Dies ist ein wunderbares Werk, sehr
empfehlenswert zu lesen. Es lernt einiges besser zu verstehen und warum Satan
die Menschen so hasst, warum er sie verfolgt usw. Die Geschichte der Engel,
der Engelsturz und seine Auswirkung auf uns Menschen Ursachen, Hintergründe
und Folgen. Für jemanden, der hungert nach der Wahrheit, nach Erkenntnis,
bitte unbedingt lesen, sehr empfehlenswert
Inhaltsverzeichnis
0 |
Vorwort zur Broschüre! |
1 |
Die Erschaffung und die Prüfung der
Engel |
2 |
Luzifer geriet damals in eine sehr
ungeordnete Selbstliebe |
3 |
In den Werken Gottes ist alles nach
Maß, Zahl und Gewicht geordnet |
4 |
Ferner offenbarte Gott den Engeln, |
5 |
Luzifer aber, voll Neid und
aufgeblasener Hoffart, widersetzte sich |
6 |
Hier muss ich noch ein anderes
Geheimnis erwähnen. |
7 |
Diese aufgeblasene, eitle Hoffart
reizte den Zorn des Herrn |
8 |
Auslegung des 12. Kapitels der
Geheimen Offenbarung |
9 |
Es war als sage Gott den Engeln: |
10 |
Noch ein anderes Zeichen erschien am
Himmel: |
11 |
Die zehn Hörner dieser Häupter. |
12 |
Der Drache trat vor die Frau, |
13 |
Fortsetzung der Auslegung des
zwölften Kapitel der geheimen Offenbarung. |
14 |
Er ist Gott, der Allerhöchste, König
aller Geschöpfe. |
15 |
Mit diesen Worten kämpften der
Heilige Michael und sein Anhang. |
16 |
Doch Michael erwiderte: „Wer ist wie
der Herr, unser Gott, der in den Höhen wohnt? |
17 |
So offenbarte sich aufs neue Gottes
Macht und Gerechtigkeit. |
18 |
So wurde der große Drache gestürzt, |
19 |
So war nun der Himmel von den bösen
Engeln gesäubert. |
20 |
Schluss der Auslegung des zwölften
Kapitels der Geheimen Offenbarung... |
21 |
Der Fall von Adam und Eva im
Paradies. |
22 |
Luzifer betrog sich selbst |
23 |
An das Gebot anknüpfend, |
24 |
Als Luzifer den Fall der Stammeltern
gewahrte, |
25 |
Im Augenblick der Menschwerdung des
göttlichen Wortes |
26 |
Alle tugendhaften und vollkommenen
Frauen habe ich genau verfolgt, um unsere Feindin (Maria) zu finden, |
27 |
Sie überlegten, wie sie die heiligste
Jungfrau verfolgen könnten, |
28 |
Luzifer will das Erlösungswerk
verhindern. |
29 |
Ich wusste, dass diese Ehre Ihm als
Gott gebühre |
30 |
„Meine Verwirrung ist jetzt zu
groß,“ |
31 |
Nur gegen jenes Weib (Maria), unsere
Feindin, trage ich tödlichen Hass, |
32 |
Die Versammlung der bösen Geister
nach dem Tode Jesu in der Hölle. |
33 |
Von jenem Tage der Erschaffung der
ersten Menschen an, habe ich danach getrachtet, den Gottmenschen und seine
Mutter zu vernichten. |
34 |
Oh ihr Menschen, wie seid ihr doch
von Gott, den ich hasse, so sehr begünstigt. |
35 |
Oh wie stark ist dieser Gottmensch, |
36 |
Sie waren sich einig, dass es
unmöglich sei, die Person Christi anzugreifen, |
37 |
Die Menschen haben nun eine neue
Lehre, |
38 |
Einige Teufel machten es sich zur
Aufgabe, die Neigungen der Kinder von ihrer Empfängnis und Geburt an in
eine verkehrte Richtung zu bringen. |
39 |
Wir müssen sorgen, dass die Menschen
die Frömmigkeit und den Geschmack an geistlichen und göttlichen Dingen
verlieren, |
40 |
Es ist unmöglich, alles darzulegen, |
41 |
Leider sind diese höchst wichtigen
Wahrheiten in unseren Tagen gar sehr dem Gedächtnis der Menschen
entschwunden zu ihrem entsetzlichen Schaden. |
42 |
Die heilige Schrift und die Werke der
heiligen Lehrer. |
43 |
Damit nun jene, die dieses Buch
lesen, aus diesem Schlafe erwachen, |
44 |
Da dieser Feind ein unkörperlicher
Geist ist, den keine Wirksamkeit ermüdet, |
45 |
Sobald der Satan die Tatsache der
natürlichen Zeugung eines Menschen erkennt, |
46 |
Die Mittel des Allerhöchsten, die
Menschen gegen diese Bosheit des Drachens zu beschützen, sind
verschiedener Art. |
47 |
Zu dieser allgemeinen Vorsehung
Gottes kommt dann noch der Schutz unserer heiligen Engel. |
48 |
Er sucht es dahin zu bringen, dass
die Kinder sich manche schlimme Handlungen angewöhnen, dass sie Böses
sehen und hören, und das ihrer Eltern in dieser Zeit an solche Gefahren
nicht denken und darum auch keine Vorsorge dagegen treffen. |
49 |
Nicht geringer ist aber die Sorge und
Wachsamkeit der heiligen Engel, |
50 |
Die Engel hingegen führen zu Gunsten
der Kinder die Tugenden der Eltern und Ahnen an, |
51 |
Hat der Mensch den vollen
Vernunftgebrauch erlangt, dann wird der Kampf zwischen den bösen und den
guten Engeln noch heftiger. |
52 |
Unaufhörlich kommen uns die Engel
durch Eingebungen und Ermahnungen zu Hilfe. |
53 |
Eine unzweifelhafte Offenbarung
göttlichen Schutzes war die Bekehrung des Saulus. |
54 |
Luzifer und die Seinen empfanden die
Geißel der göttlichen Allmacht. |
55 |
Was hatte Saulus getan, um ein so
außerordentliches Glück zu verdienen. |
56 |
Lehre der Himmelskönigin. |
Vorwort
Maria von Agreda:
Engelssturz und
Verfolgung der Menschheit durch Satan!
Das Imprimatur (kirchliche
Druckerlaubnis), hat das erzbischöfliche Ordinariat Salzburg am 31. Mai 1954,
Zl. 1311 für das
Gesamtwerk erteilt
Der Inhalt dieser Broschüre ist zwar nicht der
durchgehenden Reihenfolge entsprechend, jedoch wortgetreu übernommen, aus dem
Offenbarungwerk „Leben der jungfräulichen Gottesmutter Maria,“ geoffenbart der
Schwester Maria von Agreda aus Spanien in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Es ist hervorragend dazu geeignet, den wirklichen
Sinn und das wahre Ziel des menschlichen Lebens begreifbar zu machen. Ein
ausgewählter Teil davon ist in dieser Broschüre wiedergegeben und kann
niemals als zeitlich überholt betrachtet werden.
Es wird darin berichtet, wie und warum der Sturz
des einstmals höchsten Engels Luzifer und seines Anhanges aus dem Himmel
zustande gekommen ist.
Da wir Menschen nach bestandener Prüfung
dazu bestimmt sind diese Plätze im Himmel einzunehmen, die Satan und sein
Anhang für immer verloren haben, sucht er nun seit Anbeginn der Welt dieses
mit aller Macht aus Rache gegen Gott und aus Hass und Neid gegen die Menschen
zu verhindern. Das ist der Grund für den unversöhnlichen Kampf des Satans
gegen Gott und das ganze Menschengeschlecht, dessen Folgen wir tagtäglich
immer wieder aufs Neue erfahren.
Man will aber nicht erkennen, dass die Ursache
davon vom Satan in der Welt – mit der Zustimmung und Beihilfe der Menschen –
zu ihrer verderblichen Wirkung gebracht werden. Dieser größte Feind Gottes und
der Menschen hat es sogar vermocht, vielen Menschen den Gedanken einzugeben,
dass es einen persönlichen Gott, besonders aber ihn selbst, den Teufel als
Persönlichkeit – und damit eine Hölle, vor der die Menschen Angst haben
müssten – überhaupt nicht gibt und alles nur symbolisch betrachtet werden
muss.
Einen Feind den man aber nicht kennt, beachtet man
nicht!
Durch den Unglauben, der Gleichgültigkeit und der
Nichtbeachtung der göttlichen Gebote, bekommt der Satan seinen Einfluss auf
die Gedanken und Handlungen der Menschen, deren verheerende Folgen im
zunehmenden Maße zu sehen sind.
Bedingt durch die vergeblichen Bemühungen der
Menschheit, Frieden und eine bessere und gerechtere Welt zu schaffen, die den
Erfordernissen eines guten menschlichen Zusammenlebens gerecht wird, sollte es
doch allmählich begriffen werden, dass alle diesbezüglichen Bestrebungen ohne
Gott und die Anerkennung und Befolgung Seiner Gebote zum Scheitern verurteilt
sind.
Um den rechten Weg sicher finden zu können und
damit viel Leid nicht notwendig werden zu lassen, hat Gott der Menschheit
immer wieder ganz besondere Hinweise und Gnaden zukommen lassen. Dazu gehören
zweifellos die göttlichen Offenbarungen auf die eingangs hingewiesen wurde.
Diese enthüllen in ganz besonderer Weise die Ursachen, Hintergründe und
Folgen des satanischen Wirkens in der Welt. Darin werden die
geheimsten Pläne und Absichten des Teufels und seiner höllischen Genossen
gegen seinen Willen aufgedeckt – die Menschheit sollte dieses niemals
erfahren – und schriftlich festhalten.
Es wird auch der wahre Grund enthüllt wie es
möglich war, dass sich gerade nach dem Beginn des Christentums bis in die
heutige Zeit hinein, eine Vielzahl der unterschiedlichsten
Glaubensgemeinschaften und Sekten gebildet haben, wo jede für sich behauptet
im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Es kann aber nicht nebeneinander
mehrere der unterschiedlichsten Wahrheiten geben die sich gegenseitig
widersprechen.
Da es Satan mit aller Macht verhindern wollte,
dass seine Machenschaften zur Verwirrung, Irreführung und Vernichtung der
ganzen Menschheit bekannt gemacht würden, begann durch seinen Einfluss
verursacht, eine dreihundertjährige Auseinandersetzung um die Anerkennung der
geoffenbarten Wahrheit, bis diese endlich von der Kirche anerkannt und
veröffentlich werden konnte.
Aus den vorgenannten Gründen ist es auch nach
dieser Zeit, bis zum heutigen Tage einer breiten Öffentlichkeit unbekannt
geblieben, was auch mit dazu beigetragen hat, dass sich die Geisteskrankheit
des Unglaubens immer weiter verbreiten konnte.
Es gibt wohl wenige Bücher, welche auf so
allgemein verständliche Weise, die Erkenntnis über die neid- und hasserfüllte
Verfolgung des ganzen Menschengeschlechts durch Satan und seiner höllischen
Genossen klarer und deutlicher zum Ausdruck bringen. Darum behält dieses
berühmte Werk gerade für die heutige Zeit seine besondere Bedeutung und sollte
deshalb überall bekannt gemacht und allgemein verbreitet werden.
Abschließend kann noch gesagt werden, alle
ökumenischen Bestrebungen werden erst dann von Erfolg gekrönt sein, wenn
unsere Gottesmutter Maria, ihrer gottgewollten Stellung gemäß als Fürbitterin
und Gnadenvermittlerin erkannt und anerkannt sein wird.
Lukas Wagner, der Herausgeber der Broschüre im
Jahre 2004
Inhaltsverzeichnis
1.
Die
Erschaffung und Prüfung der Engel
Sie wurden von Gott im Himmel erschaffen und zwar
im Stande der Gnade. Mit dieser sollten sie sich die Herrlichkeit als Lohn
verdienen. Obwohl sie sich am Orte der Gnade befanden, schauten sie doch die
Gottheit noch nicht von Angesicht zu Angesicht, bis sie es mit der Gnade durch
Gehorsam gegen den göttlichen Willen verdient hätten.
Die guten wie auch die abtrünnigen Engel blieben
nur kurze Zeit im Zustand der Prüfung, denn die Erschaffung, Prüfung und
Entscheidung erfolgten in drei ganz kurzen Zeitabschnitten. Im ersten Zeitraum
wurden alle Engel erschaffen und mit Gnaden und den Gaben des Heiligen Geistes
ausgerüstet, so dass sie überaus schön und vollkommen waren.
Dann folgte eine kurze Weile, in der allen der
Wille ihres Schöpfers kundgetan wurde. Sie empfingen das Gesetz und den
Auftrag ihres Schöpfers als ihren höchsten Herrn anzuerkennen und so den Zweck
ihres Daseins zu erfüllen.
In dieser kurzen Weile entbrannte zwischen dem
Heiligen Michael und seinen Engeln jener große Streit wider den Drachen und
seinen Anhang. Die guten Engel verdienten durch Beharrlichkeit in der Gnade
die ewige Seligkeit. Die ungehorsamen hingegen verfielen durch ihre Auflehnung
gegen Gott der ewigen Pein.
Ich (Maria von Agreda) wünschte zu wissen, aus
welchem Beweggrund und durch welche Veranlassung Luzifer und sein Anhang
ungehorsam waren und fielen. Ich erkannte, dass die bösen Engel der
Verschuldung nach, vielerlei Verbrechen begehen konnten, wenn sie auch der Tat
nach nicht alle begingen. Jene Sünden aber, die sie mit ihrem bösen Willen
tatsächlich verübten, erzeugten in ihnen einen Habitus, d. h. die Neigung zu
allem Bösen. Auch zu jenem, das sie selbst nicht verüben konnten. Zu diesen
Sünden aber verführten sie die Menschen und freuen sich, wenn es ihnen
gelingt.
