Kirche Weitental

†  Gott ist die Liebe - Er liebt dich  †
 Gott ist der beste und liebste Vater, immer bereit zu verzeihen, Er sehnt sich nach dir, wende dich an Ihn
nähere dich deinem Vater, der nichts als Liebe ist. Bei Ihm findest du wahren und echten Frieden, der alles Irdische überstrahlt

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Johannes Paul II.

der Große - das Erbe

 

 

Man muss zugeben — und tut es bereits —, dass Johannes Paul II. zum Stamm der großen Päpste der Kirchengeschichte gehört und sogar zu den größten Heiligen. Sein unumschränkter persönlicher Einsatz ist dabei nicht unbedeutend. Lassen wir uns auf dieses außergewöhnliche Erbe ein, das sich nicht nur in der Kirche, sondern auch auf der ganzen Erde durchsetzt.

Siehe auch:
Zur Seligsprechung Johannes Paul II
Schwester Faustyna - Gottes Barmherzigkeit

Schwester Faustyna - Tagebuch

 

INHALT
 
 

Ein in seiner Bedeutung und Tiefe einmaliges Pontifikat ist 2005 zu Ende gegangen. Es wird Jahre dauern, bis man seine Tragweite ganz erfasst hat und sein Inhalt gelebt wird. Es wird Jahrzehnte dauern, bis man seine Lehre geistig verarbeitet hat, denn Johannes Paul II. war wirklich ein Prophet. Doch es ist bereits möglich, die grundlegenden Kraftadern freizulegen, die zwei Jahrtausende Christentum unschließen und das dritte Jahrtausend mit hoffnungsfroheren Aussichten eröffnen dank seines Wirkens und dank der mütterlichen Hilfe Marias, mit der ihn sein Totus Tuus verband.

 

Der Erbe Polens

Karol Wojtyla hat mehrmals gesagt, dass er das, was seinen Werdegang bestimmt hat, seinem Land und dessen Geschichte verdankt. Er ist ein Mann, der von der Erinnerung und der Dankbarkeit für jene geprägt ist, die ihn herangebildet haben.

Polen, das Jahrhunderte lang gelitten hat, hat ihn Demut, Geduld, Hoffnung, Liebe zu seinem Land gelehrt, über das er mit Begeisterung spricht, sogar in seinem letzten Buch: Erinnerung und Identität. Karol ist ein Mann der Wurzeln, ohne die der Mensch ein Strohhalm ist.

Er hat viel von seiner Familie empfangen: die Dankbarkeit für die Mutterschaft, die Achtung vor der Frau, die sittliche Geradheit und den Sinn für den Dienst, den er von seinem Vater und Offizier, und von seinem Bruder und Arzt geerbt hat. Von seiner Schwester, die früh als kleinkind starb, hat er für immer die Hochachtung vor dem Leben und die Liebe zu den Kindern erhalten. Seine Priester und Oberen — von Pater Figlewitz bis zu Kardinal Sapieha — vermittelten ihm den Geist der Opferbereitschaft, den Sinn für das Heilige, für den selbstlosen Einsatz.

Der Krieg, der zu den Verlusten innerhalb seiner Familie hinzukommt, die ihn zum Waisen gemacht haben, weckt in ihm Schmerz und ein unermessliches Mitleid für andere. Er ist jener junge Mann, dessen Herz weiter ist als seine Schultern breit sind und der 1945 Elisabeth Tzirer, ein jüdisches junges Mädchen rettet, die ausgemergelt aus einem Konzentrationslager kam.

Durch seine Erfahrung als Priester, Bischof und Kardinal erlangte er — vor allem zur Zeit des Konzils — die unverzichtbare Erfahrung von Kirche. Sie ist nach der Jungfrau Maria sozusagen seine dritte Mutter geworden. Von dieser Mutter bezieht er einen «Lebenssaft», der sein seelsorgerliches Handeln immer intensiver anregte, so dass Paul VI. ihn sozusagen zu seinem Kronprinzen machte.

Das geistliche und sittliche Erbe von Johannes Paul II.

Seine kirchliche Lehre ist sein vorrangiges Erbe, verglichen mit seiner Sendung als allumfassender Hirte. Es ist beträchtlich, sowohl durch seine Dichte als auch durch sein «lichtreiches» Gepräge (G. Galassi, Dienstältester der Botschafter), durch seinen Einsatz für die Ökumene und mehr noch für die Neuevangelisation.

