Europa
und die
Religion
Europa,
wohin gehst du? Unbemerkt hat sich Europa dem Säkularismus und
damit einem dezidiert gottlosen Menschenbild verschrieben, das hinter
den Entwicklungen steht, die heute als weitgehend selbstverständlich
angesehen werden. Auf diesem geistigen Hintergrund versteht man gut,
warum der Menschenrechtsgerichtshof des Europarates einstimmig für das
Abhängen der Kruzifixe gestimmt hat.
Angesichts der Flüchtlingsströme im Spätsommer 2015 ist dieses Thema
hochaktuell, die Beiträge hier stammen aus dem Jahre 2010. Als Christen
müssen(!) wir uns anders verhalten, Jesus hat dazu klare Weisungen
gegeben und daran gilt es auch in schwierigen Zeiten festzuhalten! Wir
sind nicht Eigentümer dieser Erde und haben die Pflicht dem zu helfen,
der Hilfe braucht! Das Hauptaugenmerk muss auf die SEELE gerichtet sein!
(V2000/2010)
I N H A L T
Europas Staatsdoktrin: die GottlosigkeitÜber die Weltanschauung der europäischen Gemeinschaftsorgane
Ein
Blick auf den Globus genügt, um zu erkennen, daß Europa nicht aus
geographischen Gründen als eigener Kontinent in Erscheinung tritt.
Eigentlich ist es der westliche Ausläufer der asiatischen Landmasse,
durch Bergketten, Flüsse und Meere fein gegliedert. Was kennzeichnet
dann diesen Erdteil? Was Europa zum Kontinent macht,
erkennt man auf einer Religionslandkarte: Es ist jener Raum, der seit
mehr als 1.000 Jahren, zum Teil seit 2.000 Jahren von der Botschaft
Christi geprägt ist. Diese Tatsache macht seine Identität aus.
Dieses prägende Merkmal wird allerdings heute verdrängt, ja geleugnet.
Die Debatten rund um den Gottesbezug in der EU-Verfassung machten
endgültig deutlich, daß die Neukonstruktion Europas nicht auf dem
Fundament des Christentums stattfinden sollte. Ja, sie beruft sich nicht
einmal auf Gott, den Schöpfer, also auf eine höhere Instanz als es der
Mensch ist. Basis der Neukonstruktion bilden die Menschenrechte. 54
Artikel enthält die Charta der Grundrechte der EU (Amtsblatt v.
18.12.2000). Was kennzeichnet nun dieses Fundament? Es ist eine
menschliche Satzung, die abgeändert werden kann. Die 1950 beschlossene
Konvention zum Schutz der Menschenrechte des Europarats hat bis 2002
insgesamt 13 Zusätze erhalten. Sie ist also kein wirklich festes
Fundament, wie es die zeitlos gültige Offenbarung Gottes im Neuen
Testament darstellt, sondern eine in die Verfügungsmacht der weltlichen
Autorität, der Staatengemeinschaft bzw. der Staaten, gegebene
Richtschnur. Die Staatengemeinschaft teilt dem Bürger Rechte zu.
Sie ist oberste Instanz, bestimmt, was Recht ist, ohne Bezug zu einem
übergeordneten Prinzip, wie es die Offenbarungsreligionen kennen. Für
diese ist das Wort Gottes maßgebend. Menschliche Satzungen müssen mit
ihm in Einklang stehen - auch wenn sie nicht wortgetreu aus den
geoffenbarten Texten abgeleitet sind. Kurzum: Im Hintergrund der
Rechtsordnung stand im christlichen Europa das christliche Menschenbild.
Dieses diente als Referenz für die Rechtsordnung. Nunmehr stehen
wir aber am Ende einer Entwicklung, die mit der Französischen Revolution
eingesetzt und in den totalitären Systemen des Nationalsozialismus und
des Kommunismus schon einmal Höhepunkte erreicht hat, nunmehr aber auf
demokratischem Weg ebenfalls zur Richtschnur geworden ist: Oberste
Instanz sind menschliche Normen. Heute sind es die von der
Staatengemeinschaft festgelegten Menschenrechte, die nunmehr den
Glaubens- und Religionsgemeinschaften den Rahmen für deren Aktivitäten
abstecken. Keiner Religion wird ein besonderer Stellenwert eingeräumt.
Religiöse Neutralität ist angesagt. Bemerkenswert in dieser
Hinsicht ist die Entschließung des Europarates vom 29. Juni 2007. Ein
wichtiges Dokument, weil der Europarat sich ja als Wächter über die
Menschenrechte versteht. Auffallend ist, daß nirgends in der
Entschließung die christliche Prägung Europas erwähnt wird. Festgehalten
wird nur, die Religionen seien wichtig, „weil es historisch eine
Tatsache ist, daß bestimmte Religionen jahrhundertelang gegenwärtig
gewesen waren und Europas Geschichte beeinflußt haben.“ (Nr. 1) Kein
Bezug zum Christentum, keiner zur Gegenwart. Hervorgehoben wird der
rein private Charakter der Religion, und zwar, „daß jedermanns Religion,
inklusive der Option, sich zu keinem Glauben zu bekennen, eine
ausschließlich private Angelegenheit darstellt.“ (Nr. 4) Damit wird die
Öffentlichkeitswirksamkeit von Religion auf Lobbyismus beschränkt, eine
Art Interessenvertretung wie jede andere. Und außerdem wird Glaube und
Unglaube auf dieselbe Stufe gestellt. Ja mehr noch: Durch diese
scheinbare Neutralität in Sachen Weltanschauung wird de facto die
Glaubens- und Gottlosigkeit in allem, was öffentlich zu entscheiden ist,
etabliert. Der Glaube verliert seinen öffentlichkeitswirksamen
Charakter. Eine Umkehr hat sich vollzogen: Nicht mehr der Staat richtet
sich nach Wegweisungen eines sinngebenden Glaubens, sondern der Glaube
wird vor das Tribunal des Staates gestellt. Dieser schreibt vor,
was in Sachen Religion zu geschehen hat. So heißt es etwa in der
Europaratsentschließung: „Selbst Länder, in denen eine Religion
vorherrscht, sind verpflichtet, die Ursprünge aller Religionen zu
unterrichten.“ (Nr. 14) Oder bezüglich der Religionsfreiheit: „
Diese Freiheit ist allerdings nicht unbegrenzt: Eine Religion, deren
Lehre oder Praxis unvereinbar mit anderen Grundrechten ist, wäre nicht
akzeptabel.“ (Nr. 16) Und: „Auch dürfen die Staaten nicht die
Verbreitung religiöser Grundsätze gestatten, die im Falle ihrer
Umsetzung Menschenrechte verletzen würden. Bestehen diesbezüglich
Zweifel, müssen die Staaten von den religiösen Führern unzweideutige
Stellungnahmen betreffend den Vorrang der Menschenrechte gegenüber
religiösen Prinzipien, wie dies die Europäischen
Menschenrechtskonvention vorsieht, verlangen.“ (Nr. 17) Das klingt
zunächst einleuchtend, öffnet tatsächlich aber massiven Eingriffen in
die Lehre und Praxis der Kirche Tür und Tor. Man denke nur daran, daß
Art. 17 der EU-Menschenrechtscharta festschreibt: „Diskriminierungen,
insbesondere wegen des Geschlechts, (…), der Religion oder der
Weltanschauung, (…) oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.“
In welche Richtung das gehen kann, wurde kürzlich in Großbritannien
deutlich. Da schrieb der tschechische EU-Kommissar für „Beschäftigung,
soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit“, Vladimir Spidla, in
einem Brief folgendes an die englische Regierung: Großbritannien müsse
seine Gesetze abschaffen, die aus religiösen Gewissensgründen Ausnahmen
vom Prinzip der Nicht-Diskriminierung zulassen (siehe S. 30). Im
Klartext: Die Kirche dürfe sich beispielsweise nicht weigern,
Homosexuelle anzustellen oder Kinderpatenschaften für homosexuelle Paare
zu vermitteln. Und wohin der Zug gehen wird, läßt sich noch aus Nr.
24.2 der erwähnten Resolution erkennen. Darin wird aufgerufen,
„schrittweise jene Elemente aus der Gesetzgebung zu entfernen - wenn
dies der Wille der Menschen ist -, die voraussichtlich vom Standpunkt
des demokratischen, religiösen Pluralismus diskriminierend sein
könnten.“ Damit ist das neue Dogma formuliert: der Säkularismus, der
ohne Gottesbezug die Gesellschaft nach sozialen, politischen,
wirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten managt und sich als eigene
Weltanschauung etabliert - mehr oder weniger unbemerkt. Denn die
religiösen Feste blieben erhalten, der Religionsunterricht, die
Fronleichnamsprozession… Aber auf gesellschaftlicher Ebene fand
stillschweigend eine Revolution statt: Seit Jahrzehnten regelt eine ins
Kraut schießende Gesetzgebung mehr und mehr Lebensbereiche mit
detaillierten Vorschriften: wann und wie lang geparkt werden darf,
welche Hygienemaßstäbe in Gastgewerbeküchen eingehalten werden müssen,
was auf Nahrungsmittelverpackungen angegeben sein muß… Internationale
Vereinbarungen, EU-Richtlinien, Gesetze, Verordnungen, Bescheide, all
das greift regulierend in das Leben der Bürger ein. Vielfach
handelt es sich um das pragmatische Regulieren von routinemäßig
ablaufenden Lebensvollzügen mit wenig weltanschaulichem Bezug. Und
trotzdem: Allein die Tatsache, daß wir uns einem Lebensstil unterwerfen,
der eine solche Flut von Regulierungen erforderlich macht, ist Ausdruck
einer unausgesprochenen Wertentscheidung. Das mag zunächst erstaunen,
weil es uns so selbstverständlich geworden ist. Blickt man aber näher
hin, so wird deutlich, daß wir es hier mit den Folgen der Entscheidung
für ein Leben zu tun haben, das im Hier und Heute seine Erfüllung sucht:
lustbetont, konsumorientiert, auf materiellen Wohlstand, auf Freiheit
von persönlichen Bindungen ausgerichtet. Unbemerkt hat sich Europa
dem Säkularismus und damit einem dezidiert gottlosen Menschenbild
verschrieben, das hinter den Entwicklungen steht, die heute als
weitgehend selbstverständlich angesehen werden. Auf diesem
geistigen Hintergrund versteht man gut, warum der
Menschenrechtsgerichtshof des Europarates einstimmig für das Abhängen
der Kruzifixe gestimmt hat.
