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nähere dich deinem Vater, der nichts als Liebe ist. Bei Ihm findest du wahren und echten Frieden, der alles Irdische überstrahlt

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Nikolaus von Flüe (Bruder Klaus)

21. März

Machen wir uns dieser Macht der Gemeinschaft der Heiligen wieder bewusst! Leben wir sie! Sie bitten für uns, rufen wir sie an!

 

Apostel, Glaubensbote in Indien (?), Märtyrer (?)

Einsiedler, Mystiker, Friedensstifter
* 1417 auf dem Flüeli bei Sachseln im Kanton Obwalden in der Schweiz
† 21. März 1487 daselbst

 

Die Zeitgenossen sahen in Niklaus von Flüe (1417-1487) einen "lebendigen Heiligen". Im Ranft war "Bruder Klaus" gesucht als persönlicher Ratgeber und als Friedensstifter. Die Hochachtung und Verehrung überdauerte die Jahrhunderte und erlebte nochmals einen Aufschwung nach der Heiligsprechung durch die katholische Kirche im Jahr 1947. Heute sind dem Friedensheiligen Niklaus von Flüe in Europa, Amerika, Asien und Afrika zahlreiche Kirchen, Kapellen und Schulen geweiht.
 

Die ältesten Zeugnisse wurden schon in der Lebenszeit von Niklaus von Flüe und seiner Frau Dorothea aufgeschrieben. Ihr Bild veränderte sich im Lauf der Jahrhunderte, denn die Menschen beobachteten stets wieder anders. Die vorliegende Kleinschrift zeichnet in knappen Zügen den Lebensweg von Niklaus und Dorothea. Sie will einen persönlichen Zugang zu ihrem Leben ermöglichen und hellhörig machen für die Botschaft ihres Lebens. Wer in die Stille geht, wie Niklaus von Flüe, wird eine neue, reiche Welt entdecken.

 

Die Familie von Flüe auf dem Flüeli

   
Das Flüeli besteht aus einer Ebene, die in die Steilhänge der Sachsler Berge übergeht. Die Ebene ist nach Osten begrenzt durch die Ranftschlucht, nach Nordwesten durch einen markanten Felsen und eine bewaldete Kuppe. Vom Felsen (Fluo) leiten die Familie (von Flüe) und der Ort Flüeli) den Namen her. Er schützt auch die Hofstatt von Heini von Flüe und Hemma Ruobert. Sie geben ihrem 1417 geborenen Sohn den Namen Niklaus - Patron der Kirche St. Niklausen, die von der andern Ranftseite herüber grüsst. Das Geburtshaus ist bis heute erhalten geblieben. Es hat allerdings mehrere Umbauten erfahren.
 

Der gesunde Bauernbub ist wohl geborgen bei Eltern und Geschwistern, in Sippe und urwüchsiger Landschaft. Oft steigt der junge Niklaus auf die "Fluo". Hier überblickt er seine ganze Welt - den elterlichen Hof auf der einen, seine erweiterte Heimat, das Obwaldnerland, auf der anderen Seite. Er lernt vom Vater das Handwerk eines Bauern: Wiesen und Äcker pflegen, Vieh besorgen, Bäume fällen und Holz zurüsten für das Herdfeuer und den Stubenofen, Balken zuschneiden zum Bauen.
 

   
Der junge Mann Niklaus

Mit vierzehn Jahren geht Niklaus an der Seite des Vaters erstmals an die Landsgemeinde. Das Leben in der Öffentlichkeit beginnt. Der hochgewachsene Niklaus ist bei seinen Landsleuten gern gesehen und geachtet. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Was er sagt ist durchdacht und entspricht der Sache. Sein Umgang mit den Menschen weckt Vertrauen. Die Mitbürger werden ihm bald verschiedene Ämter anvertrauen.

Aber den jungen Mann drängt es auch in die Stille. Der Sechzehnjährige sieht einen hohen schönen Turm im Ranft. Dieses Bild ist ein Symbol für seine zentrale Lebenslinie: Wie ein Turm will er im Boden verankert sein und zugleich in den Himmel hinauf ragen. Er will die Welt mit Gott verbinden und den Menschen dienen, das "Einig Wesen suchen", wie er selber sagt. Diese Sehnsucht treibt ihn während des ganzen Lebens voran.

Ab 16 Jahren konnten die jungen Männer zum Wehrdienst verpflichtet werden. Es ist nicht bekannt, zu welchen Kriegszügen Niklaus einberufen wurde. Jugendfreunde berichten, dass er auch hier die Stille gesucht, die Feinde wenig geschädigt, sondern nach Möglichkeit geschützt habe. Er geht konsequent seinen eigenen geraden Weg, auch wenn seine Kollegen plündern und Brände legen.
 

Das Leben auf dem Hof nimmt seinen Lauf. Die Getreidewirtschaft ist rückläufig, die Viehzucht im Kommen. Vermutlich zieht Niklaus mit andern Jungbauern Jahr für Jahr über die Pässe Brünig, Grimsel und Gries nach Domodossola, um das Jungvieh auf den Märkten der Lombardei zu verkaufen. Ob er von dort auch die Butzenscheiben für sein Haus zurück trägt? Niklaus denkt an eine künftige Familie und bereitet den Bau eines eigenen Hauses vor. Er wählt das Landstück auf der "Schibloch-Matte", wo der Blick freier ins Tal schweifen kann. Verwandte und Nachbarn tun sich zusammen. Unter ihren Händen wächst ein stattliches Haus empor. Heute hat es nach einer fachgerechten Rekonstruktion annähernd wieder die Form wie zu Niklaus' Zeiten.