Kaum angetreten, setzte der neue Papst das «Aggiornamento» des Konzils und die Reform von Paul VI. fort, was die kirchlichen Organe und das Leben der Kirche betraf. Er strukturierte die Kurie neu, fügte Dikasterien (Zentralbehörden innerhalb der Kurie) hinzu oder gründete sie neu und schuf die Päpstlichen Räte. Er reformierte und vermehrte die verschiedenen Synoden und Konsistorien, darunter die der Kardinäle, modernisierte das Kirchenrecht und verlieh den regelmäßigen Ad-Limina Besuchen der Bischöfe ein herzlich- mit menschlicheres Gesicht. Obwohl er die Regierung der Kirche fest in der Hand behielt, dezentralisierte und demokratisierte er ihre Funktionsweise, um sie unserer Zeit anzupassen. Er selbst nahm ein einfaches und herzliches Benehmen an (Schluss mit der Sedia!) und öffnete die Tore des Vatikans wie die seines Herzens.

Er führte das Lehramt der Kirche zu einem Hohepunkt, indem er selbst mehr veröffentlichte als alle seine Vorgänger zusammen. Ein «Sprudeln der Lehre» (A. Frossard): ein ununterbrochener Strom von Enzykliken (14), Briefen, apostolischen Schreiben, Konstitutionen und andere Lehren, ohne von seiner wöchentlichen Katechese, seinen unzähligen Predigten und Reden zu sprechen. Er behandelte alle Themen der kirchlichen Lehre, ließ nichts im Schatten, ging alle Irrtümer, Zweifel und Relativierungen an. So erscheint er als «Meister der Wahrheit», der die Bischöfe unablässig ermahnte, sie überall mit Glauben und Nachdruck zu fördern.

Diese Wahrheit legte er in seinem Katholischen Katechismus dar — dem Meisterwerk seines Pontifikates.

Das Tun mit dem Wort verbindend, nahm er seinen Pilgerstab und wurde auf den Spuren des heiligen Paulus und Pauls VI. der größte Missionar der Kirche. In 104 apostolischen Reisen zog er über die ganze Erde, ohne seine Reisen durch Italien und seine Besuche in seinen etwa 300 Diözesangemeinden zu zählen. Nach dem Jahr 2000, als er schwer von der Krankheit gezeichnet war, hatte er keine andere Möglichkeit als sie zu sich in den Saal Paul VI. zu rufen. Dieser erschöpfende Marathon erlaubte ihm einerseits, frische Luft in den Vatikan zu bringen und sich vor Ort zu informieren, und andrerseits vor allem die Neuevangelisierung anzufangen, die das zentrale Leitmotiv seines fruchtbaren Pontifikates war.

Johannes Paul II. hat das Verdienst, dass er die ökumenische Öffnung seiner beiden Vorgänger noch weiter vorangebracht hat. Unaufhörlich hat er den anderen christlichen Religionen die Hand hingehalten. Riesige Fortschritte gab es sowohl in den Diskussionen wie in den Haltungen, ungeachtet einiger Widerstände (des russischen Patriarchates). Der interreligiöse Dialog erlaubte, die Versöhnung mit dem Judentum zu festigen und die Verständigung mit dem Islam zu ermöglichen, der sich in beunruhigendem Ausmaß in Europa ausbreitet. Der Heilige Vater konnte den Aufschwung der Sekten in Lateinamerika wie in Afrika nicht aufhalten. Der Klerus vor Ort wird sich mehr einsetzen müssen.

