Auszug:
I19. Geht es dir gut, so musst du ja nicht dem
Beispiel der meisten undankbaren und untreuen Menschen folgen, die zur Zeit der
Leiden zu Gott ihre Zuflucht nehmen, die aber, wenn heitere Tage folgen, Ihn
vergessen und verlassen. Beweise du alsdann Gott dieselbe Treue, die du einem
geliebten Freunde, der Teil an deinem Glücke nimmt, beweisen würdest; teile Ihm
alsbald deine Freude mit, preise Ihn, danke Ihm, bekenne, dass alles Gute von
Gott kommt, erfreue dich deines Glücks deshalb, weil Seine Liebe es dir bereitet
hat, da du dich dann nur in Ihm freust und in Ihm allein Trost findest: “Ich
will mich freuen in dem Herrn und frohlocken in Gott meinem Heiland” (Hab 3,18).
Ich preise Dich, o mein Jesus! Ich will Dich stets preisen für die vielen
Gnaden, die Du mir erwiesen hast, obgleich ich wegen der Dir zugefügten
Beleidigungen vielmehr Strafe verdient hätte. Ich danke Dir, o Herr! Ich will
nie die Wohltaten vergessen, die Du mir ehemals erwiesen hast, und die Du mir
jetzt noch zukommen lässt, damit ich, die ganze Ewigkeit hindurch, Dich deshalb
lobe und preise. 20. Wenn du Gott wahrhaft liebst, geliebte Seele, so musst du
dich mehr über Seine als über deine eigene Seligkeit freuen. Wer einen Freund
recht innig liebt, hat größere Freude an dem Glück desselben als an dem eigenem
Wohlergehen.
Die Erkenntnis von der
unendlichen Glückseligkeit deines Gottes ist dein größter Trost, du musst oft zu
Ihm sprechen und sagen: Lieber Gott, ich freue mich mehr über Deine Seligkeit
als über mein eigenes Wohlergehen, denn ich liebe Dich mehr als mich selbst. 21.
Du kannst Gott auch einen Beweis deines Vertrauens zu Ihm geben, wenn du,
nachdem du einen Fehler begangen hast, dich nicht schämst, alsbald Ihm zu Füßen
zu fallen und Ihn um Verzeihung zu bitten. Bedenke, dass Gottes Wunsch, den
Sündern zu verzeihen, so groß ist, dass, nachdem sie sich von Ihm entfernt
haben, Er ihren Verlust beklagt, und wieder liebevoll zu Sich ruft: “Warum wollt
ihr sterben, Haus Israels... Bekehret euch und lebet” (Ez 18,31). Er verspricht
jeder Seele, die Ihn 10 verlassen hat, sobald sie in Seine Arme zurückkehrt, sie
freundlich wieder aufnehmen zu wollen: “Wendet euch zu mir, und ich werde mich
zu euch wenden” (Ez 18). Möchten es also doch die Sünder begreifen, mit welcher
Liebe der Herr sie erwartet, um ihnen zu verzeihen: “Es wartet der Herr, sich
eurer zu erbarmen” (Is 30,18).
Möchten sie begreifen, wie
sehr Er wünscht, sie bekehrt zu sehen, wie gerne Er ihnen die Strafe ersparte,
wie gerne Er sie umarmen und an Sein Herz drücken möchte. Er beteuert: “So wahr
ich lebe, ich habe kein Wohlgefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der
Gottlose sich bekehre von seinem Wege und lebe” (Ez 33,11). Und er fügt hinzu:
“Kommt und klaget über mich, wenn eure Sünden wie Scharlach wären, sollen sie
weiß werden wie Schnee, und wenn sie rot wie Purpur wären, sollen sie weiß
werden wie Wolle" (Is 1,18). Als ob Er sagte: Bereut es, ihr Sünder, dass ihr
mich beleidigt habt, und kehrt zu Mir zurück. Klagt über Mich, wenn Ich euch
nicht sogleich verzeihe, tadelt Mich, behandelt Mich wie einen Wortbrüchigen;
aber nein, Ich halte Mein Versprechen, wenn ihr kommt, so seid überzeugt, dass,
wenn auch euer Gewissen durch eure Sünden noch so schwarz wäre, Ich es durch
Meine Gnade alsbald weiß wie Schnee machen werde..
Alfons von Ligouri - Die Art und Weise,
vertraulich mit Gott umzugehen