Maria Weissenstein
Mitten in einem wunderschönen und weiten
Panorama der Alpen erhebt sich, fast wie eine natürliche Grenze zwischen Trient
und Bozen, 1520 m. über dem Meeresspiegel, WEISSENSTEIN, von herrlichen Wäldern
umgeben, eine Oase des Friedens.
Das Gnadenbild von Maria Weissenstein
Ungefähr um die Mitte des 16. Jahrhunderts wohnte auf der waldigen Anhöhe, wo
heute der Wallfahrtsort Weissenstein liegt, ein Bauersmann namens Leonhard, der
hier oben ein ausgedehntes Landgut besaß, welches eben Weissenstein genannt
wurde. Diese Gegend gehört damals, wie auch heute noch, zur Gemeinde
Deutschnofen. Leonhard wohnte mit seiner Familie in dieser weiten und prächtigen
Einsamkeit und führte ein ehrenhaftes und tugendhaftes Leben. Dieser fromme und
gerechte Mann wurde von großem Leid heimgesucht und so zu einem Gnadenkind der
Gottesmutter. Es überfiel ihn nämlich eine schwere Geisteskrankheit und er
stürzte in einen tiefen Abgrund, wo ihm die hl. Jungfrau erschien und ihm
Heilung versprach, wenn er Ihr zu Ehren eine Kapelle errichten würe. Sie sagte
zu ihm: "Damit du an meinem Versprechen nicht zweifelst, wirst du
noch weitere neun Tage lang ohne Speise und Trank hier unten liegen. Am neunten
Tage dann werden dich deine Familienangehörigen finden. Aber du vergiß meine
Worte nicht!" Und so geschah es auch. Leonhard aber vergaß sein
Vesprechen und es überfiel ihn abermals, stärker als vorher, die schreckliche
Krankheit. Von da an sah man nachts immer am selben Orte ein Licht leuchten und
niemand konnte sich das erklären. Leonhard aber erinnerte sich daran, wurde
geheilt und ging gleich an die Arbeit. Beim Graben fand er eine kleine
Statue der Gottesmutter, welche die Pietà darstellte. Er dachte sofort
an ein Zeichen des Himmels und nachdem er die Kapelle beendet hatte, stellte er
die Statue dort auf, damit man sie verehren konnte. Es war wirklich ein Zeichen
des Himmels: die seligste Jungfrau tat durch immer mehr Gnaden die große Güte
und Barmherzigkeit ihres leidvollen Herzens kund. Man schrieb das Jahr 1553.
Die sich rasch verbreitende Nachricht dieser Ereignisse führte sogleich viele
Neugierige und auch Fromme herbei, die vor der Statue der schmerzensreichen
Mutter, welche Gnaden und besondere Gunst verleih, niederknieten und sie
verehrten. Leonhard überließ die Pflege der Äcker seinen Söhnen und widmete sich
ausschießlich der Erhaltung der Kapelle. Er starb reich an Verdiensten im Jahre
1557. Seine irdische Hülle ruht auf dem Friedhof von Petersberg, wo ihm auch ein
einfaches Denkmal errichtet wurde.
Die kirchlichen Behörden überprüften lange (1629-1658) und gründlich die
Tatsachen und bewiesen unter dem Fürstbischof Karl Emanuel von Madruz den
wunderbaren Ursprung des Wallfahrtsortes. Der immer größere Andrang von Pilgern
erforderte schon im Jahre 1561 die Errichtung einer größeren Kapelle neben der
von Leonhard erbauten, im Jahre 1638 wurde schließlich die heutige Kirche
begonnen, die 1654 beendet und am 1. Juni 1673 vom Fürstbischof Sigismund
Alphons von Thun geweiht wurde.
Anfangs wurde der Wallfahrtsort der Pfarrei Deutschnofen anvertraut, aber bald
erforderte der Zustrom von Pilgern und Frommen einen ständig ansäßigen Priester.
Im Jahre 1651 wurde durch besondere Großzügigkeit der gräflichen Familie Khuen
ein Benefizium errichtet. Es folgten zehn Benefiziaten aufeinander, deren
letzter Valerio Sommavilla war, der dreißig Jahre hindurch für die Verschönerung
und Entwicklung des Wallfahrtsortes arbeitete.
