Franz von Sales (6)
Briefe II - An
Laien
O Gott, wie viel beständiger und inniger
sind doch die auf dem festen Grund der göttlichen Liebe begründeten
Freundschaften als jene, die auf Fleisch und Blut und weltlicher Achtung
aufbauen! Seien Sie nicht verwirrt ob Ihrer Trockenheiten und Dürre, sondern
trösten Sie sich im obersten Bereich Ihres Geistes und denken Sie daran, was
unser Herr uns gesagt hat (Mt 5,3.6): „Selig die Armen im Geiste; selig, die
hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.“ Welches Glück, Gott in der Wüste
ohne Manna, ohne Wasser und ohne anderen Trost zu dienen, als dem, unter seiner
Führung zu stehen und für ihn zu leiden! Die hochheilige Jungfrau möge in
unseren Herzen geboren werden, um uns ihren Segen zu bringen. Ich bin in ihr und
in ihrem Sohn voll und ganz der Ihre.
Auszug:
XXI, 25-26 (1987) An ein Fräulein.
Ich bin betrübt, meine liebe
Tochter, dass ich Ihre letzten Briefe nicht erhalten habe. Da mir aber unsere
liebe Frau N. den Stand Ihrer Angelegenheiten mitgeteilt hat, rate ich Ihnen von
ganzem Herzen, das heißt aus diesem Herzen, das das Ihre in einzigartiger Weise
liebt, Sie möchten sich nicht darauf versteifen, einen Prozess zu führen. Sie
verbrauchen damit unnütz Ihre Zeit und auch Ihr Herz, was das Schlimmere ist.
Man hat das Ihnen gegebene Wort gebrochen; der es gebrochen hat, trägt den
größeren Schaden davon. Wollen Sie sich deshalb auf eine so ärgerliche Sache
einlassen, wie es ein schlimmer Prozeß ist? Das wäre eine sehr ungeeignete
Vergeltung, wenn Sie nach Erleiden dieses Unrechts auch noch Ihre Ruhe, Ihre
Zeit, Ihr innerliches Leben einbüßen. Sie könnten nicht besser Ihren Mut
bezeugen, als indem Sie die Verachtung verachten ... Machen Sie es wie
Franziskus, als ihn sein Vater verstieß: Ach, sagte er, mit umso größerem
Vertrauen will ich jetzt sagen: „Vater unser, der Du bist im Himmel“, denn hier
auf Erden habe ich keinen mehr. Und Sie: Ach, wie viel vertrauensvoller will ich
doch jetzt sagen: Mein Bräutigam, mein Geliebter, der im Himmel ist. Bewahren
Sie Ihre Ruhe und danken Sie der göttlichen Vorsehung, die Sie in den Hafen
zurückführt, von dem Sie sich zu entfernen dachten; statt einer Schiffsreise
hätten Sie vielleicht einen großen Schiffbruch erlitten. Nehmen Sie dies als
Ratschlag von einer Seele an, die Sie lauter und aufrichtig liebt. Ich bitte
Gott, er möge Sie mit seinem Segen überhäufen. Ich grüße unsere liebe Schwester
in aller Eile.
Amen ...
Franz von Sales - Briefe II - An Laien
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