Seine theologische Ausbildung mit seinen Gaben als Philosoph verbindend, verlieh er der Sittenlehre den Rang, den eine in ihren sittlichen Grundlagen zutiefst erschütterte Menschheit braucht. Mit mutiger Leidenschaft und Beharrlichkeit verkündete er das Evangelium der Werte, angefangen beim Leben, dessen unermüdlicher Verteidiger er wird: Das Leben, stets das Leben, von der Empfängnis bis zur Schwelle des Todes: «Es gibt eine Verschwörung gegen das Leben. Das Leben ist jedoch ein heiliges Geschenk, über das sich niemand zum Herrn erheben darf.» Seine persönliche und nationale Erfahrung hat ihn genauso wie das Evangelium von der Notwendigkeit überzeugt, dass die Kultur des Todes durch das «Evangelium des Lebens» ausgelöscht werden muss. Unter diesem Gesichtspunkt benützt er seine ganze frühere, seelsorgerliche Erfahrung (Taten und Schriften), um über Berg und Tal die Familie und die Ehe als Geschenk Gottes zu verteidigen, um gegen die dekadenten Laster unserer Zeit anzukämpfen, um den Jugendlichen Hoffnung zu geben und unsere Generation zu retten. In dieser Absicht schuf er den Päpstlichen Rat für die Familie sowie die Akademie für das Leben, zu dessen erstem Präsidenten er Professor Jérôme Lejeune ernennt. Seine Begegnungen mit den Familien in Rom wie in Rio oder an anderen Orten, seine manchmal strengen Mahnungen, das Leben zu verteidigen, sind berühmt geworden. In seinen Beiträgen hat er mit dem klarem Blick, den ihm der Heilige Geist schenkte, gezeigt wie sehr die Mächtigen in ihrer Herrschsucht und Gier auf teuflische Weise das Leben beeinträchtigen und so entgegen ihres eigenen Interesses die Zukunft der menschlichen Gesellschaft insgesamt gefährden.

Unter den zu fördernden Werten erscheint auch die Zivilisation. Als sprühender und zutiefst gebildeter Geist hat er in seiner unvergesslichen Rede vor der UNESCO (1980) sein päpstliches Programm diesbezüglich dargelegt. Der Papst interessierte sich für alle aktuellen Fragen innerhalb des erneuerten Rates und stellte sich Fragen zu den gegenwärtigen Problemen. Er empfing Wissenschaftler und Forscher, ließ Nachforschungen anstellen (Inquisition), rehabilitierte Gelehrte (Galilei) oder bestätigte ihre Entdeckungen (Kopernikus). So vermittelte er die Ansicht der Kirche zu den großen Fragen unserer Zivilisation, von der Genetik bis zur Umwelt, und er gab der Wissenschaft ihren Stellenwert, «aber nie ohne das Gewissen», wie Rabelais sagte. Die Heiligsprechung von Edith Stein veranschaulicht weiter, wie Johannes Paul II. sich um die Wissenschaft bemühte. Auf höchster Ebene setzte er sich dafür ein, das Evangelium in die Kultur einzubinden, indem er «ihm im täglichen Leben gemäß dem den Kulturen entsprechenden Wesen Ausdruck verleiht» (J. P. II.), sowie die Kultur zu evangelisieren, indem man sie mit göttlichen und sittlichen Prinzipien erfüllt. Diese Frage ist für ihn so wichtig, «dass es dabei um die Zukunft der Menschheit geht».

Er selbst schrieb weiterhin Werke, empfing Persönlichkeiten aus Kultur und Bildung, schuf die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften, bestimmte ihre Vertreter — nicht nur männlichen Geschlechts — für die Delegationen des Heiligen Stuhles (Marie-Ann Glendon bei der Konferenz in Kairo über die Frauen). Er kümmerte sich um die Kunst, ließ die Sixtinische Kapelle renovieren und besichtigte die herrlichen Mosaike von Ravenna unter der Leitung seines Freundes André Frossard.

Die Liebe zum Menschen: «Ich will der Zeuge der allumfassenden Liebe sein.» (20.10.1978)

Seine liebevolle Fürsorge für den Menschen

Gleich zu Beginn des Pontifikates hat er dieses Versprechen gegeben und es in bewundernswerter Weise gehalten. Im Mittelpunkt seines Hirtenamtes hinterlässt Johannes Paul II. also ein entscheidendes Erbe, das eines unerschütterlichen und unermüdlichen Hirten, der sich in den Dienst der Menschen stellt und keinen Augenblick vergisst, dass dieser in seiner Würde und in seiner Bestimmung einmalig ist, dass er in den Augen Gottes so wichtig ist, dass er seinen Sohn gesandt hat, um ihn zu erlösen. Seine ganze Ausbildung, seine Forschungen, seine Suche nach dem Nächsten, seine Geschichte, seine seelsorgerliche Ausrichtung führen ihn zu dem, was er das Studium der Anthropologie oder der Wissenschaft des Menschen nennt, und darüber hinaus unter dem Blickwinkel des Evangeliums zur Suche nach dem Nächsten. Für ihn gilt mehr noch als für Terenz: «Nichts von dem was menschlich ist, war ihm fremd.» Eindrückliche Bilder von dieser Macht der Liebe bleiben uns in Erinnerung.