Die Menschenrechte: eine neue Religion
Die
Menschenrechte sind das neue Dogma der heutigen europäischen
Gesellschaft. Es erlaubt keine Kritik, keine Infragestellung. In einer
ethisierenden Zivilreligion nehmen sie die höchste Stelle ein. Demnächst
sollen die Menschenrechte in die Charta der Grundrechte der EU
aufgenommen werden. Für alle Länder, die den „vereinfachten Vertrag“ als
Ersatz für die gescheiterte europäische Verfassung, ausgehandelt im
Juni 2007, ratifizieren, wird diese dann zwingend. Was beinhaltet diese
Charta konkret? n Die Charta diskriminiert das Recht jedes Menschen
auf Leben, denn nicht berücksichtigt werden die ungeborenen Kinder, die
immer Opfer der Abtreibung werden können, und auch nicht die Alten und
Kranken, denn man hat die Klausel der vorigen Konvention gestrichen.
Danach durfte „niemand absichtlich getötet werden“. Die Tür zur
Euthanasie und zum verordneten Selbstmord (unter ärztlicher Assistenz)
ist damit für alle geöffnet. n Es gibt ein Recht, zu heiraten und
eine Familie zu gründen (Art. 9), wobei es nicht mehr nötig ist, sich
festzulegen, ob man einen Mann oder eine Frau heiraten will. Alle
gleichgeschlechtlich Orientierten werden damit vor dem Staat den Bund
der Ehe schließen und in den Genuß der entsprechenden Rechtsgüter kommen
können. Dazu zählt auch das Recht, Kinder zu adoptieren. Sie werden es
um so mehr tun können, da sie wegen des „Rechts auf freie sexuelle
Orientierung“ keine Diskriminierung zu erwarten haben (Art. 2 1). n Bei der Erziehung ihrer Kinder haben die Eltern die „demokratischen Werte“ (Art. 1,4) zu respektieren.
Betont wird auch die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau „in
allen Bereichen“, was die Religion einschließt (Art. 23). Hier könnte
sich in Zukunft die Strafverfolgung wegen widerrechtlicher
Diskriminierung gegen kirchliche Amtsträger herausdrehen lassen, da die
Kirche es für Frauen ausschließt, durch Weihe zu den geistlichen Ämtern
zu gelangen. Es wird eine völlige Privatisierung der Religion
verordnet, denn Religion gefährdet die Freiheit in der Gesellschaft.
Darum muß „eine Vereinbarung getroffen werden, die den religiösen
Gemeinschaften eine Einmischung in Fragen, die rein weltlich bleiben
müssen, untersagt.“ „Wo die Ausübung der Religion mit den
Menschenrechten oder dem öffentlichen Interesse in Konflikt zu geraten
scheint, ist es die erste Pflicht der Regierungen, den demokratisch
ausgedrückten Willen der Bürger zu respektieren.“ Dies sind die
wesentlichen Marksteine auf dem Weg zu einer neuen Dogmatik, wie sie die
Religion der Menschenrechte hervorbringt. Sie duldet keinen Widerspruch
und verbannt Geltungsansprüche, die sich aus religiösen Ambitionen
speisen, in die Sakristei.
Michael Stickelbroeck
Der Autor ist Professor für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten.
Sein Beitrag ist ein Auszug aus Die Botschaft von Fatima und die
christliche Identität Europas in In den letzten Tagen werden schlimme
Zeiten hereinbrechen. Von Reinhard Dörner (Hrsg), Berichtband der
Osterakademie Kevelaer 2009, Verlag Kardinal-von-Galen-Kreis.
Menschwerdung - Zeichen des Widerspruchs
Im Wirrwarr der Heilsangebote im Blick behalten:
Nur in Jesus Christus ist die volle Wahrheit (Von Wolfram Schrems)
Die
weitverbreitete Skepsis gegenüber der Wahrheit, das undifferenzierte
Reden über „die Religionen“ verleiten sogar Christen dazu, die
Einmaligkeit der Offenbarung Gottes in Jesus Christus aus dem Blick zu
verlieren. Der Kern christlichen Glaubens ist die
Mensch_werdung Got_tes. Schaut man gründlich und unbefangen in
Geistesgeschichte und Gegenwart, stellt man fest, daß sich am Anspruch
Jesu Christi, der menschgewordene Sohn Gottes zu sein, in einem ganz
wörtlich zu nehmenden Sinn die Geister scheiden. Im folgenden soll der
Versuch unternommen werden, auf die Zentralität dieses Geheimnisses
hinzuweisen, eine Zentralität, die durch ihre vielfältige Bekämpfung nur
noch unterstrichen wird. Die Überlegungen sollen auch eine Aufforderung
sein, den katholischen Glauben tiefer zu durchdenken und sich ihn neu
anzueignen. In seinem Roman Der Herr der Welt läßt Robert Hugh
Benson einen abgefallenen Priester den Kern des Glaubens der Katholiken
so beschreiben: „(Sie) glauben, daß Gott Mensch wurde, daß Jesus Gott
war und daß er das getan hat, um sie durch sein Sterben vor der Sünde zu
retten. … Nun, was sie die Inkarnation nennen ist wirklich der Punkt.
Alles andere fließt daraus hervor. Und sobald das jemand glaubt, muß ich
bekennen, folgt der ganze Rest - bis hinunter zu Skapulieren und
Weihwasser.“ Das ist der Kern: Der ewige Sohn Gottes, der Logos,
nimmt die menschliche Natur vollständig an. Er wird einer von uns. Er
verkündet eine neue Lehre und stiftet ein konkretes, sichtbares Volk mit
einer sichtbaren Führung. Der Glaube ist also in konkrete Formen
gegossen: hierarchische Kirche, amtliche Verkündigung, Sakramente, Werke
der Nächstenliebe. Darüber hinaus schafft sich der Glaube Formen,
die oft nicht direkt geoffenbart, aber angemessen sind: die konkrete
Gestalt der Liturgien des Westens und des Ostens, klerikale Kleidung,
Zusammenfassung der Glaubenssätze im Katechismus, Auswendiglernen von
Gebeten und Bibelstellen und alle sonstigen, kulturprägenden Details.
Zerstört man die Formen, geht auch der Inhalt verloren. Die
Menschwerdung Gottes gibt weiters auch der Geschichtsschreibung
plötzlich Bedeutsamkeit. Das Neue Testament hält fest, was es wert ist,
festgehalten zu werden. Aus der Fülle der historischen Daten könnten wir
niemals ableiten, was wirklich wichtig ist. Durch das Eingreifen Gottes
in die Geschichte, ja Sein persönliches Teilnehmen an ihr, wird das
Niederschreiben objektiv interessant. Der Kalender wird dadurch
bedeutsam: Denn jetzt ist die Zeit nicht einfach eine unstrukturiert und
sinnlos ablaufende Zeit, sondern kann und soll Heilszeit sein. Die
Feste sind keine frei erfundenen Phantasiefeste, die - wie jeder
„feiernde“ Student weiß - unendlich öde sind, sondern haben einen
konkreten, historisch faßbaren Inhalt: Die Erinnerung an Geburt, Tod und
Auferstehung des Gottessohnes geben dem sich wiederholenden Jahr eine
sinnvolle und objektive Struktur. Freilich, das alles ist Inhalt des
Glaubens. Wir können das nicht „beweisen“. Wir können allerdings
feststellen, daß die Lehre Jesu, seine Wunder und seine Auferstehung
historisch hervorragend bezeugt sind. Es handelt sich nicht um
Phantasiegebilde. Daher ist der Glaube an die Menschwerdung Gottes nicht
„beweisbar“, aber auch nicht widerlegbar. Es gibt gegen ihn aber massive und vielfältige Widerstände. Diese kann man in drei Punkten grob zusammenfassen:
n Die hl. Schrift des Alten Testamentes kündigt zwar den Messias an.
Aber daß Er direkt und wörtlich der menschgewordene Gottes Sohn sein
würde, war offenbar nicht im Bewußtsein des Volkes Israel verbreitet.
Einige Stellen der hebräischen Bibel sprechen von einer innergöttlichen
Zeugung des Sohnes (etwa Ps 2,7; Ps 110,1.3), aber nicht von einer
Menschwerdung. Das Selbstbekenntnis als Sohn Got_tes bleibt dem Messias
angesichts des Verhörs durch den Hohenpriester vorbehalten (Mk 14,62).