Bei allen Aktivitäten bleibt die Sehnsucht nach dem "Einig Wesen" bestehen. Niklaus beobachtet Mitmenschen, die dem Geld und dem Genuss verhaftet sind. Hindernisse sieht er auch in seinem eigenen Innern. Eine weitere Vision schreckt ihn auf: Niklaus ist auf dem Weg zu seinem Vieh. Da wächst eine Lilie aus seinem Mund bis zum Himmel empor. Sein Vieh kommt vorbei; er beachtet mit Wohlgefallen sein Pferd. Da neigt sich die Lilie und das Pferd frisst sie auf. Könnte die Liebe des Bauern zum Vieh seine Gottesliebe auffressen? Nun geht er noch gewissenhafter ans Werk. Jede verfügbare Zeit widmet er dem Gebet. Sich selber gönnt er nur das Nötigste an Speise und Trank.

Der Jugendfreund Erny Rohrer erzählt, sie hätten als Kinder oft mit Niklaus gespielt und viel gemeinsam unternommen. Er sei "stets ein anständiger, gütiger, tugendhafter, frommer und ehrlicher Mensch gewesen, der niemanden erzürnte". Der Bub Niklaus besitzt neben dem praktischen Sinn auch einen ernsthaften Charakter. Oft zieht es ihn von den Spielen der Kameraden weg. Hinter einem Schopf oder sonst an einem einsamen Ort verbirgt er sich, betet und denkt nach. Dabei bleibt er immer wieder an inneren Bildern (Visionen) haften, die sein innerstes Wesen deuten: Das heilige Öl der Taufe erinnert ihn an die Grösse seiner Berufung, ein Stein an die Festigkeit und Beständigkeit seines Wesens, ein Stern ermahnt ihn zur Aufgabe, anderen Orientierungspunkt zu sein. Niklaus arbeitet ernsthaft an sich, verzichtet auf vieles und beginnt schon früh zu fasten. Er ist auf dem Weg zu einem reifen und lebenstüchtigen Mann.
   
Ehemann und Vater    

Ein junger Obwaldner Bauer heiratete damals gewöhnlich mit ca. 20 Jahren. Niklaus aber lässt sich Zeit. Wie er die junge Dorothea Wyss kennen lernt und wie lange sie sich auf die Hochzeit vorbereiten, ist nicht bekannt. Aber er führt sie zum Tanz wie jeder andere Bursche. Noch im Ranft erinnert er sich an das Beschwingende der jungen Liebe.

Niklaus ist bereits 29-jährig, als er Dorothea heiratet. Das Haus ist bereitet, ein neuer Lebensabschnitt kann beginnen. Dorothea ist eine sympathische und tüchtige Frau. Wer ihr begegnet, findet rühmende Worte für sie. Sie nimmt die Aufgaben einer Bäuerin tatkräftig an die Hand, sorgt für Kleidung und Nahrung, pflegt den Gemüse- und Obstgarten, besorgt das Kleinvieh, sammelt Beeren und Kräuter und legt die Wintervorräte an. Eine wachsende Kinderschar füllt Küche, Stube und Schlafkammern. Mit den Jahren schenkt Dorothea ihrem Mann fünf Buben und fünf Mädchen. Die Kinder bringen den Eltern Mehrarbeit, aber auch Hilfe. Die Mädchen gehen der Mutter an die Hand, die Buben dem Vater, denn auf einem Bauernhof gibt es viel zu tun.
 

Wie lebt die Familie von Flüe? Ist sie besser, friedlicher als andere Familien? Es fehlen Zeugnisse, die das beschreiben. Sicher schauen die Kinder auf das Vorbild der Eltern. Der ruhige und nachdenkliche Vater kann ebenso gut zuhören wie gebieten. Auch zieht er es vor, statt mit Härte zu strafen mit Güte zu werben. Vom Ranft aus wird Niklaus später an den Rat zu Konstanz schreiben: "Mein Rat ist es, dass ihr grosszügig seid: denn ein Gutes ergibt stets das andere." Diese Lebenserfahrung hat er in Nachbarschaft, Gemeinde und Familie gewonnen. Aber auch das gute Vorbild trägt nicht bei allen Kindern Früchte. Über der späteren politischen Laufbahn des ältesten Sohnes liegen einige Schatten.

Niklaus wird als Ehemann beschrieben, der sich deutlich abhebt von damaligen Unsitten wie Trunksucht und Ehebruch. Von seiner Frau spricht er in grosser Herzlichkeit und Ehrfurcht. Sie ist in familiären und politischen Fragen gleichsam seine treue Beraterin. Dorothea ist stolz auf ihren Mann. Das stattliche Haus und sein wachsendes Ansehen im Land werten auch sie auf. Aber hie und da macht sie sich Sorgen. Sie ist ratlos und weiss nicht weiter. Denn Niklaus fordert beängstigend viel von sich ab; er gönnt sich kaum das Nötigste an Nahrung. In der Nacht steht er auf und betet stundenlang am Stubenofen. Er zieht sich nach der Arbeit zurück, um mit Gott allein zu sein. Wenn er heimkommt, ist sein Gesicht gezeichnet von Erlebnissen, die sie nicht versteht. Nach politischen Geschäften in Sachseln oder Sarnen ist er oft bedrückt und ratlos. Wie kann sie ihrem Mann zur Seite stehen?     

