Madam Guyon (1)
Die geistlichen Ströme
Die „Geistlichen Ströme“ sind ihr Erstlingswerk, das sie in
Gehorsam gegen ihren Seelsorger aufschrieb, nachdem sie den inneren Drang zum
Schreiben lange als Versuchung unterdrückt hatte. Wie sie selbst Mitteilt, ist
ihr dieses Büchlein aus der Feder geflossen wie diktiert. Schon 1704 wurde es in
Köln gedruckt und erhielt 1720 eine Neuauflage. 1817 erschien in Stralsund die
erste deutsche Übersetzung, spätere Neuauflagen 1921 und 1973. Viele Theologen
würdigten die „Mystik" und wiesen auf sie hin als „den Gipfel der Wissenschaft“,
und sorgten in ihren großen und kleinen Lehrbüchern dafür, dass man Zugang zu
ihr finde. So unter anderem Anselm, Abalard, Albertus Magnus, Thomes von Aquin,
Bonaventura, Luther, Hutter, Johann Gerhard und Calixt.
Einleitung:
Frau von Guyon war mit Erzbischof Franz von Salignac
de la Mothe Fenelon geistlich verwandt und befreundet. Ihr geistliches
Vermächtnis, wie wir es in den „Strömen“ haben, ist überzeitlich, geistlich
„klassisch“. Es ist kein Buch der Kirchenlehre, auch kein „Lehrbuch“, sondern
vermittelt als geistliches Lesebuch Willensimpulse und Hilfen für den
praktischen Weg der Nachfolge Jesu. Es ist gleichsam ein Reiseführer auf dem Weg
des wandernden Gottesvolkes und gibt Orientierungshilfen. Darüber hinaus gibt es
viele Ermutigungen und Willensstärkungen. Wie bei allen klassischen Büchern wird
man „die Ströme“ immer wieder lesen und jedesmal neues Licht für den neuen
Wegabschnitt des eigenen Lebens daraus empfangen. Mir scheint dieses Buch eine
groβe Hilfe und Ergänzung in der so genannten charismatischen geistlichen
Erweckung und Erneuerung zu sein. Es hilft den Weg des Kreuzes und Gehorsams
nicht aus dem Auge zu verlieren und macht neuen Mut, ihn zu gehen, damit das
geistliche Wachstum vom „Kindesalter“ zum „Mannesalter in Christus“ nicht
gehindert wird.
Zum eigenen Gewinn und Nutzen
gebraucht man dieses seelsorgerische Buch nur, wenn man den Blich auf Jesus und
das Reich Gottes richtet und ihm Hilfen und Stärkung die Nachfolge und Liebe zu
Jesus und den Willen zur Hingabe und Treue entnimmt. Sobald man auf sich selbst
statt auf Gott sieht, und sich „den Puls fühlt“, sich mit Hilfe dieses Buches
reich rechnet oder seinen eigenen Standort zu bestimmen sucht, betrügt man sich
selbst und gerät in Irrtum. Das sollte man auch nach dem Lesen dieses Buches
noch bedenken. Im günstigsten Fall kann unser Seelsorger unseren inneren
Standort beurteilen, jedenfalls niemals wir selbst.
Madam Guyon - Die geistlichen Stroeme
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