Wie dieser reagierte, wissen wir. Das nachchristliche Judentum
definiert sich dann auch über die heftige Ablehnung des Anspruches Jesu.
Die maßgeblichen Stellen des Talmud wurden vor kurzem von dem Judaisten
Peter Schäfer auf Deutsch publiziert (Jesus im Talmud). Die
Leugnung der Inkarnation blieb von daher im Altertum in verschiedenen
Gruppen und Sekten Palästinas, Syriens und Arabiens lebendig, bis sie im
Islam eine neue, diesmal auch militärische Ausprägung fand. Von seiner
Grundaussage bekämpft der Islam die Idee der Mensch_werdung Gottes und
greift dazu auch zum Krieg. Die gewaltsam in Moscheen umgewandelten
Kirchen und der Ruf des Muezzins von den ehemaligen Kirchtürmen, dann
„Minarette“ genannt, sollen dokumentieren, daß die Christen falsch
liegen. Die Kernaussage des Islam ist ja nicht der Monotheismus,
sondern die Bestreitung der Gottessohnschaft Jesu Christi. Es ist darum
unerfindlich, warum so viele Zeitgenossen, unter ihnen katholische
Theologen, der Leugnung des Heilswerkes Gottes durch den Islam so viel
Wertschätzung entgegenbringen. n Wie stehen die anderen
„Religionen“ zur Inkarnation? Sie nehmen sie nicht zur Kenntnis:
Hinduismus und Buddhismus verbleiben auch 2000 Jahre nach der
Menschwerdung Gottes in ihrem schwer faßbaren Gemisch aus irrationalem
und unhistorischem Mythos, Magie und etwas praktischer Lebensklugheit
versponnen und „Naturreligionen“ behalten ihre Götzen, denen sie
fallweise auch Menschen opfern. Soll das „heilig“ sein? n Zu
erwähnen wären auch noch Bewegungen im Protestantismus. Viele Spielarten
leugnen zwar die Menschwerdung nicht formell, unterminieren sie aber:
Wo ausgerechnet die Verehrung der Mutter Jesu abgeschafft wird, von der
er doch die menschliche Natur angenommen hat, ist die Inkarnation
schwerer glaubhaft zu machen. Die Gründerväter der protestantischen
Richtungen be_kämpf_ten fünf von sieben Sakramenten,
Reliquienverehrung, Weihwasser und Skapuliere, Medaillen, Gelübde,
Wallfahrten und alles, was am Glauben konkret und leiblich ist. Das
Konkrete und Leibhaftige des Sakraments erregt Anstoß (vgl. Joh 6, 60).
Es ist aber gerade eine Folge der Menschwerdung! Übrig blieb im
Protestantismus vielfach nur ein dürres intellektuelles Gerippe, ein
„Christentum schlechthin“, praktisch eine reine Idee. Diese kann die
wirkliche Menschwerdung Gottes nur mehr schwer vermitteln. Das sehen wir
heute in Ländern protestantischer Prägung. Vom Protestantismus
verschieden und zeitlich später finden wir Feindschaft gegen das Dogma
der Menschwerdung Gottes in der französischen Revolution und in der
sogenannten „Aufklärung“, die in ihrem ideologischen Tiefpunkt, der
Lessingschen Ringparabel, Glauben und Vernunft gleichermaßen beleidigt.
Wir finden diese Ablehnung in den Wahnideen „moderner“ totalitärer
Diktaturen wie in der mexikanischen Revolution von 1917, im Kommunismus
und im Nationalsozialismus - alles ausdrücklich antichristliche
Projekte. Wir finden sie auch in weiten Strömungen „moderner“
Kunst, deren raffinierte und bösartige Absicht die Zerstörung des
Menschenantlitzes ist. Hier „kündet“ uns die „Kunst“ die Botschaft eines
dunklen und verworrenen Gegen-Logos. Der Haß Picassos auf die Frau läßt
ihn das menschliche Gesicht richtiggehend fragmentieren. Damit ist auch
das Antlitz Jesu und seiner Mutter getroffen. Dadurch soll wohl die
Ankunft Gottes „im Fleisch“ undenkbar gemacht werden. Der Mensch ist
nach der Darstellung vieler „moderner“ Künstler offensichtlich nur
sezierbares „Material“ - oder Müll. Schließlich und endlich ist es
offenkundig, daß die Mentalität der Empfängnisverhütung gegen die
Menschwerdung gerichtet ist. Der grauenhafte Umgang mit dem Leben vieler
Menschen, die vielen Verstöße gegen das 5. Gebot und besonders der
Greuel der Abtreibung sind Ausdruck des Hasses nicht nur gegen das Dogma
der Menschwerdung, sondern praktisch gegen die Menschwerdung selbst. Da
ist jemand, der sie, wie schon Herodes im Kindermord von Bethlehem,
rückgängig machen will. Und schließlich: Das Geheimnis der
Menschwerdung wird seit etwa 100 Jahren sogar von katholischen Theologen
geleugnet, indem eine „Christologie von unten“ oder ein
„Randgruppen-Jesus“ erfunden wurde. Im amtlichen Bereich der Kirche
drückte sich diese Tendenz in der Veränderung der Liturgie aus:
Ausgerechnet die Kniebeuge zur Stelle im Credo „et incarnatus est“ wurde
gestrichen. Auch das Schlußevangelium, der Johannesprolog, der die
Menschwerdung klar bekennt, entfiel. Warum? Offensichtlich gibt es
einen Geist, der in der Bestreitung dieses zentralen Dogmas nicht
lockerläßt und damit bis in die Kirche selbst vorgedrungen ist. Was
folgt aus allen diesen unerfreulichen Analysen? Zu_nächst werden wir
uns bewußt machen müssen, daß die Inkarnation für die an sie Glaubenden
als auch für die an ihr Anstoß Nehmenden von zentraler Bedeutung ist.
Man kommt daran nicht vorbei. Wie Benson sagt, alles andere geht daraus
hervor. Sodann sollen wir uns dieser großen Gnade Gottes bewußt
werden und für sie danken. Vergessen wir nicht, daß auch für die
Gesellschaft alles davon abhängt, welches Bild vom Menschen sie in die
Tat umsetzt: ob der Mensch jemand ist, dessen Natur Gott angenommen und
erhoben hat oder ob er nur modellierbare Materie ist. Schließlich
sollen wir in unserem Leben dem Tun Gottes Raum geben, daß auch wir nach
dem Vorbild des Menschgewordenen umgewandelt werden.
Wieviele
Glaubensmeinungen haben wir in diesen letzten Jahrzehnten kennen
gelernt, wieviele ideologische Strömungen, wieviele Denkweisen… Das
kleine Boot des Denkens vieler Christen ist nicht selten von diesen
Wogen zum Schwanken gebracht, von einem Extrem ins andere geworfen
worden: vom Marxismus zum Liberalismus bis hin zum Libertinismus; vom
Kollektivismus zum radikalen Individualismus; vom Atheismus zu einem
vagen religiösen Mystizismus; vom Agnostizismus zum Synkretismus, und so
weiter. Jeden Tag entstehen neue Sekten, und dabei tritt ein, was
der hl. Paulus über den Betrug unter den Menschen und über die
irreführende Verschlagenheit ge_sagt hat (vgl. Eph 4,14). Einen klaren
Glauben nach dem Credo der Kirche zu haben, wird oft als
Fundamentalismus abgestempelt, wohingegen der Relativismus, das sich
„vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-Und-Hertreiben-Lassen“, als
die heutzutage einzige zeitgemäße Haltung erscheint. Es entsteht
eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und
als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten läßt.
Wir haben jedoch ein anderes Maß: den Sohn Gottes, den wahren Menschen.
Er ist das Maß des wahren Humanismus. „Erwachsen“ ist nicht ein Glaube,
der den Wellen der Mode und der letzten Neuheit folgt; erwachsen und
reif ist ein Glaube, der tief in der Freundschaft mit Christus
verwurzelt ist. Diese Freundschaft macht uns offen gegenüber allem,
was gut ist und uns das Kriterium an die Hand gibt, um zwischen wahr
und falsch, zwischen Trug und Wahrheit zu unterscheiden. Diesen
erwachsenen Glauben müssen wir reifen lassen, zu diesem Glauben müssen
wir die Herde Christi führen. Und dieser Glaube - der Glaube allein -
schafft die Einheit und verwirklicht sich in der Liebe. Dazu bietet uns
der hl. Paulus - im Gegensatz zu den ständigen Sin_nes_änderungen derer,
die wie Kinder von den Wellen hin- und hergeworfen werden - ein schönes
Wort: die Wahrheit tun in der Liebe, als grundlegende Formel der
christlichen Existenz. In Christus decken sich Wahrheit und Liebe.
In dem Maße, in dem wir uns Christus nähern, verschmelzen auch in
unserem Leben Wahrheit und Liebe. Die Liebe ohne Wahrheit wäre blind;
die Wahrheit ohne Liebe wäre wie „eine lärmende Pauke“ (1 Kor 13,1).
