Aelred von Rievaulx
Spiegel der
Liebe
Das Werk „Speculum Caritatis“, der
„Spiegel der Liebe“, ist der erste und umfangreichste Traktat des englischen
Zisterzienserabtes Aelred von Rievaulx, dessen Persönlichkeit und literarisches
Werk das zisterziensische Leben in England und Schottland für Jahrhunderte
befruchtet hat. Er zählt nicht nur zu den bedeutendsten Schriftstellern der
Zisterzienserväter - neben Bernhard von Clairvaux, Wilhelm von St. Thierry und
Guerrich von Igny wurde auch ihm der Ehrentitel eines „Evangelisten des
Zisterzienserordens“ zuerkannt -, sondern gehört überhaupt zu den bedeutendsten
theologischen Schriftstellern des Hochmittelalters und hat durch seine reiche
geistliche Erfahrung auch unserer Zeit manches zu sagen.
Auszug:
Gütiger Herr, ich habe die Welt durchstreift und
das, was in der Welt ist. Denn „alles, was in der Welt ist (so sagt einer, der
um deine Geheimnisse weiß), ist Augenlust, Fleischeslust oder Hoffart des
Lebens“ (1 Joh 2,16).‘“ Darin suchte ich die Ruhe für meine unglückliche
Seele, fand aber überall Mühe und Klage, Schmerz und Bedrängnis des Geistes.
Du hast gerufen, Herr, geschrien, mich aufgeschreckt und meine Taubheit
durchbrochen.31 Du hast mich gestoßen, geschlagen und meinen Starrsinn besiegt.
Du hast mich gezähmt, verständig gemacht und meine Bitterkeit ans Licht
gebracht. Ich habe es gehört, doch leider erst spät, daß du riefst: „Kommt alle
zu mir, die ihr euch plagt und abmüht“ (Mt 11,28).
Alred von Rievaulx - Spiegel der Liebe
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