Politiker im Obwaldnerland

Schon vor der Heirat ist Niklaus in öffentliche Ämter hineingewachsen. Denn er ist angesehen unter den Mitbürgern. Sie übertragen ihm richterliche Aufgaben. In Urkunden erwähnt wird Niklaus in einem Prozess der Sachsler gegen den eigenen Pfarrer und als Vertreter Obwaldens in einem Streit zwischen dem Kloster Engelberg und der Pfarrei Stans. Später gehört er dem "Kleinen Rat" an, der politischen und richterlichen Führung von Obwalden. Das höchste Amt im Lande, die Würde des Landammanns, trug er nie. Er gibt keine verlässlichen Quellen, dass es ihm angeboten wurde, er es aber abgelehnt habe. Wie Niklaus seine politische Verantwortung sieht und wahrnimmt, sagte er einmal einem Pilger im Ranft: "Ich war mächtig in Gericht und Rat, ja auch in den Regierungsgeschäften meines Vaterlandes. Dennoch erinnere ich mich nicht, irgend jemand bevorzugt zu haben, so dass ich vom Pfade der Gerechtigkeit abgewichen wäre".
 

Die öffentlichen Ämter bringen nicht nur Ehre, sondern auch Last. Niklaus muss gegen den Druck des Landesüblichen seinen eigenen Weg suchen und gehen. Üble Machenschaften widersprechen seinem feinen Gerechtigkeitsempfinden. So kann er als Richter einmal ein parteiisches Urteil von bestochenen Richtern nicht verhindern. Und als Ratsherr muss er zusehen, wie zweifelhafte Gestalten um des schnöden Geldes willen ins Landrecht aufgenommen werden. Nichts hält Niklaus ab, weiterhin nach dem "Einig Wesen" zu suchen. Doch mehr und mehr zweifelt er an seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten.

Ein anderer wird dich führen

Niklaus ist etwa 48 Jahre alt und auf dem Höhepunkt seiner öffentlichen Anerkennung. Er hat alles erreicht, was einen Mann glücklich machen kann: familiäres Glück, wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Aufstieg. Aber all dies kann ihn nicht zufrieden stellen. Er leidet unsäglich unter den politischen Missständen im Obwaldnerland. Eines Tages kommt es zum Bruch - und zum politischen Skandal. Niklaus zieht sich aus allen Ämtern zurück. Gleichzeitig wird die innere Stimme eindringlich und unüberhörbar: "Verlass alles, auch das Liebste, auch Frau und Kinder, Hof und Heimat". Das stürzt ihn in eine tiefe Depression. Der Abgrund ist so dunkel, dass er später bekennt: "Ich war so tief niedergedrückt, dass mir selbst die liebe Frau und die Gesellschaft der Kinder lästig waren."

In dieser Not sucht Niklaus das Gespräch mit dem befreundeten Pfarrer Heimo Amgrund. Dieser rät ihm, das Leiden Christi zu betrachten und lehrt ihn, zu den sieben Gebetszeiten des kirchlichen Stundengebets über die einzelnen Stationen des Leidens Christi nachzudenken. Weil dies im Ablauf des bäuerlichen Tagewerks schwierig ist, zieht sich Niklaus so oft als möglich zurück, vor allem in die Stille des Ranftes. Dorothea weiss als Einzige, wo er sich aufhält.
 

Niklaus ist immer mehr entschlossen, "einen geeigneten Ort in der Einsamkeit ausschliesslich für die geistliche Betrachtung zu suchen". Er eröffnet diese Absicht seiner Familie. Es beginnt eine leidvolle Zeit des Nachdenkens, Besprechens und Suchens. Dorothea denkt an die Kinder, die den Vater brauchen. Niklaus denkt an den Ruf Gottes, der immer deutlicher wird. Die beiden ältesten Söhne sind zwar erwachsen und tüchtige Bauern. Aber die Sorge für Hof und Geschwister schränkt sie ein. Vater, Mutter und Kinder leiden aneinander und unter der Frage: "Was will Gott von uns?" Sie versuchen einander zu verstehen. Erst nach langer Zeit können sie den Willen Gottes annehmen und lassen den Vater "ins Elend" (in die Fremde) ziehen. Niklaus ist dankbar dafür und bezeichnet später die Erlaubnis seiner Frau und seiner Kinder zu seinem Einsiedlerleben als eine von drei grossen Gnaden, die ihm Gott geschenkt habe.

Bisher hat Niklaus sein Leben selber an die Hand genommen und tatkräftig gestaltet. Nun geht es ihm ähnlich wie Petrus, dem Jesus sagt: "Wenn du alt geworden bist, wird ein anderer dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst" (Joh 21,18). Ein unscheinbares Erlebnis führt zu dieser inneren Wende. Der Bauer Niklaus ist auf dem Weg zum Mähen. Er bittet Gott um ein andächtiges Leben. Da redet eine Wolke zu ihm: "Ergib dich in den Willen Gottes, du törichter Mann. Was Gott mit dir wirken will, darin sollst du willig sein!".