Kardinal Joseph Ratzinger Aus der Predigt zu Beginn des Konklaves im Petersdom am 18.4.05
Die Religionen sind nicht gleich
Korrektur eines verbreiteten Irrtums: (Von P. Anselm Günthör OSB)
Letztlich
seien alle Religionen gleich, alle seien Wege zu Gott - eine in Europa
heute weitverbreitete Vorstellung. Sie ist allerdings grundfalsch - und
nicht mit den Lehren des II. Vatikanischen Konzils zu vereinbaren.
Die Beurteilung der Religionen als zwar äußerlich verschiedene, aber
wesentlich auf ein und dasselbe Ziel ausgerichtete Wege findet heute
viel Sympathie und Zustimmung. Deshalb ist das Interesse für die
Meditationsmethoden der asiatischen Religionen in Europa sehr lebendig.
Die Tendenz, die Religionen auf diese Weise in Einklang zu bringen, ist
nicht ganz neu. Als die christliche Religion unter Kaiser Konstantin zu
Beginn des 4. Jahrhunderts im Römischen Reich Anerkennung, sogar
Förderung fand, suchte der heidnische römische Senator Symmachus zu
beweisen, daß die heidnische römische Religion legitim neben der
christlichen Religion weiterhin bestehe. Seine Worte: „Das Gleiche ist
es, was alle verehren, eines, das wir denken, dieselben Sterne schauen
wir, der Himmel über uns ist eins, dieselbe Welt umfängt uns; was macht
es aus, auf welche Art von Klugheit der einzelne die Wahrheit sucht? Man
kann nicht auf einem einzigen Weg zu einem so großen Geheimnis
gelangen.“ Wie verbreitet die Theorie, die die unterschiedlichen
Religionen als Wege zum selben Ziel ansieht, auch heute ist, hat sich
Ende 2006 in der Erzdiözese Köln gezeigt. Kardinal Meisner, Erzbischof
von Köln, hatte für die katholischen Schulen in der Erzdiözese die
multireligiösen Feiern untersagt. Die katholischen Religionslehrer in
den staatlichen Schulen hatte er angewiesen, solche Feiern nach
Möglichkeit zu verhindern, auf jeden Fall die Teilnahme der katholischen
Schüler zu unterbinden. Mit multireligiösen Feiern sind solche
Veranstaltungen gemeint, in denen die Teilnehmer gemeinsame Gebete
sprechen, obwohl sie verschiedenen Religionen zugehören, z.B. die einen
der katholischen Kirche, andere dem Islam. Die Verfügung des Kardinals
ist nicht allein in der Erzdiözese, sondern auch in der breiteren
Öffentlichkeit auf heftige Kritik gestoßen. Die Kritiker zeigten, wie
die Theorie der Religionen als Weg zum selben Ziel bereits weithin
angenommen ist. Die multireligiösen Feiern in den Schulen sind
zunächst aus religionspädagogischen Gründen unangebracht: Das Kind wird
in seiner religiösen Entscheidung verunsichert und verwirrt, und dies
gerade in einem Alter, in dem es Orientierung, nicht
Orientierungslosigkeit benötigt. Die Theorie der Religionen als Wege zum
selben Ziel steht im Gegensatz zur Wirklichkeit. Die Religionen streben
zum Teil nach grundverschiedenen Zielen. In asiatischen Großreligionen
ist das Ziel nicht der persönliche Gott, sondern eine weithin
unbestimmte göttliche Wirklichkeit, eine höchste Macht, ein oberstes
Prinzip, Licht und Dunkel, Sein und Nichtsein. Der eigentliche
Buddhismus anerkennt keine Gottheit. Der christliche Glaube ist dagegen
ganz auf den dreipersönlichen Gott, auf Vater, Sohn und Heiligen Geist
ausgerichtet. Wo das Ziel so verschieden ist, sind auch die Wege zum
Ziel jeweils ganz anders.
*
Im Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes sagt das Zweite Vatikanische
Konzil mit der notwendigen Zurückhaltung über die Heilsmöglichkeit in
den nicht- christlichen Religionen: „Gott kann Menschen, die das
Evangelium ohne ihre Schuld nicht kennen, auf Wegen, die Er weiß, zum
Glauben führen“ (Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche, Nr. 7).
In der Dogmatischen Konstitution über die Kirche spricht das Konzil
noch deutlicher. Der Heilswille Gottes umfaßt die dem jüdischen Volk
Zugehörenden, dann die Muslime, weiterhin die unter Schatten und Bildern
Gott Suchenden, sogar die Atheisten, die theoretisch Gott leugnen, aber
im Anruf des Gewissens Ihn ahnen und Ihm folgen. Gott kann ihnen das
Heil schenken und schenkt es denen, deren Herz offen ist und die Ihn
durch ihr sittliches Leben suchen. Das Heil, das Gott ihnen schenkt,
verbindet sie mit Christus, der auch für sie der Erlöser ist, und in
Christus sind sie mit seiner Kirche verbunden, auf sie hingeordnet. So
gilt auch in diesem Fall, daß es kein Heil gibt ohne Christus und ohne
Seine Kirche. Die Lehre der Kirche darf nicht in dem Sinne
mißverstanden werden, daß die nichtchristlichen Religionen letztlich in
gleicher Weise wie die Kirche Vermittlerinnen des Heils und auch unter
diesem Gesichtspunkt alle Religionen gleich seien. Das Konzil schreibt
nicht den nicht-christlichen Religionen als solchen die Heilsvermittlung
zu, sondern den einzelnen Nichtchristen, unter der Bedingung, daß sie
den wahren Gott suchen und ihr Leben im Hören auf das Gewissen führen.
Sie finden das Heil nicht durch die nichtchristliche Religion, sondern
durch die Gnade Gottes in Christus und durch ihr persönliches religiöses
Streben. Papst Benedikt XVI. schreibt: „Das Heil liegt nicht in
den Religionen als solchen, sondern es hängt mit ihnen zusammen, sofern
und soweit sie den Menschen auf das eine Gute, auf die Suche nach Gott,
nach Wahrheit und Liebe bringen.“
Auszüge
aus: Sind alle Religionen gleich? Die Antwort Papst Benedikts XVI.
Gebetsruf im Islam
Über das Gebet der Muslime und den Stellenwert des Rufs vom Minarett (Von Christine Schirrmacher)
Am
29. November stimmten 57% der Schweizer für ein Verbot des Baus von
Minaretten in ihrem Land. Sie ernteten dafür rundum Kritik. Kaum jemand
aber stellte die Frage, welche Funktion dem Gebetsruf vom Minarett
zukomme. Im folgenden die Antwort einer namhaften Islam-Expertin.
Der sunnitische Gebetsruf (also der für die etwa 90%ige Mehrheit der
Muslime verbindliche) lautet folgendermaßen (die Nummerierung wurde nur
der Übersichtlichkeit halber hinzugefügt): „Allah ist am größten.
Allah ist am größten. Allah ist am größten. Allah ist am größten. Ich
bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah. Ich bezeuge, es gibt keinen
Gott außer Allah. Ich bezeuge, Muhammad ist der Gesandte Allahs. Ich
bezeuge, Muhammed ist der Gesandte Allahs. Auf zum Gebet! Auf zum
Gebet! Auf zum Wohlergehen! Auf zum Wohlergehen! (Zur Morgendämmerung
wird hinzugefügt: Das Gebet ist besser als der Schlaf.) Allah ist am größten. Allah ist am größten. Es gibt keinen Gott außer Allah.“
Da sich der Islam als die einzige „wahre“ Religion versteht, als die
Urreligion der Menschheit, die schon Adam verkündet wurde und in
Ewigkeit bestehen wird, erhebt der Koran den Anspruch, Juden- und
Christentum bzw. das Alte und Neue Testament dort zu korrigieren, wo sie
„verfälscht“ worden sind und dem Koran widersprechen. Muhammad hat den
Islam zu Beginn des 7. Jahrhunderts n. Chr. nicht in ein „atheistisches“
Umfeld hinein verkündet, sondern in der Auseinandersetzung mit seinen
arabischen, christlichen und jüdischen Zeitgenossen. Muhammad
wandte sich mit seinen Verkündigungen ab ca. 610 n. Chr. besonders an
die Juden und Christen seiner Zeit, die seinen Anspruch, der Gesandte
Gottes zu sein, nach anfänglichem Zögern entschieden abgelehnt hatten.
Diese Gruppen nahmen in Muhammads Augen eine Sonderstellung ein, weil
sie schon früher eine Offenbarung Gottes empfangen hatten. Er nannte sie
deshalb „Schrift-“ oder „Buchbesitzer“. An sie wandte sich
Muhammad mit dem Anspruch, sie zu der unverfälschten Botschaft von dem
einzigen, wahren, ewigen Gott zurückzurufen. Muhammad war der Ansicht,
Juden und Christen besäßen ein falsches, verzerrtes Bild von Gott und
hätten die wahre Uroffenbarung vergessen und beiseite getan, sonst
hätten sie Muhammad als Prophet Gottes anerkannt, die Wahrheit der
koranischen Botschaft erkannt und sich dem Islam zugewandt. Aus
diesen Gründen wäre die Übersetzung meiner Wahl zu Beginn des
Gebetsrufes: „Allah ist am größten“, weil Muhammad sich als den
abschließenden und in der Geschichte der Menschheit bedeutendsten
Gesandten Gottes verstand, der den Glauben seiner jüdischen,
christlichen und polytheistischen Zeitgenossen korrigierte. Das
Glaubensbekenntnis „Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah, und
Muhammad ist der Gesandte Gottes“, arabisch shahâda, nimmt im Islam
einen wichtigen Platz ein. Im Gegensatz zu christlichen
Glaubensbekenntnissen ist es für einen Muslim im Alltag allgegenwärtig:
Er spricht es bei seinen täglichen fünf Gebeten vielfach aus, es wird
von der Moschee über alle Stadtteile herabgerufen, und es wird auch im
täglichen Leben vergleichsweise häufig gebraucht. Es hat um so größere
Bedeutung, als außer diesem kurzen Bekenntnis kein für alle Muslime
verbindliches Bekenntnis existiert, was mit den „großen“ Bekenntnissen
der christlichen Kirchengeschichte (Nizänum usw.) vergleichbar wäre.