Er verteidigte die menschliche Person gegen alle individuellen oder kollektiven Bedrohungen auf allen Ebenen und in allen Situationen und kämpfte für eine brüderliche, gerechte, friedvolle Welt. Von seinem Stuhl in Rom aus brachte er auf internationalem Gebiet und in allen Himmelsrichtungen das Evangelium in Taten zum Ausdruck, indem er sich über so viel Not neigte, die Mächtigen beschwor, mit der Dritten Welt zu teilen. Man begegnete ihm in den Elendsvierteln von Brasilien, wo er ein armes kleines Mädchen tröstete, wo ein Junge sich in seinen Mantel schmiegt, wo er in einem Land der Anden einem Arbeiter zuhörte, der unter Tränen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen seiner Brüder darlegte. Und genauso in Afrika, wo er in die Hütte einer notleidenden Familie ging und für die Sahelzone eine Hilfsorganisation gründete («Der Aufruf von Ouagadougou»).

Man sah ihn in Kambodscha einen Flüchtling aus den kommunistischen Lagern zum Priester weihen. Er wusste, dass die Leiden der Gegenwart ihre Wurzeln in der Schuld der Vergangenheit haben: Auf der Insel Gorea beklagte er die Sklaverei früherer Zeiten; in Jerusalem, an der Gedenkstätte von Yad Vashem, sprach er über den Holocaust der Juden. Vor der Klagemauer bat er um Vergebung für die Irrtümer der Christen. Alles hat begonnen, als er während des Krieges den Opfern zu Hilfe kam, Elisabeth Tzirer auf seinen Armen trug und zwanzig Jahre später als Bischof Wojtyla den Vergebungsbrief des polnischen Episkopates an seine deutschen Mitbrüder anregte und so die Tür zur Versöhnung öffnete.

Sein ganzes Pontifikat über hat man gesehen, wie er auf jeden Menschen, auf die Menschenmengen — bis zu 5 Millionen Menschen in Manila — zuging, zuhörte, sich mit ihnen unterhielt, Ratschläge gab, sie stärkte und tröstete, von den Kindern bis zu den Kranken (das aidskranke Kind in Los Angeles), von den Seminaristen bis zu den Häftlingen (er hat seinen Mörder Ali Agça im Gefängnis besucht und ihm dort von neuem vergeben.) Er hat niemanden von seiner Liebe ausgeschlossen. Er hat seine Zeit damit verbracht, zu beten und zu lieben. Bei diesem Marathon der Liebe ist er einer von Gott geschenkte Gehilfin begegnet, die seiner würdig war: Mutter Teresa, die er kurz nach ihrem Tod seliggesprochen hat. Bei Privataudienzen und kirchlichen wie internationalen Treffen ist er Hunderttausenden von Menschen begegnet und wurde vom Fernsehen für jene übertragen, die nicht zu ihm kommen konnten. Nur wenige haben ihn abgelehnt; doch wie man sagte, ist er heute gegenwärtiger denn je, er kann wie er will nach Russland, nach China oder nach Vietnam gehen. Nichts kann der Liebe den Weg verstellen. Aber der Liebe in der Wahrheit.

Die Diplomatie im Dienst am Menschen

Deshalb hatte er zu Beginn seines Pontifikates gesagt: «Als Christ und mehr noch als Papst bin und bleibe ich der Zeuge der allumfassenden Liebe.» Ohne Einschränkung hat er seine im Evangelium gründende Nächstenliebe auf die Ebene der internationalen Gesellschaft übertragen. Ohne in die inneren Angelegenheiten der Staaten einzugreifen, hat er doch nicht vergessen, dass er ein Herrscher ist, der den Vatikanstaat leitet und dass er auf Grund seiner liebevollen Fürsorge für die Menschheit nicht nur über die kirchlichen Angelegenheiten der christlichen Nationen zu wachen hatte, sondern auch am internationalen Leben mitarbeiten musste, um die Harmonie und die sittlichen Werte zu erhalten, die unverzichtbare Grundlagen für das Wohlergehen der Völker sind. Das ist einer der Gründe für seine ununterbrochenen Reisen.