Inhaltsverzeichnis
2.
Luzifer geriet
damals in eine sehr ungeordnete Selbstliebe,
denn er sah sich mit einer höheren Schönheit der
Natur und Gnade ausgerüstet, als die übrigen Engel. In dieser Erkenntnis hielt
er sich zu lange auf, und das Wohlgefallen an sich selbst hemmte ihn so, dass
er Gott, der einzigen Ursache all seiner Vorzüge, den schuldigen Dank lässig
und träge darbrachte. Wiederum betrachtete er sich selbst.
Aufs Neue gefielen ihm seine Schönheit und seine
Gnaden. Er schrieb sie sich selbst zu und liebte sie als seine eigenen. Diese
ungeordnete Selbstbetrachtung bewirkte, dass er sich mit den Kräften, die er
von einer höheren Macht empfangen hatte, nicht nur nicht, wie er sollte, über
sich selbst erhob, sondern sie verführte ihn auch zum Neid gegen andere und
zur Begierde nach den Gaben und Vorzügen der anderen. Da er diese für sich
nicht erlangen konnte, entbrannte er in tödlichem Zorn und Hass gegen Gott,
der ihn aus dem Nichts erschaffen hatte, und gegen alle Seine Geschöpfe. Aus
dieser Verfassung entsprangen Ungehorsam, Vermessenheit, Ungerechtigkeit,
Treulosigkeit, Gotteslästerung, ja, sogar eine Art Abgötterei, denn er
begehrte für sich jene Anbetung, die man allein Gott schuldig ist. Er lästerte
Gottes Hoheit und Heiligkeit. Er verlor den Glauben und die schuldige Treue.
Er nahm sich vermessentlich vor, alle Geschöpfe zu vernichten, und
schmeichelte sich, dies und noch manches andere ausführen zu können. In dieser
Geisteshaltung verharrte er. Seine Hoffart steigerte sich. Doch seine
Vermessenheit war größer als seine Stärke, denn in dieser konnte er nicht
wachsen. Doch hinsichtlich der Sünde „ruft ein Abgrund dem anderen zu“, der
erste sündige Engel war Luzifer, er verführte die anderen. Deshalb wird er der
Fürst der bösen Geister genannt, also nicht vermöge seiner Natur. Nicht wegen
dieser, sondern nur um der Sünde willen konnte er diesen Titel behaupten. Die
sündigen Engel sind nicht alle aus einem Chor, sondern aus allen fielen Engel
ab, und zwar viele. Jetzt will ich, wie ich es schaute, berichten nach welchen
Ehren und Vorzügen Luzifer voll Neid und Hoffart trachtete.
Inhaltsverzeichnis
3.
In den Werken
Gottes ist alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet.
Darum beschloss die göttliche Vorsehung, den
Engeln unmittelbar nach ihrer Erschaffung, - also bevor sie sich noch anderen
Zielen zuwenden konnten – das Endziel zu offenbaren, zu dem sie erschaffen und
mit einer so erhabenen und ausgezeichneten Natur begabt worden waren. Gott
erleuchtete sie auf folgende Weise: Zuerst empfingen sie eine sehr
eindrucksvolle Erkenntnis von der Wesenheit Gottes, Seiner Einheit in der
Natur, Seiner Dreifaltigkeit in den Personen. Zugleich erhielten sie den
Befehl, den unendlichen Gott als ihren Schöpfer und Herrn zu verehren und
anzubeten. Alle folgten gehorsam, doch mit Unterschied, die guten Engel
folgten aus Liebe und Gerechtigkeit. Sie unterwarfen sich mit besten Willen,
nahmen gläubig auf, was ihre Fassungskraft überstieg, und gehorchten freudig.
Luzifer aber unterwarf sich nur, weil ihm das Gegenteil unmöglich schien,
darum auch nicht mit vollkommener Liebe. Er teilte seinen Willen zwischen sich
und der untrüglichen Wahrheit des Herrn. Deshalb fand er das Gebot schwer und
lästig und er erfüllte es nicht mit vollkommener Liebe und nicht aus
Gerechtigkeit. Darum geriet er in eine Verfassung, die seinen Ungehorsam
herbeiführte. Diese Lässigkeit und Zurückhaltung, mit der er diese ersten Akte
setzte, beraubten ihn noch nicht der Gnade, doch begann hier seine üble
Verfassung. Er empfand eine gewisse Schwäche in der Tugend und ein Absinken im
Geiste, und seine strahlende Schönheit minderte sich. Er erfüllte Gottes
Gebote lau und unvollkommen. Dies war sein erster Schritt zum Fall.
Inhaltsverzeichnis
4.
Ferner
offenbarte Gott den Engeln,
dass er Menschen, vernünftige Geschöpfe einer
niederen Ordnung, erschaffen wolle. Auch diese sollten Gott als ihren Urheber
und ihr ewiges Gut lieben, fürchten und ehren. Er werde diese Natur überaus
begnadigen. Die zweite Person der Heiligsten Dreifaltigkeit selbst werde
Mensch werden und in Verbindung die menschliche Natur mit der Göttlichen zu
einer Person vereinigen. Diesen zukünftigen Gottmenschen sollten die Engel
nicht nur wegen Seiner Gottheit, sondern auch wegen Seiner Menschheit als ihr
Oberhaupt anerkennen, verehren und anbeten. Als an Würde und Gnade Ihm
untergeordnet, sollten sie Seine Diener sein. Zugleich ließ Gott die Engel
erkennen, wie geziemend, gerecht und vernünftig diese Unterwerfung sei. Wie
alle übrigen zukünftigen Geschöpfe hätten auch sie die Aufgabe, den
Gottmenschen zu verherrlichen, weil Er aller Wesen König sei. Alle
vernünftigen Geschöpfe, die der Erkenntnis und des Genusses Gottes fähig
seien, sollten Sein Volk werden und ihn als ihr Haupt anerkennen und verehren.
Dann wurde den Engeln das entsprechende Gebot erteilt. Die gehorsamen,
heiligen Engel unterwarfen sich diesem Befehle sofort mit ganzer Willenskraft,
mit demütigem und liebesglühendem Eifer.
Inhaltsverzeichnis
5.
Luzifer aber,
voll Neid und aufgeblasener Hoffart, widersetzte sich
und trieb die gleichgesinnten Engel an, ein
Gleiches zu tun. Auch sie gehorchten dem göttlichen Befehle nicht. Dafür
versprach Luzifer ihnen, dass er ihr Haupt sein und ein unabhängiges
Fürstentum gegen Christus aufrichten wolle. Neid und Hoffart und
unordentliches Begehren verursachten in diesem einen Engel eine solche
Verblendung, dass er unzählige mit der Pest der Sünde ansteckte. Nun erhob
sich jener große Kampf im Himmel, von dem der Heilige Johannes berichtet. Die
gehorsamen heiligen Engel entbrannten vor Eifer, die Ehre des Allerhöchsten
und die Ehre des Gottmenschen, den sie in einem Gesichte schauten, zu
verteidigen. Sie baten um die Erlaubnis und die Genehmigung des Herrn, gegen
den Drachen zu streiten. Das wurde ihnen gewährt.
Inhaltsverzeichnis
6.
Hier muss ich
noch ein anderes Geheimnis erwähnen
Als allen Engeln geboten wurde, dem
menschgewordenen Wort zu gehorchen, empfingen sie als drittes Gebot jene Frau
als Gebieterin anzuerkennen in dessen Schoß der Eingeborene des Vaters das
menschliche Fleisch annehmen sollte. Diese Frau werde ihre Königin und die
Herrin aller Geschöpfe sein und an Gnaden und Glorie alle Engel und Menschen
überragen. Die guten Engel zeichneten sich durch Annahme dieses Befehls aus.
Sie glaubten und priesen in tiefster Demut die Macht und Geheimnisse des
Allerhöchsten. Luzifer und seine Anhänger aber erhoben sich infolge dieses
Befehles bei der Offenbarung dieses Geheimnisses mit wachsendem Hochmut. In
tobsüchtiger Wut begehrte Luzifer für sich die Auszeichnung, Haupt aller Engel
und des ganzen Menschengeschlechts zu werden. Wenn dies nur durch die
Verbindung der höheren mit der niederen Natur möglich sei, so solle sie an ihm
geschehen. Im Hinblick auf die niedere Natur der Mutter des menschgewordenen
Wortes (Maria) widersetzte sich Luzifer unter schauerlichen
Lästerungen. In unbändigem Zorn empörte er sich gegen den Urheber solch großer
Gnadenwunder. Er reizte seine Genossen auf und rief: „Diese Befehle sind
unbillig! Meine Hoheit wird dadurch beleidigt! Darum will ich diese Natur die
Du mit so großer Liebe anblickst und ferner noch so reichlich begnadigen
willst, verfolgen und ausrotten. Dazu will ich meine ganze Macht und List
aufbieten. Dieses Weib, die Mutter des Wortes, will ich von der Höhe, auf der
Du sie zu erheben gedenkst, herabstürzen. Ich will Deine Pläne zuschanden
machen!“
Inhaltsverzeichnis
7.
Diese
aufgeblasene, eitle Hoffart
reizte den
Zorn des Herr
Zur Beschämung Luzifers sagte Er: „Diese Frau, die
du nicht ehren willst, wird dir den Kopf zertreten, dich überwinden und
zunichte machen. Wenn durch deinen Stolz der Tod in die Welt kommen wird, so
wird durch ihre Demut das Leben und Heil der Menschen kommen. Sie werden jenen
Lohn und jene Kronen empfangen, die du samt deinem
Anhang verloren hast.“
Luzifer widerstrebte mit tollsinnigem Stolze
allem, was er vom göttlichen Willen und Seinen Entschlüssen verstanden hatte.
Er drohte dem ganzen Menschengeschlecht. Die guten Engel
erkannten den gerechten Zorn des Allerhöchsten wider Luzifer und seinen
Anhang. Sie stritten wider sie mit den Waffen des Verstandes, der
Gerechtigkeit und der Wahrheit.
Darauf wirkte der Allerhöchste ein anderes
geheimnisvolles Wunder. Nachdem Er den Engeln die hypostatische Union der
zweiten Person mit der Menschheit durch Erleuchtung geoffenbart hatte, zeigte
Er ihnen die allerseligste Jungfrau in einem visionären Bilde. Er ließ sie die
reine menschliche Natur in einer höchst vollkommenen Frau schauen. In dieser
werde Seine Allmacht viel wunderbarer wirken als in allen übrigen bloßen
Geschöpfen, da Er in dieser Frau in unvergleichlich hohem Grade alle Gaben und
Gnaden Seiner Rechten hinterlegen werde. Die Schau dieses Bildes der
Himmelskönigin und Mutter des wirklichen Wortes wurde allen Engeln, den Guten
und den Bösen, gewährt. Dieses Gesicht erfüllte die Guten mit Bewunderung. Sie
sangen Loblieder und begannen gleich, mit inbrünstigem Eifer und dem
unüberwindlichen Schild jenes Zeichens bewaffnet, die Ehre des Mensch
gewordenen Gottes und Seiner Allerheiligsten Mutter zu verteidigen. Der Drache
und sein Anhang hingegen flammten auf in einem unversöhnlichen Hass gegen
Christus und Seine jungfräuliche Mutter.
Dann erfolgte, was im 12. Kapitel der Geheimen
Offenbarung enthalten ist.
Inhaltsverzeichnis
8.
Auslegung des
12. Kapitels der
Geheimen
Offenbarung
Und es erhob sich ein großer Kampf im Himmel,
Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine
Engel kämpften. Aber sie vermochten nicht standzuhalten, und ihr Platz im
Himmel ging verloren. So wurde der große Drache gestürzt, die alte Schlange,
die Teufel und Satan heißt und die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde
gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel gestürzt.
Der Evangelist sagt: „Ein großes Zeichen erschien am
Himmel, eine Frau, mit der Sonne umkleidet, den Mond unter ihren Füßen und
eine Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupte.“ Dieses Zeichen ist durch
Gottes Willen vor allen Engeln, den guten und den bösen, im Himmel wirklich
erschienen. Im Schauen sollten sie ihren Willen entweder zum Gehorsam oder zum
Ungehorsam gegen die Gebote des göttlichen Wohlgefallens entscheiden. Dieses
Zeichen offenbarte ihnen auch, wie wunderbar Gott die menschliche Natur
erschaffen würde. Wohl war sie ihnen schon bei der Offenbarung des
Geheimnisses der Menschwerdung zu erkennen gegeben, doch Gott wollte sie ihnen
auch noch in einem rein menschlichen, ganz vollkommenen, ganz heiligen
Geschöpfe kundtun, das Er nächst Christus erschaffen werde.
Inhaltsverzeichnis
9.
Es war als
sage Gott den Engeln:
„Ich will die Menschen nicht so wie euch
züchtigen, weil aus ihnen eine Frau hervorgehen wird, in dessen Schoß Mein
Eingeborener Fleisch annehmen soll. Er wird ihnen Meine Freundschaft wieder
erweben, Meine Gerechtigkeit versöhnen und den Weg zur Seligkeit, den die
Sünde verschlossen hat, wieder eröffnen.“
Er ließ die Engel erkennen, dass Er durch
Vermittlung Christi und Seiner Mutter jene Gnaden und Gaben in den Menschen
niederlegen wolle, die die abtrünnigen Engel durch ihre Treulosigkeit verloren
hatten. Die Engel erkannten in diesem Zeichen auch viele Geheimnisse der
Menschwerdung, der streitenden Kirche und ihrer Glieder, und dass sie, die
Engel, berufen seien, den Menschen zu helfen, sie gegen ihre Feinde zu
verteidigen und sie zur ewigen Seligkeit zu führen.