Im Ranft - am Ziel der Sehnsucht

Am Gallustag, 16. Oktober 1467, drei Monate nach der Geburt des jüngsten Kindes nimmt Niklaus Abschied von Frau und Kindern, Hof und Heimat. Er will "ins Ausland gehen und als Wallfahrer von einem heiligen Ort zum andern wandern". Er zieht im Pilgergewand gegen Norden. Bei Liestal wird er aufgehalten. Ein Feuerglanz über dem Städtchen erschreckt ihn. Ein Bauer rät ihm von seinem Vorhaben ab. In der Nacht dringt ein Lichtstrahl wie ein Schwert in seinen Leib und bereitet ihm grosse Schmerzen. Nun weiss er: "Gott will, dass ich umkehre!" Unverzüglich macht er sich auf den Heimweg und versteckt sich auf seiner Alp Chlisterli. Aber hier kann er nicht bleiben. Und Gott lässt ihn im Ungewissen, wohin er gehen soll. Schliesslich weisen vier Lichter in den Ranft, an die Stelle, wo er mit 16 Jahren den Turm sah. Hier erreicht Bruder Klaus – so nennt er sich fortan – als Einsiedler das Ziel seiner Sehnsucht. Hier ist es möglich, das "Einig Wesen" zu leben. Er überwintert in einer provi-sorischen Behausung aus Lehm, Ästen und Holzknebeln und unter einem Dach aus Laub.
 

Die Heimkehr gibt nochmals zu reden. Die Familie leidet unter Spöttern und Zweiflern. Bald spricht sich herum, Bruder Klaus lebe ohne Speise und Trank. Das bestätigt die Obwaldner Regierung nach einer strengen Prüfung. Im Sommer 1468 bauen Freunde und Nachbarn Bruder Klaus eine Kapelle mit einer Wohnzelle. Die Verwandten aber bleiben skeptisch. Bei der Kapellweihe 1469 prüft auch der Weihbi-schof von Konstanz das Wunderfasten.

Das ‚Einig Wesen’ trägt Früchte

Nicht irgendwo in der Fremde, sondern unweit der Orte, wo er bisher als Bauer, Vater und Politiker gewirkt hat, lebt Bruder Klaus fortan als Einsiedler im Ranft. Der Ruf vom "lebendigen Heiligen" verbreitet sich in der Eidgenossenschaft und bald in ganz Europa. Viele Menschen suchen ihn auf. Es kommen Rat suchende Männer und Frauen aus der Umgebung. Bruder Klaus begrüsst sie nach der Messe durch das Fenster der Zelle: "Gott gebe euch einen seligen guten Morgen, ihr lieben Freunde und ihr liebes Volk". Es kommen Bischöfe, Äbte und Priester, die seinen rechten Glauben prüfen - aber auch bewundern. Die Regierungen eidgenössischer Stände senden häufig Briefboten in den Ranft. Auch ausländische Fürsten wie Erzherzog Sigismund von Österreich und der Herzog von Mailand schicken Gesandtschaften. Die Stadt Konstanz bittet um Vermittlung in einem Streitfall um die Gerichtsbarkeit im Thurgau. Es kommen Neugierige und Plaggeister, die Bruder Klaus belästigen. Die Obwaldner Regierung wird in Luzern vorstellig, man möchte doch unliebsame Gäste fernhalten. Bruder Klaus hat die Welt geflohen und nun kommt die Welt zu ihm.
 

Und wie treffen die Besucher Bruder Klaus an? Der erste Biograf Heinrich Wölflin berichtet von Leuten, die "beim ersten Anblick von grossem Schrecken befallen" wurden. Bruder Klaus ist davon gezeichnet, dass er die Wirklichkeit Gottes nicht nur im Glauben ertastet, sondern mit den Augen sieht und im Herzen erlebt. Die meisten Gäste aber äussern sich wie Hans von Waldheim aus Halle nach seinem Besuch im Jahr 1474: "Bruder Klaus ist nicht traurigen Mutes, sondern in all seinem Reden, in seinem Gang und in seinen Gebärden erlebten wir ihn als leutselig, mitteilsam, behaglich, fröhlich und vor allem freundlich." Bruder Klaus verbindet in seiner Person Himmel und Erde.

In der Nacht auf den 22. Dezember 1481 kommt ein eiliger Besucher in den Ranft - Pfarrer Heimo Amgrund. Er bringt schlechte Nachricht. Die Tagsatzung in Stans, die der zerstrittenen Eidgenossenschaft endlich Frieden bringen soll, ist gescheitert. Ein Bürgerkrieg steht bevor. Mit einer Botschaft eilt er nach Stans zurück und ruft die Tagsatzungsherren nochmals zusammen. Sie vernehmen den Rat von Bruder Klaus und finden in kurzer Zeit den Frieden. Auf seine Autorität hin ebnen auch die Landkantone den beiden Stadtkantonen Freiburg und Solothurn den Weg zur Aufnahme in den Bund. In der ganzen Eidgenossenschaft läuten die Friedensglocken. Die Schlusserklärung der Tagsatzung erwähnt die "Treue, Mühe und Arbeit, die der fromme Mann Bruder Klaus in dieser Angelegenheit gehabt hat".