Bald reichte die Arbeit eines einzigen Priestes auch nicht mehr aus und deshalb
entschloß man sich, die Aufsicht des Wallfahrtsortes einem Orden zu übergeben.
Da der Wallfahrsort der Schmerzensjungfrau gewidmet ist, dachte man gleich an
den Orden der Serviten, dessen Hauptziel die Verbreitung der Andacht an die
Leiden Mariens ist. Dieses Vorhaben hatte viele Schwierigkeiten zur Folge, aber
mit Hilfe der Muttergottes wurden sie alle überwunden, so daß am 21. November
1718 die Serviten (drei Patres und ein Bruder) mit Zustimmung des Domkapitels
von Trient, des Papstes Clemens XI. und des Kaisers von Österreich Karls VI.
ihren feierlichen Einzug halten konnten. Anfangs wohnten die Patres im
Benefiziatenhaus, im folgenden Jahr wurde der Bau des neuen Klostes nach dem
Plan des Architekten-Servitenbrudres Augustin Maria Abfalter begonnen. Der
Grundstein wurde am 17. September 1719 feierlich geweiht und unter den
Säulengang am Eingang der Kirche gelegt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die
Bruderschaft der sieben Schmerzen Mariens gegründet. Nach dreijähriger Arbeit
war der großartige Bau schon beendet. Die Kosten der Errichtung wurden von allen
anderen Klöstern und von vielen Wohltätern, untrer denen vor allem die Stadt
Bozen zu nennen ist, getragen. Fromme Stiftungen sorgten für den Unterhalt der
Patres. Im selben Jahr (1722) wurde das Kloster den Kirchengesetzen gemäß
eingerichtet und als erster Prior wurde P. Vigilius M. Lorengo eingesetzt,
welcher auf den Superior P. Romedio M. Caminelli folgte.
Die Frömmigkeit am Wallfahrtsort war bald so groß, daß die Anzahl der
Ordenspriester bis zu 12 anstieg. Die Ordensannalen, welche im Jahre 1725 in
Lucca gedruckt wurden, berichten: "In weniger als einem Jahr wurden 24.000
Beichten gehört. Viele Leute bezeugten, daß sie von einer unsichtbaren Kraft zur
Gottesmutter hingezogen wurden, so daß sie wieder zu Gott gefunden hatten. So
erfüllte sich der Wunsch Karls VI., daß nämlich alle seine Untertanen die
Gnadenmutter von Weissenstein verehren sollten". Schon im Jahre 1722 hatte der
Prior V. Lorengo vom Hl. Stuhl für vier Beichtväter die Vollmacht erhalten, in
Vorbehaltsfällen von besonders schweren Sünden loszusprechen und dazu erhielt er
noch weitere 13 besondere Privilegien.
Die 200-Jahrfeier der Gründung des
Wallfahrtsortes
Zum zweihundertjährigen Jubiläum ließ der Prior P. Magnus M. Constantin die
äußere Fassade der Kirche erneuern, indem er über dem Chor eine Kuppel errichten
ließ, die von zwei kleinen Türmen flankiert war; er ließ auch die Orgel
anschaffen und gleich hinter dem Chor wurde eine neue große Sakristei errichtet,
die östlich durch einen langen Gang mit dem Kloster verbunden ist. Die Decke der
Sakristei wurde vom Maler Valentino Rovisi aus der Schule des Tiepolo verziert
und auf der Außenseite brachte der Dominikanerbruder Fr. Albert zwei Sonnenuhren
an, die mit Chronogramm versehen wurden. In der Sakristei wurden vom
Kunsttischler Fr. Gabriel M. Peer, Bruder aus dem Servitenorden, fünf Schränke
eingebaut. Es wurde auch eine neue Kanzel in Stuckarbeit errichtet. Die
kleine Statue der Gnadenmutter, der Mittelpunkt des Wallfahrtsortes, wurde in
einem kostbaren, mit Gold, Silber und Edelsteinen verzierten Ostensiorium
untergebracht und auf den Hochaltar gestellt.
Die innere Dekoration der Kirche wurde dem akademischen Maler Joseph Adam Ritter
von Mölk anvertraut, der sie nach dem damaligen Geschmacke ausführte. Es wurden
sehr viel Gold und viele Farben gebraucht und, um einen größeren Effekt zu
erzielen, in den Bögen vier Spiegel angebracht. Die Kaiserin Maria Theresia, die
zur Veschönernung des Wallfahrtsortes sehr viel gespendet hatte, wurde in der
Hauptmalerei dargestellt, wie sie, vor der Gnadenmutter kniend, für einen ihrer
kranken Söhne um Gnade fleht.