Inhaltsverzeichnis
10.
Noch ein
anderes Zeichen erschien am Himmel:
Ein großer, feuerroter Drache mit sieben Köpfen und zehn
Hörnern und sieben Kronen auf seinen Köpfen. Sein Schweif fegte den dritten
Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Nach dem Luzifer
gegen diese im Zeichen dargestellte Frau seine Lästerungen ausgestoßen hatte,
ward er sogleich aus einem überaus schönen Engel in einen fürchterlichen,
abscheulichen Drachen verwandelt, so dass er in äußerer Gestallt als ein
wahrnehmbares Zeichen erschien. Wütend erhob er sieben Köpfe, nämlich die
sieben Legionen oder Heerscharen seines ganzen Anhanges. Jeder einzelnen Rotte
setzte er ein Haupt vor und befahl ihnen, zu sündigen und zu den sieben
Hauptsünden anzureizen und zu verführen. Diese werden Hauptsünden genannt,
weil sie alle übrigen in sich schließen und sie gleichsam Hauptstandarten
sind, die sich gegen Gott aufrichten. Es sind Hoffart, Neid, Zorn,
Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Trägheit, Geiz. Sie werden durch die sieben
Kronen versinnbildlicht, mit denen Luzifer nach seiner Verwandlung in einen
Drachen gekrönt wurde. Der Allerhöchste selbst hatte sie zur Strafe für die
entsetzliche Bosheit dem Luzifer und den übrigen abtrünnigen Engeln durch
Seinen heiligen Zorn geschmiedet. Jeder empfing seine besondere Strafe, die
zugleich ein Merkmal war, das ihre Bosheit andeutete, durch die sie die
Urheber der sieben Hauptsünden geworden waren.
Inhaltsverzeichnis
11.
Die zehn
Hörner dieser Häupter
sind die Triumphe der Ungerechtigkeit und Bosheit des
Drachens und bedeuten seine Ruhmsucht und aufgeblasene, stolze Vermessenheit,
in der er die Ausübung der Laster sich selbst zuschreibt. In dieser bösen
Gesinnung bot er, um das Ziel seines Stolzes zu erreichen, den unglücklichen
Engeln seine lasterhafte, giftvolle Freundschaft an und stellte ihnen
erdichtete Fürstentümer und Belohnungen in Aussicht. Diese Versprechen voll
teuflischer Dummheit und Täuschung waren der Schwanz mit dem der Drache den
dritten Teil der Sterne vom Himmel fegte. Die Engel waren helle Sterne, und
wenn sie beharrt hätten, würden sie mit den übrigen Engeln und Gerechten wie
Sonnen in alle Ewigkeit leuchten. Aber ihre wohlverdiente Strafe schleuderte
sie auf die Erde, und zu ihrem Unglück gar bis in den Mittelpunkt derselben,
nämlich in die Hölle, wo sie in Ewigkeit des Lichtes und der Freude entbehren
müssen.
Inhaltsverzeichnis
12.
„Der Drache
trat vor die Frau,
die gebären sollte, um ihr Kind gleich nach der
Geburt zu verschlingen.“ Luzifers Stolz war so ungeheuer, dass er voll
Anmaßung begehrte, seinen Thron über alle Sterne Gottes zu setzen. In
Gegenwart der im Zeichen dargestellten auserwählten Frau fabelte der Tor:
„Jener Sohn, den dieses Weib gebären wird, ist von Natur aus geringer als ich.
Ich will Ihn verschlingen und vernichten. Meinen Anhang will ich gegen Ihn
führen und wider Seine Gedanken und Gesetze meine Lehren ausstreuen. Einen
ewigen Krieg will ich wider Ihn führen und in ewiger Feindschaft gegen Ihn
verharren!“
Maria aber steht einzig da. Obwohl Adamstochter,
überragt sie weit alle Engel an Gnaden, Gaben und Verdiensten.
Inhaltsverzeichnis
13.
Fortsetzung
der Auslegung des zwölften Kapitels der geheimen Offenbarung
Und es erhob sich ein großer Kampf im Himmel,
Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine
Engel kämpften. Nach dem der Herr obige Geheimnisse den guten und bösen Engeln
geoffenbart hatte, begann der Heilige Michael mit den Seinen unter Zustimmung
Gottes gegen den Drachen und seinen Anhang zu kämpfen. Dieser Streit war
wunderbar. Er wurde nur mit den Waffen des Verstandes und des Willens geführt.
Entflammt von Eifer für die Ehre Gottes, ausgerüstet mit der ihm von Gott
verliehenen Macht und bewaffnet mit seiner eigenen Demut, widerstand Michael
dem eitlen Hochmut des Drachens, indem er sagte: „Würdig ist der Allerhöchste
aller Ehre, alles Lobes, aller Erfurcht. Er ist würdig der Erfurcht, der Liebe
und des Gehorsams aller Geschöpfe. Er ist allmächtig und kann tun, was Er
will. Nichts kann Er wollen, was nicht vollkommen gerecht ist. Er, der
Unerschaffene und von keinem anderen Wesen Abhängige, gab uns aus Gnade alles,
was wir besitzen. Er erschuf uns aus dem Nichts. Er kann auch andere Wesen
erschaffen, wann und wie es ihm gefällt. Darum ist es höchst geziemend, dass
wir uns vor Seinem göttlichen Thron niederwerfen und Seine göttliche Majestät
und wesenhafte Hoheit anbeten, kommet also, ihr Engel, folget mir! Lasset uns
Ihn anbeten. Seine wunderbaren geheimen Gerichte und Seine heiligen,
vollkommenen Werke lobpreisen.
Inhaltsverzeichnis
14.
Er ist Gott,
der Allerhöchste,
König aller
Geschöpfe
Er wäre es nicht, wenn wie Seine großen,
machtvollen Werke begreifen könnten. Seine Weisheit und Güte sind unendlich.
Er ist reich an Schätzen und Segnungen, Herr aller Dinge. Keines anderen
bedürftig, kann Er Seine Schätze mitteilen, wem Er will. In Seiner Wahl kann
Er nicht irren. Er kann lieben und sich dem Geliebten mitteilen. Er kann
lieben, wen Er will, und erschaffen, erhöhen, bereichern nach Seinem
Wohlgefallen. In allem ist Er stets der Weise, der Heilige, der Allmächtige.
Lasset uns Ihn mit tiefster Dankbarkeit anbeten wegen der Wunderwerke der
Menschwerdung und der Auserwählung Seines Volkes. Auch wegen dessen Erlösung,
wenn es fallen sollte. Jenem Vorhergeschauten wollen wir in beiden Naturen,
der göttlichen und der menschlichen, anbeten und verehren, Ihn als unser Haupt
anerkennen und freimütig bekennen, dass Er, der Urheber aller Gnade und
Glorie, aller Ehre, alles Lobes und aller Herrlichkeit würdig sei. Lasset uns
Ihm zurufen: „Du bist der Starke, der Mächtige, Du bist Gott!“
Inhaltsverzeichnis
15.
Mit diesen
Worten kämpften der Heilige
Michael und
sein Anhang
Wie mit heftigen Blitzen stritten sie wider den
Drachen und seinen Anhang. Diese hingegen kämpften mit Gotteslästerungen.
Luzifer aber konnte vor dem Antlitz des heiligen Engelsfürsten nicht bestehen.
Er verging vor Wut und wollte vor Qual entfliehen; allein der Göttliche Wille
gebot, dass er nicht nur gestraft, sondern auch überwunden werde und die
Wahrheit und Allmacht Gottes erfahre, er mochte wollen oder nicht. Trotzdem
lästerte er: „Gott ist ungerecht, wenn Er die Natur der Menschen über die
Natur der Engel erhebt. Ich bin der erhabenste und schönste Engel, mir gebührt
der Triumph und Huldigung. Ich will meinen Thron über die Sterne setzen und
gleich sein dem Allerhöchsten. Keinem einzigen von niederer Natur werde ich
mich unterwerfen und niemals zugeben, dass ein anderer mir vorgehe oder sich
über meine Hoheit erschwinge!“ Dasselbe wiederholten seine abtrünnigen
Anhänger.
Inhaltsverzeichnis
16.
Doch Michael
erwiderte:
„Wer ist wie
der Herr, unser Gott,
der in den
Höhen wohnt?
Schweige, Feind, mit deinen ungeheuren Lästerungen! Du
bist ganz von Bosheit besessen, darum fort aus unserer Gesellschaft, du
Unglückseliger! Fahre hinab mit deiner blinden Unwissenheit und deiner Bosheit
in die finstere Nacht und in das Chaos der höllischen Pein! Wir hingegen, o
Geister des Herrn, wollen Gott anbeten und verehren. Die glückselige Frau
aber, die dem ewigen Wort die menschliche Natur schenken wird, wollen wir als
unsere Herrin und Königin anerkennen.“ Jenes > große Zeichen < der
Himmelskönigin war in diesem Streit für die guten Engel wie Schild und Waffe
gegen die bösen Abtrünnigen. Dem gegenüber waren die Streitgründe Luzifers
kraftlos. Er wurde verwirrt und sprachlos und konnte die in diesem Zeichen
dargestellten Wahrheiten nicht ertragen. Wie dieses geheimnisvolle Zeichen
durch Gottes Kraft erschienen war, so wollte Gott auch, dass ein anderes
Zeichen, der rote Drache, sichtbar werde und Luzifer in dieser Gestallt zum
Entsetzen und Erschrecken seines Anhanges und zur Verwunderung der heiligen
Engel mit Schande aus dem Himmel verstoßen werde.
Inhaltsverzeichnis
17.
So offenbarte
sich aufs Neue
Gottes Macht
und Gerechtigkeit
Den Verlauf dieses Streites kann man mit Worten
schwerlich schildern, weil der Abstand zwischen unserem Begreifen und der
Tätigkeit so vieler erhabener Engel zu groß ist. Die Bösen wurden nicht Herr,
denn Ungerechtigkeit, Lügenwerk, Unwissenheit und Bosheit können
Gerechtigkeit, Wahrheit, Licht und Güte nicht überwältigen, noch können diese
Tugenden von den Lastern überwunden werden.
Deshalb sagt der Evangelist: „Aber sie vermochten
nicht standzuhalten, und ihr Platz im Himmel ging verloren.“ Die
unglückseligen Engel machten sich durch ihre Sünde der ewigen Anschauung und
Gesellschaft Gottes unwürdig. Ihr Andenken wurde aus dem göttlichen Geiste
ausgelöscht, wo sie vor ihrem Fall durch ihre Gnadengaben gleichsam
eingeschrieben waren. Sie verloren ihr Recht auf die im Falle ihres Gehorsams
ihnen zubereiteten Plätze. Dieses Anrecht ging nun auf die Menschen
über. Von den abtrünnigen Engeln wurde jede Spur so vollständig
ausgelöscht, dass nichts mehr von ihnen im Himmel zu finden war.
Oh unglückselige Bosheit, unbeschreibliches
Unglück, würdig einer so entsetzlichen Strafe!
Inhaltsverzeichnis
18.
So wurde der
große Drache gestürzt,
und mit ihm wurden seine Engel gestürzt. Der
heilige Erzengel Michael verstieß den elenden, in einen Drachen verwandelten
Luzifer mit jenem unüberwindlichen Wort: „Wer ist wie Gott?“ Es war so
kräftig, dass es jenen stolzen Riesen samt seinen Rotten niederschmetterte und
mit unvergleichlicher Schande in den tiefsten Abgrund der Erde
hinunterschleuderte. Nun empfing er zu seinem Unglück und zur Strafe auch noch
neue Namen, wie Drache, Schlange, Teufel, Satan. Namen, die der heilige
Erzengel ihm im Streite beigelegt hatte, um dadurch seine Bosheit und
Ungerechtigkeit auszudrücken. Wie er durch seine Tücke alles Glück und alle
Ehre verwirkt hatte, so ward er auch aller Ehrentitel beraubt und stattdessen
mit Schandnamen bezeichnet. Übrigens legte schon sein Bosheitsplan, den er
seinen Bundesgenossen vorschlug und befahl, nämlich die Erdenbewohner zu
betören und zu verführen, seine Arglist mehr als genügend an
den Tag. So ward also jener, der in seinen Gedanken schon alle Völker
zerschmetterte, hinabgeschleudert in die Hölle.
Von Ihm sagt Isaias: „In die Unterwelt wirst du
hinabgestürzt, in die Tiefe des Pfuhles. Dein Leichnam wird übergeben den
Motten und dem Wurme deines bösen Gewissens“ (Is. 14, 15). Es erfüllte sich an
Luzifer alles, was Isaias im 14. Kapitel seines Buches berichtet.
Inhaltsverzeichnis
19.
So war nun der
Himmel von den
bösen Engeln
gesäubert
Für die guten und gehorsamen aber fiel der Vorhang
der Gottheit. Triumphierend gingen sie in ihre Glorie ein, während die
Abtrünnigen ihre Strafe empfingen.
Gott offenbarte den Engeln einen Teil der
göttlichen Beschlüsse und sprach: „Luzifer hat sein Banner der Hoffart und der
Sünde aufgepflanzt. Mit vollendeter Bosheit und starkem Grimm wird er das
menschliche Geschlecht verfolgen und viele durch Arglist verführen und so
verleiten, dass die Menschen sich gegenseitig umbringen. In der Blindheit
der Sünden und Laster werden sie zu verschiedenen Zeiten in unheilvoller
Unwissenheit sich empören, aber Hoffart, Lüge und alle Arten von Sünden sind
Meinem Wesen und Willen unendlich fern. Wir wollen darum der Tugend und
Heiligkeit den Triumph verleihen.“
Inhaltsverzeichnis
20.