Dorothea und die ganze Familie von Flüe erinnern sich jetzt zurück an die bange Zeit vor dem Abschied, an das demütigende Gerede im Dorf, an die harten Stunden des Alleinseins. Aber nun können sie sich freuen: "Unser Vater hat die Eidgenossenschaft vor einem Bürgerkrieg bewahrt. Auch unser Einsatz hat sich gelohnt."
   
Friedensbotschaft aus dem Ranft

Es ist nicht bekannt, was Bruder Klaus den Tagsatzungsherren in Stans geraten hat. Aber fast ein Jahr danach denkt er in einem Brief an den Rat zu Bern über "Frieden" nach. Er fasst seine Erfahrungen und Überlegungen zum Frieden in einfache Worte.
 

Zuerst kommt die Faustregel des Praktikers zur Sprache, der vielfach erfahren hat, was im Leben brauchbar ist. "Gehorsam ist die grösste Ehr, die es im Himmel und auf dem Erdreich gibt. Darum sollt ihr schauen, dass ihr einander gehorsam seid." Schon als Richter hat Niklaus erfahren, was zum Frieden führt: Zuerst "Aufeinander horchen". Das heisst, das Anliegen und die Sorge des Gegenübers, seine Verletzungen und Träume anhören und aufnehmen. Dann auch "Einander gehorchen". Das bedeutet, dem Gegner einen Schritt entgegen gehen, mit ihm ins Gespräch kommen und nach einer Lösung für beide Seiten suchen. "Einander gehorchen" steht im krassen Gegensatz zum landesüblichen Verhalten der Eidgenossen. Diese lösen Probleme lieber mit Hellebarden als mit Verhandlungen. Und die Landsknechte tragen ihr raues Gehabe oft auch in die Familien hinein. Mit der Regel vom "Einander gehorchen" begründet Bruder Klaus einen neuen Umgangsstil im familiären Bereich und eine neue Kultur im politischen Bereich.

Als Mann Gottes, als Mystiker, macht Bruder Klaus tiefgreifende Erfahrungen. Das einfache Radsymbol eröffnet ihm das Geheimnis des Dreifaltigen Gottes: Gott bricht aus seinem innersten Geheimnis heraus, umfasst Himmel und Erde - und kehrt wieder in die Einheit, in den Frieden Gottes, zurück. Der Mystiker erlebt Gott als Urquell des Friedens. Aus der Überzeugung des Mystikers schreibt er im gleichen Brief an den Rat zu Bern: "Fried ist allweg in Gott, denn Gott ist der Fried."

Bruder Klaus besitzt beides, die Schau in die Tiefe des Glaubens und den Sinn für das konkrete Leben. Der Heilige und der Mensch sind bei ihm eine Einheit geworden. Aus einer Ganzheit lebend, wird für seine Mitbürger glaubwürdig. Das strahlt er heute noch aus.
   
Sterben und Weiterleben

Die letzte Woche im Leben des Bruder Klaus ist hart. Ein schweres Leiden befällt den ganzen Körper und peinigt ihn Tag und Nacht. Der Biograf Heinrich Wölflin schreibt: "Er erträgt den Schmerz bis zum achten Tag nicht weniger geduldig als armselig, verlangt brennend nach der Wegzehrung des heilsamen Leibes und Blutes Christi und haucht, nach seiner Gewohnheit auf dem blossen Boden ausgestreckt, am 21. März des Jahres 1487, siebzig Jahre alt, unter grossen Schmerzen seine Seele aus." Der Leib wird nach Sachseln getragen und in der Pfarrkirche von Sach-seln bestattet, wie es der Weihbischof von Konstanz angeordnet hat. Damit wird ihm eine Ehre zuteil, die normalerweise Priestern und Vornehmen vorbehalten war.
 

Als Dorothea zum Grab geht, berichtet ihr ein Bote, er habe ihren Mann auf dem Flüeli-Felsen in strahlendem Glanz gesehen, in der Hand die Fahne mit der Bärenklaue, dem Zeichen des Sieges. Im Sachsler Kirchenbuch werden ab 1488 Zeichen und Wunder festgehalten, die an seinem Grab geschehen. Immer mehr Pilger aus ganz Europa besuchen das Grab und die Wohnstätten von Bruder Klaus. Er ist zwar gestorben, aber er lebt in den Herzen der Menschen weiter.

Es dauert lange Zeit, bis die Kirche Bruder Klaus als Heiligen anerkennt. Papst Innozenz X. spricht ihn im Jahr 1649 selig, und 20 Jahre später erlaubt Papst Clemens IX. seine liturgische Verehrung. In der Freude darüber bauen die Obwaldner ihrem Landsmann eine grössere Kirche. 1679 wird das Grab in die neue Kirche übertragen. Aber erst im Jahr 1947 wird Niklaus von Flüe von Papst Pius XII. heilig gesprochen. Nach zwei verheerenden Weltkriegen sehnt sich die ganze Welt nach Frieden. Bruder Klaus ist ein Friedensheiliger. Er kennt den Urquell des Friedens und den Weg zum Frieden. Sein ganzes Leben ist eine Botschaft für den Frieden, ein Zeichen für den Frieden auch für unsere friedlose Zeit.
   