Als Kardinal aus dem Osten bezeugte er sehr schnell, dass es keine Kirche des Schweigens mehr gibt, denn von nun an meldete er sich zu Wort. In der Tat hat kein Papst die Wahrheit über Gott (das Kerygma) und über den Menschen so deutlich verkündet. Da er auch den unerlässlichen Kampf um die civitas Dei auf Erden aufgenommen hat, konzentrierte er ihn zunächst auf die nahe gelegane kommunistische Hölle in Osteuropa. Mit Hilfe verschiedener Mittel, deren Schwerpunkt die barmherzige Gnade von Fatima ist, hat er in großem Maße zum Zusammenbruch des atheistischen Systems beigetragen, und dies gelang ihm in dem Augenblick, da niemand wusste, wie und wann sich das verwirklichen könnte (1989-90). Am Rande dessen befreite er sein Land und brachte die scheußliche Mauer von Berlin und den finsteren Eisernen Vorhang zu Fall. In der Kraft der Verheißung der «Dame» vom Rosenkranz begann er die berühmte Bekehrung Russlands, doch er selbst erlebte die Früchte dieser Umkehr nicht mehr. Und auch wenn er den Schraubstock von Fidel Castro etwas lockern konnte, so konnte er doch das Maul des chinesischen Drachen nicht zum schweigen bringen. Maria behält sich selbst den letzten großen Feind ihres Sohnes vor, der mit Ihr in die «Wüste» geflohen ist.

In Anbetracht seines Elans, seine Klugheit und seiner Unvoreingenommenheit wurde er mehrmals als Schlichter bei internationalen Konflikten erwählt, stützte sich dabei auf den großen Aufruf Pauls VI. («Nie mehr Krieg!») und auf seine eigenen Beiträge bei der UNO und an anderen Stellen. So schuf er Frieden zwischen Chile und Argentinien und setzte ohne Unterlass seine Vermittlung fort, wie auch zwischen Israel und den palästinensischen Autoritäten.

Dank seiner Empfänge, seiner Reisen, seines Handelns, seiner Spezialisten hat er den diplomatischen Handlungsfreiraum des Heiligen Stuhls beträchtlich ausgedehnt, und seine Vertretung bei der UNO und in Genf wurde in dem Maß verstärkt, in dem die Autorität des Papstes zunahm. Von 1978 bis 2005 hat er die Zahl der Nuntiaturen von 85 auf 176 (bei 192 Staaten!) erhöht und schuf offizielle Verbindungen mit Russland, den USA oder Israel, was einen beispiellosen Erfolg darstellt. Die Zeiten sind längst vorbei, da es 1906 nur zwei akkreditierte Botschafter des Heiligen Stuhles gab.

Im «offenen Haus» des Vatikans oder außerhalb ist er mit einer Anzahl von Staatschefs aus allen Gegenden (zu denen die größten und die unerwartetsten zählen: Gorbatschov, Castro oder Arafat), mit Regierungschefs, politischen Persönlichkeiten, Botschaftern und verschiedenen Gesandten zusammengetroffen. Es erübrigt sich, Zahlen zu nennen.

 

Das Erbe der Vaterschaft

Wenn wir die väterliche Ausstrahlung betrachten, begeben wir uns in das Geheimnis und die Schatzkammer der charismatischen und tiefen Persönlichkeit von Karol Wojtyla.
Die Vaterschaft Gottes umfasst alle Seiten der Liebe. Die des Heiligen Vaters ist ein ergreifendes Abbild davon. Sie hat auf unserer verfinsterten Erde einen hellen Strahl des göttlichen Lichtes aufscheinen lassen. Denn es gilt wie in dem herrlichen Gleichnis vom verlorenen Sohn: Je weiter der Mensch sich von seinem Vater entfernt, umso mehr braucht er ihn und umso mehr erlaubt er dem Vater, die menschlichen Grenzen seiner Väterlichkeit zu überschreiten. So hat Johannes Paul II. das unerreichbare Format seiner Güte auf die ganze Welt ausgedehnt. Der frühe Verzicht auf alle seine irdischen Zuneigungen hat ihn schnell in den Ozean der Liebe getaucht.

