben Gott zu
sehen.»
«Aber», antwortete ich ihm, «wie werde ich dir dies Glück verschaffen können?»
«Begib dich zu denjenigen, welchen ich während meines Lebens Gutes
getan habe und sage ihnen, sie sollen dafür für mich beten, und der
liebe Gott wird sich meiner erbarmen.» Nachdem ich getan, was er mir
anbefohlen hatte, sah ich ihn wieder schön wie die Sonne, er schien
nicht mehr zu leiden, und in seiner Zufriedenheit dankte er mir und
sprach.
«Betrachte, wie viele Güter und Seligkeit mir die Gebete und die heilige Messe verschafft haben.»
Etwas später sah ich den König Karl, der zu mir so sprach: «Mein
Freund, wieviel leide ich! Geh zu Bischof Hinkmar, sage ihm, dass ich
leide, weil ich seine Ratschläge nicht befolgt habe, ich rechne aber
auf ihn, dass er mir aus diesem Ort der Leiden entkommen helfe. Bitte
auch alle die, welchen ich während meines Lebens Gutes getan habe, dass
sie für mich beten, das heilige Opfer der Messe darbringen, dann werde
ich befreit werden.» Ich begab mich zum Bischof, der sich anschickte,
die Messe zu lesen, und begann mit seinem ganzen Volk in dieser
Intention zu beten. Ich sah dann den König in seinen königlichen
Kleidern und ganz glänzend von Herrlichkeit. Er sprach zu mir: «Siehe,
welche Herrlichkeit du mir verschafft hast, jetzt bin ich selig für
immer.»
In diesem Augenblick roch ich einen auserlesenen Duft, der vom Ort der
Seligen kam. «Ich trat hin», sagte der Pater Bernold, «ich sah
Schönheiten und Wonnen, welche die menschliche Sprache nicht ausdrücken
kann.» Da sehen wir den Beweis, wie wirksam unser Gebet und unsere
guten Werke und insbesondere die heilige Messe sind, um diese Armen
Seelen aus ihren Leiden zu ziehen. Ein anderes Beispiel aber ist
dieses, das wir auch in der Geschichte der Kirche finden: Es ist noch
schlagender. Ein heiliger Priester, der den Tod seines Freundes
erfahren hatte, den er einzig aus Liebe zum lieben Gott liebte, fand
kein wirksameres Mittel zu seiner Befreiung, als sogleich das heilige
Opfer der Messe darzubringen. Er begann mit aller möglichen Inbrunst
und dem tiefsten Schmerz. Nach dem er den anbetungswürdigen Leib Jesu
Christi konsekriert hatte, nahm er ihn in seine Hände, erhob die Hände
und die Augen zum Himmel und sprach: «Ewiger Vater, sieh, ich bringe
dir den Leib, die Seele deines geliebtesten Sohnes dar. O ewiger Vater!
Gib mir die Seele meines Freundes wieder, der in den Flammen des
Fegfeuers leidet! Ja, mein Gott, es steht mir frei, dir deinen Sohn
darzubringen oder nicht, du kannst mir gewähren, um was ich dich bitte!
Mein Gott, machen wir einen Tausch: Befreie meinen Freund, und ich gebe
dir deinen Sohn, was ich dir gebe, das ist unendlich mehr wert als das,
um was ich dich bitte.» Diese Bitte ward mit einem so lebendigen
Glauben getan, dass er sogleich die Seele seines Freundes aus dem
Fegfeuer gehen und zum Himmel aufsteigen sah. Es wird ferner berichtet,
dass ein Priester, der die heilige Messe für eine Seele im Fegfeuer
las, sie in der Gestalt einer Taube daraus gehen und zum Himmel
aufsteigen sah.
Die heilige Perpetua empfiehlt dringend, für die Seelen im Fegfeuer zu
beten. In einem Gesicht ließ sie Gott ihren Bruder sehen, der in den
Flammen brannte und doch kaum sieben Jahre alt gestorben war, nachdem
er fast sein ganzes Leben lang an einem Krebsgeschwür gelitten hatte,
weshalb er Tag und Nacht schrie. Sie tat viele Bitten und Bußen zu
seiner Befreiung, daher sah sie ihn auch, glänzend wie ein Engel, zum
Himmel aufsteigen. Oh, meine lieben Freunde, wie glücklich sind
diejenigen, die solche Freunde haben.
In dem Maß, als sich diese Armen Seelen dem Himmel nahen, scheinen sie
auch mehr zu leiden. Sie machen es wie Absalom: Nachdem er eine
Zeitlang in der Verbannung geblieben war, kehrt er wieder in sein Land
zurück, aber ohne die Erlaubnis zu haben, seinen Vater sehen zu dürfen,
der ihn zärtlich liebte. Als man ihm anzeigte, dass er in der Nähe
seines Vaters bleiben, aber ihn nicht sehen dürfe, rief er aus: «Ach!
Ich werde die Fenster und die Gärten meines Vaters sehen, und ihn
selber werde ich nicht sehen? Sagt ihm, ich wolle lieber sterben, als
hier bleiben, ohne das Glück zu haben, ihn zu sehen. Sagt ihm, dass es
nicht genug ist, dass er mir vergeben hat, sondern er muss mir auch das
Glück gewähren, ihn zu sehen.» Ebenso ist es auch bei diesen Armen
Seelen: Sehen sie, dass sie bald aus ihrer Verbannung kommen werden, so
wer den ihre Liebe zu Gott, ihr Verlangen, ihn zu besitzen, so heiß,
dass sie nicht mehr widerstehen zu können scheinen. «Herr», rufen sie
aus, «sieh uns an mit den Augen deiner Erbarmung, wir sind nun am Ende
unserer Leiden. Oh, wie glücklich seid ihr», rufe sie uns aus den
Flammen zu, die sie brennen, «ihr könnt noch diesen Qualen entgehen!