Begleiter durch unser Leben 

Bruder Klaus ist ein unbequemer Heiliger. Sein Leben ist nicht leicht zu verstehen. Er hatte hart zu kämpfen und bewährte sich in diesem lebenslangen Ringen. Eine romantisch-verklärende Sicht auf sein Leben wird ihm nicht gerecht. Wer sich behutsam auf Bruder Klaus einlässt, dem wird er ein verlässlicher Freund. Das entdecken immer mehr Menschen, nicht nur in der Schweiz und in den deutschsprachigen Ländern, sondern in der ganzen Welt. Sie hören oder lesen von Bruder Klaus oder suchen seine Lebensstätten in Sachseln und Flüeli-Ranft auf. Sie schlagen eine Brücke zum eigenen Leben und finden einen persönlichen Begleiter, dem sie sich anvertrauen können. Sein Leben wird zu einer unerschöpflichen Fundgrube.
 

   
 
Bruder-Klausen-Gebet
                
Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir,
was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir,
was mich fördert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir
und gib mich ganz zu eigen dir.


        
Dorothe von Flüe - Wer war sie?
 

Seit zwei Jahrzehnten zieht es meinen Mann und mich aus dem Landkreis Altötting in Bayern immer wieder nach Flüeli und in den Ranft. Ein Grund dafür: Bruder Klaus ist der Patron der Katholischen Landvolkbewegung in Deutschland (KLB), in der wir beide mitarbeiten und die für uns eine geistige Heimat ist. Und es fällt auf:
In den letzten Jahren wird nicht nur im Geburts- und Wohnhaus, sondern bei den Gottesdiensten und Andachten im Ranft oder auch in entfernteren Orten wie beispielsweise in Stalden immer von Bruder Klaus und Dorothea gesprochen. Mich freut das, denn für mich sind sie zusammen als Ehepaar lebendig und richtungsweisend.

Dorothea stand jahrhundertelang im Schatten ihres Mannes, des grossen Friedensheiligen Bruder Klaus von Flüe. Doch war nicht gerade ihr Ja zur Lebensweise ihres Klaus eine Grundlage für den Segen, der von diesem Leben ausging und ausgeht?
Wir kennen das grosse und gewiss schmerzlich errungene JA-Wort des Jahres 1467, mit dem sie ihren Mann wegziehen lässt und ihm damit die Brücke baut für einen neuen Lebensweg.
Sie hat aber nicht nur das eine grosse Ja gesprochen, im Laufe ihres Lebens hat sie viele Ja’s gesprochen:
Ja zu seinen Ämtern,
Ja zu seinem Beten und Fasten,
Ja zu seinem sonderbaren Gebaren, geprägt von den Visionen,
Ja zum Gerede der Leute,
Ja zu seinem Ringen um den Willen Gottes,
Ja zu seinem Leben in der Ranft und
Ja zu einem neuen Miteinander: nach dem Weggang hat sie gelernt,
ihrem Manne neu zu begegnen.

Über das Leben der Dorothea wissen wir wenig, aus den Aufzeichnungen über Bruder Klaus können aber diese Lebensdaten gefolgert werden:
Dorothea Wyss, Ratsherrentochter aus der Schwendi über dem Sarner See, heiratet 1446 im Alter von ca. 15 Jahren den um ca. 15 Jahre älteren Nikolaus von der Flüe. Sie gebar fünf Söhne und fünf Töchter, und gab 1467 ihrem Mann das Einverständnis, in die Einsamkeit zu ziehen. Sie besuchte Bruder Klaus im Ranft und versorgte seine Besucher gelegentlich mit Nahrung. Sie war beim Sterben von Bruder Klaus dabei.
In dem 1994 erschienenen Buch von Werner T. Huber sind die schriftlichen Äusserungen über Dorothea zusammengestellt. (Siehe Auszüge aus den frühesten Niederschriften, Seite ...)

Mein Nachfragen bei Schweizer Historikern nach Stellung und Aufgabenbereich einer Bäuerin im 15. Jahrhundert erbrachte erstaunliche Ähnlichkeiten mit unserer Zeit. Denn damals hatte die Frau in Haus, Hof und Familie eine verantwortliche Stellung. Erst in den dazwischenliegenden Jahrhunderten rückten die Frauen in den Schatten der Männer. Anders aber als heute hatten die mittelalterlichen Menschen die Gemeinschaft, die Grossfamilie im Blick, nicht die Einzelperson. Die Lebensweise war kollektiv und nicht individuell gestaltet.
Aufgabe von Dorothea war es demnach, dem grossen Bauernhaushalt vorzustehen und sich um die Ernährung, die Vorräte, die Kleidung (Flachs!) und die Kindererziehung zu kümmern. Die Söhne kamen ab dem 7. Lebensjahr zum Vater in die Lehre. Der oftmals abwesende Ehemann hinterliess ihr immer wieder einen Teil seiner Aufgaben auf Hof und Feld, solange bis die Söhne alt genug waren.

Aber eigentlich möchte ich Dorothea selbst erzählen lassen!
Wer war sie? - Dorothea Wyss erzählt:

"In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde ich geboren als Tochter der Eheleute Wyss und getauft auf den Namen Dorothea. Meine Kindheit und Jugend verlebte ich nahe am Sarner See, geborgen und ohne Hunger zu leiden. Das war nicht selbstverständlich, denn es waren wirre Jahre, immer wieder wurde Krieg geführt, gab es brache, nicht bestellte Felder, Plünderung und Totschlag. Mein Vater erzählte von seinen Ratsgeschäften nicht viel zuhause, aber oft merkte ich es ihm an, dass er litt unter den Entscheidungen und Bedrängnissen.