Ausgehend von seiner Erfahrung als Katechet in seiner Gemeinde, dann als Studentenseelsorger sowie durch das Praktizieren seiner Lehre in seinen karitativen Tätigkeiten hat Johannes Paul II. alle Seiten seiner Väterlichkeit aufgezeigt, in erster Linie der Jugend gegenüber. Er hat selbst gesagt (in seinen Gedichten und seinen Büchern), dass diese Väterlichkeit sich bei seinen Studenten im Unterricht an der Universität ausgebildet hatte. An Ort und Stelle — im wörtlichen Sinn — haben die Bergwanderungen oder Fahrten auf dem Wasser (bis 1977) seine jungen Freunde zu sittlichen und geistlichen Gipfeln geführt. Von dort sind die berühmten Weltjugendtage ausgegangen. Sie sind offiziell 1985 entstanden, setzen sich bis zur Schwelle Kölns (20. Weltjugendtag) fort und sind das Treffen des gemeinsamen Vaters mit einem der wertvollsten Teile seiner Kinder, auf den er sich für die Zukunft der Kirche stützt. «Die Zukunft der Welt leuchtet in euren Augen!», ruft er ihnen 1987 zu. «Ihr seid meine Hoffnung!» (Paris) «Ihr seid mein Herz und meine Krone... Ihr müsst die ganze Welt entflammen!» (Tor Vergata)

Die Jugendlichen haben es ihm innig gedankt. Frossard hat es ihm gesagt: «Heiliger Vater, Sie können Sie hinführen, wohin sie wollen!» Und er hat unerschrocken geantwortet: «Das glaube ich!»

Es gab ein ständiges Kommen und Gehen, ein heimliches Einverständnis der Liebe zwischen ihnen und ihm, einen Lichtbogen, der durch das Alter stärker statt schwächer wurde, eine tiefe geistliche, gegenseitige Erfassung. Sie erkannten sich in ihm und er sich in ihnen und sie nennen ihn ihren Vater. Die Jugendlichen erwärmten sich in seiner Gegenwart und tranken seine Lehre, denn sie fühlten, dass er sie liebte — im Unterschied zu den viel zu zahlreichen verlogenen Erwachsenen. Und bei der Begegnung mit ihnen wurde er von ihrer Zuneigung mitgerissen, während die Krankheit ihn immer stärker zeichnete. Wer hat nicht jenes einmalige Bild von diesem jungen Mädchen gesehen, die sich in Ehrerbietung an ihn wandte und ihm sagte: «Du bist Abba, unser Papa!» Dann kniete sie vor ihm nieder, und nachdem er ihr lange zugehört hatte, legte er ihren Kopf an seine väterliche Brust. Deshalb konnte Frédérique Hébrard ausrufen: «Mai 1968 hat sozusagen die Väterlichkeit zerstört, während die Weltjugendtage von 1997 sie uns in der Person von Johannes Paul II. neu geschenkt haben!» Und am Vorabend seines Todes waren sie da, die jungen Menschen, kamen treu zu diesem letzten Treffen und beteten den Rosenkranz auf dem Petersplatz. Als man das dem erhabenen Todkranken mitteilte, ließ er wissen: «Ich habe euch gesucht. Jetzt seid ihr zu mir gekommen. Ich danke euch. Dank sei dir, Vater!»

Diese Väterlichkeit ist nicht begrenzt. Sie hat nach und nach sozusagen alle Menschen gewonnen, so dass von einem Ende der Erde zum anderen jeder in diesen Tagen sagt: «Wir haben unseren Vater verloren, wir sind Waisen. Wir können nicht ausdrücken, was wir empfinden.»

Freund, Bruder und Vater der Arbeitenden; ältester Bruder und Vater der Priester, der Bischöfe und der Kardinäle; alt, krank, taumelnd und doch in Lourdes noch immer Vater der Kranken: Ja, Johannes Paul II. hat bis zum Schluss eine außergewöhnliche Vaterschaft für die Völker ausgeübt. Und wie jeder Vater war er wirklich der Diener seines Nächsten, der seinem Namen «Diener der Diener Gottes, des Vaters» wirklich Ehre gemacht hat.

 

Ein Großer der Kirche: der heilige Vater

Die Welt hat ihn nämlich fast schon heiliggesprochen. Die Spruchbänder am Beerdigungstag sagen alles: «Santo subito!» Getragen von seiner Weihe an die Heilige Jungfrau von Tschenstochau und von der Kraft des Heiligen Geistes hinterlässt er uns ein persönliches Erbgut von menschlichem und geistlichem Wert, wie es selbst in der Geschichte der Kirche ganz selten ist.