... » Ich meine auch diese Armen Seelen zu hören, die keine Eltern und
keine Freunde haben: «Ach! Wenn ihr nur noch ein wenig Liebe habt, so
erbarmt euch unser, die wir seit so vielen Jahren in diesem von der
Gerechtigkeit Gottes angezündeten Feuer verlassen sind! Oh, wenn ihr
die Größe unserer Leiden begreifen könntet, ihr würdet uns nicht so
verlassen wie jetzt! Mein Gott! Wird also niemand Mitleid mit uns
haben?»
Es ist gewiss, meine lieben Zuhörer, dass diese Armen Seelen für sich
selber nichts, für uns aber viel tun können. Das ist so wahr, dass es
fast niemand gibt, der die Seelen im Fegfeuer angerufen hat, ohne die
erbetene Gnade erlangt zu haben. Das ist auch nicht schwer zu
begreifen: Wenn die Heiligen, welche im Himmel sind und unsere Hilfe
nicht bedürfen, Anteil an unserem Heil nehmen, wie weit mehr werden es
dann die Seelen im Fegfeuer tun, welche unsere geistigen Wohltaten
bekommen, die unserer Heiligkeit angemessen sind! «Versage diese Gnade,
Herr», sagen sie, «diesen Christen nicht, welche ihr Möglichstes tun,
um uns aus den Flammen zu ziehen! Könnte sich eine Mutter weigern,
den lieben Gott um eine Gnade für Kinder zu bitten, welche sie geliebt
hat und welche für ihre Befreiung beten? Wird ein Hirte, der während
seines Lebens nur Eifer für das Heil seiner Pfarrkinder hatte, nicht
für sie, selbst im Fegfeuer, um die Gnaden bitten können, welche sie zu
ihrer Seligkeit nötig haben? Ja, meine Freunde, wenden wir uns, sooft
wir um eine Gnade zu bitten haben, mit Vertrauen an diese guten Seelen,
und wir erlangen sie sicher. Welch ein Glück für uns, dass wir in
unserer frommen Ergebenheit gegen die Seelen im Fegfeuer ein so
vortreffliches Mittel haben, uns den Himmel zu sichern! Wollen wir den
lieben Gott um den Schmerz über unsere Sünden bitten? Nun, so wenden
wir uns an diese Seelen, welche seit so vielen Jahren in den Flammen
über ihre begangenen Sünden weinen. Wollen wir den lieben Gott um die
Gabe der Beharrlichkeit bitten, so rufen wir sie an, meine lieben
Zuhörer, sie fühlen ihren ganzen Wert, denn nur die, welche beharren,
werden den lieben Gott sehen. 5) Richten wir in unseren Krankheiten, in
unseren Kümmernissen unsere Gebete zum Fegfeuer hin, sie werden einen
guten Erfolg haben.
Was ist nun aus all dem zu schließen, meine lieben Zuhörer? Es ist
gewiss, dass es sehr wenig Auserwählte gibt, die nicht durch die
Flammen des Fegfeuers gegangen sind, und dass die Peinen, welche man da
aussteht, über alles gehen, was wir begreifen können. Es ist ferner
gewiss, dass wir all das in den Händen haben, was nötig ist, um den
Seelen des Fegfeuers eine Erleichterung zu verschaffen, das heißt
unsere Gebete, unsere Bußen, unsere Almosen und die heilige Messe, und
endlich sind wir sicher, dass diese Seelen, da sie voll Liebe sind, uns
tausendmal mehr erwirken werden, als wir ihnen geben. Wenn wir einst im
Fegfeuer sind, dann werden es diese Seelen nicht unterlassen, den
lieben Gott um dieselbe Gnade zu bitten, welche wir für sie erlangt
haben, denn sie haben es gefühlt, wieviel man an. diesem Orte leidet
und wie grau sam die Trennung von Gott ist.
Widmen wir während dieser Oktave einige Augenblicke diesem Werk, das so
gut an seinem Platze ist. Wie viele gehen durch die heilige Messe und
unsere Gebete in den Himmel! ... Möge ein jeder von uns an seine
eigenen Eltern und an alle die Armen, seit langen Jahren verlassenen
Seelen denken! Ja, meine andächtigen Zuhörer, bringen wir alle unsere
Handlungen zu ihrer Erleichterung dar. So werden wir Gott gefallen, der
ihre Befreiung so sehr wünscht. Wir werden ihnen das Glück des Genusses
Gottes selber verschaffen.
Das wünsche ich euch. Amen.
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5)
«Wollen wir den lieben Gott um den Schmerz über unsere Sünden bitten?
Nun, so wenden wir uns an diese Seelen, welche seit so vielen Jahren in
den Flammen über ihre begangenen Sünden weinen. Wollen wir den lieben
Gott um die Gabe der Beharrlichkeit bitten, so rufen wir sie an, meine
lieben Zuhörer, sie fühlen ihren ganzen Wert, denn nur die, welche
beharren, werden den lieben Gott sehen.» [Hl Pfr. von Ars]
Herr, lass Dein Angesicht über uns
leuchten.
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