Wenn ein Krieg zuende war, wurde das Leben wieder freier, unbeschwerter, fröhlicher, es gab wieder reichlichere Ernten, Märkte, Reigen und Tanz.

In solchen Zeiten dankten Mutter und Vater jeden Tag für den Frieden und baten Gott, dass es eine lange Zeit so bleiben möge.
Junges Eheglück

Manchmal sprach mein Vater von dem Flüeli-Bauern, ein junger Mann mit Namen Nikolaus, dem die Gerechtigkeit stark am Herzen lag. Von ihm erhoffte er sich im Rat Stärkung und Unterstützung. Ich kannte ihn nicht, aber ich konnte mir vorstellen, wo sein Hof liegt - auf der Jenseite des Sarner Sees gab es auf der Höhe ein gerodetes Felsplateau; von dem Flüe hatte die Familie ihren Namen. Vater erzählte bewundernd von diesem stattlichen Bauern, der einen geraden Weg suchte und die vielen Ungerechtigkeiten und Bestechungen bekämpfte.
Ich war ganz aufgewühlt, als ich begriff, dass dieser Nikolaus um mich zu werben begann. Schliesslich war ich ganze 15 Jahre jünger. Und Freude, Stolz und Angst machten sich gleichermassen in mir breit. Freude und Stolz bewegte mein Herz bei der Vorstellung, die Frau eines so stattlichen, redlichen und gläubigen Bauern zu werden. Angst schlich sich zwischen dieses Hochgefühl des Glücks, wenn ich an unseren Altersunterschied, an das grosse Haus und die vielfältigen Aufgaben dachte. Und wenn ich seine innere Kraft spürte! Aber genau diese Kraft zog mich auch zu ihm hin und wir gaben uns das Ja-Wort.

Ich durfte in sein grosses, neugebautes Haus einziehen. Nikolaus wirtschaftete grosszügig und sparsam zugleich. Es fehlte uns an nichts, er selbst aber lebte karg.
Leben auf dem Hof

Arbeit gab es reichlich auf dem Flüeli-Hof, besonders als wir uns gegen den Rat vieler entschlossen, von der Felderwirtschaft auf die Viehwirtschaft umzustellen. Die Familie wurde immer grösser, vier Buben und fünf Mädchen habe ich geboren. Das Gesinde mehrte sich, denn für die Bereitung der Nahrung, der Vorräte und der Kleidung brauchte ich Hilfe. Nikolaus war viel unterwegs in den Aufgaben seiner Ämter, auf den Almen und auf den Märkten. Und im Krieg! Und wenn er zuhause war, kamen Leute mit ihren Rechtsanliegen; wir haben neben dem Eingang unseres Hauses eine Ratsstube eingerichtet, in dieser konnte er vielen Menschen zu ihren Rechten verhelfen in dieser verworrenen Zeit. Manche warteten bei mir in der Küche, bis Nikolaus heimkam. Wir waren froh, als unsere ältesten Söhne Hans und Walter mitanpackten auf dem Hof.

Denn oft konnte ihr Vater gar nicht arbeiten, wenn er nachhause kam. Bis ins Innerste liess er sich treffen von den Bestechungen, von der Macht des Geldes, von den Ungerechtigkeiten den einfachen Menschen gegenüber, von den Missständen in der Kirche. Obwohl er immer noch mehr betete und fastete, er fühlte eine immer grössere Ohnmacht. Eines Tages legte er alle seine Ämter nieder.
Er erzählte mir von Bildern, die sich ihm auftun und daraus er gerne lesen möchte, was Gott von ihm will. Diese Sprache Gottes war etwas Fremdes für mich, das merkte auch Nikolaus. Und er suchte die Einsamkeit und sprach immer weniger. Er stand auf zum Gebet, wenn wir alle im Bett waren. Oder er ging gleich längere Zeit zur Melchaa hinunter. Dort wusste ihn niemand und ich fühlte es, dass er mit sei¬nem Gott allein sein will.
Zeit der Unruhe

Aber ich wusste nicht, wohin sein Weg, unser Weg führte. So von einer Unruhe getrieben, niedergedrückt, wortkarg kann es nicht auf Dauer bleiben. Neunzehn Jahre waren wir jetzt verheiratet, aber so fremd und unnahbar war mein Mann noch nie. Manchmal spürte er meine Sehnsucht, dann bemühte er sich, zu bleiben. Ich war nochmals in guter Hoffnung. Nikolaus aber konnte auch durch dieses keimende Leben in mir keinen inneren Frieden finden. Diese meine Hoffnung erfüllte sich nicht. Ganz im Gegenteil: Er wurde noch unruhiger, noch rastloser, noch leidender. Er sprach von Gottes reinigendem Sporn an ihm. Ich war froh, dass sein Priester-Freund ihn besuchte. Danach ging er allerdings noch öfter und noch länger zur Melchaa hinunter und fastete vier Tage in der Woche ganz. Manchmal sah er aus, als ob er von einem Kampfe käme. Die Kinder fragten mich oft nach dem Vater, die Leute redeten gar viel und ich wusste wenig. Ich spürte nur sein Leiden und seinen Kampf.