Geleitet von Maria und von seinem mystischen Bräutigam hat er sich sein Leben lang von ihnen vorbereiten lassen, so dass sein Pontifikat im Einflussbereich seines früheren Lebens stand. Das ist wohl das Erste und Wichtigste, was man über seinen Wert als Christ sagen kann. Der Pfarrer von Ars sagte, dass man die heiligsten Seelen daran erkennt, dass sie sich vom Heiligen Geist leiten lassen.

Zu seiner Fügsamkeit kam die gelebte Weihe an Maria hinzu, eine Hingabe, die er beim Attentat vom 13. Mai 1981 konkret erfahren hat. Überzeugt, dass er überleben würde, wiederholte er doch auf dem Weg in die Klinik Gemelli unablässig: «Meine Mutter, meine Mutter!»

Er hinterlässt uns das Bild eines Mannes der Ausgeglichenheit, der Seelenstärke, der inneren Einheit, die durch nichts angegriffen werden konnte. Er war der Fels, der auf einem unerschütterlichen Glauben, einer Intelligenz, einer Unterscheidungsgabe und einem sicheren Urteil ruhte, die von Gewissheit und Freude gezeichnet waren.

Er war ein ganz innerlicher und zutiefst mystischer Mensch, wie seine Gedichte bezeugen und vor allem sein intensives, praktisch ununterbrochenes, «geographisches» Gebet, wie er sagte. Mit seinen immer wachen Gedanken und seinem stillen Gebet umfasste er sozusagen alle Probleme der Kirche und der Welt. Er hinterlässt uns als Erbe eine aufgeschlossene, vorbildhafte Frömmigkeit, in der Maria, die innig verehrte Jungfrau, Christus wirklich ergeben ist, den er zutiefst anbetet. Der Heilige Vater hat seinem Pontifikat die Krone aufgesetzt durch seinen Heimgang während des Eucharistischen Jahres.

Zugleich hat er die schwierige Kunst beherrscht, den Menschen und Dingen gegenüber realistisch zu sein, so dass man insgesamt den Eindruck hatte, dass nichts ihm entging.

Angesichts der harten und zunehmenden Kämpfe seines Lebens bewies er einen Mut, der von allen bewundert wurde. Er hat wortwörtlich seinen Aufruf gelebt: «Habt keine Angst!»

Was unsere Zeitgenossen auch beeindruckt hat, ist seine Fähigkeit zu tun, was er sagte. Es ist leicht und wirkt anstößig, wenn man predigt und den anderen die Umsetzung überlässt. Er aber setzte in die Praxis um, was er anregte. Das war nicht leichter in der heutigen Kirche als im kommunistischen Polen oder während des Krieges. Sein und nicht Haben! Er hat vollkommen auf sich selbst verzichtet, hat alles hingegeben, hat sich verbraucht. In seinem dreifachen Sarg hat der Heilige Vater nichts an irdischem Leiden mitgenommen, vielmehr einen für den Menschen unsichtbaren Reichtum, einen Schatz für Gott: seine Heiligkeit.

Er war ein Pilger, ein Weg, ein Stern. Er war zugleich Wächter und Führer, er hat die Menschen geführt, um ihnen wie sich selbst Zugang zum anderen Ufer zu erwirken.

Seine geringen Unvollkommenheiten — niemand ist vollkommen — tun seiner Größe keinen Abbruch. Die internationale Meinung war fast einstimmig und hat gezeigt, wie sehr er die übrigen Sterblichen übertroffen hat.

Nur armselige oder sich dem Glauben verschließende Geister können jene, die diesen außergewöhnlichen Papst geliebt haben, übertriebener oder unpassender Würdigungen beschuldigen.

 

Das priesterliche Vermächtnis für eine erneuerte Kirche

Der Heilige Vater wollte durch und durch Priester sein, er wollte im Dienst an Gott und an den Menschen stehen. In Anbetracht seiner Größe und seiner Fähigkeiten wollte Jesus ihm dafür das vollkommene Priesteramt verleihen: «Weide meine Schafe...» Eine Größe, ein Dienst, der auf die Liebe ausgerichtet ist: «Liebst du mich? Ja? So weide meine Schafe.»