Schluss der
Auslegung des zwölften Kapitels der Geheimen Offenbarung
Wehe der Erde und dem Meere, denn der Teufel ist
zu euch mit gewaltigem Grimm herabgestiegen. Er weiß, wie kurz seine Frist
ist. Wehe der Erde, dem zukünftigen Schauplatz so vieler Übeltaten! Wehe dem
Meere, weil es so entsetzlichen Lastern gegenüber sich nicht in tosenden
Strömen ergoss, die Übeltäter zu ertränken und die Unbilden wider Gott, Seinen
Schöpfer zu rächen. Doch noch viel mehr wehe dem unergründlichen, in aller
Bosheit verhärteten Meere, das sind jene, die dem Teufel nachfolgen. Er ist
herniedergestiegen, euch in großem Zorn und unerhörter Grausamkeit mit Krieg
zu überfallen. Die Wut dieses grimmigen Drachens, der ärger ist als ein
blutiger Löwe, will alles verschlingen. Alle Tage der gesamten Weltzeit dünken
ihm eine kurze Frist, seinen Grimm zu befriedigen. So groß ist sein Durst und
seine Gier, die Menschen zu verderben, dass ihm ihre ganze Lebenszeit nicht
genügt. Seine Tobsucht wünscht ewige Zeiten, wenn sie möglich wären, um gegen
die Kinder Gottes einen ewigen Krieg führen zu können. Vor allem kehrt sich
sein Grimm gegen jene gottselige Frau, die ihm den Kopf zertreten wird.
Als der Drache sich auf die Erde hinabgestürzt
sah, verfolgte er die Frau, die den Knaben geboren hatte. Nachdem die alte
Schlange, der Teufel, den unseligen Ort und Zustand, in den er geraten war,
erkannte, entbrannte er in noch heftigerem Grimm und Neid. Er hätte sich
selbst wie ein wütendes Tier zerreißen mögen. Gegen die Frau, die Mutter des
menschgewordenen Wortes, fasste er einen solchen Groll, das ihn kein Mensch zu
begreifen mag.
Als Luzifer und sein teuflischer Anhang in der
Hölle angekommen war, hielt er gleich mit allen eine Ratsversammlung. In
dieser Zeit bot Luzifer seinen Verstand und seine ganze teuflische Bosheit
auf, mit seinen höllischen Genossen zu überlegen, wie sie Gott am ärgsten
beleidigen und sich an ihm für die über sie verhängte Strafe rächen könnten.
Das Endergebnis dieser Versammlung war kurz
folgendes: Weil Gott aller Voraussicht nach die Menschen sehr lieben werde,
würde die ärgste Rache und schwerste Unbill darin bestehen, dass sie die
Wirkung der göttlichen Liebe verhinderten, indem sie die Menschen betörten,
verführten und so viel wie möglich aufreizten, gegen Gott undankbar und
rebellisch zu sein. Dadurch würden sie Seine Gnade und Freundschaft verlieren.
Luzifer sagte: „Nach dieser Erkenntnis müssen wir
arbeiten, und alle Kräfte und Sorgen aufbieten. Wir wollen die Menschen
unseren Einsprechungen und unserem Willen unterwürfig machen und sie dadurch
verderben. Wir wollen das ganze Menschengeschlecht verfolgen und es um
seinen verheißenen Lohn bringen. Wir wollen unsere ganze Wachsamkeit
aufbieten, dass die Menschen nicht zur Anschauung Gottes gelangen, weil diese
uns ungerechter Weise verweigert wurde. Großen Triumph werde ich über sie
feiern. Alles werde ich verheeren und meinem Willen unterwerfen. Ich will
Irrtümer und Sekten und meine den Gesetzen Gottes zuwiderlaufenden Gesetze
verbreiten. Ich selbst werde aus den Menschen Propheten und Anführer
erwecken, in sie meine Irrlehren säen, die sie überall verbreiten sollen.
Darauf will ich aus Rache gegen ihren Schöpfer sie zu mir in die Qualen der
Hölle hinabziehen.
Die Armen will ich bedrängen, die Notleidenden
unterdrücken, die Verlassenen verfolgen. Ich will Zwietracht säen,
Kriegsflammen entzünden, Völker gegen Völker hetzen, Hochmütige und Freche
hervorbringen, die das Gesetz der Sünde überall ausbreiten. Alle die mir
folgen, will ich im ewigen Feuer vergraben. Jene die sich mir am
engsten anschließen, will ich in den Ort der größten Qualen versenken. Daraus
wird mein Reich sein, das ist der Lohn, den ich meinen Knechten gebe.
Dem menschgewordenen Wort (Christus) will ich
einen blutigen Krieg ankündigen. Wenn Er auch Gott ist, so wird Er doch auch
Mensch sein, also von einer niederen Natur als ich. Ich will meinen Thron und
meine Würde über die Seinige erheben, durch meine Macht und Arglist Ihn
überwinden und stürzen. Die Frau, die Seine Mutter wird, soll unter meinen
Händen vergehen. Denn was sollte für meine Macht und Größe eine einzige Frau
bedeuten? Ihr Dämonen aber, die ihr mit mir vergewaltigt worden seid, folgt
mir nach und gehorcht mir jetzt in der Rache, wie ihr mir damals im Ungehorsam
gefolgt seid. Heuchelt Liebe zu den Menschen und richtet sie dadurch zugrunde.
Dienet ihnen betrüglich, um sie zu stürzen. Macht sie schlecht und zieht
sie zu mir hinab in die Hölle.“
Keine menschliche Zunge vermag den Grimm und die
Bosheit dieser ersten höllischen Ratsversammlung gegen das Menschengeschlecht
zu schildern, das noch gar nicht erschaffen war.
Damals wurden alle Laster und Sünden der Welt
ausgedacht. Von dorther entspringen alle Lügen, Irrtümer und
Glaubensspaltungen. Alle Ungerechtigkeit hat in dieser chaotischen
Versammlung ihren Ursprung. Alle die Bosheit verüben, dienen dem Fürst
der Hölle.
Inhaltsverzeichnis
21.
Der Fall von
Adam und Eva im Paradies
Der glückliche Gnadenstand des ersten Elternpaares
dauerte nur kurze Zeit, weil bald der Neid der Schlange gegen sie erwachte.
Sie hatten immer mit Spannung auf die Erschaffung der ersten Menschen
gelauert. Luzifer sah die Entstehung aller übrigen Geschöpfe. Die Erschaffung
Adams aber sowie die Gestaltung Evas aus seiner Rippe wollte ihm Gott nicht
offenbaren. Dies alles blieb ihm verborgen, bis beide beisammen waren.
Als nun Luzifer die alle anderen Geschöpfe
überragende wunderbare Gestaltung der menschlichen Natur sowie die leibliche
und seelische Schönheit Adams und Evas erblickte und die väterliche Liebe
erkannte, mit der der Herr sie ansah und zu Herren der ganzen Schöpfung machte
und ihnen die Hoffnung auf das ewige Leben verlieh, entflammte sein Zorn mehr
denn je. Unbeschreiblich ist der Grimm, in dem die stolze Schlange sich wand
und ihren Neid anfeuerte, um Adam und Eva wie ein reißender Löwe ums Leben zu
bringen. Er hätte es getan, wenn eine höhere Macht ihn nicht gehindert hätte.
Er überlegte, wie er beide der Gnade Gottes berauben und sie gegen den
Allerhöchsten aufwiegeln könne.
Inhaltsverzeichnis
22.
Luzifer betrog
sich selbst
Der Herr hatte ihm gleich im Anfang geoffenbart,
dass das Göttliche Wort im reinsten Schoße Mariä Mensch werde, aber wann und
wie verbarg Er ihm wie die Erschaffung Adams und die Bildung Evas. Luzifer
sollte sofort seine Unwissenheit bezüglich des Geheimnisses und der Zeit der
Menschwerdung empfinden. Da seine Wut und Wachsamkeit vorzüglich auf Christus
und Maria gerichtet waren, mutmaßte er, Adam sei aus Eva geboren, sie sei
seine Mutter, und Adam könnte das fleischgewordene Wort sein. Diese Ansicht
verstärkte sich, als er jene göttliche Kraft verspürte, die ihn zurückhielt,
sie zu töten. Seine Mutmaßung verlor sich nach und nach, als er Adam und Eva
über das Gebot sprechen hörte, das Gott ihnen gegeben hatte. Er fing an ihre
Gespräche zu belauschen und ihre Anlagen auszuspähen.
Er umschlich sie wie ein hungriger Löwe, um durch
ihre Neigungen, die er in ihnen erkannte, in sie einzudringen. Bevor er alles
ausgekundschaftet hatte, schwankte er ständig zwischen dem Zorn gegen Christus
und Maria und der Sorge, von ihnen überwunden zu werden. Am meisten jedoch
fürchtete er die Schande, von der Himmelskönigin besiegt zu werden, da sie ja
nur ein Geschöpf war und nicht Gott.
Inhaltsverzeichnis
23.
An das Gebot
anknüpfend,
das Gott Adam und Eva gegeben hatte, bewaffnete
sich Luzifer mit einer verführerischen Lüge und begann, mit aller Gewalt sich
dem Willen Gottes zu widersetzen. Nicht den Mann, sondern die Frau fiel er
zuerst an, weil er erkannte, dass sie zarter und schwächer von Natur sei. Auch
hatte er dabei die Gewissheit, dass er nicht Christus angreife. Dazu kam, dass
er wieder in größten Zorn geriet wegen des Zeichens, das er im Himmel gesehen
hatte, als Gott ihm im Hinblick auf diese Frau drohte. Dies alles brachte ihn
heftiger gegen Eva auf als gegen Adam. Bevor er sich ihr zeigte, erdreistete
er sich, ihr allerlei ungeordnete Gedanken und lebhafte Vorstellungen
einzuflößen, um sie so einigermaßen verwirrt und unvorbereitet zu finden.
Ich will jetzt nur sagen, dass der Satan Eva
gewaltig, ja unmenschlich versuchte. Es genügt hier zu
wissen, was die Heilige Schrift darüber berichtet, dass nämlich Luzifer in
Gestalt einer Schlange mit Eva geredet hat. Sie hörte auf das Gespräch, was
sie nicht hätte tun sollen, denn durch das Anhören und Antworten kam sie dazu,
dem Satan zu glauben und das Gebot zu übertreten. Darauf überredete sie auch
ihren Mann, der zu seinem und aller Menschen Unheil auch das Gebot übertrat.
Dadurch verloren sie für sich wie auch für uns den Stand
der Gnade.
Inhaltsverzeichnis
24.
Als Luzifer
den Fall der Stammeltern gewahrte,
und sah, dass die innere Schönheit der Gnade und
Gerechtigkeit der Abscheulichkeit der Sünde gewichen war, frohlockte und
triumphierte er unbeschreiblich vor den höllischen Geistern. Doch sein Jubel
verstummte sogleich, als er erkannte, dass ganz gegen seinen Wunsch und seine
Erwartung die göttliche Liebe und Barmherzigkeit die beiden Übeltäter
begnadigte, ihnen Zeit zur Buße und Hoffnung auf Verzeihung gewährte,
für die sie sich durch wahre Reue empfänglich machten. Luzifer sah, wie
ihnen die Schönheit der Gnade und die Freundschaft Gottes wieder hergestellt
wurde.
Die großen Wirkungen der vollkommenen Reue
erschreckten und verwirrten aufs Neue
die ganze Hölle. Luzifers Bestürzung wuchs noch, als er das Urteil Gottes
gegen die Schuldigen vernahm, das er sich ganz anders gedacht hätte, besonders
aber, als er aufs Neue die Drohung hörte: „Die Frau wird dir den Kopf
zertreten!“
Inhaltsverzeichnis
25.
Im Augenblick
der Menschwerdung
des göttlichen
Wortes
hatten Luzifer und alle bösen Geister die Kraft
des allmächtigen Gottes gespürt, der sie in die tiefsten Höhlen der Hölle
hinabstürzte. Sie lagen dort einige Tage machtlos niedergeworfen,
bis der Herr in Seiner wunderbaren Vorsehung ihnen erlaubte, von diesem
Schlag, dessen Ursache sie nicht erkannten, sich zu erheben.
Der große Drache stand nun auf und begab sich auf
die Welt, um überall auf Erden umherzugehen und auszuforschen, ob sich etwas
Neues vorfinde, das Ursache der Wirkung sein könnte, die er und alle seine
Diener an sich erfahren hatten. Der stolze Fürst der Finsternis wollte diese
Untersuchung seinen Genossen nicht allein überlassen. Er selbst kam mit ihnen
herauf, streifte mit höchster Arglist und Bosheit über den ganzen Erdkreis und
forschte und spähte drei Monate umher. Dann kehrte er ebenso
unwissend, wie er sie verlassen hatte, in die Hölle zurück.
Er konnte solche göttlichen Geheimnisse nicht
verstehen. Seine Bosheit war ja so schwarz, dass er solche göttlichen Früchte
nicht genießen, noch den Schöpfer dafür verherrlichen und preisen konnte wie
wir, denen die Erlösung gilt.
Der Feind Gottes wusste in seiner Verwirrung
nicht, wem er sein neues Missgeschick zuschreiben sollte. Darum berief er alle
höllischen Banden zur Beratung zusammen, ohne auch nur einen einzigen bösen
Geist auszunehmen. Er ließ sich auf einem erhöhten Platz nieder und hielt
folgende Rede: „Ihr wisst, meine Untertanen, mit welcher Sorgfalt ich, seitdem
Gott uns aus seinem Hause verstoßen und unsere Macht gebrochen hat, auf Rache
gesonnen und an der Zerstörung seiner Macht gearbeitet habe. Freilich kann ich
ihn nicht selbst erreichen.