Erleichterung und Angst gleichermassen umfing mich, als er mich nach langer Zeit wieder mit meinem Namen ansprach und mir sagte, dass sein Ringen um einen Weg ein Ziel gefunden hat. Er müsse weggehen von uns, von dem Hof, er müsse Gott ganz dienen. Aber er könne nicht gehen ohne mein Ja-Wort. Er müsse mich ein zweites mal darum bitten.
Die Entscheidung

Gerade als wenn er mir es übergeben hätte: Jetzt befiel mich die Niedergedrücktheit, die Unruhe und die Suche nach der richtigen Entscheidung. Ich fühlte das Glück unserer Ehejahre zerrinnen, ich fühlte noch grössere Einsamkeit, ich haderte mit seinem, mit meinem Gott, aber ich fühlte, dass mein Nikolaus nicht mehr daheim sein kann. Es treibt ihn weg von uns, manchmal konnte ich denken: Er treibt ihn weg! Es war eine unwiderstehliche Kraft, der ich mich drein zu geben hatte, sonst würde mein Mann zerbrechen. Und ich sprach mein Ja.

Die Last einer schweren Entscheidung ist geringer als keine Entscheidung. Nach 20 Ehejahren hat sich Nikolaus am Gallustag von einem jeden von uns verabschiedet. Nur bekleidet mit einer Leinen-Kutte ging mein Nikolaus als ‘Bruder Klaus’ in Richtung Elsass zu den ‘Gottesfreunden’.

Viele Fragen wurden mir jetzt gestellt. Und ich traute meinen Ohren nicht, als mein Schwager Peter von unserer Alm kam mit der Nachricht, Klaus sei dort oben und lässt seinen Priester-Freund rufen, weil er seinen weiteren Weg nicht mehr weiss und weil es ihn nach nichts mehr zu essen und zu trinken verlange.

Unerhört - nach so langem Ringen wieder die Ratlosigkeit!
Der Platz, Gott zu dienen

Vier Strahlen am Himmel sollen ihn in den nahen Ranft schicken. Ein Bretterverschlag soll seine Bleibe sein. Ist das der richtige Platz, an dem er ganz Gott dienen kann?
Ich verstand es nicht - aber es war so.

Bald sahen wir Menschen hinuntersteigen, auch Neugierige waren darunter, die den Mann ohne Speis und Trank sehen wollten. Die Neugierigen wurden weniger, die Ratsuchenden mehr. Die Dorfleute halfen, eine Klause zu bauen und bald eine Kapelle daran.
Ich habe mich am Gallustag von meinem Nikolaus für immer verabschiedet in Erdentagen. Werde ich es wagen, jetzt zu ihm hinunterzusteigen?

Obwohl der Weg zur Ranft kurz ist, für mich war es ein langer Weg, als ich zum erstenmal zu Bruder Klaus hinunterstieg. Ich wagte es, ebenso wie immer mehr Menschen aus nah und fern, seinen Rat zu holen.
In innerem Frieden

Ich bin froh, dass ich es gewagt habe, denn dort unten merkte ich, dass mein Bruder Klaus seinen inneren Frieden gefunden hatte. Wenn im Flüeli oben die Einsamkeit an mir nagte, das Hadern mich überfiel, dann konnte ich jetzt an sein friedvolles Gesicht denken - das Gesicht, das ich zwei lange Jahre ganz anders erlebt hatte. Und ich durfte immer wieder Menschen begegnen, denen er einen Weg gewiesen oder einen Trost gegeben hatte. Manchmal ging ich zur Messe hinunter.

Unsere Söhne haderten viel länger als ich. Sie schlugen auch einen ganz anderen Weg ein als ihr Vater. Sie übernahmen zwar auch politische Ämter, füllten sie aber so aus, wie gar viele in dieser Zeit: Sie erlagen der Versuchung von Bestechung, Korruption und der Macht des Stärkeren.
Manchmal war es zum Zerreissen für mich. Aber der Weg in den Ranft und seine ruhigen, weisenden Worte und das Wissen um sein Gebet liessen mich dies alles ertragen."
 

Hedwig Beier, Fahnbach 1, D - 84533 Haiming
   
 

Gebet des Heiligen Vaters Papst Johannes Paul II.          

am Grab von Bruder Klaus in Sachseln am 14. Juni 1984 (gekürzt)

Mein Herr und mein Gott,
in schwerer Zeit hast du den heiligen Bruder Klaus berufen,
"Gewissen" der Mitbürger zu sein und Frieden zu stiften.
Dank deiner Führung wurde die Ehe und Familie
auf dem Flüeli zum Ort des Glaubens und des Gebetes.
Dank deiner gütigen Vorsehung fand Bruder Klaus
in Dorothea eine verständige Gattin,
die mit ihm um die Kraft gerungen und gebetet hat,
deinem göttlichen Willen zu gehorchen.

Du hast Dorothea berufen, an Stelle ihres Gatten
die Verantwortung für Familie, Haus und Hof zu übernehmen,
damit der Weg des Heiligen frei werde für das Leben im Ranft,
frei für das Gebet, frei für deinen Auftrag, Frieden zu stiften.

Darum öffnen wir uns deinem Geist.
Mit dem Lieblingsgebet des heiligen Bruder Klaus
bitten wir dich um den Frieden im eigenen Herzen
und um den Frieden in der Welt:

Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir, was mich fördert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
Amen.

Ihr Heiligen Gottes
Bittet für uns!
 Amen.
 

 

Weiterführende Themen: 

Gemeinschaft der Heiligen
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