Um seine Sendung als allumfassender Hirte zu erfüllen hat der Priester Johannes Paul II. zwei entscheidende Mittel eingesetzt: die Bereitschaft und das Leiden.

– Er hat gleich zu Anfang augerufen: «Öffnet weit die Türen für Christus!» Als er auf die Menschen zuging, hat er selbst so viele Türen wie möglich geöffnet, indem er sich als ein einladender und wohlwollender Hirte vorstellte. Er war streng und unnachgiebig, was die Wahrheit anlangt (er hat sie als Vermächtnis empfangen und konnte nicht daran rühren), doch er hat die Personen so gut es ging geschont durch eine Nächstenliebe, die niemand ernsthaft abstreiten kann. Viele haben die Einladung angenommen, in den Schafstall einzutreten und Jesus handeln zu lassen. Aber es ist klar, dass die Welt nicht genügend auf den Aufruf des Stellvertreters Christi geantwortet hat trotz seiner geisterfüllten Worte und der Heiligkeit seines Lebens und seiner Berufung.

Dennoch hat er unablässig seine Aufrufe erneuert: Aufruf zur Einheit («Versammelt euch eng um mich!»), zum Gehorsam («Lasst euch von Christus mitreißen.»), zur Bereitschaft («Seid Heilige!»). Aber er konnte es nicht allein tun. Die Treuen sind auch auf das Vorbild der Priester und der Bischöfe angewiesen, damit sie — wie Johannes Paul II. es oft gesagt hat — «[wie sie] Vorbilder der Heiligkeit» sind, Nacheiferer ihrer Vorgänger, wie auch die Missionare und Märtyrer des Glaubens. Und da berühren wir wieder eines der Geheimnisse, die in Fatima offenbart wurden. Das Vorbild der Märtyrer des 20. Jahrhunderts für die Wahrheit in den marxistischen Ländern zum Beispiel.

Bei dem Gebetsabend in der Lateranbasilika am Freitag, nach der Beerdigung des Papstes, beschwor ein junger Seminarist vor einem Bildnis des Heiligen Vaters die Hirten der Kirche, in ihrer Wachsamkeit nicht nachzulassen und den heiligen Papst nachzuahmen. Er erklärte: «Nur unter dieser Bedingung kann sich der westliche Klerus wieder erheben.»

– Denn der Heilige Vater ist so weit gegangen, wie er konnte. Wenn er sagte, dass er alles gegeben hat, bedeutet das, dass er den langen und schmerzlichen Kreuzweg aufgeopfert hat, der in jenem Geheimnis von Fatima beschrieben ist. Seit 1994 sprach er vom «Evangelium des Leidens». Jesus hat mehr durch sein Kreuz als durch seine Worte erlöst. Johannes Paul II. hat das begriffen: Er ist ganz zurückgetreten und ist in aller Stille gestorben.

Sein Opfer wie seine Person mussten mit Christus, dem Priester und dem Opfer, identisch sein. In diesem Jahr der Eucharistie konnte er kein größeres Zeichen setzen. Er hat auf unblutige, aber ganz wirkliche Weise den Satz des heiligen Stanislaus befolgt: «Mein Wort hat dich nicht bekehrt? So wird mein Blut dich bekehren!» Jeder Tod ist ein Unterpfand der Auferstehung. Je größer das Martyrium, desto glorreicher ist die Auferstehung.

Danken wir Gott für die heldenhafte Sendung des Papstes; danken wir ihm für sein Martyrium. Beten wir dafür, dass der neue Papst sein Beispiel nachahmt und treu auf dem Weg weitergeht, den Johannes Paul II. der Große, der Prophet des dritten Jahrtausends, eröffnet hat, damit der in Fatima versprochene Sieg so schnell wie möglich eintritt.
Bernard Balayn

Siehe auch:
Zur Seligsprechung Johannes Paul II
Schwester Faustyna - Gottes Barmherzigkeit

Schwester Faustyna - Tagebuch

Seliger Johannes Paul II, bitte für uns
Hl. Schwester Faustyna, bitte für uns
All ihr Heiligen Gottes, bittet für uns
Amen.

 

Weiterführende Themen: 

Jahr 2011 - quo vadis?  /Nahtoderlebnisse / Garabandal  / Die Sterbestunde  Die Warnung

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