Aber bei den Menschen, die Er liebt, habe ich
weder Zeit noch Gelegenheit verloren, sie meiner Herrschaft zu unterwerfen. So
habe ich durch meine Stärke mein Reich bevölkert. Zahlreich sind die Völker
und Nationen, die mir folgen und gehorchen.
Jeden Tag gewinne ich unzählige neue Seelen und
bringe sie ab von der Erkenntnis und dem Dienste Gottes, damit sie nicht einst
genießen, was wir verloren haben. Ich will sie in diese ewigen Qualen
stürzen, die wir erleiden, da sie meinen Lehren und meinen Fußstapfen
gefolgt sind.
An ihnen werde ich den Zorn auslassen, den ich
gegen ihren Schöpfer hege. Doch dies alles halte ich für gering, und ich bin
immer in Schrecken wegen des ungewöhnlichen Ereignisses, das wir erlebten.
Eine solche überwältigende und zermalmende Stärke erfuhren wir noch nie,
seitdem wir vom Himmel gefallen sind. Ich erkenne, dass eure und meine Macht
gewaltig erschüttert ist, und es bemächtigt sich meiner eine große Furcht,
dass unsere Herrschaft zerstört sein möchte. Wir brauchen jetzt
außerordentliche Wachsamkeit. Ich bin voll Wut, und der Zorn meiner Rache ist
nicht befriedigt. Ich durchzog den ganzen Erdkreis, beobachtete sorgfältig
alle seine Bewohner, und doch habe ich nichts Außergewöhnliches gefunden.
Inhaltsverzeichnis
26.
„Alle
tugendhaften und vollkommenen Frauen habe ich genau verfolgt, um unsere
Feindin (Maria) zu finden,
die wir im Himmel kennen gelernt haben. Keine
Anzeichen künden mir, dass sie geboren ist. Keine von allen Frauen hat jene
Eigenschaften, die die Mutter des Messias nach meinem Urteil haben müsste. Ein
Mädchen, das ich wegen seiner hohen Tugenden fürchtete und im Tempel
verfolgte, ist bereits verheiratet. Sie kann also die Gesuchte nicht sein,
denn Isaias hat gesagt, dass sie Jungfrau sein werde. Trotzdem fürchte und
hasse ich sie.
Da sie tugendhaft ist, könnte von ihr die Mutter
des Messias oder ein großer Prophet geboren werden. Bis jetzt konnte ich sie
noch nie überwinden, und ich verstehe von ihrem Leben weniger als von dem der
anderen. Sie hat mir immer unüberwindlichen Widerstand geleistet. Sie
schwindet mir leicht aus dem Gedächtnis, und wenn ich mich ihrer erinnere, so
kann ich ihr nicht recht nahe kommen. Ich weiß nicht, ob diese Vergesslichkeit
geheimnisvoll ist, oder ob sie von der Verachtung kommt, die ich gegen ein
armseliges Weib hege. Ich werde darüber nachdenken.
In diesen Tagen hat sie mir zweimal Befehle
erteilt. Wir konnten der Gewalt der Hoheit nicht widerstehen, mit der sie uns
aus jenen von uns besessenen Personen vertrieb. Das ist aller
Beachtung wert, und wegen eines solchen Auftretens gegen mich verdient sie
meinen Zorn. Ich beschließe also, sie zu verfolgen und zu unterwerfen. Ihr
werdet mich mit allen euren Kräften und eurer ganzen Verschlagenheit
unterstützen. Wer sich in diesem Kampf auszeichnet, wird von meiner großen
Macht bedeutende Belohnung erhalten.“
Die aufmerksamen höllischen Rotten lobten und
billigten Luzifers Pläne. Sie sagten, er möge nicht fürchten, dass
seine Triumphe durch jenes Weib zerstört oder vermindert würden, da seine
Macht so groß und ihm beinahe die ganze Welt unterworfen sei.
Inhaltsverzeichnis
27.
Sie
überlegten, wie sie die heiligste
Jungfrau
verfolgen könnten,
die sie als eine Frau von ausgezeichneter Tugend
und Heiligkeit, nicht aber als die Mutter des menschgewordenen Wortes
erkannten. Dann folgte für Maria ein langer Kampf mit Luzifer und seinen
Dienern der Bosheit. Sie sollte oft dem höllischen Drachen den Kopf zertreten.
Gott kann Satan immer bezwingen und niederhalten,
allein Er ordnet alles in einer Weise, die Seiner unendlichen Güte am besten
entspricht. Darum verbarg der Herr diesen Feinden die Würde Mariä, die
wunderbare Art ihrer Mutterschaft und ihre jungfräuliche Unversehrtheit, vor
und nach der Geburt des göttlichen Kindes. Auch erkannten die bösen Geister
die Gottheit Christi vor Seinem Tod nicht mit zweifelloser Sicherheit. Erst
von da an verstanden sie viele Geheimnisse der Erlösung, über die sie sich
getäuscht und geirrt hatten. Sie verstanden nie das Geheimnis der Demut des
Erlösers. Ihr aufgeblasener Stolz verblendete sie.
Inhaltsverzeichnis
28.
Luzifer will
das Erlösungswerk verhindern
Seit der Menschwerdung des göttlichen Wortes
konnte Luzifer seine tyrannische Herrschaft auf der Welt nicht mehr so
ungestört ausüben wie in den früheren Jahrhunderten. Schon in der Stunde der
Verkündigung fühlte dieser stark Bewaffnete eine andere stärkere Macht, die
ihn überwältigte und niederschmetterte. Dasselbe widerfuhr ihm, als das
Jesuskind und seine Mutter in Ägypten einzogen. Noch bei vielen anderen
Gelegenheiten war der höllische Drache von Maria durch übernatürliche Macht
überwunden worden.
Nun begannen die ungewöhnlichen Werke Jesu. Das
alles zusammen flößte der alten Schlange unsägliche Angst und Besorgnis ein,
es möchte sich eine andere große Macht auf Erden befinden.
Doch das Geheimnis der Erlösung war dem in seiner
Wut verblendeten Luzifer so verborgen, dass er die Wahrheit nicht entdecken
konnte, obschon er seit seinem Sturz vom Himmel immer in Unruhe und auf der
Lauer gewesen war, um auszuforschen, wann und wie das ewige Wort Fleisch
annehmen würde. Dieses Wunderwerk flößte seinem Stolz am meisten Furcht ein.
Darum hatte er so oft Ratsversammlungen gehalten. Bestürzt über das, was ihm
und seinen Dienern von Seiten Jesu und Mariä begegnet war, dachte er nach, mit
welcher Macht diese ihn zurückgeworfen und überwältigt hatten. Er vermochte
das Geheimnis nicht zu ergründen.
Er beschloss, seine höchsten, in Bosheit und
Arglist am meisten hervorragenden Diener der Finsternis zu Rate zu ziehen und
ließ ein ganz furchtbares Gebrüll in der Hölle vernehmen. – Das Zeichen,
wodurch die bösen Geister sich gegenseitig verständlich machen. – Nachdem sie
alle versammelt waren, sprach er: „Meine Diener und Gefährten, die ihr
allezeit meiner gerechten Partei gefolgt seid, ihr wisset wohl, dass wir in
dem ersten Stande, in dem der Schöpfer aller Dinge uns versetze, Ihn als den
Urheber unseres Daseins anerkannten und ehrten. Da Er aber mit Hintansetzung
unserer gottähnlichen Schönheit und Erhabenheit uns das Gebot gab, die Person
des Wortes in der menschlichen Gestalt, die es annehmen wollte, anzubeten und
ihr zu dienen, haben wir uns Seinem Willen widersetzt.
Inhaltsverzeichnis
29.
„Ich wusste,
dass diese Ehre
Ihm als Gott
gebühre
Da Er aber zugleich Mensch sein sollte, also von
einer geringen, tief unter uns stehenden Natur, so konnte ich es nicht
ertragen, Ihm unterworfen zu sein, da mir verweigert wurde, was Gott für
diesen Menschen tun wollte. Und nicht nur diesen Menschen anzubeten hat uns
Gott geboten, sondern auch ein Weib als Herrin anzuerkennen, das ein bloß
irdisches Geschöpf und Seine Mutter sein sollte. Diese so beleidigende
Zurücksetzung haben wir alle tief empfunden. Wir haben uns widersetzt und
diesem Befehle widerstanden. Dafür wurden wir mit dem unglücklichen Zustand
und den Qualen gestraft, die wir jetzt ertragen. Wir kennen diese Wahrheiten
und bekennen sie hier unter uns mit Beben.
Doch vor den Menschen dürfen wir das nicht tun,
dies verbiete ich euch, damit sie nicht unsere Unwissenheit und Schwäche
erfahren.
Wenn aber jener Gottmensch und Seine Mutter uns
verderben sollen, so wird Ihre Ankunft in der Welt unsere größte Qual und
unser größtes Unglück sein.
Darum muss ich all meine Macht aufbieten, sie zu
vernichten, müsste dabei auch die ganze Welt zugrunde gehen. Ihr kennt die
bisherige Unüberwindlichkeit meiner Macht. Ein so großer Teil der Welt
gehorcht mir und ist meinem arglistigen Willen unterworfen. Doch seit einigen
Jahren seid ihr bei vielen Gelegenheiten überwunden worden und sind eure
Kräfte geschwächt.
Ich selbst verspürte eine höhere Macht, die mich
bindet. Schon einige Male habe ich mit euch die ganze Welt durchstreift, um zu
sehen, ob in ihr etwas Neues zu finden sei, dem unsere Niederlage
zuzuschreiben wäre, oder ob etwa der verheißene Messias gekommen sei.
Wir haben Ihn auf der ganzen Erde nicht gefunden
und entdecken nicht einmal sichere Zeichen Seiner Ankunft, nämlich die Pracht
und das Aufsehen, mit denen Er unter den Menschen auftreten wird. Trotzdem
fürchte ich, die Zeit könnte nahe sein, dass Er vom Himmel auf die Erde kommen
wird.
Wir wollen Ihn samt dem Weibe, das Er zu Seiner
Mutter erwählen wird, mit großer Wut vernichten. Wer darin mehr leistet, dem
werde ich zum Dank größere Belohnungen erteilen. Bis jetzt finde ich an allen
Menschen Sünden und Wirkungen der Sünde. Nirgends entdecke ich die Majestät
und Größe, in der sich der menschgewordene Gott den Menschen offenbaren wird,
um sie zu bewegen, Ihn anzubeten und Ihm Opfer darzubringen. An diesem
unfehlbaren Zeichen werden wir Ihn erkennen, aber auch an Seiner
Sündenlosigkeit.“
Inhaltsverzeichnis
30.
„Meine
Verwirrung ist jetzt zu groß,“
fuhr Luzifer fort. „Wenn das ewige Wort noch nicht
in die Welt gekommen ist, so weiß ich die Ursache der außerordentlichen Dinge,
die wir erfahren, nicht zu finden. Ich kenne die Kraft nicht, die uns
niederschmettert. Wer hat uns aus Ägypten verjagt? Wer hat die Tempel und
Götzenbilder dieses Landes umgestürzt, in denen wir von allen Bewohnern
angebetet wurden? Wer überwältigt uns jetzt in Galiläa und in der Umgegend und
hindert uns, manche Sterbende ins Verderben zu bringen? Wer bewirkt, dass sich
so viele von ihren Sünden und unserer Herrschaft losmachen, und dass andere
tugendhafter werden und vom Reiche Gottes sprechen?
Geht es so fort, so kann durch diese unbekannte
Macht großes Verderben über uns kommen. Wir müssen dem vorbeugen und aufs Neue
nachforschen, ob es in der Welt einen großen Propheten oder Heiligen gibt, der
uns zu vernichten beginnt. Ich entdecke keinen, dem solche Kraft zuzuschreiben
wäre.
Inhaltsverzeichnis
31.
„Nur gegen
jenes Weib (Maria),
unsere
Feindin,
trage ich
tödlichen Hass,
besonders seit wir sie im Tempel und später in
ihrem Haus zu Nazareth verfolgt haben. Immer wurden wir von der sie
schützenden Kraft besiegt und niedergeschmettert. Unserer Bosheit überlegen,
hat sie uns unüberwindlichen Widerstand geleistet. Nie gelang es mir, ihr
Inneres zu durchschauen oder ihrer Person etwas anzutun. Sie hat einen Sohn
(Jesus). Als dessen Vater starb (Josef), stand sie mit ihm dem
Sterbenden bei. Wir alle aber konnten ihnen nicht nahen.
Es sind arme, verachtete Leute, sie ist ein
unbekanntes, schwaches Weiblein. Doch steht es zweifellos fest, dass Sohn und
Mutter gerecht sind. Ich wollte sie immer zu den gewöhnlichen Lastern der
Menschen verleiten, allein ich konnte bei Ihnen nie die geringste ungeordnete
Regung hervorrufen. Ich sehe wohl, dass der allmächtige Gott mir den Stand
dieser beiden Seelen verbirgt. Dem liegt sicher irgendein Geheimnis gegen uns
zu Grunde.
Wenn aber dieser Mensch auch nicht der Messias
ist, so sind Mutter und Sohn jedenfalls Gerechte und unsere Feinde. Das ist
Grund genug, sie zu verfolgen und alles aufzubieten, um sie zu Fall zu bringen
und zu entdecken, wer sie sind. Folget mir alle mit großem Mut. Ich werde im
Kampf gegen sie der Erste sein.“
Mit diesen Worten schloss Luzifer seine lange
Rede. Der Fürst der Finsternis verließ alsbald die Hölle, und unzählige
Legionen böser Geister folgten ihm. Sie verbreiteten sich über die ganze Welt
und durchstreiften dieselbe zum wiederholten Male. Mit arglistiger Bosheit
forschten sie die Gerechten aus und versuchten sie.