Das Glaubensbekenntnis stellt zugleich die erste Säule des Islam dar.
Es immer wieder auszusprechen, ist die Pflicht jedes Muslims. Jeder, der
es vor zwei Zeugen wiederholt, konvertiert damit zum Islam, weitere
Bedingungen müssen nicht erfüllt werden. Dieses Bekenntnis ist so
etwas wie ein „Ausweis“ für die Religionszugehörigkeit: Wenn ein Apostat
(ein vom Islam zu einer anderen Religion Konvertierter) vor Gericht
gestellt wird, um wegen seines Glaubensabfalls verurteilt zu werden,
wird ihn der Richter vielleicht bitten, dieses Glaubensbekenntnis zu
sprechen. Weigert er sich, gilt er als Abgefallener und seine Schuld als
erwiesen. Die Todesstrafe kann über ihn verhängt werden. Wer allerdings
bereut und zum Islam zurückkehren will, muß zunächst nur dieses
Bekenntnis vor Zeugen aussprechen, um wieder als Muslim zu gelten, im
späteren Verlauf muß er natürlich auch die übrigen vier Säulen des Islam
einhalten: Gebet, Almosenspende, Fasten im Monat Ramadan, Wallfahrt
nach Mekka. Wer der Ansicht ist, daß der Glaube zwischen Christen
und Muslime wegen beider Betonung der Allmacht und der Schöpferkraft
Gottes übereinstimme, sollte sich darüber klar sein, daß für Muslime mit
dem Bekenntnis zu Allah immer untrennbar das Bekenntnis zu Muhammad als
dem Gesandten Gottes verbunden ist. Echter Dialog kann so gut wie für
alle muslimischen The_ologen erst dort beginnen, wo Christen sich
uneingeschränkt zum Propheten Muhammad als dem Gesandten Gottes
bekennen. Nach Auffassung muslimischer Theologen heute gehört der
Gebetsruf zum eigentlichen rituellen Gebet hinzu, nicht jedoch unbedingt
der Gebetsruf per Lautsprecher. Der Gebetsruf ist bereits ein
Bestandteil des Gebets und dafür eine notwendige Einleitung, wenn das
Gebet „gültig“ sein soll, d. h., als eines der täglichen fünf
Pflichtgebete gezählt werden soll. Das Gebet (arab. salât) soll
möglichst bald nach dem Gebetsruf folgen; dies gilt als „empfohlene“
Handlung. Der Gebetsruf muß also auf jeden Fall vor dem eigentlichen
Gebet ergehen, nicht jedoch unbedingt per Lautsprecher. Findet das
rituelle Gebet zu Hause statt - und das ist in jedem Fall der Großteil
aller fünf täglichen Gebete, die Muslime weltweit sprechen, da
eigentlich nur am Freitag der Moscheebesuch für Männer verpflichtend ist
- kann der Gebetsruf zu Hause entsprechend in Zimmerlautstärke
ausgeführt werden. Anders gesagt: Der Gebetsruf per Lautsprecher ist
nach Auffassung muslimischer Theologen nicht notwendig, damit das Gebet
korrekt gesprochen und die islamischen Vorschriften zum Gebet
vollkommen erfüllt werden. „Islam“ bedeutet ja „Unterwerfung“
(unter Gott und seinen Willen) oder auch „Auslieferung“ an ihn. Das
Gebet, zu dem von der Moschee aus gerufen wird, ist kein freiwilliges,
spontanes Gebet, es ist auch kein liturgisches Gebet. Es ist das
rituelle Pflichtgebet, das fünfmal am Tag gesprochen werden muß: vor
Sonnenaufgang, nach dem Mittag, vor Sonnenuntergang, nach
Sonnenuntergang und als Nachtgebet. Darüber hinaus kennt der Islam freiwillige Gebete, das sind: - weitere rituelle Gebete zu bestimmten Anlässen: Sonnen- und Mondfinsternis, Gefahr, Dürre, Totengebete, Festtagsgebete usw., - vorformulierte Gebete z. B. aus einer Gebetssammlung oder - ganz freie Bitt- oder Dankgebete zu Allah.
Das rituelle Gebet hat im Islam große Bedeutung. Es ist eine der fünf
Säulen des Islam und als solche unbedingt von jedem Muslim, ob Mann oder
Frau, jenseits der Pubertät täglich einzuhalten. „Das rituelle Gebet
ist das Herzstück des Islam“ (Enyclopedia of Islam vol. 8 (1995) S.932).
Es stellt die Verbindung des einzelnen Muslim zur weltweiten
Gemeinschaft der Muslime (der umma), zu Gott und letztlich auch zum
Propheten Muhammad her, denn auf ihn wird bei jedem Gebet Segen und Heil
herabgefleht, da kein Muslim mit absoluter Sicherheit weiß, ob selbst
Muhammad ins Paradies eingegangen ist. Das rituelle Gebet, zu dem
per Lautsprecher gerufen wird, ist nicht irgendein Gebet etwa über die
Größe und Allmacht Gottes, das z. B. auch Christen mitsprechen könnten,
sondern immer das nur von Muslimen gesprochene Pflichtgebet. Der
entscheidende Faktor beim rituellen Gebet ist nicht der, daß das Gebet
gesprochen wird, sondern, daß präzise der detailliert vorgeschriebene
Ablauf des Gebets eingehalten wird. Dieser Ablauf umfaßt nicht nur alle
Worte des Betenden, sondern auch alle Bewegungen wie die insgesamt 17
Niederwerfungen auf Knie und Gesicht, die vorgeschriebene rituelle
Reinheit und die dazugehörigen Waschungen vor dem Gebet, eine
„Absichtserklärung“, ohne die das gesamte Gebet ungültig ist, die
vorschriftsmäßige Bedeckung des Körpers, die Orientierung in Richtung
auf Mekka, in die das Gebet gesprochen wird sowie in der Regel die
Verwendung der arabischen Sprache sind streng vorgeschrieben.
Jegliche Abweichung davon wie Essen, Sprechen, Gehen und überhaupt alles
außer den genau vorgeschriebenen Handlungen machen das Gebet ungültig;
es muß dann von Anfang an wiederholt werden. Fromme Muslime sprechen
häufig weitere Gebete, für den Fall, daß ihnen unwissentlich bei dem
oben beschriebenen Ablauf ein Fehler unterlaufen ist. Wird dies
alles nicht ganz genau eingehalten, ist das Gebet wertlos und nichtig
(arab. bâtil), das heißt, es zählt nicht zur Erfüllung der täglichen
fünfmaligen Gebetspflicht und muß nachgeholt werden. Der „Sinn des
rituellen Gebets (besteht) ... in der ... Äußerung der völligen Demut
und Hingabe Allâh gegenüber“ (Lexikon d. Islamischen Welt, Stuttgart
1992, S. 109). Betrachtet man diese detaillierten Vorschriften zur
Durchführung des Gebetes, bleibt festzuhalten, daß zwar der Gebetsruf an
sich, nicht aber eine Lautsprecherverstärkung vorgeschrieben sind.
Es geht nicht darum, mit der Ablehnung der Lautsprecherverstärkung
Muslime „auszugrenzen“ oder Unfrieden zu stiften. Vielmehr geht es
darum, daß das verfassungsmäßig garantierte Recht aller Bürger gewahrt
bleiben muß, nicht an einer religiösen Handlung irgendeiner
Religionsgemeinschaft teilnehmen zu müssen. Das bedeutet, daß niemand
als „Unruhestifter“ bezeichnet werden kann, der es ablehnt, an einer
gottesdienstähnlichen Handlung einer anderen Religionsgemeinschaft
täglich mehrmals teilzunehmen. Der Gebetsruf ist nämlich eine
„religiöse Übung“ einer Religionsgemeinschaft: Er ist keineswegs (nur)
eine „Einladung“ oder ein „Ruf“ wie die Kirchenglocken, sondern er
formuliert und verkündet bereits einen grundlegenden Teil islamischer
Dogmatik von der Einzigartigkeit Allahs und dem Prophetentum Muhammads.
Er ist ein öffentliches Bekenntnis zum Islam und seiner Überlegenheit.
Es geht jedoch nicht an, daß im christlichen Abendland gegen die bloße
Existenz eines Kreuzes in einer Schule prozessiert werden kann, der
islamische Gebetsruf per Lautsprecher jedoch unwidersprochen hingenommen
werden muß. Es geht bei der Forderung nach dem Gebetsruf per
Lautsprecher deshalb auch nicht darum, daß Muslime erst durch den
Einsatz des Lautsprechers das islamische Gesetz treu erfüllen können,
denn es ist kein Lautsprecher notwendig, damit das Gebet gültig wird.