Die Gedächtnisfeier begann am Vorabend des Festes Mariä Himmelfahrt und endete
am 24. August. Sehr groß war die Anzahl der Pilger und jeder von ihnen dachte
noch lange an den erlebten Eindruck. Nennenwert sind dabei die Prediger des
Servitenordens P. Bernhard M. Stecher, P. Hermenegildus M. Grinner und P.
Zacharias M. Rathgeb. Des letzteren Predigt wurde im Jahre 1762 gedruckt und ist
in der Bibliothek des Klosters aufbewahrt.
Die Aufhebung des Klosters
Der Wallfahrtsort bestand schon seit 234 Jahren und seit 69 hatten ihn die
Serviten-Patres mit Eifer verwaltet. Nur Gott weiß, wieviele Gnaden in dieser
Zeit auf Fürbitte der Schmerzensmutter den Gläubigen gewährt wurden. Große
unglückliche Schwierigkeiten überfielen das Friedenswerk, das dort begonnen
worden war. Unter der Regierung Josefs II. wurden viele Bruderschaften
aufgelöst, viele Kirchen und Wallfahrtsorte geschlossen. Im Jahre 1785 wurde der
bekannte Wallfahrtsort M. Waldrast aufgehoben und man zitterte in Weissenstein,
dasselbe Los zu erleben. Wirklich traf am Morgen des 5. Juni 1787 die
Aufhebungskommission ein.
Sie bestand aus den Herren Thaddäus Leis von Laimburg, Staatssekretär, aus
Andreas von Ingram und Peter von Strobl, die vom Richter von Deutschofen Leo von
Spreng begleitet waren. Sogleich wurden alle Miglieder des Klosters (9 Patres
und 3 Brüder) im Speisesaal versammelt und es wurde ihnen der Erlaß des Kaisers
über die Aufhebung des Klosters und der Kirche mit dem Verbot jeglicher
religiösen Übung mitgeteilt. Acht Tage lang war die Kommission mit dem Inventar
und der Schätzung der Güter beschäftigt und bei der Abfahrt wurden Geld, Silber,
Kostbarkeiten und Kirchenparamente mitgeführt. Alle Güter von Weissenstein
wurden für den Religionsfond beschlagnahmt und alles wurde versteigert. Johann
Anton Gugler machte dabei das größte Angebot, und dieser Kauf wurde am 9. August
1788 von der Kofkanzlei bestätigt. Die Orgel wurde nach Verla in das Cembratal
verkauft; die 14 Stationen des Kreuzwegs, von Karl Henrici aus Bozen, aber nach
Villamontagna; die fünf Schränke der Sakreistei befinden sich in der Abtei
Muri-Gries, Bozen; von den fünf Bildern des Speisesaales kamen vier in die
Gemäldesammlung der Magnifica Comunità die Fiemme in Cavalese und eines in die
Kirche von Pinzon.
Die kleine Wunderstatue der Pietà wurde am 13. Juli nachts nach Leifers
in die Pfarrkirche gebracht.
Am 18. Juli 1787 verließen alle Patres mit gebrochenem Herzen ihr Kloster; nur
der Prior P. Innozenz M. Freiherrr von Sternbach blieb einige Wochen lang,
zuerst als Aushilfe des Curaten von Petersberg, dann vom Jahr 1789 bis 1793 als
Verwalter jener Curatie; alsdann kam er als Seelsorger nach Algund, wo er, erst
45 jahre alt, im Jahre 1795 starb. Als letzter der 26 Prioren beschloß er sein
Tagebuch mit folgendem Chronogramm:
FInItVr DIarIVM
frtrIs InnoCentII
InfeLICIs PrIorIs
WeIssensteInII
(1787)
= Hier endet das Tageuch des Fr. Innozenz, des unglücklichen Priors von
Weissenstein.
Gegrüßt seist du, Maria,
voll der Gnade,
der Herr ist mit dir,
du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
Jesus. -
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Weiterführende
Themen:
Fatima
/ Maria /
Gott liebt dich
/
Garabandal
/
----
|