Christus die ewige Wahrheit, verbarg Sich und
Seine heilige Mutter lange Zeit vor dem hoffärtigen Luzifer, so dass dieser
sie nicht eher sehen konnte, als bis der göttliche Heiland in der Wüste war,
wo Er nach seinem langen Fasten die Versuchung zuließ.
Der himmlische Vater gab das Versprechen, dass
jeder, der die Namen Jesus und Maria mit Ehrfurcht und Glauben ausspricht,
die höllischen Feinde überwinden kann.
Inhaltsverzeichnis
32.
Die
Versammlung der bösen Geister
nach dem Tode
Jesu in der Hölle
Der Sturz Luzifers und seiner Genossen vom
Kalvarienberg in die Tiefe der Hölle war viel stürmischer und wilder als
damals, da sie aus dem Himmel verstoßen wurden. Die Hölle ist immer ein Ort
voll Verwirrung, Elend, Qualen und Unordnung. Bei dieser Begebenheit
steigerte sich dies alles. Die Verdammten fühlten neue Schrecken und
eine ungewöhnliche Pein infolge des Ungestümes und der Heftigkeit, womit die
Teufel in Raserei aufeinander niederstürzten. Es steht den Teufeln nicht frei,
den Seelen in der Hölle nach belieben qualvolle Orte anzuweisen. Das ordnet
die Macht der göttlichen Gerechtigkeit je nach den Vergehen eines jeden
einzelnen Verdammten an.
Als Luzifer die Erlaubnis erhalten hatte, sich von
seinem Sturze wieder zu erheben, sann er aufs Neue Pläne seines Stolzes. Er
rief seinen ganzen Anhang zusammen und sprach:
„Ihr, die ihr aus Rache wegen der mir zugefügten
Ungerechtigkeiten seit so vielen Jahrhunderten meiner gerechten Partei folget
und ihr immer folgen werdet, wisst, welches Unrecht ich neuerdings von diesem
seltsamen Gottmenschen erlitten habe. 33 Jahre lang hat Er mich hinters Licht
geführt, mir Seine göttliche Natur verborgen, Seine Seele verhüllt und durch
den Tod, den wir zu Seiner Vernichtung über Ihn gebracht haben, uns besiegt.
Schon vor Seiner Menschwerdung habe ich Ihn gehasst, und mich nicht
herbeigelassen, anzuerkennen, dass Er würdiger sei als ich, von allen als
Oberhaupt angebetet zu werden.
Ich bin zwar wegen dieser Widersetzlichkeit mit
euch vom Himmel verstoßen und mit dieser Hässlichkeit bekleidet worden, in der
ich dastehe, und die meiner Größe so unwürdig ist. Aber mehr als all dies
quält es mich, dass ich mich durch diesen Menschen und Seiner Mutter besiegt
und unterdrückt sehe.
Inhaltsverzeichnis
33.
Von jenem Tage
der Erschaffung der ersten Menschen an, habe ich danach getrachtet, den
Gottmenschen und Seine Mutter zu vernichten
oder, falls mir dies nicht gelänge, alle Seine
Geschöpfe zu Grunde zurichten. Ich habe zu bewirken versucht, dass niemand Ihn
als Gott anerkenne oder Ihm folge, und dass Seine Werke den Menschen gar nicht
zum Segen gereichen. Doch alles war umsonst.
Durch Seine Demut und Armut hat Er mich besiegt.
Durch Seine Geduld mich niedergeschmettert und endlich mich durch Sein Leiden
und Seinen schmachvollen Tod meiner Herrschaft über die Welt beraubt.
Das quält mich so, dass selbst dann mein Neid
nicht befriedigt und meine Wut nicht besänftigt wären, wenn ich ihn von der
Rechten seines Vaters, wo Er nun triumphiert, hinweg reißen und alle Seine
Erlösten in diese höllischen Abgründe herabziehen könnte.
Wie kann die menschliche Natur, die doch so weit
unter der meinigen steht, über alle Kreaturen erhoben werden? Warum hat Ihr
Schöpfer sie so sehr geliebt und begünstigt, dass Er sie in der Person des
ewigen Wortes mit sich selbst vereinigte?
Warum hat Er mich schon vor Seiner Menschwerdung
bekriegt und mich nachher niedergeschmettert?
Ich habe diese Person des Wortes allezeit als
meine grimmigste Feindin betrachtet, beständig war sie mir verhasst und
unerträglich.
Inhaltsverzeichnis
34.
„Oh ihr
Menschen, wie seid ihr doch von Gott,
den ich hasse,
so sehr begünstigt
und von Seiner brennenden Liebe mit Wohltaten
überhäuft! Wie kann ich euer Glück verhindern? Wie werde ich euch ebenso
unglücklich machen, wie ich es bin, da ich ja die Natur, die ihr empfangen
habt, nicht zerstören kann?
Und nun, meine Anhänger, wie sollen wir unsere
Herrschaft wieder herstellen? Wie werden wir wieder stark gegen die Menschen?
Wie können wir sie noch besiegen?
Wenn die Menschen gegen diesen Gottmenschen, Der
sie mit solcher Liebe erlöst hat, nicht ganz gefühllos, undankbar und
schlimmer sind als wir, so werden Ihm alle um die Wette folgen, Ihm alle ihr
Herz weihen und Sein Gesetz annehmen. Niemand wird mehr auf unsere Lügen
achten.
Die trügerischen Ehren, die wir anbieten, werden
die Menschen verschmähen und die Verachtung lieben, nach der Abtötung des
Fleisches verlangen und das Gefährliche der Vergnügungen einsehen. Sie werden
die Schätze und Reichtümer verschmähen und die Armut lieben, die Er so hoch
geehrt hat.
Was immer wir den menschlichen Neigungen
darbieten, um sie anzuregen, wird man mit Abscheu abweisen, um dem wahren
Erlöser nachzufolgen. Dadurch fällt aber unser Reich der Zerstörung anheim.
Niemand wird mehr zu uns an diesen Ort der Verwirrung und Qual kommen,
vielmehr werden alle zu jener Glückseligkeit gelangen, die wir verloren haben.
Alle werden sich bis in den Staub verdemütigen und in Geduld alle Leiden
ertragen, mein Stolz und mein Zorn aber werden leer ausgehen.
Welche Qual verursacht mir meine eigene Täuschung!
Als ich Ihn in der Wüste versuchte, habe ich Ihm nur Gelegenheit geboten, den
Menschen in der Welt ein Beispiel zu hinterlassen, das wirksam ist, um die
Welt selbst zu überwinden. Wenn ich Ihn verfolgte, bot Ihm dies nur
Gelegenheit, Seine Demut und Geduld zu lehren.
Als ich Judas überredete, Ihn zu verkaufen
und die Juden, Ihn mit tödlichem Hass zu quälen und ans Kreuz zu schlagen,
habe ich nur an meinem Verderben und an der Rettung der Menschen gearbeitet
und bewirkt, dass jene Lehre, die ich zu verdrängen suchte, der Welt erhalten
blieb.
Wie konnte Er sich so sehr verdemütigen, da er
doch wahrer Gott war? Wie konnte Er so viel von den Menschen ertragen, die
doch so böse sind? Wie trug ich selbst dazu bei, dass die Erlösung der
Menschen so überreich und wunderbar war?“
Inhaltsverzeichnis
35.
„Oh wie stark
ist dieser Gottmensch,
der mich so gewaltig peinigt und so ohnmächtig
macht! Und jene meine Feindin, Seine Mutter, wie ist sie so unüberwindlich und
so mächtig gegen mich! So etwas ist bei einer reinen Kreatur etwas Unerhörtes.
Ohne Zweifel hat sie diese Macht vom ewigen Wort, Dem sie Mutter ward.
Durch dieses Weib hat der Allmächtige allezeit
gegen mich einen heftigen Krieg geführt. Es war meinem hohen Geist schon von
jenem Augenblick an verhasst, da ich es im Zeichen und Bild gesehen habe.
Solange mein Stolz und mein Zorn nicht befriedigt sind, werde ich gegen den
Erlöser, gegen Seine Mutter und gegen die Menschen ohne Unterbrechung Krieg
führen.
Wohlan denn, ihr Teufel meines Gefolges, jetzt ist
es an der Zeit, unseren Zorn gegen Gott auszulassen. Welche Mittel können wir
verwenden?“
Auf diesen entsetzlichen Vorschlag Luzifers hin,
machten sie Vorschläge, wie sie die Frucht der Erlösung bei den Menschen
verhindern könnten.
Inhaltsverzeichnis
36.
Sie waren sich
einig, dass es unmöglich sei, die Person Christi anzugreifen,
den unermesslichen Wert Seiner Verdienste zu
schmälern. Die Wirksamkeit der Sakramente aufzuheben oder die
von Christus verkündete Lehre zu verfälschen oder abzuschaffen. Trotzdem müsse
man trachten, neue Wege ausfindig zu machen, um die Menschen vom Gebrauch der
Gnadenmittel abzuhalten und sie durch stärkere Versuchungen und
Trugkünste zu verführen.
Einige besonders verschmitzte und boshafte Teufel
sagten:
Inhaltsverzeichnis
37.
„Die Menschen
haben nun eine neue Lehre,
ein sehr kräftiges Gesetz, neue und wirksame
Sakramente, ein neues Vorbild und einen neuen Lehrmeister der Tugenden und an
diesem außerordentlichen Weibe eine mächtige Fürsprecherin und Mittlerin.
Doch die Neigungen und Leidenschaften der Menschen
bleiben allezeit dieselben und auch die ergötzlichen und sinnlichen Dinge
haben keine Änderung erfahren. Wir müssen nun die Menschen noch heftiger
bekämpfen, durch Einflüsterungen anlocken und ihre Leidenschaften aufstacheln,
dass sie ganz von ihnen eingenommen sind, so dass bei ihrer großen
Beschränktheit auf nichts anderes mehr achten können.“
Alle stimmten bei und Luzifer gab verschiedenen
Teufeln Aufträge, dass sie mit erhöhter Schlauheit und in geordneten Scharen
vorgehen sollten. Der Götzendienst solle in der Welt erhalten bleiben. Würde
er aber verschwinden, so sollten sie neue Sekten und Ketzereien aufbringen.
Es sollten Menschen ausgesucht werden, die ganz
und gar schlecht seien und von bösen Neigungen beherrscht würden. Diese
sollten Lehrer der Irrtümer und Anführer werden. In der Hölle also, in der
Brust dieser giftigen Schlange wurden die Ketzereien des Arius, des Pelagius,
des Nestorius und alle anderen Ketzereien, die jemals aufgekommen sind und bis
ans Ende der Welt noch aufkommen werden ausgebrütet.
Luzifer hieß alles gut, weil es der göttlichen
Wahrheit entgegentritt und das Fundament des menschlichen Heiles, den
Glauben, zerstören kann. Jenen Teufeln, die es übernommen hatten, zur
Stiftung von Irrlehren gottlose Menschen aufzusuchen, spendete Luzifer Lob,
erzeigte ihnen seine Huld und erhöhte sie in seiner Weise.
Inhaltsverzeichnis
38.
Einige Teufel
machten es sich zur Aufgabe, die Neigungen der Kinder von ihrer Empfängnis und
Geburt an in eine verkehrte Richtung zu bringen
und die Eltern entsprechend zu beeinflussen.
Andere wollten die Eltern antreiben, die Erziehung und den Unterricht der
Kinder zu vernachlässigen. Die Kinder aber wollten sie zum Hasse gegen die
Eltern aufreizen.
Wieder andere Teufel erboten sich, Unfrieden
zwischen Eheleuten zu stiften und ihnen Anlass zum Ehebruch und zur Verletzung
der gegenseitigen Hochachtung und Treue zu bieten.
Alle insgesamt vereinigten sich dahin,
Streitigkeiten, Hass, Zwietracht und Rachsucht unter die Menschen auszustreuen
und sie durch lügenhafte Eingebungen, stolze und sinnliche Neigungen, durch
Habsucht und Ehrgeiz aufzureizen und ihnen Scheingründe gegen alle von
Christus gelehrten Tugenden einzuflößen.
Vor allem wollten sie die Menschen vom Andenken an
das Leiden und Sterben Christi und an die Wohltaten der Erlösung abbringen und
bewirken, dass sie die Höllenpeinen und ihre ewige Dauer vergessen.
Alle Teufel hofften durch diese Mittel die Menschen dahin zu bringen, dass
sie das Heil ihrer Seele vernachlässigen.
Luzifer erwiderte: „Unsere Pläne werden leicht bei
denen durchzuführen sein, die des Erlösers neues Gesetz nicht befolgen. Bei
den Beobachtern des Gesetzes wird es sehr schwer sein. Ich will aber gegen die
Anhänger Christi meine ganze Wut aufbieten und alle mit höchster Erbitterung
verfolgen.
Wir müssen gegen sie Krieg führen bis zum Ende der
Welt und in dieser neuen Kirche Unkraut säen, nämlich Ehrgeiz, Habsucht,
Sinnlichkeit, tödlichen Hass und alle anderen Laster, deren Haupt ich bin.
Wenn die Sünden unter den Gläubigen sich mehren und stark werden, so wird ihre
Undankbarkeit sie schuldig machen und der Herr ihnen seine Gnadenhilfe
versagen. Versperren sie sich so durch ihre Sünden den Weg zu ihrer Rettung,
so werden wir den Sieg über sie davontragen.
Inhaltsverzeichnis
39.