Der lautsprecherverstärkte Gebetsruf berührt auch keine sonstige
Bestimmung der islamischen Pflichtenlehre. Die größte Bedeutung hat
der lautsprecherverstärkte Gebetsruf dagegen als Mittel der
Verkündigung des Islam: Klassischerweise teilt der Islam die ganze Welt
in zwei Bereiche ein, nämlich in einen Bereich, in dem der Islam schon
Staatsreligion ist und die islamische Ordnung aufgerichtet ist; dies ist
das „Haus des Islam“ (arab. dâr al-islâm). Im „Haus des Krieges“ (dâr
al-harb) gilt das islamische Recht noch nicht. Das Bestreben, zumindest
von politisch aktiven muslimischen Gruppierungen, von welchen sich
etliche in Moscheevereinen organisieren, geht nun dahin, im „Haus des
Krieges“ die islamische Ordnung aufzurichten. Das geschieht nicht
unbedingt auf militärischem, sondern durchaus auf friedlichem Weg, mit
Hilfe einer Durchdringung der Gesellschaft mit dem Islam und seinen
Werten, denn der Islam versteht sich ja als umfassendes System, das
nicht nur die Religion eines Menschen bestimmt, sondern seine familiären
und sozialen Beziehungen ebenso regelt wie Leitlinien für Politik und
Wirtschaft gibt. Bei der Forderung nach dem Gebetsruf per
Lautsprecher geht es deshalb vor allem darum, dem Islam öffentlich Gehör
zu verschaffen, ja seine Ausbreitung zu demonstrieren, den aus
muslimischer Sicht einzig wahren Gott und seinen Propheten Muhammad
auszurufen, sowie den Glauben an Allah öffentlich zu proklamieren. Der
Gebetsruf hat also nicht nur eine religiöse, sondern auch eine
politische und gesellschaftliche Komponente. Er ist ein Mittel
islamischer Propaganda. Zu dieser Proklamation gehört auch, wenn
muslimische Organisationen versuchen, die Baugenehmigung für ein
möglichst hohes Minarett zu erhalten, das nach Möglichkeit alle
umliegenden Gebäude der Stadt überragen sollte. Auch für das Minarett
gilt dasselbe wie für den lautsprecherverstärkten Gebetsruf: Es ist nach
Ansicht muslimischer Theologen selbst nicht notwendig, um die Moschee
zu einem Ort vollgültiger Gottesanbetung zu machen, sondern vielmehr ein
Schmuckelement, sowie ein Instrument der Machtdemonstration des Islam.
Die international renommierte Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel
formuliert das folgendermaßen: „Das Minarett ... wird manchmal als eine
Art Sieges_turm aufgefaßt, als das sichtbare Zeichen der Gegenwart des
Islam in einem neu eroberten Gebiet“. (Die Zeichen Gottes. Die Religiöse
Welt d. Islam. Beck 1995, S. 83)
Christine Schirrmacher Die
Autorin ist wissensch. Leiterin des Inst. für Islamfragen der Deutschen
Evangelischen Allianz und Professorin für Islamische Studien an der
Universität in Leuven/Belgien. Ihr Beitrag ein Auszug aus Ihrem Artikel
auf der Homepage: www.islaminstitut.de
Muslime integrieren - aber wie?
Mission unter Muslimen: eine dringende Herausforderung
Das
Schweizer Minarettverbot ist zunächst Ausdruck des weitverbreiteten
Unbehagens der Europäer in der Begegnung mit dem Islam. Eine gewisse
Besorgnis ist ja auch keineswegs unbegründet…
Es
genügt, an die laufenden Meldungen zu denken: an Drohungen, Attentate
(zuletzt der Versuch, den dänischen Mohammed-Karikaturisten zu ermorden)
und Christenverfolgungen (sechs koptische Christen wurden nach der
Weihnachtsmesse in Ägypten erschossen). Aufschlußreich ist auch ein
Blick auf den „Weltverfolgungsindex 2009“, der die Länder nach dem
Ausmaß, in dem sie Christen benachteiligen und verfolgen, bewertet. Die
Liste führt zwar das kommunistische Nordkorea an, aber unter den ärgsten
zehn Ländern befinden sich acht muslimische und 22 unter den ersten 30.
Aus dem Irak, dem Libanon und Palästina gibt es seit Jahren einen
Massenexodus von Christen. Soll man sich da nicht Gedanken über die
fortschreitende Islamisierung Europas machen dürfen? Und ist das
Schweizer Minarettverbot nicht Ausdruck einer weitverbreiteten Sorge
über diese Entwicklung? Immerhin war es das erste Mal, daß sich ein Volk
in Europa zu dieser brennend aktuellen Frage äußern durfte. Daß die
Schweizer von weiten Kreisen der Verantwortlichen in Politik und Medien
für ihre Entscheidung verurteilt wurden, setzt allerdings die bisher
geübte Praktik fort, die mit der Masseneinwanderung von Muslimen nach
Europa verbundenen Probleme zu negieren. Die Immigration hat aber
Ausmaße erreicht, die eine weitere Verdrängung nicht gestatten. Derzeit
dürften in der EU rund 16 Millionen Muslime leben, davon sechs Millionen
in Frankreich, mehr als vier Millionen in Deutschland. In Österreich
liegt die Zahl zwischen 400.000 und 500.000. Wie sich die weitere
Entwicklung darstellen könnte, hat die „Österreichische Akademie der
Wissenschaften“ untersucht. Sie „prognostiziert für das Jahr 2051 den
Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung - je nach Zuwanderung und
Zahl der Kinder - zwischen 14 und 18%. Im extremsten und (…) kaum
realistischen Szenario könnten es 26% sein.“ (Die Presse v. 9.12.09) Bis
zur Jahrhundertmitte könnte „jeder dritte oder sogar jeder zweite
Besucher einer Pflichtschule Moslem sein.“ Sich dieser Gegebenheit
zu stellen, ist ein Gebot der Stunde. Da geht es nicht um Panikmache
oder Verteufelung, sondern darum, die bisher geübte Praxis aufzugeben,
alles, was mit Glaube zu tun hat, aus der Öffentlichkeit zu verdrängen.
Die säkulare Gesellschaft entzieht sich so nämlich der Einsicht, daß es
sich bei Glaubensentscheidungen um eine das ganze Leben bestimmende
Option handelt, die sich nicht nur auf die private Lebensgestaltung
auswirkt, sondern danach verlangt, das gesellschaftliche Zusammenleben
mitzugestalten. Unter Muslimen ist dieses Bewußtsein besonders stark
ausgeprägt. Sie verstehen sich als dem Gesetz des Schöpfers
unterworfene Wesen. Dieses Gesetz, die Scharia, wird von Koran und Sunna
(der islamischen Tradition) bestimmt. Muslimisches Recht ist also
unmittelbar umgesetzte „Offenbarung“. Das wird auch im Umgang der
islamischen Staaten mit der UNO-Menschenrechtserklä_rung deutlich. Diese
Länder haben diese Erklärung zwar unterschrieben, parallel dazu aber
eigene, an die Scharia angepaßte Satzungen veröffentlicht. Durch sie
gelten die eigentlich für alle Menschen gültigen Prinzipien tatsächlich
nur für die muslimische Glaubensgemeinschaft. Mit dieser
Vorstellung, daß ihr Glaube das gesamte Leben zu bestimmen habe, kommen
Muslime nach Europa. Sie sind daher auch bemüht, ihr kulturelles Umfeld,
so gut es geht, hierher zu importieren. Daher ist es ihnen auch so
wichtig Großmoscheen, sogenannte Freitagsmoscheen, in Europa zu
errichten. Sie sind hier Stützpunkte des Islam, muslimische Enklaven in
der säkularen Gesellschaft Europas. P. Joseph Herget, Islamexperte und
Missionar unter Muslimen, erklärt das, wie folgt: „In der
Freitagsmoschee findet man alles, was ein Muslim zum Leben brauchen
kann: ein Reisebüro, einen Gemüseladen, Kleider- und Schuhgeschäfte…
Wenn ich an die schöne große Moschee in Ankara denke, so ist das einfach
auch ein tolles Kaufhaus. Nur der obere Teil ist Gebetsraum.“
Daher fördern und finanzieren islamische Staaten auch die Errichtung
solcher Zentren. Sie tragen wesentlich dazu bei, daß sich Muslime hier
im Westen in einem eigenen Lebensraum - wo auch islamisches Recht
gesprochen wird - bewegen können. Als sich der türkische
Ministerpräsident Recep Erdogan 2008 bei einer Rede in Köln an 16.000
versammelte Landsleute wandte, warnte er seine Zuhörer ausdrücklich
davor, sich anzupassen: „Sie haben sich bemüht, Ihre Identität, Ihre
Kultur, Ihre Traditionen zu bewahren. Ihre Augen und Ihre Ohren waren
immer auf die Türkei gerichtet. Die Tatsache, daß Sie seit 47 Jahren
Ihre Sprache, Ihren Glauben, Ihre Werte, Ihre Kultur bewahrt haben, vor
allem aber, daß Sie sich gegenseitig stets unterstützt haben, diese
Tatsache liegt jenseits aller Anerkennung. (…) Niemand kann von Ihnen
erwarten, Assimilation zu tolerieren. Niemand kann von Ihnen erwarten,
daß Sie sich einer Assimilation unterwerfen. Denn Assimilation ist ein
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Sie sollten sich dessen bewußt
sein.“ Mit dieser Sichtweise muß sich die westliche Gesellschaft
auseinandersetzen: Bei gläubigen Muslimen haben wir es mit einer Gruppe
von Menschen zu tun, die ihr Leben nach den Geboten Gottes ausrichten
wollen, nicht nur zu Hause, in den eigenen vier Wänden, sondern
langfristig in ihrem gesamten gesellschaftlichen Umfeld. Das ist die
Herausforderung, vor der Europa steht. Was ist da zu tun? Wir
müssen uns der Frage stellen, wie wir die zugewanderten Muslime für
unsere Lebensweise gewinnen können. Aber wie sind Muslime zu
integrieren? Wer diese Frage stellt, muß wissen, was er den Zuwanderern
zu bieten hat. Daher findet derzeit in Frankreich, dem Land mit dem
höchsten Muslim_anteil, eine breit angelegte Debatte über die
französische Identität statt. Was bedeutet es überhaupt, Franzose zu
sein? Im Zuge dieser Gewissenserforschung stellt sich allerdings
heraus, daß dies gar nicht leicht zu beantworten ist. Sicher, da gibt es
die Annehmlichkeiten, die ein Industrieland zu bieten hat: Wohlstand,
Mindestlöhne, ein soziales Netz, Gesundheitsversorgung für jedermann…
Keine Frage, all das lockt die Menschen aus armen Ländern an - aber
reicht es? Ist zu erwarten, daß mehr Einkommen, soziale Sicherheit und
längere Schulbildung gläubige Muslime zum agnostischen
Wohlstandsbürgertum bekehren? Und ist das überhaupt erstrebenswert?
Durchaus nicht. Wirklich integriert werden können Muslime in Europa nur,
wenn man sie mit den Wurzeln unserer Kultur vertraut macht, mit der
befreienden Botschaft des Evangeliums. Sie müssen eine attraktive
Alternative zu ihrem Glauben kennenlernen und dem wahren, lebendigen,
wirklich barmherzigen Jesus Christus, dem menschgewordenen Gott,
begegnen. Muslime, denen diese Begegnung geschenkt wird, erleben eine
enorme Befreiung (Seite 12). Sich dieser Aufgabe zu stellen, ist die
große Herausforderung für die Kirche heute. Da sind wir Christen, jeder
einzelne, jede Pfarre, jede Diözese gefordert.
C. G.
„Es ist wie Licht und Dunkelheit“
Ein Muslim findet zum Glauben an Jesus Christus
Im
Gespräch mit Muslimen, die zum Glauben an Jesus Christus finden, wird
deutlich, welche Befreiung dieser Schritt für sie bedeutet. Aus Gründen
der Sicherheit für den Gesprächspartner und dessen Familie wurde sein
Name geändert.
Waren sie früher ein gläubiger Muslim? Andreas:
Ich bin im Iran aufgewachsen, allerdings in einer Familie, die sich
bemüht hat, keinen zu engen Kontakt zum muslimischen Umfeld zu pflegen.
Das war eine große Hilfe. Wir waren viele Kinder zu Hause. Ich bin daher
fast nur in der Familie aufgewachsen. Mein Vater hatte eine bedeutende
gesellschaftliche Stellung. Ich konnte schon als Kind im Fernsehen
beobachten, wie sich die Leute benahmen, die das Gebet in den Moscheen
anleiteten. Was für ein Geschrei - und wie wenig Sammlung!
Wie sind Sie dann mit dem Islam in Berühung gekommen? Andreas:
In der Schule mußte ich selbstverständlich den Koran lernen - und zwar
auswendig. Und da sind mir natürlich viele Widersprüche aufgefallen, zum
Beispiel, wenn es um die Stellung der Frau geht. Viele gläubige Muslime
allerdings wissen gar nicht, was im Koran steht. Sie tun sich viel
leichter als jene, die den Koran genau studiert haben. Daheim haben wir
dann über all die Widersprüchlichkeiten geredet. Und es ist uns klar
geworden: Da ist menschlich vieles ganz falsch. Aber in der Schule
durfte man selbstverständlich kein Wort darüber verlieren. Das hätte
sofort zu größeren Schwierigkeiten geführt. Und daher haben wir uns auch
in der Schule mit den Kontakten zurückgehalten.
War das auf Dauer durchzuhalten? Andreas:
Es war sehr schwierig. Wir haben jedenfalls bei unseren Gesprächen zu
Hause entdeckt: Der Islam produziert im Grunde genommen ein freudloses
Leben, er ist kultur- und wissenschaftsfeidlich. Er wirkt wie ein
lebensfeindlicher, geistiger Virus. Wie war das dann mit den Kontakten an der Universität?
andreas: Ich habe Technik studiert, weiter zu Haus gelebt und auch da
nur ganz wenig Kontakt zu meinen Mitstudenten gehabt. Im Rückblick muß
ich allerdings feststellen, daß mich das islamische Ambiente natürlich
auch beeinflußt hat. Wichtig für mich war damals, daß ich mit einem
UNICEF-Mitarbeiter in Kontakt gekommen bin. Seine Aufgabe war es
eigentlich, Menschen, die zu nicht-islamischen Minoritäten gehörten und
die daher nicht studieren durften, in ihrer Weiterbildung zu fördern. Er
war von der Oxford-University in den Iran geschickt worden. Von ihm
habe ich sehr profitiert. Sehr geholfen hat mir auch mein großer Bruder…
Inwiefern? Andreas:
Er ist einmal in einer Kirche in unserer Stadt gewesen. Als er heimkam,
sagte er uns, daß alles, was er dort gehört hatte, der Wahrheit
entspreche. Dort hat er die Bibel kennengelernt. Wir hatten dann auch
eine Heilige Schrift auf Persisch zu Hause, außerdem einige
Kleinschriften. All das hat mich sehr interessiert. Es hat unseren
Glauben geprägt. Mein Bruder hat mir auch erzählt: „Seitdem ich Jesus
kenne, ist mein Leben ganz anders. Ich bin wirklich gelassen, kein
Streß.“ Wir haben daheim über all das sehr offen geredet. Ich habe über
die Bibel zum Glauben gefunden, ebenso meine Geschwister. So haben wir
beispielsweise die Wichtigkeit der Vergebung entdeckt - eine Haltung,
die ganz im Widerspruch zu dem steht, was der Islam lehrt.
War die Kirche, von der Sie sprachen, katholisch? Andreas:
Darüber haben wir uns nicht den Kopf zerbrochen. Wichtig war, daß dort
Jesus verkündet wurde. Ohne lange darüber nachzudenken, standen wir
unter dem Eindruck, daß „der Chef der Christen“ der Papst sei. Das
meinen übrigens fast alle Leute bei uns.
Und diese Kirche war frei zugänglich? Andreas:
Damals schon, obwohl sie auch zu dieser Zeit keine Mission unter
Muslimen betreiben durfte. Seit Beginn der neunziger Jahre ist sie
geschlossen. Heute ist sie ein Blumengeschäft. Zufällig ist mein Bruder
an dem Tag, an dem die Polizei gekommen ist, um die Leute dort zu
verhaften, zu dieser Kirche gegangen, hatte allerdings das Glück, nicht
erwischt worden zu sein. Weil ihn aber jemand verraten hat, wurde er
dann doch verhaftet. Und da hat er Schlimmes erlebt, kam nur frei, weil
mein Vater, ein einflußreicher Mann, ihn herausholen konnte. Die
Erfahrungen waren so schlimm, daß er nicht darüber reden konnte. Man muß
wissen: Viele Menschen, die mit der Polizei zu tun bekommen,
verschwinden einfach. Niemand weiß, was mit ihnen passiert. Von da an
hatte mein Bruder große Angst.
Haben Sie Ihr Studium im Iran beendet? Andreas: Ja. Und dann war ich mehrere Jahre hindurch in einem größeren Unternehmen tätig, eine gute Stellung.
Warum haben Sie den Iran verlassen? Andreas:
Mir ist ähnliches zugestoßen wie meinem Bruder. Wir, meine Frau und
ich, hatten unser Leben auf die Botschaft Jesu ausgerichtet. Es
schmerzte uns, daß der Iran, unsere Heimat, vom Islam so ruiniert war.
Wo er an die Macht gelangt, kommt es zu schwerer Beeinträchtigung der
Menschen. Sie müssen sich an das Umfeld anpassen und leiden dann an den
Folgen. Man braucht sich ja nur umschauen: Die christlichen Länder sind
mit ihrer Kultur den islamischen weit überlegen, weil sie ihre Wurzeln
ja in der Verkündigung Jesu haben.
Haben Sie diese Zustände nicht mehr ausgehalten? Andreas:
Das war ein Grund. Ich wollte mein Kind nicht dort heranwachsen lassen.
Aber der eigentliche Auslöser war folgender: Wir haben den Geburtstag
von einem Bruder gefeiert. In unserem Haus aber wohnte ein
Parlamentsabgeordneter. Er hat uns immer sehr genau beobachtet.