„Wir müssen
sorgen, dass die Menschen die Frömmigkeit und den Geschmack an geistlichen und
göttlichen Dingen verlieren,
die Kraft der Sakramente nicht achten und die
Gnadenmittel im Stande der Sünde oder wenigstens ohne Eifer und Andacht
empfangen.
Diese Gnadenmittel sind geistiger Natur und müssen
darum mit der Kraft des Willens empfangen werden, wenn sie dem Empfänger
nützen sollen.
Kommen aber die Menschen so weit, dass sie die
Arznei verachten, werden sie nur langsam ihr Heil fördern, unseren
Versuchungen geringen Widerstand entgegensetzen, unsere Täuschungen nicht
bemerken, die Wohltaten Gottes vergessen und auf das Andenken an ihren Erlöser
und an die Fürsprache Seiner Mutter kein Gewicht legen.
Diese Undankbarkeit wird sie der Gnade unwürdig
machen und Gott wird sie ihnen dann entziehen.
Unterstützt mich mit allen euren Kräften, versäumt
keine Zeit und keine Gelegenheit, meine Befehle zu vollziehen.“
Inhaltsverzeichnis
40.
Es ist
unmöglich, alles darzulegen,
was der Drache mit seinem Anhang an Plänen gegen
die heilige Kirche und ihre Kinder geschmiedet hat, um die „Gewässer des
Jordan in seinem Rachen zu verschlucken“ (Job 40, 18).
Es genüge zu sagen, dass sie ungefähr ein volles
Jahr nach dem Tode Christi mit diesen Betrachtungen zubrachten und das ganze
bisherige Weltgeschehen und das Erlösungswerk und den Zustand der Schöpfung
nach dem Erlösungstode Christi besprachen.
Wenn das Leben, Leiden und Sterben Christi es noch
nicht vermocht hat, die Menschen auf den Weg des Heiles zurückzuführen, so
sieht man klar und deutlich, welche Macht Luzifer angewandt hat.
Sein Zorn ist groß, so groß, dass wir mit dem
heiligen Johannes sagen können:
„Wehe der Erde und dem Meere, denn der Teufel ist zu euch
hinabgestiegen mit großem Grimme, da er weiß, dass er nur noch eine kurze
Frist hat.“ (Offb. 12, 12).
Inhaltsverzeichnis
41.
Leider sind
diese höchst wichtigen Wahrheiten in unseren Tagen gar sehr dem Gedächtnis der
Menschen entschwunden zu ihrem entsetzlichen Schaden
Der Feind ist schlau, grausam und wachsam, wir
aber sind schläfrig, sorglos und träge. Was Wunder also, dass Luzifer einen so
großen Teil von der Welt in Besitz hat, gibt es ja so viele, die auf ihn
hören, ihm glauben und seinen Betrügereien nachgehen, dagegen so wenige, die
ihm widerstehen. Das kommt daher, dass die Menschen nicht an den ewigen
Tod denken, in den Satan sie zu stürzen sucht.
Inhaltsverzeichnis
42.
Die Heilige
Schrift und die Werke der heiligen Lehrer
bezeugen die nimmer ruhende Bosheit, Grausamkeit
und Arglist der Hölle, die, wenn es möglich wäre, alle Glieder der heiligen
Kirche ins ewige Verderben reißen würde. Durch dieselben Schriften wissen wir
auch, wie der Herr uns mit Seiner unendlichen Macht und Seinem
unüberwindlichen Schutz mit Sicherheit den ewigen Belohnungen zuführt, die uns
durch die Verdienste Jesu Christi bereitet sind, wenn wir mit der Gnade
mitwirken.
Der heilige Paulus sagt, dass unsere Hoffnung
nicht eitel sei. Der heilige Petrus, nachdem er uns aufgefordert hat, alle
unsere Sorgen auf den Herrn zu werfen, fügt hinzu: „Seid nüchtern und wachet,
denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und
sucht, wen er verschlingen könne.“ (1 Petr. 5, 7).
Diese und andere Warnungen gelten für alle
Menschen. In Verbindung mit unseren täglichen Erfahrungen könnten sie genügen,
uns eine wahre Vorstellung von den Schlingen und Nachstellungen des Teufels zu
geben.
Aber die fleischlichen Menschen beachten nur, was
sie mit den Sinnen wahrnehmen, leben in falscher Sicherheit dahin und kennen
gar nicht die geheime Grausamkeit Satans, die sie in das Verderben lockt und
auch hineinstürzt. Ebenso wenig kennen sie den Schutz, mit dem Gott über sie
wacht und sie verteidigt. In dieser Unwissenheit und Blindheit sind sie weder
für diese Wohltaten dankbar, noch fürchten sie jene Gefahr. Die Menschen sind
versunken in eine schaudervolle Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit, haben
weder Schmerz noch Mitleid mit sich selbst.
Inhaltsverzeichnis
43.
Damit nun
jene, die dieses Buch lesen, aus diesem Schlafe erwachen,
sind mir, wie der Herr mir versicherte, im ganzen
Verlaufe dieser Geschichte die geheimen Pläne der Bosheit aufgedeckt worden,
welche die bösen Geister gegen die Geheimnisse Jesu Christi, gegen die Kirche
und gegen die Kinder derselben geschmiedet haben und immer noch schmieden.
Die Feindschaft Luzifers gegen die Menschen ist so
alt wie sein Ungehorsam. Seine Wut und Grausamkeit gegen die Menschen sind so
groß, wie sein Hochmut gegen Gott groß ist seit dem Augenblick, da er im
Himmel inne wurde, dass das ewige Wort die menschliche Natur annehmen und von
jener Frau geboren werden wolle, die er mit der Sonne bekleidet sah.
Da er nun seinen Hass an dem Herrn selbst nicht
befriedigen kann, befriedigt er ihn an den Werken Gottes. Da ferner der Dämon
gemäß seiner Engelnatur das, was sein Wille einmal beschlossen hat,
unbeweglich festhält, ohne jemals davon abzustehen, so legt er wohl nach
Umständen die eine Kampfesweise ab, um eine andere zu versuchen. Nie und
nimmer aber die Wut, mit der er die Menschen verfolgt. Im Gegenteil ist sein
Hass gewachsen und wächst fort und fort in dem Maße, als Gott die Gerechten
und Heiligen Seiner Kirche mit Gnaden bereichert.
Inhaltsverzeichnis
44.
Da dieser
Feind ein unkörperlicher Geist ist, den keine Wirksamkeit ermüdet,
so ist er in der Verfolgung so eifrig, dass er
damit vom ersten Augenblick des Daseins eines Menschen im Mutterschoße beginnt
und den Kampf nicht eher aufgibt, als bis die Seele sich vom Leibe trennt.
Da bewahrheitet sich das Wort Jobs: „Ein Streit
ist des Menschen Leben auf Erden.“ Dieser Kampf besteht nicht nur darin, dass
wir in der Erbsünde empfangen sind und deshalb mit dem Zunder der
Begierlichkeit (fomes peccati) und mit ungeordneten Neigungen geboren werden.
Außer diesem Zweck bietet er all seine List und Bosheit und Macht auf. Er
bedient sich dazu unserer Sinne, Seelenkräfte, Neigungen und Leidenschaften.
Ständig müht er sich, uns das leibliche Leben und
die Möglichkeit zu rauben, zum ewigen Heile zu gelangen. Es gibt keine
erdenkliche Gefährdung und Schädigung, die er unversucht ließe, um uns auf
Abwege zu bringen und uns der Gnade zu berauben, und zwar vom Augenblick
unserer Empfängnis an bis zum letzten Tag unseres Lebens.
Die Gefährdung von seiten des Teufels ist
besonders gegen die Kinder der Kirche gerichtet.
Inhaltsverzeichnis
45.
Sobald der
Satan die Tatsache der natürlichen Zeugung eines Menschen erkennt,
erforscht er die Intention der Erzeuger, sodann ob
sie im Stande der Sünde oder der Gnade seien und ob sie beim ehelichen Akt das
rechte Maß beobachtet haben.
Sodann erforschen die bösen Geister die
natürlichen Anlagen der Eltern, da diese die Kinder in der Regel erben. Aus
dieser Beobachtung und aus der reichen Erfahrung schließen die Teufel auf die
Natur und die Neigungen, die das kleine Wesen einst haben wird, und gründen
darauf schon umfassende Berechnungen für dessen Zukunft.
Sind dieselben für das Kind günstig, so bieten sie
alles auf, den Müttern verschiedene Gefahren und Versuchungen zu bereiten,
um zu verhindern, dass das Kind das Licht der Welt erblicke und die Taufe
empfange. Auf diese Weise würden sie erreichen, dass das Kind der
Anschauung Gottes beraubt wird.
Bei Heiden und Götzendienern aber geben sie sich
in dieser Hinsicht nicht soviel Mühe.
Inhaltsverzeichnis
46.
Die Mittel des
Allerhöchsten, die Menschen gegen diese Bosheit des Drachens zu beschützen,
sind verschiedener Art
Das gewöhnlichste besteht in dem allgemeinen
Walten seiner Vorsehung, welche die natürlichen Ursachen so lenkt, dass sie
zur rechten Zeit ihre Wirkungen hervorbringen, ohne dass die Macht der bösen
Geister sie aufhalten oder stören könnte. Deshalb hat der Herr ihre Macht
beschränkt.
Würde Er ihrer unversöhnlichen Bosheit freien
Spielraum lassen, so würden sie die ganze Welt in Unordnung bringen. Dies
lässt jedoch die Güte des Schöpfers nicht zu.
Die Teufel, Seine geschworenen Todfeinde, leisten
vielmehr in der Schöpfung nur jene Dienste, die in einem wohlgeordneten
Staatswesen verächtlichen Henkersknechten zukommen. Selbst in dieser
Eigenschaft tun sie nur so viel, als ihnen von Gott aufgetragen oder gestattet
wird. Würden die Menschen in ihrer Verkommenheit diesen Feinden nicht
selbst die Hand bieten, indem sie auf deren Einflüsterungen hören und Werke
verüben, die Strafe verdienen, so würde die ganze Natur ihre Ordnung bewahren.
Die allgemeinen und die besonderen Ursachen würden
die ihnen eigentümlichen Wirkungen hervorbringen, und es würden unter den
Gläubigen nicht so viele Unglücksfälle und Verluste vorkommen, wie es
tatsächlich der Fall ist, Missernten, Krankheiten, plötzlicher Tod und andere
Übel.
Viele Gebrechen, welche die Kinder schon mit auf
die Erde bringen, sind Folgen der Unordnung und Sünden der Menschen. Wir
selbst bieten dem Satan die Hand und verdienen es, durch seine Bosheit
gestraft zu werden, weil wir so blind sind, uns ihm anzuvertrauen.
Inhaltsverzeichnis
47.
Zu dieser
allgemeinen Vorsehung Gottes kommt dann noch der Schutz unserer heiligen Engel
Er beginnt im Mutterschoße an und dauert fort, bis die
Engel uns vor den Richterstuhl Gottes führen, wo ein jeder nach seinen Werken
Lohn oder Strafe erhalten wird.
Sobald das Menschengeschöpf empfangen ist,
befiehlt der Herr den Engeln, es samt seiner Mutter zu beschützen. Zur
geeigneten Zeit bestimmt Er sodann dem Kinde zum Schutze auch einen besondern
Engel.
Es ist unmöglich mit Worten auszudrücken, wie groß
die Bosheit, Hinterlist und Wachsamkeit des bösen Feindes ist, um die Menschen
in jenen Jahren, in denen der volle Vernunftgebrauch einzutreten pflegt, zu
verführen und in eine Sünde zu stürzen.
Inhaltsverzeichnis
48.
Er sucht es
dahin zu bringen, dass die Kinder sich manche schlimme Handlungen angewöhnen,
dass sie Böses sehen und hören, und dass ihre Eltern in dieser Zeit an solche
Gefahren nicht denken und darum auch keine Vorsorge treffen
In diesem zarten Alter sind aber die Kinderherzen
wie weiches Wachs oder wie eine unbeschriebene Tafel, so dass sich alles, was
sie durch die Sinne vernehmen, tief einprägt. Gelingt es dem Satan, solche
Kinder in eine Sünde zu stürzen, bekommt er neues Recht und neue Gewalt über
sie und stürzt sie dann leicht in weitere Sünden.
Inhaltsverzeichnis
49.
Nicht geringer
ist aber die Sorge und
Wachsamkeit
der heiligen Engel,
um einem solchen Unglück vorzubeugen. Sie bewirken
durch heilige Gedanken, dass die Eltern sich um die Erziehung der Kinder mit
Sorgfalt bemühen, sie im Gesetze Gottes unterrichten, zu Werken christlicher
Liebe und zu Übungen der Frömmigkeit anhalten, sie von allem Bösen abhalten
und in die Übung der Tugenden allmählich einführen.
Je nach der Altersstufe der Kinder regen die
Schutzengel sie auch selbst zum Guten an. Diese Verteidigung der Schützlinge
verursacht den guten Engeln große Kämpfe gegen die bösen Geister. Diese machen
nämlich zu Ungunsten der Kinder alle, auch die geringsten Sünden der Eltern,
sowie alle Untaten der Kinder geltend.
Sind letztere auch nicht gerade sündhaft, so sagt
der Satan doch, sie seien seine Werke, und er habe ein Recht, sie in der Seele
fortzusetzen. Wenn dann beim Eintreten des Vernunftgebrauches die Seele zu
sündigen anfängt, wendet Satan alle Gewalt an, um zu verhindern, dass die
heiligen Engel das Kind wirksam davon abhalten.
Inhaltsverzeichnis
50.