Spannungen gab es vor allem mit meiner Frau, die sich beispielsweise
nicht immer an das Kopftuchgebot gehalten hat. Er hatte sie deswegen
mehrmals ermahnt. Bei dieser Geburtstagsfeier ist er nun plötzlich mit
zwei Zeugen aufgekreuzt und hat uns angezeigt. Ich mußte zur Polizei,
weil wir Wein getrunken hatten. Ich rechtfertigte mich damit, daß ich
nicht Moslem sei. Dort teilte man mir mit, daß ich am kommenden Tag vor
Gericht erscheinen müsse. Ein guter, einflußreicher Freund, hat mir
geraten, sofort das Land zu verlassen. Es war abzusehen, daß ich schwer
bestraft werden würde. Möglicherweise würde auch ich irgendwo in den
Gefängnissen verschwinden. Und so bin ich geflohen.
Wenn Sie nun den Glauben der Christen mit dem der Muslime vergleichen, wie würden Sie den Unterschied kennzeichnen? Andreas:
Das ist wie Licht und Dunkelheit. Die Botschaft Christi erleuchtet
Leib, Geist, Seele und Verstand. Vergleichen Sie nur die Länder, die vom
Christentum geprägt sind, mit jenen, in denen der Islam vorherrscht.
Die Künste und die Wissenschaft haben im christlichen Raum ihre Blüte
erreicht. Und schauen Sie sich hier in Europa um: Menschen, die aus
christlichen Ländern kommen, können sich leicht integrieren. Sie sind in
ihrer persönlichen Haltung, in ihrer Geistesbildung den Zuwanderern aus
dem islamischen Raum überlegen. Nehmen sie die Philippinos als
Beispiel. Dazu ist allerdings zu sagen: Diese Benachteiligung ist nicht
Schuld dieser Menschen, sondern Schuld ihrer islamischen Prägung. Die
Christen hier müssen auf die Muslime zugehen, ihnen von Jesus erzählen.
CG.
Der wahre Jesus fasziniert Muslime Erfahrung eines Missionars mit Muslimen (Von P. Josef Herget CM)
Christentum
und Islam: Das ist seit Jahrhunderten Begegnung und Konfrontation von
zwei Offenbarungen, zweier Heilsangebote. Beide erheben einen
Absolutheitsanspruch und fordern zur Entscheidung heraus: entweder-oder.
Der Islam ist von seinen Anfängen her ein sozio-politisches,
religiöses, ja, militärisches Projekt. Das geht sowohl aus dem Koran wie
der Sunna, die die Überlieferung des Lebens und der Worte Mohammeds
umfasst, ganz klar und eindeutig hervor. Daher gehört auch für einen
Muslim Religion, Politik und Kultur untrennbar zusammen. Ein
Austritt aus dem Islam ist daher nicht möglich. Wer trotzdem den Islam
verläßt, verläßt nicht nur eine Religion, sondern er stellt sich
außerhalb der islamischen Gemeinschaft, der Umma, auf die Seite der
Feinde. Er ist somit ein Abtrünniger, ein Verräter. Er macht sich des
Hochverrats schuldig und hat damit sein Leben verwirkt. Von Anfang
an besiegte dieses religiös-politische Gebilde, das die islamische
Gemeinschaft darstellt, einen Nachbarstaat nach dem anderen und eignete
sich alles an, wessen es habhaft werden konnte. Die rasche,
umfassende Ausbreitung des Islam in der Frühzeit ist in der Geschichte
einmalig. Dieser Erfolg stärkte das Selbstbewußtsein und das
Sendungsbewußtsein der islamsichen Gemeinde und gilt für Muslime bis
heute als empirischer Beweis für die Unwiderstehlichkeit des Islam und
für den Willen Allahs für die rasche Ausbreitung seiner
wiederhergestellten Religion über das Antlitz der Erde. Innerhalb
von nur 100 Jahren drang der Islam über Vorderasien, Nordafrika nach
Spanien und bis nach Frankreich vor. Das geschah weithin in christlichen
Ländern und auf Kosten des Christentums. Dieser Vorstoß konnte erst 732
durch Karl Martell bei Tours und Poitiers aufgehalten werden. In
jahrhundertelangen Kämpfen gelang es den Islam aus Europa
zurückzudrängen. Christentum und Islam wollen nicht nur Ausdruck
privater Glaubensansichten oder Glaubensüberzeugungen sein. Sie wissen
sich von Gott mit der für alle Menschen bestimmten Wahrheit beauftragt.
Religion - religio -, Gottesverehrung könnte man ja wählen, aber
Offenbarung nicht. Sie ist entweder Offenbarung - oder sie ist es nicht.
Beide Bekenntnisse wollen Heilsangebot sein, das heißt Aufforderung und
Einladung, Befehl und Angebot Gottes an die Menschen. Das zu glauben
oder es abzulehnen, bedeutet nicht nur Annahme oder Ablehnung einer
religiösen Meinung, sondern Gehorsam oder Ungehorsam gegenüber Gottes
Willen und Wort. Dieser radikale Absolutheitsanspruch der beiden
Religionen ist ganz ernstzunehmen. Zwischen diesen beiden Bekenntnissen,
den beiden Botschaften gibt es kein „Sowohl-als-Auch“, sondern nur ein
„Entweder-Oder“. Außerdem versteht sich der Islam nicht als neue
Religion, sondern als Reinigung der ursprünglichen Religion Adams. Daher
heißt es auch im Islam: Die Religion Allahs ist der Islam. (…)
Der Islam ist mit 1,3 Milliarden Anhängern die zweitgrößte Religion der
Welt. Mehr als ein Fünftel der Menschheit folgt dem Islam. Aufgrund der
hohen Geburtenraten und der Bekehrungen ist er auch die am schnellsten
wachsende Religion. Kaum ein Mensch, der aus dem Islam kommt hat Jesus
Christus jemals kennengelernt. Muslime haben keine Ahnung davon, daß
Jesus ihr Heiland und Erlöser ist. Sie kennen weder sein Leben noch
seine Botschaft, sondern sie kennen nur den Propheten Isa. Aber das ist
nicht unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes. Es ist ein islamischer
Prophet. Das, was Muslime über die Lehre des Christentums und über
Jesus Christus im besonderen hören und was sie vom Leben der Christen
zu sehen bekommen, stammt aus folgenden Quellen: - Aus der Lehre des Koran, ausgelegt von islamischen Lehrern an islamischen Schulen oder von Imamen in den Moscheen; - von der eigenen Familie, den Nachbarn, der islamischen Gesellschaft und deren Medien; - von den Christen selbst.
Nur leben die Christen in den islamischen Ländern meist als Minderheit
in großer Furcht. Sie weigern sich geradezu, den Muslimen gegenüber
ihren Glauben zu bezeugen. Bis heute werden sie vielfach gedemütigt und
von islamisch-fundamentalistischen Gruppen verfolgt. Darum leben sie in
aller Stille und halten zu ihrer Umgebung so viel Abstand wie möglich.
Zumeist sind ihre Türen und Herzen vor den Muslimen verschlossen. Sie
wollen nur ja keine Probleme bekommen, einfach nur in Frieden leben.
Nach all dem, was die Christen im Vorderen Orient durch die Jahrhunderte
hindurch erlebt haben, ist diese Haltung menschlich gesehen nur allzu
verständlich. Und doch: Richtig ist sie nicht. Wir müssen also festhalten: All die erwähnten Quellen zeigen den Muslimen nicht das wahre Christentum.
Kommen Muslime dann aber in ein christliches Land - lernen sie dann das
Christentum kennen? Hier stoßen wir auf ein großes Problem: Für Muslime
in ihrem eigenen Umfeld ist alles Islam. Kommt daher ein Muslim nach
Europa, so ist für ihn alles, was da so geschieht, Christentum: die
Nackten auf den Plakaten, das voreheliche Zusammenleben von Männern und
Frauen, die bauchfreie Kleidung - für ihn schockierend, aber
Christentum. Alles, was unseren Alltag prägt, ist für den Muslim
Christentum. Es dauert lange, bis er versteht, daß zwar die westliche
Kultur vieles dem Christentum verdankt, daß aber das Leben bei uns nicht
mit dem Christentum gleichzusetzen ist. Erst wenn er Christen
erlebt, die das ungeborene Leben schützen, sich über Kinder freuen und
die Familie hochhalten, die sich also anders verhalten, als dies heute
üblich ist, dann will er mehr wissen - und zwar auch über Jesus. Das
geht nämlich Hand in Hand. Ja, dann interessiert er sich auch für das
Evangelium. Und beginnt er einmal darin zu lesen, dann kommt er - das
ist jedenfalls meine Erfahrung - nicht mehr von Ihm los. Jesus
fasziniert ihn, er will dann immer mehr über Ihn hören. Solchen Menschen
den Glauben der Christen nahebringen zu dürfen, ist etwas Wunderbares.
Viele Muslime sind Suchende, haben schon in ihrer Heimat etwas von Ihm
gehört und sind deswegen von dort weggegangen. Damit Muslime zum Glauben
finden, muß er Menschen begegnen, die ihren Glauben an Jesus Christus
auch wirklich leben.
P. Josef Herget P. Josef Herget ist Gründer des Instituts St. Justinus, das sich der Evangelisierung unter Muslimen widmet.
Weiterführende Themen:
Familie unter Beschuss
/ Fürchtet euch nicht / Kinder sind ein Segen
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» Leben
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Jeder Atemzug sei Anbetung!
"Gott liebt dich.
Er ist die Liebe. Rede es dir vor, schreibe es auf, singe davon,
dann wird dein Herz von der Liebe Gottes überflutet und du LEBST".
Zähler und Statistik
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