Die Engel
hingegen führen zu Gunsten der Kinder die Tugenden der Eltern und Ahnen an,
sowie die guten Handlungen der Kinder selbst, und
wäre es auch nur, dass das Kind den Namen Jesus und Maria aussprach, als man
es hierzu unterrichtete. So berufen sich die Engel zu Gunsten der Kinder auf
dieses Werk, in dem sie sagen, es hat aber schon angefangen, den Namen unseres
Herren und den Namen Seiner Mutter zu ehren.
Dasselbe tun die Engel, wenn das Kind andere
Andachtsübungen verrichtet, oder wenn es die gewöhnlichen christlichen Gebete
betet. Alle diese Übungen sind Schutzwaffen, die der Mensch in Händen hat, und
deren die Engel sich bedienen, um ihn gegen den Satan zu verteidigen.
Durch jedes noch so geringfügige gute Werk
entziehen wir dem bösen Feind einen Teil jenes Rechtes, das er durch die
Erbsünde, noch mehr aber durch die freigewollten Sünden gegen uns erworben
hat.
Inhaltsverzeichnis
51.
Hat der Mensch
den vollen Vernunftgebrauch erlangt, dann wird der Kampf zwischen den bösen
und den guten Engeln noch heftiger
Sobald wir nämlich eine Sünde begehen, sucht die
höllische Schlange mit Aufbietung all ihrer Hinterlist es dahin zu bringen,
dass wir, bevor wir Buße tun, das Leben verlieren und dann ewig verloren
gehen.
Könnten die Menschen sehen, wie viele Netze und
Fallstricke der Satan gelegt hat, und zwar um ihrer eigenen Sünden willen, so
würden alle bei jedem Schritt, den sie tun, erzittern. Weil sie aber die
Gefahren nicht erkennen, leben sie in falscher Sicherheit dahin. Daher gibt es
so viele Berufene und so wenig Auserwählte.
In dem Maße, als die Menschen ihre Sünden
vermehren, gewinnt der Satan mehr und mehr Besitztitel auf ihre Seele, und
kann er ihnen auch nicht das Leben nehmen, so behandelt er sie wenigstens wie
gemeine Sklaven.
Er rühmt sich, dass sie täglich mehr sein eigen
werden, und dass sie selbst es sein wollen. Und er erklärt es für eine
Ungerechtigkeit, sie ihm zu entreißen oder ihnen Hilfe anzubieten, da sie
dieselbe doch nicht annehmen und benützen, auch könne man den Sündern nicht
die Verdienste Jesu Christi zuwenden, da sie dieselben verachten, noch auch
die Fürsprache der Heiligen, weil sie an diese nicht einmal denken.
Durch diese und ähnliche Mittel sucht der Satan
jene, die er als die Seinigen ansieht, der Zeit der Buße zu berauben. Erreicht
er dies nicht, so sucht er ihnen alle Wege der Rechtfertigung zu versperren.
Jedoch es fehlt keiner einzigen Seele der Schutz
Gottes und die Obhut der heiligen Engel.
Es ist dies eine so allgemein verbürgte Tatsache, dass es
kaum einen Menschen gibt, der im Verlaufe seines Lebens nicht Gelegenheit
gehabt hätte, diese an sich selbst zu erfahren.
Inhaltsverzeichnis
52.
Unaufhörlich
kommen uns die Engel durch Eingebungen und Ermahnungen zu Hilfe
Sie bedienen sich der natürlichen Ursachen und
wenden alle Mittel an, um uns zu warnen und anzueifern. Mit aller Macht sucht
der böse Feind zu bewirken, dass die Menschen ihre Sünden vervielfältigen,
damit das Maß ihrer Verschuldung bald erfüllt sei und die Zeit der Buße und
des Lebens ihnen abgekürzt werde. Die heiligen Engel aber, die sich
über die Bekehrung des Sünders freuen, geben sich alle Mühe, die Kinder der
Kirche so viel wie möglich vom Sündigen abzuhalten.
Wenn es ihnen trotzdem nicht gelingt, die Sünder
zur Bekehrung zu bewegen, wenden sie sich an die Vermittlung der seligsten
Jungfrau Maria. Sie flehen zu ihr, Mittlerin bei ihrem Sohne zu sein und ihre
Hand zu erheben, und die bösen Geister zu verscheuchen.
Allein ihr Neid darüber, dass die Menschen zur
Anschauung Gottes gelangen können, und die Wut, mit der sie dies zu verhindern
trachten, haben in diesen bösen Geistern die Oberhand, so dass sie nicht
ablassen, uns bis zum Ende unseres Lebens zu verfolgen.
Wenn übrigens die Menschen sich nicht durch ihre
Sünden der göttlichen Barmherzigkeit so überaus unwürdig gemacht hätten, dann
würde, wie mir gesagt wurde, Gott der Herr öfters zum Heile vieler Seelen von
seiner Allmacht Gebrauch machen, und zwar selbst auf wunderbare Weise.
Er würde die Pläne, welche die Hölle zur
Ausrottung des Christentums schmiedet, und die wir in unseren Zeiten mit
eigenen Augen sehen, zunichte machen.
Doch wir sind nicht würdig, dass Gottes Allmacht
uns schütze. Wir alle miteinander fordern Seine Gerechtigkeit heraus. Die Welt
hat sich mit der Hölle verbrüdert. Gott lässt es zu, dass sie sich der Gewalt
der Hölle überliefert, weil die blinden Menschen sozusagen miteinander
streiten, wer den andern in solcher Torheit übertreffe.
Inhaltsverzeichnis
53.
Eine
unzweifelhafte Offenbarung göttlichen Schutzes war die Bekehrung des Saulus
Bis zu jener Zeit da er die Kirche zu verfolgen
anfing, war sein Leben voller Wechselfälle, so dass der Satan mit ihm nicht
ins Reine kommen konnte. Doch richtete Luzifer von Anfang an sein Augenmerk
auf ihn und erforschte seinen Charakter.
Da er bemerkte, wie sorgsam die Engel ihn
behüteten, seigerte sich sein Hass in solcher Weise, dass er ihn in seinen
ersten Kinderjahren aus dem Weg zu räumen suchte. Da ihm dies aber nicht
gelang und er später gewahrte, wie Saulus ein Verfolger der Kirche geworden,
war Satan darauf aus, ihm das Leben zu erhalten.
Nun waren die Engel nicht mehr imstande, Saulus
von seinem Irrweg abzubringen. Da trat die mächtige Himmelskönigin ins Mittel
und machte seine Sache zu der ihrigen.
Aus Liebe zu Maria setzte auch Jesus Christus
Seine Kraft ein und riss mit Seinem mächtigen Arme Saulus aus den Klauen des
Drachens. Im gleichen Augenblick, als Jesus Christus erschien, wurden alle
bösen Geister, die Saulus auf dem Wege nach Damaskus begleiteten und
aufstachelten, in die Hölle geworfen.
Inhaltsverzeichnis
54.
Luzifer und
die Seinen empfanden
die Geißel der
göttlichen Allmacht
Vor Schrecken außer sich, blieben sie mehrere Tage
wie festgebannt in der Tiefe der höllischen Abgründe. Kaum aber hatte der Herr
ihnen jene Erkenntnisse, die Er ihnen zu ihrer Verwirrung und Beschämung
gegeben hatte, genommen, so begannen sie in ihrer Wut wieder aufzuatmen.
Der große Drache versammelte seine Genossen um
sich und sprach zu ihnen:
„Wie ist es möglich, dass sich mein Zorn lege
angesichts so vieler Schwierigkeiten, die ich Tag für Tag von diesem
menschgewordenen Wort und von diesem Weibe erfahre, das Ihn empfangen und
geboren hat. Wo ist meine Stärke, wo ist meine Macht, wo meine Wut, wo die
großen Triumphe, die ich über die Menschen davongetragen habe, seit diese Gott
mich ohne Grund aus dem Himmel in diese Abgründe geworfen hat?
Freunde, es scheint, der Allmächtige will die
Pforten der Hölle schließen und die des Himmels öffnen, so dass unser ganzes
Reich vernichtet und meine brennende Begierde, alle Menschen in
diese Qualen zu stürzen, vereitelt werden wird.
Wenn Gott, nicht zufrieden damit ist, sie durch
Seinen Tod erlöst zu haben, nun solche Wunder für sie tut, eine solche Liebe
für sie offenbart, sie mit so mächtigem Arm zu Seiner Freundschaft zieht, so
werden sie sich besiegt geben, wären sie auch so gefühllos wie die wilden
Tiere und hätten sie auch Herzen, so hart wie Diamant.
Alle werden Ihn lieben, alle werden Ihm folgen.
Wenn sie das nicht tun, so sind sie trotziger und verstockter als wir.
Welche Seele wird so stumpfsinnig sein, dass sie
sich nicht einem Gottmenschen dankbar bezeigt, der sie mit so zärtlicher Liebe
zu Seiner eigenen Glorie zu führen sucht?
Dieser Saulus war unser Freund, das Werkzeug
meiner Pläne, untertan meinem Wink und Willen, ein Feind des Gekreuzigten, und
ich hielt schon die grausamsten Höllenqualen für ihn in Bereitschaft.
Trotzdem entreißt Gott ihn unversehens meinen
Händen und erhebt diesen winzigen Menschen von der Erde zu so hoher Gunst und
Gnade, dass selbst wir, Seine Feinde, uns nicht erwehren können, Ihn zu
bewundern.“
Inhaltsverzeichnis
55.
„Was hatte
Saulus getan, um ein so
außerordentliches Glück zu verdienen?
Stand er nicht in meinem Dienste, gehorchte er
nicht meinem Befehl, forderte er nicht Gottes Gerechtigkeit gegen sich heraus?
Wenn Gott gegen diesen so großmütig war, wie wird Er erst gegen andere sein,
die weniger gesündigt haben? Sollte Er sie auch nicht durch so große Wunder
bekehren, so wird Er sie doch durch die Taufe und die anderen
Sakramente zu sich berufen. Gott wird durch dieses außerordentliche
Beispiel die Welt an sich reißen.
Ich gedachte, mittels Saulus die Kirche zu
zerstören, und nun wird er deren mutigster Verteidiger! Muss ich also ansehen,
wie diese gemeine menschliche Natur zu der Glückseligkeit und Gnade erhoben
wird, die ich verloren habe, und dass sie in den Himmel eingeht, aus dem ich
verstoßen worden bin? Die Wut darüber brennt mich furchtbarer als das Feuer,
das mich rings umgibt.
Ich möchte rasend werden, dass ich mich nicht ins
Nichts versenken kann. Oh, dass Gott es täte und mich nicht zu solcher Pein
erhielte! Allein das tut Er nicht! Er wird es niemals tun!
Was sollen wir tun gegen diesen so gewaltigen
Gott? Ihm können wir freilich nichts anhaben, aber wir können uns an Ihm
rächen in der Person dieser Menschen, die Er so liebt.
Tun wir es denn, und machen seine Absichten
zunichte. Weil meine Hoheit am meisten gegen jenes Weib, die Ihm menschliches
Dasein gegeben hat, erbittert und ergrimmt ist, so werde ich nochmals
versuchen, sie zu vernichten und so die Untat zu rächen, mit der sie uns den
Saulus entrissen und uns in diese Hölle zurückgestoßen hat. Ich werde nicht
ruhen, bis ich sie besiegt habe.
Daher ist es mein Entschluss, gegen sie alle
Mittel ins Werk zu setzen, die meine Erkenntniskraft gegen Gott und die
Menschen ausgesonnen hat, seitdem ich in diese Tiefe herabgefahren bin. Folgt
mir daher alle, meinen Willen zu tun.“
Einige böse Geister antworteten ihm:
„Unser Feldherr und Oberhaupt! Wir sind bereit,
dir zu folgen! Wir wissen nur zu gut, wie sehr dieses Weib, unsere Feindin,
uns bedrückt und quält. Jedoch es ist sehr leicht möglich, dass sie allein uns
standhält und unsere Pläne und Mühen zuschanden macht. Sie hat dies schon bei
anderen Anlässen getan, wo sie sich als uns überlegen gezeigt hat.
Was sie empfindlicher als alles andere treffen
würde, wäre eine Unternehmung gegen die Anhänger Ihres Sohnes, die sie wie
eine Mutter liebt und für die sie die zärtlichste Sorge trägt.
Erheben wir uns zusammen zur Verfolgung der
Gläubigen. Dann magst du deine
ganze Wut gegen dieses Weib, unsere Feindin, kehren.“
Luzifer billigte diesen Vorschlag, sprach dessen
Urhebern seinen Dank aus, und alle beschlossen, zum Zerstörung der Kirche
auszuziehen.
Inhaltsverzeichnis
56.
Lehre der
Himmelskönigin
Meine Tochter (Maria v. Agreda), es ist unmöglich,
den Neid, die Bosheit und Arglist Luzifers und seiner Dämonen gegen die
Menschen zu beschreiben. Alle guten Werke, die sie tun können, sucht er zu
verhindern oder durch Verleumdung zu entstellen, zu zerstören und zu
verderben. Es gibt kein erdenkliches böses Werk, das seine Bosheit den Seelen
nicht einzureden sucht.
Zahllos sind diejenigen, die ich dem höllischen
Drachen entrissen habe, weil sie einige Andacht zu mir trugen. Mochte diese
Andacht auch in nichts weiterem bestehen als im Beten eines „Gegrüßet seist
du, Maria,“ oder in irgend einem Wort oder eine Anrufung, die sie zu meiner
Ehre gesprochen haben.
So groß ist meine Liebe zu den Sündern, dass, wenn
sie zur rechten Zeit und im Ernst mich anrufen würden, kein Einziger
verloren ginge.
Inhaltsverzeichnis
Herr ich danke Dir für dieses Werk, das mir Einsicht in Deine Geheimnisse
gewährt und mich vor dem Irrtum bewahren möchte. Danke lieber Vater.
Amen.
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